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Informationen zum Dokument  BGer 5A_1037/2021  Materielle Begründung
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BGer 5A_1037/2021 vom 26.01.2022
 
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5A_1037/2021
 
 
Urteil vom 26. Januar 2022
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG in Liquidation,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Konkursamt des Kantons St. Gallen,
 
Hauptsitz, Davidstrasse 27, 9001 St. Gallen.
 
Gegenstand
 
Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter für Beschwerden SchKG, vom 9. November 2021 (BES.2021.69-EZS1).
 
 
Erwägungen:
 
1.
 
Am 8. Januar 2021 eröffnete das Kreisgericht Rheintal über die Beschwerdeführerin den Konkurs. Dagegen erhobene Rechtsmittel blieben erfolglos (Urteil 5A_349/2021 vom 11. Mai 2021).
 
Auf Antrag des Konkursamtes verfügte das Kreisgericht mit Entscheid vom 6. September 2021 die Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven.
 
Am 22. September 2021 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde beim Kantonsgericht St. Gallen. Das Konkursamt nahm am 7. Oktober 2021 Stellung. Die Beschwerdeführerin liess sich am 2. November 2021 nochmals vernehmen. Mit Entscheid vom 9. November 2021 wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
 
Gegen diesen Entscheid hat die Beschwerdeführerin am 14. Dezember 2021 (Postaufgabe) Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Mit Verfügung vom 19. Januar 2022 hat das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen.
 
2.
 
In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f.; 140 III 115 E. 2 S. 116). Der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die unrichtige Feststellung des Sachverhalts kann nur unter den Voraussetzungen von Art. 97 Abs. 1 BGG gerügt werden (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18; 140 III 264 E. 2.3 S. 266).
 
3.
 
Das Kantonsgericht hat zunächst erwogen, der Beschwerdeführerin fehle es an der Beschwerdelegitimation. Sie führe nicht aus, inwiefern sie an der Durchführung des Konkurses interessiert sei. Ein Indiz für ein mögliches Interesse ergebe sich immerhin aus dem Vorwurf, das Konkursamt habe möglicherweise nicht den korrekten Wert von Aktiven ermittelt. Die Beschwerdeführerin führe jedoch nicht aus, welche Aktiven davon betroffen sein sollen. Sodann scheine sie davon auszugehen, dass es am Konkursamt liege, ohne ausreichende Sicherstellung der Kosten Aktivprozesse anzuheben, die sie mangels verfügbarer Aktiven nicht in der Lage sei zu führen. Die Durchführung eines Konkursverfahrens bei einer Gesellschaft ohne liquide Mittel liesse sich - so das Kantonsgericht - jedoch nur dann rechtfertigen, wenn die Realisierbarkeit der in Frage stehenden Aktiven im Rahmen des Konkursverfahrens wenigstens ansatzweise glaubhaft gemacht sei. Die blosse Behauptung, möglicherweise seien Aktiven falsch bewertet worden, genüge dafür nicht und begründe kein schützenswertes Interesse, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten sei.
 
Das Kantonsgericht hat sodann erwogen, der Beschwerde sei auch dann kein Erfolg beschieden, wenn man der Beschwerdeführerin ein Rechtsschutzinteresse attestiere. Das Konkursamt habe acht Vermögenswerte inventarisiert (Eigentumswohnung an der B.________strasse xxx in U.________; eine Forderung gegen die C.________ über Fr. 765'000.--; drei Forderungen gegen D.________ über insgesamt Fr. 262'480.25; eine Forderung gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft B.________strasse xxx-zzz in U.________ über Fr. 68'000.--; eine Forderung gegen die Bank E.________ AG über Fr. 3 Mio.; Verantwortlichkeitsansprüche). Das Konkursamt habe alle Vermögenswerte auf jeweils einen Franken geschätzt. Das Kantonsgericht hat diesbezüglich erwogen, es bestünden keine Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Aktiven, weshalb bloss die Bewertung der inventarisierten Aktiven zu prüfen sei. Es sei unbestritten, dass alle angeblichen Forderungsschuldner die gegen sie gerichteten Forderungen bestritten hätten. Die Beschwerdeführerin bestreite auch nicht, dass ihre Verwaltungsrätin ausgeführt habe, dass die Beschwerdeführerin seit sechs Jahren inaktiv und nur noch Eigentümerin der Wohnung in U.________ sei. Die Beschwerdeführerin habe keine konkreten, substantiierten Angaben zu allfälligen Inkassobemühungen gemacht. Es sei somit nicht zu beanstanden, dass das Konkursamt die fraglichen Forderungen nur mit einem Franken bewertet habe. Zur Eigentumswohnung hat das Kantonsgericht erwogen, das Konkursamt habe den betreibungsamtlich ermittelten Schätzwert von Fr. 2,25 Mio. zugrunde gelegt. Die Beschwerdeführerin habe dagegen zwar eine Beschwerde erhoben. Angesichts der Steuerwerte (Fr. 43'680.-- Mietwert) und des amtlichen Verkehrswerts (Fr. 1,95 Mio.) sei aber wenig plausibel, dass bei einer konkursamtlichen Versteigerung ein Preis erzielt werden könnte, der über den grundpfandrechtlich sichergestellten Forderungen liege, welche gemäss Forderungsanmeldung der Bank E.________ AG bei rund Fr. 3,42 Mio. lägen. Die Beschwerdeführerin bestreite diese Forderungsanmeldung und sie berufe sich auf ein Schreiben, in dem die Bank einen bedingten Forderungsverzicht bestätige. Die Beschwerdeführerin habe jedoch nicht dargetan, dass die Bedingungen für den Forderungsverzicht erfüllt worden seien. Auch die Inventarisierung der Eigentumswohnung mit lediglich einem Franken sei daher nicht zu beanstanden. Die Schlussfolgerung des Konkursamts, in der Konkursmasse befänden sich nicht ausreichend Mittel, um den Konkurs wenigstens summarisch durchzuführen, erscheine daher nachvollziehbar. In Ermangelung von Indizien für solche Mittel habe das Konkursamt auch keinen Anlass für weitere Abklärungen gehabt.
 
4.
 
Vor Bundesgericht geht die Beschwerdeführerin auf die Erwägungen des Kantonsgerichts zur fehlenden Beschwerdelegitimation nicht ein. Diese Erwägungen - unabhängig davon, ob sie zutreffen oder nicht - vermögen den angefochtenen Entscheid alleine zu tragen, auch wenn das Kantonsgericht im Dispositiv keinen Nichteintretensentscheid, sondern einen Abweisungsentscheid gefällt hat. Bereits aus diesem Grunde ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
 
Hingegen äussert sich die Beschwerdeführerin zu den Aktiven, wobei die Ausführungen teilweise schwer verständlich sind. Insbesondere soll die Wohnung nach ihrer Auffassung einen höheren Wert aufweisen, wobei sie in diesem Zusammenhang auf ein Beschwerdeverfahren gegen ein Wertgutachten verweist. Zudem bestreitet sie die Forderung der Bank E.________ AG. Bei alldem fehlt eine detaillierte Auseinandersetzung mit den kantonsgerichtlichen Erwägungen. Der pauschale Vorwurf der Willkür bei der Berechnung oder von krassen Rechtsverstössen stellt keine genügende Begründung dar, ebenso wenig die Darstellung des Sachverhalts aus eigener Sicht. Soweit die Beschwerdeführerin dem Kantonsgericht vorwirft, das Beschwerdeverfahren gegen das Gutachten ignoriert zu haben, übergeht sie, dass das Kantonsgericht die Existenz eines solchen Verfahrens durchaus zur Kenntnis genommen hat, aber unabhängig davon zum Schluss gekommen ist, die Versteigerung der Wohnung würde wohl nicht einmal die Grundpfandschulden decken. Soweit die Beschwerdeführerin auf Ausführungen im kantonalen Verfahren verweist und geltend macht, sie habe substantiiert begründet und Beweise eingereicht, belegt sie dies nicht mit präzisen Hinweisen auf ihre Eingaben im kantonalen Verfahren. Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da sie vom Konkursamt nicht nach dem aktuellen Sachstand gefragt bzw. nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, womit sie keine Gelegenheit gehabt habe, zu den Feststellungen des Konkursamtes Stellung zu nehmen. Auf welche Feststellungen sie genau abzielt, ist unklar; eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Kantonsgerichts zum rechtlichen Gehör und zur Frage, inwiefern ihre nach der Stellungnahme des Konkursamts erfolgte Gehörsreplik noch zu berücksichtigen ist und inwiefern Ausführungen bereits in der Beschwerde zu erwarten gewesen wäre, fehlt.
 
Auf die Beschwerde kann demnach nicht eingetreten werden.
 
5.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter für Beschwerden SchKG, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 26. Januar 2022
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Herrmann
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg
 
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