VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2C_65/2022  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 08.02.2022, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2C_65/2022 vom 24.01.2022
 
[img]
 
 
2C_65/2022
 
 
Urteil vom 24. Januar 2022
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Advokat Dieter von Blarer,
 
gegen
 
Erziehungsdepartement Basel-Stadt,
 
Leimenstrasse 1, 4051 Basel.
 
Gegenstand
 
Wiedereinsetzung (Fristwiederherstellung),
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Appellationsgerichts Basel-Stadt, Präsident,
 
vom 30. November 2021 (VD.2021.208).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Die Rektorin der Fachmittelschule Basel-Stadt (FMS) sprach am 15. Juni 2020 gegen A.________ ein Hausverbot aus, nachdem es am 10. Januar 2020 zwischen ihnen zu einer Auseinandersetzung gekommen war. A.________ beschritt hiergegen den Rechtsweg. Der Präsident des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt wies am 24. September 2021 ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit der Begehren ab; gleichzeitig setzte er A.________ Frist, um einen Kostenvorschuss von Fr. 1'000.-- zu leisten, welcher unbestrittenermassen verspätet eingezahlt wurde.
 
1.2. Mit Verfügung vom 30. November 2021 wies der Präsident des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt den Antrag ab, A.________ in Bezug auf die Zahlung des Kostenvorschusses in den vorigen Zustand zu versetzen und festzustellen, dass sie den Kostenvorschuss rechtsgenügend bezahlt habe; er schrieb gleichzeitig das Rekursverfahren als erledigt ab.
 
1.3. A.________ beantragt vor Bundesgericht, ihre Beschwerde gutzuheissen, sie in den vorigen Stand einzusetzen und festzustellen, dass sie den Kostenvorschuss in diesem Verfahren rechtzeitig bezahlt habe. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt sei anzuweisen, ihr Rekursverfahren wieder aufzunehmen und materiell zu entscheiden; eventuell sei die Sache "zur rechtsgenügenden Feststellung des Sachverhaltes und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen". In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege. Es wurden keine Instruktionsmassnahmen getroffen.
 
 
2.
 
2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren und die Begründung zu enthalten. Diese muss sachbezogen sein und sich auf den Gegenstand des angefochtenen Entscheids beziehen. Die beschwerdeführende Partei muss in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Urteils massgeblichen Erwägungen in gedrängter Form plausibel darlegen, inwiefern die Vorinstanz Rechte oder Rechtsnormen verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2). Betrifft der angefochtene Entscheid die vorliegend einzig Verfahrensgegenstand bildende Frage nach dem Bestehen der Voraussetzungen für eine Fristwiederherstellung bzw. Wiedereinsetzung in den früheren Stand im Schulbereich und beruht er - wie hier - auf kantonalem Verfahrensrecht (§ 21 Abs. 1 VRPG/BS [S G 270.100] verweist diesbezüglich auf Art. 24 Abs. 1 VwVG [SR 172.021] als ergänzendes kantonales Recht [vgl. das Urteil 8C_795/2020 vom 17. August 2021 E. 3.2), kann das Bundesgericht dessen Auslegung und Anwendung nur auf Willkür und auf die Vereinbarkeit mit anderen verfassungsmässigen Rechten hin prüfen (BGE 141 I 105 E. 3.3.1); dabei obliegt den Beschwerdeführenden eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
2.2. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführerin die von ihrem Rechtsvertreter zugestandene "grobe Fahrlässigkeit" im Zusammenhang mit der Leistung des Kostenvorschusses zuzurechnen sei und nicht ausnahmsweise hiervon abgesehen werden könne. Es gehe nicht um eine notwendige Verteidigung in einem Strafverfahren, wo nach der Rechtsprechung eine entsprechende Möglichkeit bestehe (Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 und 3 EMRK und Art. 130 StPO; vgl. die Urteile 2C_177/2019 vom 22. Juli 2019 E. 4 u. 5 und 6B_1111/2017 vom 7. August 2018 E. 2). Das der Beschwerdeführerin auferlegte Hausverbot sei "offensichtlich" nicht strafrechtlicher (sondern verwaltungsrechtlicher) Natur. Gegenstand der Verfügung vom 15. Juni 2020 sei höchstens die Androhung einer Verzeigung nach Art. 186 StGB für den Fall einer Widerhandlung gegen das Hausverbot. Eine solche blosse Androhung für den Fall einer künftigen Widerhandlung begründe keine Anklage. Selbst wenn die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur notwendigen Verteidigung analog anwendbar wäre, seien die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Zurechnung des Fehlers des Anwalts nicht erfüllt, da die Beschwerdeführerin das Vorliegen eines Falles notwendiger Verteidigung nicht glaubhaft mache. Es bestehe weder ein Anlass noch eine Möglichkeit, davon abzusehen, ihr den Fehler ihres Rechtsvertreters zuzurechnen.
 
2.3. Die Beschwerdeführerin legt - entgegen ihrer Begründungspflicht - nicht dar, inwiefern die Vorinstanz das einschlägige kantonale Verfahrensrecht willkürlich ausgelegt oder angewendet hätte. Sie wiederholt appellatorisch, was sie bereits vor dem Appellationsgericht dargelegt hat, setzt sich aber nicht verfassungsbezogen mit dessen Begründung auseinander, warum kein Fall notwendiger Verteidigung vorliege. Eine solche Kritik genügt für die Beschwerdebegründung im bundesgerichtlichen Verfahren nicht. Die Beschwerdeführerin behauptet lediglich, dass die Verfügung pönalen Charakter habe, tut aber nicht dar, inwiefern die gegenteilige Annahme der Vorinstanz ihre verfassungsmässigen Rechte verletzen würde. Ihr Ausführungen zu einer vergleichsweisen Regelung der Auseinandersetzung mit der Rektorin der Fachmittelschule Basel-Stadt, zu den schwierigen Beziehungen zu ihrem Ex-Ehemann und zu der von ihr als erniedrigend empfundenen Vorgehensweise des Rektorats FMS genügen hierfür ebensowenig wie der Hinweis, dass die Vorinstanz in Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV den Sachverhalt nicht hinreichend abgeklärt habe. Dies könnte nur gelten, wenn die Vorinstanz in Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Beschwerdeführerin davon ausgegangen wäre, dass keine notwendige Verteidigung vorlag, was sie - wie gesagt - gerade nicht rechtsgenügend rügt (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Fakt ist, dass der Rechtsvertreter "unter Stress und grober Unachtsamkeit" die Zahlungsfrist verpasst hat, und er nicht verfassungsbezogen darlegt, weshalb die Auffassung, sein Verhalten sei der Beschwerdeführerin trotz deren psychischer Probleme zuzurechnen, Bundesverfassungsrecht verletzt. Der in diesem Zusammenhang angerufene Entscheid des Präsidenten des Appellationsgerichts vom 10. Mai 2021 bezog sich auf die amtliche Verteidigung im Strafverfahren und nicht auf die Vertretung im Administrativverfahren gegen das Hausverbot. Genügt die vorliegende Beschwerdeschrift den gesetzlichen Begründungsanforderungen so oder anders nicht (Art. 42 u. Art. 106 Abs. 2 BGG), kann dahin gestellt bleiben, ob die Eingabe als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten oder als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen wäre.
 
 
3.
 
3.1. Auf die Beschwerde ist durch die Abteilungspräsidentin im Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG nicht einzutreten.
 
3.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen (vgl. Art. 64 BGG). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei der Festsetzung der Höhe der Kosten wird dem Umstand Rechnung getragen, dass über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht vorweg entschieden wurde, was es ihr allenfalls noch erlaubt hätte, ihre Beschwerde zurückzuziehen. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:
 
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
 
2.
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
2.2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Appellationsgericht Basel-Stadt, Präsident, mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. Januar 2022
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
 
© 1994-2022 Das Fallrecht (DFR).