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Informationen zum Dokument  BGer 4A_226/2020  Materielle Begründung
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BGer 4A_226/2020 vom 15.10.2020
 
 
4A_226/2020
 
 
Urteil vom 15. Oktober 2020
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Niquille,
 
Bundesrichter Rüedi,
 
Gerichtsschreiber Gross.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwältinnen Katrin Keller Lüscher und Barbara Spagno Fritsche,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
B.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Thürlemann,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Werkvertrag,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 9. März 2020 (HOR.2014.37).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Die A.________ AG (Unternehmerin, Beschwerdeführerin) und die B.________ AG ([ursprüngliche] Bestellerin, Beschwerdegegnerin) schlossen im Januar 2012 (vgl. Auftragsbestätigung vom 20. Januar 2012) einen Werkvertrag über die Lieferung und Montage einer Getränkeabfüllanlage zum Preis von EUR 993'492.-- inkl. MwSt. ab.
1
A.b. In der Folge trat die C.________ AG (nachfolgend: Leasinggesellschaft) anstelle der ursprünglichen Bestellerin in den Werkvertrag ein. Die vertraglich geschuldete Anlage wurde aber der ursprünglichen Bestellerin übergeben, und diese schloss mit der Leasinggesellschaft einen Leasingvertrag betreffend die Anlage ab.
2
A.c. Nach Inbetriebnahme der Anlage zeigten sich mikrobiologische Probleme, welche die ursprüngliche Bestellerin zusammen mit der Unternehmerin über einen längeren Zeitraum zu beheben versuchte. Als eine Ursache, für welche die Unternehmerin ihre Verantwortung anerkannte, wurde der versäumte Einbau von Filterpatronen eruiert. Der daraus resultierende Schaden wurde mit Entschädigungsvereinbarung vom 26./29. Oktober 2012 (nachfolgend: Entschädigungsvereinbarung) zwischen der Versicherung der Unternehmerin und der D.________ AG, einer Schwestergesellschaft der ursprünglichen Bestellerin, geregelt.
3
A.d. Mit Schlussrechnung vom 25. Mai 2012 stellte die Unternehmerin der in den Werkvertrag eingetretenen Leasinggesellschaft die letzte Rate des vertraglich vereinbarten Preises von EUR 298'047.60 in Rechnung. Diese Rechnung blieb unbezahlt.
4
A.e. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 an die Unternehmerin bzw. deren Versicherung teilten die ursprüngliche Bestellerin, deren Schwestergesellschaft (die D.________ AG) und die Leasinggesellschaft mit, sie würden die Entschädigungsvereinbarung wegen Willensmängeln anfechten. Die bereits erhaltene Zahlung von Fr. 350'000.-- werde mit Schadenersatzforderungen gegenüber der Unternehmerin verrechnet.
5
 
B.
 
B.a. Mit Klage vom 17. September 2014 beim Handelsgericht des Kantons Aargau gegen die Leasinggesellschaft beantragte die Unternehmerin, die Leasinggesellschaft sei kostenfällig zu verpflichten, ihr Fr. 365'466.-- nebst Zins von 5 % seit 1. Mai 2013 zu bezahlen. Dabei handelte es sich um den in Schweizer Franken umgerechneten ausstehenden Werklohn von EUR 298'047.60.
6
Mit Eingabe vom 28. November 2014 verkündete die beklagte Leasinggesellschaft der ursprünglichen Bestellerin den Streit und erklärte sich einverstanden, dass jene für sie den Prozess im Sinne von Art. 79 Abs. 1 lit. b ZPO führe, womit diese sich wiederum einverstanden erklärte.
7
B.b. Am 16. Februar 2015 beantragte die ursprüngliche Bestellerin die kostenfällige Abweisung der Klage und verlangte widerklageweise, die Unternehmerin sei zu verpflichten, der Leasinggesellschaft EUR 685'641.27 und mindestens Fr. 1'448'402.30, eventualiter mindestens EUR 1'838'569.50 und (sub-) eventualiter mindestens Fr. 2'271'377.52, jeweils zuzüglich Zins zu 5 % seit 16. Februar 2015 zu bezahlen.
8
B.c. Mit Replik und Widerklageantwort vom 18. Mai 2015 reduzierte die Unternehmerin die Klage und beantragte die Verpflichtung der Leasinggesellschaft zur Zahlung von EUR 298'047.60 nebst 5 % Zins seit 1. Mai 2013; lediglich im Eventualantrag hielt sie an ihrem ursprünglichen Klagebegehren fest. Betreffend die Widerklage beantragte sie deren Abweisung.
9
B.d. Die ursprüngliche Bestellerin ihrerseits änderte das Widerklagebegehren im (schriftlich erstatteten) Schlussvortrag und beantragte, die Unternehmerin sei zu verpflichten, der Leasinggesellschaft EUR 191'688.87 und mindestens Fr. 1'711'237.30, eventualiter mindestens EUR 1'553'833.76 und (sub-) eventualiter mindestens Fr. 1'941'321.45, je nebst Zins zu 5 % seit 16. Februar 2015 zu bezahlen.
10
B.e. Mit Urteil vom 9. März 2020 wies das Handelsgericht des Kantons Aargau die Klage ab (Disp.-Ziff. 1). Im Umfang von Fr. 330'056.07 schrieb es die Widerklage zufolge Rückzugs ab und verpflichtete die Unternehmerin in teilweiser Gutheissung der Widerklage, der Leasinggesellschaft EUR 302'252.40 zu bezahlen. Die Gerichtskosten auferlegte es im Umfang von Fr. 13'216.15 der Unternehmerin und im Umfang von Fr. 34'633.85 der ursprünglichen Bestellerin, wobei die Leasinggesellschaft im Umfang von Fr. 6'926.75 für den der ursprünglichen Bestellerin auferlegten Anteil der Gerichtskosten solidarisch hafte.
11
Es erwog, der Vertrag zwischen der Unternehmerin und der Leasinggesellschaft (vgl. hiervor Bst. A.b), sei (unstrittig) ein Werkvertrag. Zwischen der Leasinggesellschaft und der ursprünglichen Bestellerin bestehe sodann ein Leasingvertrag. Kein Vertragsverhältnis (mehr) bestehe dagegen zwischen der Unternehmerin und der ursprünglichen Bestellerin. Wer in dieser Vertragssituation zur Geltendmachung der Minderung legitimiert sei, könne vorliegend offenbleiben, da sowohl die Leasinggesellschaft wie die ursprüngliche Bestellerin die Minderung erklärt hätten. Die Parteien seien sich einig, dass die gelieferte Anlage nicht oder nur beschränkt zur Abfüllung von Fruchtsäften und Smoothies geeignet gewesen sei. Die Eignung hierzu sei eine nach dem Vertrauensprinzip vorausgesetzte Eigenschaft gewesen. Die Gewährleistungsrechte seien auch nicht durch die Verletzung von Rügeobliegenheiten verwirkt. Die Unternehmerin habe grobfahrlässig gehandelt, weshalb sie sich auch nicht auf die in Art. 16 ihrer AGB enthaltene Freizeichnungsklausel berufen könne. Da der ausgewiesene Minderwert der Anlage von EUR 600'300.-- den von der Unternehmerin eingeklagten noch ausstehenden Werklohn von EUR 298'047.60 übersteige, sei die Klage abzuweisen.
12
Die Widerklage wies das Handelsgericht ab, soweit damit Schadenersatz für Mangelfolgeschäden verlangt worden war. Hingegen schützte es einen Anspruch auf Rückzahlung des bereits bezahlten Werkpreises in Höhe von EUR 302'252.40, indem es vom Minderungsanspruch im Betrag von EUR 600'300.-- den noch ausstehenden Werklohn von EUR 298'047.60 abzog.
13
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 11. Mai 2020 beantragt die Unternehmerin dem Bundesgericht, das Urteil des Handelsgerichts Aarau (recte: des Kantons Aargau) vom 9. März 2020 sei kostenfällig aufzuheben und die Leasinggesellschaft sei zu verpflichten, ihr EUR 298'047.60 (inkl. 8 % MwSt.), eventualiter EUR 145'378.-- (inkl. 8 % MwSt.), je nebst 5 % Zins ab dem 1. Mai 2012 zu bezahlen. Subventualiter sei das Urteil aufzuheben und nur die Kosten und Entschädigungen zu verlegen bzw. subsubeventualiter die Sache zur Sachverhaltsergänzung, zu neuer Beurteilung sowie zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des kantonalen Verfahrens zurückzuweisen.
14
Die Beschwerdegegnerin trägt auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde an. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Parteien haben unaufgefordert repliziert bzw. dupliziert.
15
Mit Präsidialverfügung vom 15. Juli 2020 wurde das Gesuch der Beschwerdeführerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung bzw. um Anordnung einer vorsorglichen Massnahme abgewiesen. Das Gesuch der Beschwerdegegnerin, wonach die Beschwerdeschrift wegen Weitschweifigkeit zur Verbesserung zurückzuweisen sei, wurde mit Verfügung vom 29. Mai 2020 abgewiesen.
16
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft aber unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f., 115 E. 2 S. 116). Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116 mit Hinweis).
17
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f. mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; 135 III 397 E. 1.5 S. 401). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).
18
1.3. Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern bloss, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 141 III 564 E. 4.1 S. 566; 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; je mit Hinweisen).
19
Eine Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 137 III 226 E. 4.2 S. 234). Inwiefern die Beweiswürdigung willkürlich sein soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Dass die von Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 f. mit Hinweisen).
20
 
1.4.
 
1.4.1. Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).
21
1.4.2. Die Beschwerdeführerin legt einleitend einen Überblick über den massgeblichen Sachverhalt dar. Soweit dieser - wie auch ihre Sachverhaltsdarstellung im Rahmen der weiteren Ausführungen - nicht den Feststellungen der Vorinstanz entspricht und keine genügenden Rügen vorliegen, ist dieser demnach nicht massgeblich.
22
2. Die Beschwerdegegnerin forderte mit der Widerklage Schadenersatz für Mangelfolgeschäden von EUR 685'641.27 und Fr. 1'448'402.30. In ihrem Schlussvortrag verlangte sie demgegenüber EUR 191'688.87 und Fr. 1'711'237.30, wobei der Betrag in Schweizer Franken nicht mehr nur Schadenersatz betraf, sondern sich zusammensetzte aus einer Rückforderung des bereits geleisteten Werkpreises zufolge Minderung in Höhe von Fr. 262'835.-- und Schadenersatz für Mangelfolgeschäden im Restbetrag. Sowohl beim Rechtsbegehren gemäss Widerklage wie jenem gemäss Schlussvortrag war bei den Frankenbeträgen die von der Versicherung geleistete Entschädigung von Fr. 350'000.-- bereits berücksichtigt worden. Da die Vorinstanz das Rechtsbegehren gemäss Schlussvortrag als zulässig erachtete, prüfte sie in der Folge gesondert die Ansprüche für Mangelfolgeschäden (welche sie verneinte) und den Anspruch auf Rückzahlung zufolge Minderung. Sie erwog, der Minderungsanspruch betrage - wie bereits hinsichtlich dem Klagebegehren der Beschwerdeführerin dargelegt worden sei - EUR 600'300.--. Unter Berücksichtigung des noch ausstehenden Werklohns der Beschwerdeführerin von EUR 298'047.60 resultiere ein Rückforderungsanspruch der Beschwerdegegnerin von EUR 302'252.40. Die Beschwerdegegnerin beziffere ihren Rückforderungsanspruch zwar in Schweizer Franken. Damit begehre sie gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Aliud; ein entsprechendes Rechtsbegehren (in Schweizer Franken) wäre gemäss BGE 134 III 151 E. 2.4 f. S. 155 ff. abzuweisen. Da die Beschwerdegegnerin aber im Eventualantrag EUR 1'553'833.76 gefordert habe und dieser Betrag den Rückforderungsanspruch von EUR 302'252.40 decke, könne letzterer Betrag zugesprochen werden. Ein Abzug von Fr. 350'000.-- für die erhaltene Versicherungssumme rechtfertige sich nicht, da diese für Mangelfolgeschäden ausgerichtet worden sei.
23
3. Die Beschwerdeführerin macht in prozessrechtlicher Hinsicht eine verspätete Widerklageänderung geltend.
24
3.1. Die Vorinstanz erwog, die Beschwerdegegnerin habe mit ihrem Schlussvortrag die Widerklage angepasst. So habe sie die im Hauptbegehren eingeklagte Euro-Forderung von EUR 685'641.27 auf EUR 191'688.87 reduziert und ihre Forderung in Schweizer Franken von Fr. 1'448'402.30 auf Fr. 1'711'237.30 erhöht. Eine Beschränkung der Klage sei jederzeit zulässig. Die Reduktionen der Euro-Forderung sowie der Forderungen gemäss Eventualbegehren seien somit zulässig. Zu beurteilen bleibe die Erhöhung der Hauptforderung in Schweizer Franken. Da die Klageänderung nach Aktenschluss erfolgt sei, sei Art. 230 ZPO anwendbar. Zusätzlich zu den Anforderungen von Art. 227 ZPO sei die Klageänderung nur zulässig, wenn sie auf neuen Tatsachen und Beweismitteln im Sinne von Art. 229 Abs. 1 ZPO beruhe. Vorliegend stütze sich die neue Bezifferung der Widerklageforderungen auf die nach Aktenschluss vom Instruktionsrichter angeordneten Gutachten. Dabei handle es sich um neue Tatsachen und Beweismittel. Die Forderungsgrundlage sei die gleiche geblieben, nur die Berechnung sei anhand der Gutachten angepasst worden. Damit bestehe ein sachlicher Zusammenhang und die Verfahrensart sei die gleiche geblieben. Soweit überhaupt eine Klageänderung vorliege, erweise sich diese im Sinne von Art. 230 ZPO als zulässig.
25
3.2. Die Differenz zwischen der Klageantwort/Widerklage und den Ansprüchen gemäss Schlussvortrag resultiert allein aus der Position "Ersatzanschaffung Füller/Rinser". In der Klageantwort machte die Beschwerdegegnerin einen Minderwert von EUR 350'000.-- geltend, entsprechend dem auf den mangelhaften Füller/Rinser entfallenden Vergütungsanspruch. In der Widerklage führte die Beschwerdegegnerin dann einfach alle Schadenposten auf und errechnete unter dem Titel "Ersatzanschaffung Füller/Rinser" insgesamt Mehrkosten von Fr. 148'042.53 und EUR 523'952.40; letzterer Betrag enthielt die Position "Minderwert Füller/Rinser (E.________) EUR 350'000.--". Die insgesamten "Mehrkosten" von EUR 523'952.40 und Fr. 148'042.53 für die "Ersatzanschaffung Füller/Rinser" machte die Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer Ausführungen zum Rechtlichen (Widerklage S. 34) als Ersatz des Mangelfolgeschadens geltend.
26
Im Schlussvortrag (S. 7) subsumierte die Beschwerdegegnerin dann weitere der im Gesamtbetrag von EUR 523'952.40 gemäss Widerklage enthaltenen Positionen unter den Minderungsanspruch, nämlich die Kosten für die Ersatzanschaffung eines neuen Füller/Rinser im Betrag von EUR 582'000.-- abzüglich des Verkaufserlöses für den von der Beschwerdeführerin gelieferten nicht brauchbaren Füller/Rinser im Betrag von EUR 140'000.--. Dies unter Hinweis auf bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 116 II 305 E. 4a S. 313 f.; 111 II 162 E. 3c S. 164), wonach eine Vermutung bestehe, dass der Minderwert eines Werkes den Verbesserungskosten entspreche. Unter Berücksichtigung der offenen Schlusszahlung von EUR 298'047.60 errechnete sie eine Minderungsforderung (Verbesserungskosten) von EUR 493'952.40. Als Mangelfolgeschäden aus der ursprünglichen Schadenzusammenstellung gemäss Widerklage verblieben EUR 30'000.-- und Fr. 148'042.53.
27
Schliesslich verlangte sie aber nicht den so ermittelten Minderungsbetrag gestützt auf die von ihr ursprünglich substanziierten Verbesserungskosten, sondern errechnete die nunmehr beantragte Minderungsforderung gestützt auf die relative Methode unter Zugrundelegung eines objektiven Marktwerts eines mängelfrei gedachten Werkes von Fr. 2'650'000.-- sowie dem Wert des mangelhaften Werks von Fr. 800'000.--, woraus ein Minderwert von 69.8113 % resultiere. Dies gestützt auf die Wertangaben im gerichtlichen Ergänzungsgutachten vom 10. Oktober 2018. Unter Berücksichtigung einer tatsächlichen Vergütung von Fr. 900'000.-- ermittelte sie einen Herabsetzungsbetrag von Fr. 628'301.-- (69,8113 % von Fr. 900'000.--) und unter Abzug des noch ausstehenden Werklohns von Fr. 365'466.-- (bzw. EUR 298'047.60) eine Rückerstattungsforderung von Fr. 262'835.--.
28
3.3. Die Beschwerdeführerin macht zu Recht geltend, die immer wieder geänderten Ausführungen der Beschwerdegegnerin seien schwer nachvollziehbar. Es gilt zu unterscheiden zwischen der materiellrechtlichen Frage der Ausübung des Minderungsrechts als - grundsätzlich unwiderrufliches - Gestaltungsrecht und der prozessrechtlichen Frage der Klageänderung.
29
Mit der Minderungserklärung wird der Werkvertrag inhaltlich geändert; die geschuldete Vergütung wird entsprechend dem Minderwert des Werkes herabgesetzt. Die Minderungserklärung ist eine ausdrückliche, wenn der Besteller dem Unternehmer mitteilt, er mache wegen eines bestimmten Mangels einen bestimmten Abzug von der Vergütung (PETER GAUCH, Der Werkvertrag, 6. Aufl. 2019, S. 753 Rz. 1642; SILVIO VENTURI, La réduction du prix de vente en cas de défaut ou de non-conformité de la chose, 1994, S. 176 Rz. 774). Die Beschwerdegegnerin hat in diesem Sinn den bestimmten Abzug vom Werklohn im Betrag von EUR 350'000.-- erklärt, an diese Gestaltung des Vertragsverhältnisses ist sie grundsätzlich gebunden. Jedoch ist allgemein für Gestaltungserklärungen anerkannt, dass diese Bindungswirkung bzw. Unwiderruflichkeit entfällt, wenn der Erklärungsgegner das Gestaltungsrecht oder dessen wirksame Ausübung bestreitet (BGE 128 III 70 E. 2 S. 75 f.). Bei der werkvertraglichen Mängelhaftung ist sodann anerkannt, dass das ursprüngliche (auf Wandelung, Minderung und Nachbesserung gerichtete) Wahlrecht bei ungenügender Nachbesserung wieder auflebt (BGE 109 II 40 E. 6a S. 41 f.; Urteile 4A_650/2016 vom 3. Mai 2017 E. 4.2; 4A_177/2014 vom 8. September 2014 E. 4.1; 4C.346/2003 vom 26. Oktober 2004 E. 4.2.1). Ob und wie lange der Besteller nach erfolgter Klageerhebung noch befugt ist, die Minderungserklärung durch eine Wandelungs- oder Nachbesserungserklärung zu ersetzen, beurteilt sich aufgrund der Bestimmungen zur Klageänderung (GAUCH, a.a.O., S. 768 Rz. 1697). Das Gleiche muss gelten, wenn statt des ursprünglich geltend gemachten Minderungsbetrags ein höherer Minderungsbetrag geltend gemacht wird. Entsprechend ist die Beschwerdegegnerin vorliegend auf ihre Minderungserklärung zurückgekommen und hat - nachdem die Beschwerdeführerin das Minderungsrecht grundsätzlich bzw. im Quantitativen bestritten hatte, in der Duplik ein Gutachten zum "Umfang der Minderung" beantragt. Dieser Antrag wurde rechtzeitig gestellt. Die Beschwerdegegnerin hat damit den geltend zu machenden Minderwert ziffernmässig offengelassen, was sie kann (vgl. z.B. VENTURINI, a.a.O., S. 180 Rz. 791), und sinngemäss vom Beweisergebnis abhängig gemacht. Nachdem das Beweisergebnis vorgelegen hatte, durfte sie deshalb ihren Minderungsanspruch gestützt auf den stets gleich gebliebenen Mängelsachverhalt entsprechend ziffernmässig neu bestimmen.
30
Die gegenüber der Widerklage (EUR 685'641.27) im Schlussvortrag (EUR 191'688.87) geänderten Euro-Beträge ergeben sich somit daraus, dass als Mangelfolgeschaden im Zusammenhang mit der Ersatzanschaffung Füller/Rinser in Euro lediglich ein Betrag von EUR 30'000.-- (nebst EUR 161'688.87 für Warenvergütungen und Rückrufkosten) verblieb. Die Differenz von EUR 493'952.40, welche in der Widerklage im Zusammenhang mit dem Verkauf des gelieferten Füllers/Rinsers und dessen Ersatz durch einen neuen Füller/Rinser geltend gemacht worden waren, entfiel. Gleichzeitig erhöhte sich der Frankenbetrag von Fr. 1'448'402.30 gemäss Widerklage auf Fr. 1'711'237.30 gemäss Schlussvortrag, mithin um den nun neu in Schweizer Franken berechneten Herabsetzungsbetrag von Fr. 262'835.--. Abgesehen von den unterschiedlichen Beträgen besteht ein Unterschied somit darin, dass die unter dem Titel Minderung geltend gemachten Beträge in der Widerklage als Schadenersatz (Mangelfolgeschaden) qualifiziert wurden, im Schlussvortrag aber als vertraglicher Herabsetzungsbetrag. Diese unterschiedliche Qualifikation begründet aber keine unzulässige Klageänderung (Urteil 4A_8/2020 vom 9. April 2020 E. 3.2 - 3.5).
31
 
4.
 
Unter dem Titel "Falsche Währung des abgeänderten Widerklagebegehrens" gibt die Beschwerdeführerin die Ausführungen der Vorinstanz zur Zusprechung des Betrages in Euro (vgl. E. 2 hiervor a.E.) wieder, jedoch ohne eine konkrete Rüge zu erheben. Darauf kann somit nicht eingetreten werden (vgl. E. 1 hiervor).
32
5. Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin nicht ausdrücklich zusicherte, mit der gelieferten Getränkeabfüllanlage könnten neben Mineralwasser, CSD (Carbonated Soft Drinks) und Sirup auch Fruchtsäfte und Smoothies abgefüllt werden. Die Vorinstanz ging aber davon aus, diese Eigenschaft habe die Beschwerdegegnerin nach Treu und Glauben voraussetzen dürfen.
33
5.1. Im Einzelnen erwog sie, die Beschwerdeführerin sei auf den Handel mit Getränkeabfüllanlagen spezialisiert. Sofern sie gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass die Beschwerdegegnerin auf der gelieferten Maschine auch Smoothies und Fruchtsäfte habe produzieren wollen, hätte sie diese abmahnen müssen. Dass die Beschwerdeführerin dies gewusst habe, leitete sie aus den Zeugenaussagen von F.________, Mitarbeiter der Beschwerdeführerin, und von G.________, damaliger Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, sowie der Parteiaussage des Geschäftsführers und Verwaltungsratspräsidenten der Beschwerdegegnerin, H.________, ab. Vor allem aber stützte sie sich auf die Offerte der Beschwerdeführerin vom 14. Dezember 2011, welche auch Weithalsflaschen umfasst habe, welche gemäss dem Erstgutachter bekanntlich für Fruchtsäfte, Eistee und ähnliche Produkte verwendet würden. Nachdem die Offerte explizit CSD- resp. Sirup-Flaschen aufführe, könnten die Weithalsflaschen nur für ein anderes Produkt gedacht gewesen sein. Das gelte umso mehr, als die Offerte auch "Liquid Food" als abzufüllendes Produkt angebe, womit wiederum gemäss übereinstimmenden Zeugen- bzw. Parteiaussagen nicht CSD oder gewöhnlicher Sirup habe gemeint sein können, ansonsten es keinen Sinn gemacht hätte, "Liquid Food" eigens als zusätzliches Produkt aufzuführen. Auch in der kommerziellen Auftragsbestätigung vom 20. Januar 2012 sei wiederum vermerkt, dass Weithalsflaschen verarbeitet werden sollen. Schliesslich erscheine auch in der technischen Auftragsbestätigung vom 15. März 2012 eine Weithalsflasche bzw. ein "Verschluss 0,25 l Weithals". Der Begriff "Liquid Food" werde hier zusätzlich spezifiziert, nämlich als "Hot juice homogenized". Sowohl G.________ als auch H.________ hätten ausgeführt, dass es sich dabei um einen (Frucht-) Saft handle. Daraus ergebe sich zwar nicht, dass ein Smoothie gemeint sei, jedoch müsse es um einen Fruchtsaft gehen, der nicht klar sei, ansonsten eine Homogenisierung keinen Sinn machen würde. Denkbar sei ein Fruchtsaft mit Fasern oder eben ein Smoothie, d.h. eine Mischung aus Fruchtpüree und Fruchtsaft. Weiter hinten im Anhang zur Auftragsbestätigung vom 15. März 2012 sei sogar eine Flasche abgebildet, die als "Smoothie 250 ml" bezeichnet werde. Unbestritten sei sodann, dass die Beschwerdegegnerin bei den von der Beschwerdeführerin organisierten Abfüllversuchen am 2. März 2012 in Roverbella/Italien neben anderen Produkten zehn gefüllte, etikettierte und verschlossene Smoothie-Flaschen nach Deutschland geschickt habe. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe die Beschwerdeführerin somit gewusst, dass mit der Anlage auch Smoothies abgefüllt werden sollten. Dessen ungeachtet habe sie am 15. März 2012 die technische Auftragsbestätigung unterzeichnet, ohne die Beschwerdegegnerin abzumahnen. Die erste Abmahnung sei erst am 15. Juni 2012 erfolgt, als die Anlage bereits geliefert und in Betrieb genommen worden sei. Zusammenfassend schloss die Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe 
34
5.2. Die Beschwerdeführerin rügt, die zeitliche Reihenfolge der von der Vorinstanz erwähnten Ereignisse sei unzutreffend. Sie habe die technische Auftragsbestätigung bereits am 29. Februar 2012 unterzeichnet, also vor den Abfüllversuchen in Roverbella. Es sei die Beschwerdegegnerin, welche die technische Auftragsbestätigung erst nach den Abfüllversuchen am 15. Mai 2012 ohne Vorbehalte unterzeichnet habe. Damit korrigiert sie den von der Vorinstanz zugrunde gelegten Sachverhalt, ohne dass sie darlegt, diese Tatsache bereits vor Vorinstanz prozesskonform eingebracht zu haben. Das kann nicht berücksichtigt werden (vgl. E. 1.4 hiervor).
35
5.3. Weiter wirft sie der Vorinstanz vor, zu den Fragen, ob die Beschwerdeführerin gewusst habe oder nach Treu und Glauben hätte wissen müssen, dass die Beschwerdegegnerin auch Fruchtsäfte und Smoothies abfüllen wolle, seien die Beweise unvollständig abgenommen worden. Nicht berücksichtigt worden sei, dass auch die Beschwerdegegnerin fachkundig gewesen sei; ebenso wenig das offensichtliche Missverhältnis zwischen dem Werkpreis von Fr. 0,8 Mio. und dem gemäss Gutachten objektiven Wert einer mängelfreien Anlage von zwischen Fr. 1,8 und Fr. 3,5 Mio., der auch einer Laiin hätte auffallen müsse, sowie schliesslich die Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin zwischen September 2011 bis zur ersten schriftlichen Mängelrüge am 30. November 2012 kein einziges Schriftstück zugestellt habe. Sie macht geltend, wären diese Tatsachen berücksichtigt worden, folge daraus für die Auslegung des Werkvertrages und damit die Feststellung eines Werkmangels, dass die Beschwerdegegnerin mangels ausdrücklicher Zusicherung nach Treu und Glauben nicht davon hätte ausgehen dürfen, auf der Anlage liessen sich auch Fruchtsäfte und Smoothies abfüllen.
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Damit vermischt die Beschwerdeführerin verschiedene Aspekte. Sie geht zwar eingangs davon aus, die Vorinstanz habe die Beweise unvollständig abgenommen im Hinblick auf die Frage, was die Beschwerdeführerin gewusst habe. Es ist aber nicht ersichtlich und die Beschwerdeführerin unterlässt jede Konkretisierung, inwiefern die drei Sachverhaltselemente hinsichtlich der Beweiswürdigung zum Wissen der Beschwerdeführerin betreffend den von der Beschwerdegegnerin beabsichtigten Gebrauchszweck relevant wären.
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Die Beschwerdegegnerin macht zu Recht geltend, dass mit diesen allgemeinen Ausführungen nicht klar gerügt wird, worin die entscheidende Bedeutung der drei Sachverhaltselemente für die Auslegung des Vertrages besteht. Dass die Beschwerdegegnerin tatsächlich (aufgrund ihrer Fachkunde und des Preises) erkannt hätte, dass die Anlage keine Fruchtsäfte und Smoothies abfüllen kann, behauptet die Beschwerdeführerin zu Recht nicht. Allenfalls will sie geltend machen, die Beschwerdegegnerin hätte bei Zugrundelegung des zu vervollständigenden Sachverhalts selber erkennen können, dass mit der Anlage tatsächlich keine Fruchtsäfte und Smoothies abgefüllt werden können. Aber selbst wenn das zu bejahen wäre, würde das nichts daran ändern, dass bei willkürfrei bejahtem Wissen der Beschwerdeführerin um den von der Vertragspartnerin bezweckten Gebrauch die Beschwerdeführerin nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, die Beschwerdegegnerin auf die fehlende Gebrauchstauglichkeit zum beabsichtigten Zweck hinzuweisen. Mangels genügender Rüge betreffend die Erheblichkeit der von der Vorinstanz (angeblich) nicht berücksichtigten drei Sachverhaltselemente ist somit auf die diesbezüglichen Rügen der Beschwerdeführerin nicht weiter einzugehen.
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5.4. Die Beschwerdeführerin rügt weiter, die Vorinstanz habe die Edition der Konkurrenzofferte der I.________ abgelehnt wegen fehlender Beweistauglichkeit. Diese antizipierte Beweiswürdigung verletze ihren Anspruch auf Beweis gemäss Art. 8 ZGB. Mit dieser Konkurrenzofferte hätte sie den damaligen Geschäftswillen der Beschwerdegegnerin beweisen wollen. Dieser sei von entscheidender Bedeutung, namentlich für die Auslegung des Werkvertrags und entsprechend für die Beantwortung der Frage, ob die gelieferte Anlage Mängel aufgewiesen habe. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die Aussage des Geschäftsführers der Beschwerdegegnerin an der Instruktionsverhandlung.
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Das Bundesgericht ordnet die antizipierte Beweiswürdigung, soweit seine Kognition betreffend, der Sachverhaltsfeststellung respektive Beweiswürdigung zu und greift in diese entsprechend nur ein, wenn sie willkürlich ist (BGE 138 III 374 E. 4.3.2 S. 376 mit Hinweis). Willkür legt die Beschwerdeführerin nicht dar. An der von ihr zitierten Stelle in der Replik hat sie zwar in der Tat die Editionsofferte damit begründet, aus der Konkurrenzofferte sei ersichtlich, "dass die Bestellerin immer und einzig eine Anlage für CSD und Sirup kaufen wollte". Aus den Ausführungen des Geschäftsführers der Beschwerdegegnerin an der von der Beschwerdeführerin zitierten Stelle lässt sich nichts Genaues entnehmen. Vielmehr gab dieser an, man habe bei der Firma I.________ das gleiche Modell erwerben wollen wie bei der Beschwerdegegnerin und man habe ihr das Produktportfolio hingelegt und gesagt, was mit der Anlage gemacht werden solle. Wenn die Vorinstanz vor diesem Hintergrund auf die Edition der Konkurrenzofferte verzichtete, ist dies jedenfalls nicht willkürlich.
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5.5. Die Vorinstanz konnte somit willkürfrei davon ausgehen, es sei vorausgesetzt gewesen, dass die Anlage auch Fruchtsäfte und Smoothies abfüllen könne und entsprechend liege ein Mangel im Sinne von Art. 368 OR vor.
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6.
 
6.1. Die Vorinstanz erwog, Gewährleistungsansprüche würden gemäss den AGB der Beschwerdeführerin eine rechtzeitige Rüge voraussetzen. Sie stellte fest, die fehlenden Filterpatronen seien bei einem Termin mit der Beschwerdeführerin am 15. August 2012 entdeckt worden. Beim Abschluss der Entschädigungsvereinbarung (vgl. hiervor. Bst. A.c) seien die damals zur Debatte stehenden Schadensposten geregelt worden, ohne dass die Beschwerdeführerin den Einwand der verspäteten Mängelrüge vorgebracht habe. Für die vor Abschluss der Entschädigungsvereinbarung entdeckten Mängel sei daher ein stillschweigender Verzicht auf diesen Einwand anzunehmen.
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Die nach Abschluss der Entschädigungsvereinbarung entdeckten Mängel seien in der Klageantwort einzeln aufgeführt worden. Die Beschwerdeführerin habe nicht schlüssig behauptet, dass diese bzw. welche dieser Mängel verspätet gerügt worden seien, wofür sie aber die Behauptungslast trage. Es sei daher nicht von einem Wegfall der Gewährleistungsrechte infolge verpasster Rügefristen auszugehen.
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6.2. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine widersprüchliche Argumentation vor. Denn nach vorinstanzlicher Sichtweise sei ein etwaiger Minderwert nicht Gegenstand der Entschädigungsvereinbarung gewesen. Also könne sich der von der Vorinstanz gestützt auf die Entschädigungsvereinbarung angenommene Verzicht auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge auch nicht darauf beziehen. Jedenfalls hinsichtlich der geltend gemachten Minderung bzw. der Herabsetzung des Werkpreises wegen dem Werkmangel 2012 habe sie deshalb nicht stillschweigend auf die Einwendung der verspäteten Mängelrüge verzichtet. Selbst wenn aber dem so wäre, müsste berücksichtigt werden, dass die Beschwerdegegnerin erst über einen Monat nach Abschluss der Entschädigungsvereinbarung, am 30. November 2012, erstmals schriftlich Mängelrüge erhoben habe. Damit sei die nach der einschlägigen Verkehrsübung zulässige Dauer der Prüfungs- und Rügefrist (erneut) überschritten.
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6.3. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass die Mängelrüge nicht für einen bestimmten Schadenposten oder Herabsetzungsanspruch gemacht wird, sondern in Bezug auf einen bestimmten Mangel (fehlende Eigenschaft), der dann seinerseits Ursache für verschiedene Ansprüche bildet. Die von der Beschwerdeführerin zitierten Feststellungen der Vorinstanz zum Gegenstand der Entschädigungsvereinbarung bezogen sich auf solche (bereits bekannten) Forderungen. Die Vorinstanz spezifizierte demgegenüber nicht, welche Die Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Dauer der Rügefrist und eine entsprechende Verkehrsübung sind daher nicht entscheiderheblich. Die Vorinstanz konnte ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen, dass die Gewährleistungsrechte nicht durch Verletzung der Rügeobliegenheiten verwirkt sind.
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7. Die Vorinstanz führte aus, der Minderungsanspruch setze an sich kein Verschulden voraus. Die Parteien könnten aber in den von Art. 100 OR vorgegebenen Grenzen von dieser gesetzlichen Regelung abweichen. Vorliegend hätten die Parteien in Art. 16 der AGB der Beschwerdeführerin eine Freizeichnungsklausel vereinbart, welche die Haftung auf rechtswidrige Absicht oder grobe Fahrlässigkeit beschränke. Vorliegend habe die Beschwerdeführerin aber grobfahrlässig gehandelt.
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Die Beschwerdeführerin bestreitet vehement ein grobfahrlässiges Verhalten ihrerseits. Die Frage sei aber vor allem gar nicht entscheiderheblich. Da die Vorinstanz alle von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Ersatzansprüche für Mangelfolgeschäden aus anderen Gründen abgewiesen habe, stelle sich die Frage, ob die Freizeichnungsklausel hinsichtlich Mangelfolgeschäden wegen Grobfahrlässigkeit nicht greife, zum vornherein nicht. Geht die Beschwerdeführerin selber davon aus, eine Rechtsfrage sei nicht entscheiderheblich, muss nicht weiter darauf eingegangen werden.
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8. Die Entschädigungsvereinbarung enthält folgende Saldoklausel:
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"Der Geschädigte erklärt hiermit, dass er mit Erfüllung der vorliegenden Vereinbarung für die ihm aus dem genannten Schaden erwachsenen Ansprüche einschliesslich Rechtsvertretungskosten gegenüber der J.________ sowie ihren sämtlichen Versicherten vollständig und definitiv abgefunden ist und auf jede weitere Forderung verzichtet".
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8.1. Die Vorinstanz erwog, am 15. August 2012 hätten die Parteien festgestellt, dass die Beschwerdeführerin fälschlicherweise keine Filterpatronen für die Sterilfiltration des Wassers und der Luft in die gelieferte Anlage eingesetzt habe. In der Folge sei die Entschädigungsvereinbarung abgeschlossen worden, deren Gegenstand nur sehr knapp mit den Worten "Betrifft Schadenfall: B.________ vom 15.08.2012" umschrieben worden sei. Aus Dokumenten im Zusammenhang mit der Entschädigungsvereinbarung ergebe sich, dass es sich um eine Pauschalentschädigung gehandelt habe, die nicht auf einzelne Schadenspositionen und ihre genauen Ursachen aufgeschlüsselt worden sei. Nicht Verhandlungsgegenstand sei gemäss den Unterlagen ein allfälliger Minderwert der Anlage gewesen, also Mängel an der Anlage selber. Es sei vielmehr nur um Mangelfolgeschäden gegangen. Dies habe der damalige Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, G.________, in seiner Befragung explizit bestätigt. Ebenso habe er bestätigt, dass noch nicht entdeckte Schäden davon nicht abgedeckt gewesen seien. Vergleichsgegenstand seien somit nur die bereits bekannten Mangelfolgeschäden gewesen.
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8.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass mit der Saldoklausel nicht auch Mängel an der Anlage selber, also deren Minderwert abgedeckt gewesen sei. Sie geht davon aus, bei der Auslegung der Entschädigungsvereinbarung sei das damalige Verhalten der Beschwerdegegnerin nicht genügend berücksichtigt worden. Sie erwähnt namentlich, dass der Beschwerdegegnerin der Werkmangel bereits seit dem 15. Juni 2012 bekannt gewesen sei, dass der klare Wille der Parteien bestanden habe, einen Schlussstrich unter die Geschichte zu ziehen und die Beschwerdegegnerin die Versicherungszahlung von Fr. 350'000.-- gewollt habe, sowie dass die Entschädigungsvereinbarung von der Beschwerdegegnerin und der D.________ AG angefochtenen worden sei. Schliesslich wäre - wenn mit der Vorinstanz davon ausgegangen würde, sie habe mit der Vereinbarung auf die Einrede der verspäteten Mängelrüge hinsichtlich der bereits festgestellten Mängel verzichtet - zu beachten, dass eine geschäftserfahrene Partei einen solch bedeutsamen Verzicht nur im Rahmen eines abschliessenden Vergleichs hinnehme.
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Damit geht die Beschwerdeführerin nicht auf die vorinstanzliche Begründung ein, insbesondere nicht auf die von der Vorinstanz zitierte Aussage von G.________. Dieser sagte an der zitierten Stelle in der Tat aus, noch nicht entdeckte Schäden seien nicht abgegolten gewesen und auch nicht Schäden an der Maschine selber. Diese Aussage ihres eigenen damaligen Geschäftsführers muss sich die Beschwerdeführerin entgegenhalten lassen. Er bestätigte damit das auch von der Beschwerdegegnerin vertretene Vertragsverständnis und damit einen entsprechenden tatsächlich übereinstimmenden Willen. Davon, dass die Vorinstanz die Entschädigungsvereinbarung willkürlich ausgelegt hätte, kann nicht die Rede sein.
52
 
9.
 
Die Vorinstanz berechnete den Minderungsanspruch von EUR 600'300.-- aufgrund der relativen Methode. Demnach entspricht der Herabsetzungsbetrag der proportionalen Kürzung der Vergütung um das Mass des Minderwerts des Werkes (BGE 116 II 305 E. 4a S. 313; 111 II 162 E. 3a S. 163; Urteil 4A_667/2016 vom 3. April 2017 E. 5.2.1). Sie ging von einem bereinigten Kaufpreis von EUR 859'900.-- bzw. Fr. 1'030'880.-- (bei einem Wechselkurs von rund Fr. 1.20 im Juni 2012) aus. Werde von einem objektiven Wert einer mängelfreien Anlage von Fr. 2'650'000.-- (Mittelwert gemäss Gutachten vom 10. Oktober 2018) und der Verkehrswertschätzung der gelieferten Anlage in Höhe von Fr. 800'000.-- ausgegangen, habe die Beschwerdegegnerin Anspruch auf Minderung des Kaufpreises im Umfang von gerundet 69.81 %. Wende man diesen Satz auf den bereinigten Kaufpreis von EUR 859'900.-- an, betrage der Minderwertsanspruch gerundet EUR 600'300.--.
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9.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die Anwendung der relativen Methode als solche und auch nicht gegen die verwendeten Werte; letztere bestätigt sie vielmehr explizit als für das Bundesgericht verbindlich. Sie macht aber geltend, es bestehe ein atypischer Fall. Normalerweise lägen der ursprünglich vereinbarte Werkpreis und der objektive Wert des mängelfreien Werks in der gleichen Grössenordnung. Vorliegend bestehe aber ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem Betrag für eine mängelfreie Anlage und dem geschätzten Verkehrswert der gelieferten Anlage. Unbestritten sei einzig der Füller/Rinser das Problem gewesen, die andern Teile der Anlage hätten funktioniert. Bei der Berechnung der Vorinstanz würde sie für die mängelfreien Anteile gerade noch EUR 259'600.-- erhalten, was nicht sein könne. Die Beschwerdegegnerin habe die mängelfreien Teile denn auch ohne Einschränkung benutzt. Die sachgerechte Methode zur Berechnung des Minderwerts müsse daher von einer Aufteilung der Anlage bzw. des Werkpreises ausgehen. Auf den mangelhaften Füller/Rinser entfalle dabei EUR 300'000.-- und auf die übrigen Werkteile EUR 559'900.--. Nur der Füller/Rinser berechtige zur Minderung. Da gutachterliche Werte für den objektiven Wert eines mängelfreien Füller/Rinser fehlten, lasse sich die Beschwerdeführerin zur Vermeidung einer Rückweisung den Preis des von der Beschwerdegegnerin zum Ersatz gekauften K.________-Füllers von EUR 582'000.-- anrechnen. Die prozentuale Wertverminderung betrage bei dieser Berechnung bloss 48.45 % und der Herabsetzungsanspruch EUR 141'361.-- [recte: EUR 145'361.--]. Ziehe man diesen Betrag von der offenen Schlussrate von EUR 275'970.-- ab, so verbleibe eine Kaufpreisrestanz von EUR 134'309.-- [recte: EUR 130'609.--] bzw. inkl. 8 % MwSt. eine solche von EUR 145'378.-- [recte: EUR 141'058.--], entsprechend dem gestellten Eventualbegehren (sic).
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9.2. Für eine anteilsmässige Aufteilung im Sinne der Beschwerdeführerin fehlen bereits die entsprechenden vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen. Die Beschwerdeführerin beruft sich darauf, die insgesamte Anlage sei aus mehreren Einzelmaschinen sowie diese verbindenden Teile zusammengesetzt gewesen und listet eine Vielzahl von Einzelpositionen auf. Wie bereits erwähnt (E. 1.4.2 hiervor), ergänzt sie damit den Sachverhalt unzulässig gegenüber dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt. Sodann ist auch nicht bekannt, wie die Beschwerdeführerin selber eingesteht, welchen objektiven Wert ein mängelfreier Füller/Rinser und welchen objektiven Wert der mangelhafte Füller/Rinser gehabt hat. Für den Fall, dass die Beschwerdegegnerin die von ihr ersatzweise eingesetzten Preise für den K.________-Füller nicht anerkenne, beantragt die Beschwerdeführerin die Rückweisung der Sache und die Einholung eines diesbezüglichen Gutachtens. Sie verkennt damit, dass dies voraussetzen würde, dass sie im Verfahren vor Bundesgericht mit Aktenhinweisen darlegt, im kantonalen Verfahren entsprechende Beweisanträge gestellt zu haben. Im Übrigen legt die Beschwerdeführerin nicht dar und es ist aus dem angefochtenen Entscheid auch nicht ersichtlich, dass sie die nun vorgebrachte Auffassung bereits vor Vorinstanz vorgebracht hätte. Damit das Bundesgericht auf eine Rüge eintreten kann, ist aber nicht nur erforderlich, dass der kantonale Instanzenzug formell durchlaufen wurde, sondern auch, dass die Rügen, die dem Bundesgericht unterbreitet werden, soweit möglich schon vor Vorinstanz vorgebracht wurden (sog. materielle Erschöpfung des Instanzenzugs; BGE 143 III 290 E. 1.1 S. 292 f. mit Hinweisen). Es muss daher nicht weiter darauf eingegangen werden, inwieweit die von der Beschwerdeführerin befürwortete Berechnungsmethode überhaupt sachgerecht wäre. Damit bleibt es bei der Berechnung des Minderwerts, wie sie die Vorinstanz vorgenommen hat.
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10. Die Vorinstanz erwog, die Zahlung von Fr. 350'000.--, welche die D.________ AG von der Versicherung der Beschwerdeführerin erhalten habe, sei nicht vom Herabsetzungsanspruch in Höhe von EUR 600'300.-- abzuziehen. Vielmehr sei die Zahlung der Versicherung Ersatz für die von den fehlenden Filterpatronen im Füller verursachten Schäden sowie für die im Zeitpunkt der Entschädigungsvereinbarung bereits bekannten Mangelfolgeschäden.
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Die Beschwerdeführerin bestreitet dies ohne weitere hinreichende Begründung. Sie verweist lediglich auf ihre Ausführungen unter dem Titel "5.6 Aussergerichtlicher Vergleich hinsichtlich der Minderung". Es wird diesbezüglich auf die vorstehenden Ausführungen (E. 8 hiervor) verwiesen.
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11. Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
58
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 9'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 10'000.-- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Handelsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, und der C.________ AG schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Oktober 2020
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Kiss
 
Der Gerichtsschreiber: Gross
 
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