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Informationen zum Dokument  BGer 8C_550/2020  Materielle Begründung
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BGer 8C_550/2020 vom 21.12.2020
 
 
8C_550/2020
 
 
Urteil vom 21. Dezember 2020
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
 
Gerichtsschreiber Jancar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland, Bahnhofstrasse 32, 4133 Pratteln,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 6. Februar 2020 (715 19 146/26).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der 1984 geborene A.________ meldete sich am 3. August 2018 bei der Öffentlichen Arbeitslosenkasse Baselland (nachfolgend: Kasse) zum Bezug von Arbeitslosentaggeldern an. Mit Verfügung vom 7. November 2018 verneinte die Kasse den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 3. August 2018, da er die Beitragszeit nicht erfüllt habe. Seine Einsprache wies sie mit Entscheid vom 25. März 2019 ab.
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B. Die Beschwerde des A.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 6. Februar 2020 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei sein Anspruch auf Arbeitslosentaggelder ab 3. August 2019 (richtig wohl 2018) zu bejahen.
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Die Kasse schliesst auf Beschwerdeabweisung. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
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1.2. Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig (willkürlich), wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es genügt somit nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Willkür liegt insbesondere vor, wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche grundlos ausser Acht gelassen hat (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen). Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips klar und detailliert aufzuzeigen. Auf ungenügend begründete Rügen oder blosse appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid, womit lediglich die eigene Sichtweise wiedergegeben wird, wie die Akten tatsächlich zu würdigen und welche rechtlichen Schlüsse daraus zu ziehen seien, geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 137 II 353 E. 5.1 S. 356; Urteil 8C_622/2020 vom 17. Dezember 2020 E. 1.2).
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2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosentaggelder ab 3. August 2018 verneinte.
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Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen betreffend die Erfüllung der Beitragszeit als eine Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. e, Art. 9, Art. 13 Abs. 1 AVIG) sowie die analog zu Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG ergangene Rechtsprechung, wonach Personen mit arbeitgeberähnlicher Stellung und ihre im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung haben (BGE 145 V 200 E. 4.1 f. S. 203; vgl. auch BGE 142 V 263 E. 4.1 S. 266; Urteil 8C_146/2020 vom 17. April 2020 E. 3), richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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3.
 
 
3.1.
 
3.1.1. Die Vorinstanz ging entgegen der Kasse davon aus, der Beschwerdeführer habe innerhalb der massgebenden Rahmenfrist für die Beitragszeit während mindestens zwölf Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt und damit die Beitragszeit erfüllt.
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3.1.2. Die Vorinstanz verneinte aber den Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosenentschädigung aufgrund seiner Rolle bei der B.________ GmbH, wo er bis 19. Juli 2016 einzelzeichnungsberechtigter Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung war.
10
Die Vorinstanz erwog, diese Gesellschaft sei vom Beschwerdeführer und seinem Bruder gegründet und am xx. April 2011 ins Handelsregister eingetragen worden. Am 19. Juli 2016 sei sie an die Partnerin seines Bruders übertragen worden und die beiden Brüder seien aus dem Handelsregister gestrichen worden. Gemäss Arbeitsvertrag vom 3. April 2017 sei der Beschwerdeführer auf Stundenlohnbasis bei der B.________ GmbH angestellt und habe für sie in den Monaten Mai, Juni und Juli 2017 sowie August und September 2018 im Zwischenverdienst gearbeitet. Als ehemaliger Gründer habe er die Möglichkeit, sein Knowhow für die B.________ GmbH profitabel einzusetzen. Er habe den Rückzug aus diesem Betrieb und die Übertragung an die Partnerin seines Bruders damit begründet, viele Arbeitgeber hätten nicht geduldet, dass er im Handelsregister eingetragen sei. Aufgrund der Akten sei allerdings zu vermuten, er habe sich aus dem Handelsregister löschen lassen, damit ihm im Rahmen der letzten Anmeldung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung vom 5. Juli 2016 die Vermittlungsfähigkeit aufgrund seiner Stellung bei der B.________ GmbH nicht aberkannt worden sei (vgl. Überweisung zur Prüfung am 14. Juli 2016 an die Kantonale Amtsstelle; Schreiben des KIGA Baselland vom 20. Juli 2016 und des Beschwerdeführers vom 4. August 2016). Mit Blick auf die tatsächlichen klein- und familienbetrieblichen Verhältnisse lasse sich indes trotz Aufgabe seiner Stellung als Gesellschafter und Geschäftsführer eine faktische Einflussmöglichkeit des Beschwerdeführers auf die Unternehmensentscheidungen der B.________ GmbH nicht von der Hand weisen. Er habe diese zusammen mit seinem Bruder aufgebaut und arbeite weiter für sie. Es liege nahe, dass er als Fachexperte und langjähriger Inhaber seine Einsätze und die Auftragslage steuern könne, weil die Firma weiterhin in Familienhänden sei. Die als Geschäftsführerin eingesetzte Partnerin seines Bruders, die nicht in diesem Geschäftsbereich tätig sei, scheine vorgeschoben, womit dem Beschwerdeführer zumindest eine faktische arbeitgeberähnliche Funktion zukomme. In Absprache mit ihr sei er aufgrund seiner Einflussmöglichkeiten bei der B.________ GmbH faktisch in der Lage, seinen Arbeitsaufwand und die von ihm zu erledigenden Aufgaben je nach Geschäftsgang massgeblich zu beeinflussen und beliebig zu variieren. Damit liessen sich sein Arbeitsausfall bzw. seine Arbeitslosigkeit nicht überprüfen, weshalb er keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung habe.
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3.2. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, er dürfe nicht bestraft werden, indem seine Bezugsberechtigung in einer zweiten, späteren Phase der Arbeitslosigkeit (ab August 2019 [richtig wohl 2018]) mit der an den Haaren herbeigezogenen Begründung abgelehnt werde, er habe im Betrieb, in dem er ab Juli 2016 einen Zwischenverdienst erzielt habe, eine arbeitgeberähnliche Stellung gehabt. Die massgebliche Schwelle für die Bejahung der Möglichkeit des massgeblichen Einflusses dürfe nicht so tief angesetzt werden, wie es die Vorinstanz getan habe. Das Feld von möglichen Missbrauchsfällen werde damit derart weit gefasst, dass die an sich sinnvolle Regelung (eines Ausschlusses von Menschen mit massgeblichem Einfluss auf einen möglichen Arbeitgeber) ad absurdum geführt werde. Es könne nicht genügen, dass geringe Indizien wie eine familiäre Verbandelung und ein früheres Engagement als Geschäftsführer in der Zwischenverdienstfirma genügen sollen, um eine potenzielle Einflussnahme von relevantem Ausmass zu bejahen, selbst wenn man nach dem Ausscheiden maximal zu 20 % gearbeitet habe. Ansonsten schliesse man ganz viele Kleingewerbler bzw. Mitarbeiter von Kleinbetrieben aus, in welchen ein Familienmitglied des Anspruchstellers handle.
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Mit diesen allgemeinen und pauschalen Einwänden legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern die eingehende vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung das Willkürverbot verletze (vgl. E. 1.2 und E. 3.1.2 hievor). Vielmehr handelt es sich bei seinen Vorbringen im Wesentlichen um eine unzulässige appellatorische Kritik, mit der er seine eigene Sicht der Dinge darstellt, ohne sich unter Willkürgesichtspunkten mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinanderzusetzen. Dass die Vorinstanz in beweisrechtlicher Hinsicht Bundesrecht verletzt haben könnte, ist nicht erkennbar. Insgesamt ist es nicht bundesrechtswidrig, wenn diese zum Schluss kam, der Beschwerdeführer habe auch nach der formellen Beendigung seiner Funktion als einzelzeichnungsberechtigter Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung der B.________ GmbH am 19. Juli 2016 während des hier massgebenden Beurteilungszeitraums ab 3. August 2018 (vgl. BGE 143 V 409 E. 2.1 i.f. S. 411, 140 V 70 E. 4.2 S. 73; Urteil 8C_622/2020 vom 17. Dezember 2020 E. 4.1) faktisch eine arbeitgeberähnliche Stellung in dieser Unternehmung innegehabt. Somit ist die vorinstanzliche Verneinung seines Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung ab 3. August 2018 rechtens.
13
4. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
14
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 21. Dezember 2020
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Maillard
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar
 
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