VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_992/2020  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 18.12.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_992/2020 vom 04.12.2020
 
 
5A_992/2020
 
 
Urteil vom 4. Dezember 2020
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, Poststrasse 25, 3071 Ostermundigen,
 
Schweizerische Eidgenossenschaft,
 
vertreten durch die Steuerverwaltung des Kantons Bern, Region Bern-Mittelland, Brünnenstrasse 66, Postfach 8334, 3001 Bern.
 
Gegenstand
 
aufschiebende Wirkung (Lohnpfändung),
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 17. November 2020
 
(ABS 20 303 BON).
 
 
Erwägungen:
 
1. Mit Verfügung vom 17. November 2020 erteilte das Obergericht des Kantons Bern der Beschwerde des Beschwerdeführers insoweit die aufschiebende Wirkung, als die Verteilung der eingehenden Verdienstpfändungsbetreffnisse an die Schweizerische Eidgenossenschaft (Gläubigerin) bis auf Weiteres zu unterbleiben hat. Im Übrigen wies das Obergericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung ab mit der Begründung, dass dem Beschwerdeführer aus der Pfändung alleine keine nicht wieder gutzumachenden Nachteile entstünden. Im Falle einer Gutheissung der Beschwerde könnten allfällig zu viel gepfändete Beträge ohne Weiteres rückerstattet werden. Eine Anpassung der Existenzminimumsberechnung käme zudem einer vorweggenommenen Beschwerdegutheissung gleich.
 
Dagegen hat der Beschwerdeführer, vertreten durch die B.________ AG, am 26. November 2020 (Postaufgabe) Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Mit Verfügung vom 27. November 2020 hat das Bundesgericht den Beschwerdeführer zur Mangelbehebung aufgefordert (Art. 40 Abs. 1, Art. 42 Abs. 5 BGG). Am 1. Dezember 2020 (Postaufgabe) hat der Beschwerdeführer eine eigenhändig unterzeichnete Beschwerde eingereicht.
 
2. Für den Fall, dass die Vertretung durch die B.________ AG nicht zulässig sein sollte, ersucht der Beschwerdeführer um eine Nachfrist zur Bestellung einer anwaltlichen Vertretung. Da der Beschwerdeführer die Beschwerde nunmehr eigenhändig unterzeichnet hat, ist dieser Antrag gegenstandslos. Im Übrigen ist die Beschwerdefrist am 30. November 2020 abgelaufen (Art. 100 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 45 BGG). Auch ein Anwalt hätte die Beschwerde danach nicht mehr verbessern oder ergänzen können. Die nachträgliche Bestellung einer anwaltlichen Vertretung wäre vor diesem Hintergrund zwecklos, zumal der Beschwerdeführer im bundesgerichtlichen Verfahren keine weiteren prozessualen Handlungen mehr vorzunehmen hat.
 
Der Beschwerdeführer hat nicht die ursprünglich eingereichte Beschwerdeschrift eigenhändig unterzeichnet, sondern eine teilweise abgeänderte. Da die Beschwerdefrist - wie gesagt - bereits am 30. November 2020 abgelaufen ist, können die Änderungen nicht berücksichtigt werden.
 
3. Beim Entscheid über die aufschiebende Wirkung geht es um eine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG (BGE 137 III 475 E. 2 S. 477; 134 II 192 E. 1.5 S. 196 f.). Demnach kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Verfassungsrügen müssen gemäss dem strengen Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234; 142 III 364 E. 2.4 S. 368).
 
4. Der Beschwerdeführer macht geltend, aufgrund der Lohnpfändung stünden ihm monatlich nur noch Fr. 2'802.55 zur Verfügung, nach Abzug der minimalsten Auslagen blieben ihm nur noch Fr. 133.15. Man lasse ihn verhungern und es drohe ihm die Wohnungskündigung. Dabei schildert der Beschwerdeführer jedoch bloss den Sachverhalt aus seiner eigenen Sicht, was den Rügeanforderungen nicht genügt. Das Obergericht hat keine sich mit der Darstellung des Beschwerdeführers deckenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen und eine Rüge, dass das Obergericht den Sachverhalt in willkürlicher Weise unvollständig festgestellt hätte, fehlt. Der Beschwerdeführer übergeht im Übrigen, dass Lebensmittel aus dem ihm gewährten Grundbetrag zu bezahlen sind, und er sich während des Beschwerdeverfahrens vorübergehend einzuschränken hat. Dass er dies nicht könnte (z.B. durch Verzicht auf die auswärtige Verpflegung) oder er nicht auf Vermögen zurückgreifen könnte, legt er nicht dar. Sodann fehlt eine genügende Auseinandersetzung mit der Erwägung, dass eine Anpassung der Existenzminimumsberechnung einer vorweggenommenen Beschwerdegutheissung gleichkäme. Dazu genügt es nicht, Willkür geltend zu machen und eine sachgemässe Rechtsanwendung zu fordern.
 
Die Beschwerde enthält demnach offensichtlich keine hinreichende Begründung. Auf sie ist im vereinfachten Verfahren durch das präsidierende Mitglied der Abteilung nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Gesuch um aufschiebende Wirkung für das bundesgerichtliche Verfahren (gemeint: Erlass einer vorsorglichen Massnahme auf Erhöhung des Existenzminimums) wird mit dem Entscheid über die Beschwerde gegenstandslos.
 
5. Es rechtfertigt sich ausnahmsweise, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird damit in Bezug auf die Gerichtskosten gegenstandslos. Soweit der Beschwerdeführer die unentgeltliche Verbeiständung verlangt, ist das Gesuch abzuweisen. Da die B.________ AG ihn vor Bundesgericht nicht vertreten kann, besteht auch keine Grundlage, sie als unentgeltliche Rechtsbeiständin einzusetzen. Die nachträgliche Verbeiständung durch einen unentgeltlichen Rechtsanwalt bzw. eine unentgeltliche Rechtsanwältin wäre sodann zwecklos (vgl. oben E. 2).
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen, soweit es nicht als gegenstandslos abzuschreiben ist.
 
3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 4. Dezember 2020
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Escher
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).