VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_508/2020  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 05.11.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_508/2020 vom 06.10.2020
 
 
5A_508/2020
 
 
Urteil vom 6. Oktober 2020
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
 
Gerichtsschreiber Sieber.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Yetkin Geçer,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1. Bezirksgericht Aarau, Kasinostrasse 5, Postfach, 5001 Aarau,
 
2. Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, Kammer, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Einsetzung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands (Abänderung Eheschutzentscheid),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
 
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer,
 
vom 15. Mai 2020 (ZSU.2020.94 / BB).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. A.A.________ (geb. 1978; Beschwerdeführerin) und B.A.________ (geb. 1970) sind die verheirateten Eltern des Sohnes C.A.________ (geb. 2016).
1
Am 24. Februar 2019 trennten sich die Ehegatten. Mit Entscheid vom 26. März 2019 regelte das Bezirksgericht Aarau das Getrenntleben, wobei es soweit hier interessierend den Sohn unter die Obhut der Mutter stellte und dem Vater bei fehlender Einigung ein Besuchsrecht von zwei Nachmittagen in der Woche einräumte.
2
A.b. Mit Eingabe vom 3. April 2020 ersuchte B.A.________ das Bezirksgericht um schrittweise Ausdehnung des Besuchsrechts, um Gewährleistung des Informationsflusses betreffend den Sohn und um Errichtung einer Besuchsrechtsbeistandschaft.
3
A.A.________ ihrerseits beantragte am 10. April 2020 das Besuchsrecht des Vaters für die Dauer eines gegen diesen geführten Strafverfahrens zu sistieren. Zudem ersuchte sie für beide Verfahren betreffend den persönlichen Verkehr zwischen Vater und Sohn um Erteilung des Rechts auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
4
A.c. Mit zwei Verfügungen vom 15. April 2020 gewährte das Bezirksgericht A.A.________ in beiden Verfahren für die Gerichtskosten die unentgeltliche Rechtspflege, wies aber die Gesuche um Einsetzung ihres Rechtsanwalts als unentgeltlicher Vertreter ab.
5
 
B.
 
Mit Urteil vom 15. Mai 2020 (eröffnet am 22. Mai 2020) wies das Obergericht die von A.A.________ gegen die beiden Verfügungen erhobene Beschwerde ab (Dispositivziffer 1). Zudem auferlegte es A.A.________ die Prozesskosten (Dispositivziffer 2 und 3) und verweigerte ihr mit gleichzeitig gefasstem Beschluss die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Beschwerdeverfahren.
6
 
C.
 
A.A.________ gelangt am 20. Juni 2020 mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragt, es sei ihr unter Aufhebung von Dispositivziffer 1 des Entscheids des Obergerichts in beiden den persönlichen Verkehr zwischen Vater und Sohn betreffenden Geschäften ihr Rechtsanwalt als unentgeltlicher Vertreter beizuordnen. Ausserdem ersucht sie für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
7
Das Bundesgericht hat die Akten des kantonalen Verfahrens, indes keine Vernehmlassungen eingeholt.
8
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin (Art. 75 BGG) über die Beiordnung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters entschieden und diese verweigert hat. Dabei handelt es sich praxisgemäss um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1; jüngst etwa Urteile 5A_610/2020 vom 4. August 2020 E. 1; 5A_2/2020 vom 15. Januar 2020 E. 2). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1). In beiden Hauptsacheverfahren steht die Änderung der im Rahmen eines Eheschutzentscheids getroffenen Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen Vater und Sohn und damit eine nicht vermögensrechtliche Zivilsache nach Art. 72 Abs. 1 BGG in Streit (Urteile 5A_668/2019 vom 28. Januar 2020 E. 1; 5A_694/2014 vom 24. März 2015 E. 1.1). Damit ist die Beschwerde in Zivilsachen das zutreffende Rechtsmittel und erweist sich die ebenfalls erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde als unzulässig (Art. 113 BGG). Die Beschwerdeführerin ist nach Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt, die sie auch fristgerecht erhoben hat (Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausführungen einzutreten.
9
1.2. Die Beschwerdeführerin beantragt vor Bundesgericht ausdrücklich allein die Aufhebung von Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids, mit welcher das Obergericht ihre gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung in den Hauptverfahren gerichtete Beschwerde abgewiesen hat. Dagegen wendet sie sich nicht gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss betreffend die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im Beschwerdeverfahren vor dem Obergericht. Auch aus der Begründung der Beschwerde ergibt sich nichts anderes (vgl. BGE 137 III 617 E. 6.2; 137 II 313 E. 1.3). Folglich ist die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren durch das Bundesgericht nicht zu prüfen (vgl. BGE 142 I 155 E. 4.4.2).
10
 
2.
 
2.1. Eheschutzentscheide (inkl. Entscheide betreffend Abänderung von Eheschutzentscheiden) gelten als vorsorgliche Massnahmen nach Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.2). Mit Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann nach dieser Bestimmung nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (BGE 137 III 193 E. 1.2). Damit kann auch im vorliegenden Verfahren betreffend die Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung in einem Prozess über die Abänderung eines Eheschutzentscheids einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Urteil 5A_2/2020 vom 15. Januar 2020 E. 2 mit zahlreichen Hinweisen). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen kommt ebenfalls nur in Frage, wenn das kantonale Gericht solche Rechte verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1). Zum vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt gehören nicht nur die Feststellungen über den Lebenssachverhalt, sondern auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1). Es gilt das strenge Rügeprinzip nach Art. 106 Abs. 2 BGG. Die rechtsuchende Partei muss daher präzise angeben, welches verfassungsmässige Recht durch den angefochtenen Entscheid verletzt wurde, und im Einzelnen darlegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 144 II 313 E. 5.1; 142 II 369 E. 2.1; 140 III 264 E. 2.3).
11
2.2. Die Beschwerdeführerin beachtet die dargestellte Beschränkung der Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts nicht. Vielmehr macht sie verschiedentlich Rechtsverletzungen geltend und scheint über weite Strecken davon auszugehen, das Bundesgericht könne die sich stellenden Rechts- und Sachverhaltsfragen frei prüfen. Dies wirkt sich zwar insoweit nicht weiter aus, als der strittige Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung auf Verfassungs- und Gesetzesstufe weitgehend identisch ausgestaltet ist (Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 117 ff. ZPO), weshalb das Bundesgericht seine Anwendung auch im vorliegenden Verfahren frei prüft (vgl. hinten E. 3.1). Im Zusammenhang mit der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung rügt die Beschwerdeführerin indes weder eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte, noch begründet sie eine solche. Vielmehr beschränkt sie sich darauf, ihre Sicht der Dinge dem vorinstanzlichen Urteil gegenüberzustellen, ohne auf dieses einzugehen. Dies genügt den einschlägigen Anforderungen an die Begründung der Beschwerde in Zivilsachen nicht. Ausgenommen ist allein die Rüge, das Obergericht habe den in Art. 9 BV verankerten Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, indem die Beschwerdeführerin in einem zu guten Licht dargestellt werde und ihre Fähigkeiten überschätzt würden. Auch dieses im Übrigen offensichtlich unbegründete Vorbringen ist freilich nicht hinreichend präzise, um den Begründungserfordernissen zu genügen. Soweit den Sachverhalt betreffend ist auf die Beschwerde daher nicht einzutreten und von den im angefochtenen Entscheid getroffenen Feststellungen auszugehen.
12
 
3.
 
In der Sache strittig ist die unentgeltliche Verbeiständung der Beschwerdeführerin in den Verfahren betreffend den persönlichen Verkehr zwischen Vater und Sohn.
13
3.1. Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit zur Wahrung ihrer Rechte notwendig, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Mit den Art. 117 ff. ZPO wird der als verfassungsrechtliche Minimalgarantie in Art. 29 Abs. 3 BV verankerte Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für den Zivilprozess auf Gesetzesstufe gewährleistet (BGE 144 III 531 E. 4.1). Die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung nach der Zivilprozessordnung stimmen dabei mit denjenigen des Verfassungsanspruchs überein, dessen Einhaltung das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht frei prüft (BGE 142 III 131 E. 4.1).
14
Ob eine unentgeltliche Verbeiständung sachlich notwendig ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Die bedürftige Partei hat Anspruch darauf, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen (BGE 130 I 180 E. 2.2). Droht das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtsposition der bedürftigen Partei einzugreifen, ist die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters grundsätzlich geboten, sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen die bedürftige Person auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 144 IV 299 E. 2.1). Dabei sind neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts auch in der Person der bedürftigen Partei liegende Gründe zu berücksichtigen, so das Alter, die soziale Situation, Sprachkenntnisse und allgemein die Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden (BGE 128 I 225 E. 2.5.2; 123 I 145 E. 2b/cc; zum Ganzen jüngst Urteile 5A_654/2019 vom 14. Mai 2020 E. 4.1; 5A_565/2019 vom 19. Dezember 2019 E. 2.3.1).
15
3.2. Das Obergericht erwägt vorab, dass der Beschwerdeführerin in der Hauptsache, welche den Umfang des väterlichen Besuchsrechts, die Errichtung einer Besuchsrechtsbeistandschaft sowie die Information des Vaters betreffe, keinerlei Rechtsverlust und daher kein besonders schwerer Eingriff in die Rechtsposition drohe. Die Anträge des Ehemanns seien sodann auch für einen juristischen Laien leicht verständlich, weshalb es der Beschwerdeführerin ohne anwaltliche Hilfe möglich sei, adäquat darauf zu reagieren. Hieran ändere die vorhandene emotionale Komponente nichts. Die Beschwerdeführerin verfüge weiter aktenkundig über genügende Deutschkenntnisse. In der Hauptsache bestehe lediglich eine kleine Schnittmenge mit dem Strafverfahren des Ehemanns, und zwar insoweit, als die in diesem gewonnenen Erkenntnisse gegebenenfalls in die Beurteilung der vorliegenden Sache einfliessen könnten. Aufgrund der Geltung der Untersuchungs- und Offizialmaxime sei von Seiten der Beschwerdeführerin aber nicht mehr als ein einfacher Hinweis auf das Strafverfahren notwendig gewesen, wozu es keiner anwaltlichen Vertretung bedürfe. Inwiefern ein allfälliges migrationsrechtliches Verfahren sich auswirken und eine Verbeiständung als notwendig erscheinen lassen könnte, erschliesse sich sodann nicht. Nichts anderes ergebe sich aus dem Prinzip der Waffengleichheit, da auch die Beschwerde des Ehemanns gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung abgewiesen werde. In der fehlenden Erwähnung des Strafverfahrens durch die Erstinstanz liege schliesslich keine Gehörsverletzung. Die Erstinstanz habe daher das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung abweisen dürfen.
16
 
4.
 
Was die Beschwerdeführerin hiergegen vorbringt, vermag keine Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV aufzuzeigen:
17
 
4.1.
 
4.1.1. Nach Dafürhalten der Beschwerdeführerin ergibt sich "die Komplexität des Sachverhalts" nicht allein aus der Regelung des Besuchsrechts. Zu berücksichtigen sei auch "das permanent belästigende Verhalten des Kindesvaters", welches es der Beschwerdeführerin verunmögliche, den besten Weg einzuschlagen. Sie sei nicht rechtskundig und ihr fehle die Fähigkeit, sich in dem "dreidimensionalen Sachverhalt" im Schnittpunkt von Familien-, Straf- und Migrationsrecht zurechtzufinden. Für die Regelung des Besuchsrechts seien der Wohnsitz und die Erziehungsfähigkeit der Eltern ausschlaggebend. Weder das ausländerrechtliche noch das Strafverfahren - beide seien derzeit hängig - könnten deshalb als unabhängige Verfahren angesehen werden. Dies sei umso weniger der Fall, als eine Kindeswohlgefährdung vorliege und im Zivilverfahren die Untersuchungs- und Offizialmaxime Geltung hätten. Unter diesen Umständen treffe nicht zu, dass lediglich eine kleine Schnittmenge mit dem Strafverfahren bestehe.
18
4.1.2. Die Beschwerdeführerin geht verschiedentlich von tatsächlichen Gegebenheiten aus, welche vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt abweichen und daher ausser Acht zu bleiben haben (vgl. vorne E. 2.2). Dies betrifft das (angeblich) belästigende oder sogar gewalttätige und kindeswohlgefährdende Verhalten des Vaters. Dem angefochtenen Urteil lässt sich auch nichts zu einem ausländerrechtlichen Verfahren entnehmen. Gestützt auf die vorinstanzlichen Feststellungen ist entgegen der Beschwerdeführerin nicht von einem komplexen "dreidimensionalen" Sachverhalt auszugehen und musste das Obergericht in seinem Entscheid keine besonderen sachverhaltlichen Schwierigkeiten berücksichtigen. Wie die Vorinstanz richtig festhält, ergeben sich solche Schwierigkeiten insbesondere auch nicht allein aus dem parallel zum Besuchsrechtsstreit geführten Strafverfahren, dem ebenfalls der Elternstreit zugrunde liegt.
19
 
4.2.
 
4.2.1. Unter Hinweis auf BGE 130 I 138 führt die Beschwerdeführerin aus, in "Obhutsfällen" sei eine anwaltliche Vertretung notwendig. Der Entscheid greife in diesen Fällen regelmässig stark in die persönliche Situation des Kindes und der Mutter und damit auch der Beschwerdeführerin ein. Generell lägen komplexe Verhältnisse vor, die für juristische Laien nur schwer überblickbar seien. Dies gelte auch hier, wo die strittige Erweiterung des Besuchsrechts des Vaters das Obhutsrecht der Mutter in Frage stelle, zumal das Kindeswohl aufgrund des gewalttätigen Verhaltens des Vaters gegenüber der Beschwerdeführerin gefährdet sei und dessen Erziehungsfähigkeit überprüft werden müsse. Es treffe denn auch nicht zu, dass der Mutter kein Rechtsverlust drohe. Das Obergericht verkenne, dass die Ausdehnung des Besuchsrechts des Vaters einem solchen Rechtsverlust gleichkomme, da das unkooperative Verhalten des Vaters das Kindeswohl gefährde. Auch wenn in der Hauptsache im Wesentlichen eine Besuchsrechtsstreitigkeit vorliege, könne daher ein schwerer Eingriff in die Rechtsposition der Beschwerdeführerin nicht verneint werden. Entsprechend bejahe die Rechtsprechung beim Entzug des elterlichen Besuchsrechts die Notwendigkeit der Verteidigung. Auch durch die Sistierung des Besuchsrechts drohe ein Eingriff in die Rechtsposition der Kindsmutter. Die Sistierung bewirke ein verübergehendes Kontaktverbot zwischen Vater und Sohn und die Mutter werde versuchen, den Sohn vor Ehrverletzungen und Gewalttätigkeiten zu schützen.
20
4.2.2. Zu Unrecht verweist die Beschwerdeführerin auf die Rechtsprechung betreffend Entzug der Obhut oder des Besuchsrechts eines Elternteils. In der Hauptsache ist vorliegend einzig die Ausdehnung des Besuchsrechts des Ehemanns und Vaters strittig, welche nicht mit entsprechend intensiven Auswirkungen auf die Position der hauptbetreuenden Mutter verbunden ist. Zumal die Beschwerdeführerin nicht geltend macht und auch nicht offensichtlich ist, dass in der Hauptsache eine Ausdehnung des Besuchsrechts des Vaters in einem Umfang in Frage stehen würde, der den Kontakt zwischen Mutter und Sohn empfindlich einschränken könnte. Nicht nachvollziehbar ist sodann, weshalb die von der Beschwerdeführerin selbst beantragte Sistierung des persönlichen Verkehrs zwischen Vater und Sohn sich nachteilig auf ihre Rechtsstellung auswirken sollte. Der von der Beschwerdeführerin zitierte BGE 130 I 180 ist zum alten Recht ergangen und betrifft nicht die vorliegend in der Hauptsache umstrittene faktische Obhut im Sinne der Befugnis zur täglichen Betreuung des Kindes, sondern das Recht, den Aufenthaltsort des Kindes und die Modalitäten der Betreuung zu bestimmen (zu dieser Unterscheidung vgl. BGE 142 III 612 E. 4.1; vgl. neu auch Art. 301a Abs. 1 ZGB).
21
4.2.3. Freilich ist anerkannt, dass eine unentgeltliche Verbeiständung auch in Verfahren betreffend die Einschränkung des persönlichen Verkehrs eines Elternteils mit dem Kind notwendig sein kann. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls (Urteil 5A_654/2019 vom 14. Mai 2020 E. 4 [insbes. E. 4.4]). Diesbezüglich verweist die Beschwerdeführerin wiederum wesentlich auf das angeblich gewalttätige Verhalten des Kindsvaters gegenüber ihr selbst und dem Sohn und die dadurch hervorgerufene Kindeswohlgefährdung. Erneut entfernt sie sich damit unzulässig vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt und ist sie damit nicht zu hören (vgl. vorne E. 2.2). Ihrer Argumentation ist folglich die Grundlage entzogen. Die Beschwerdeführerin führt sodann nicht aus, dass vorliegend in der Hauptsache ansonsten besonders komplexe Verhältnisse gegeben wären.
22
 
4.3.
 
4.3.1. Die Beschwerdeführerin verweist weiter darauf, dass es beim Entscheid über die unentgeltliche Verbeiständung auch auf ihre Person, ihr Alter, ihre Bildung, ihre Vertrautheit mit der Gerichtspraxis und ihre (fehlenden) Sprachkenntnisse ankomme. Insbesondere sei die Beschwerdeführerin nicht rechtskundig, finde sich im Verfahren allein nicht zurecht und seien die dort aufgeworfenen Fragen nicht leicht zu beantworten. Beispielsweise hätte sie ohne Vertretung keine Strafanzeige gegen den Ehemann eingereicht oder sein unrechtmässiges Verhalten im Streit um das Besuchsrecht nicht zu ihrem Vorteil genutzt. Auch hätte sie nicht auf die Einladung zur Stellungnahme reagieren können, da ihr nicht zumutbar sei, sich mit der juristischen Sprache zu befassen. Die tatsächlichen Schwierigkeiten, welchen die alleinerziehende Mutter gegenüberstehe (Sprachkenntnisse, gewalttätiger Ehemann), seien zu berücksichtigen.
23
4.3.2. Zwar trifft zu, dass auch die in der Person der Beschwerdeführerin liegenden Umstände wie ihr Alter, die Fähigkeit, sich im Verfahren zurecht zu finden, oder ihre Sprachkenntnisse in den Entscheid über die Beiordnung eines Rechtsvertreters einzubeziehen sind (vgl. vorne E. 3.1). Jedoch weicht die Beschwerdeführerin auch in diesem Zusammenhang verschiedentlich in unzulässiger Art und Weise von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ab (vgl. vorne E. 2.2). Dies geschieht etwa (wiederum) bezüglich des Verhaltens des Ehemanns, aber auch mit Blick auf ihre Sprachkenntnisse, welche die Vorinstanz gestützt auf die Akten als ausreichend qualifizierte. Der Beschwerdeführerin ist es daher zumutbar, einfache prozessleitende Verfügungen des Gerichts, wie sie hier in Frage stehen, zu verstehen und (alleine) darauf zu reagieren. Besondere (juristische) Sprachfähigkeiten sind dazu nicht nötig.
24
4.3.3. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich unbestritten um eine juristische Laiin und kann ihr keine Vertrautheit mit den Verfahren in der Hauptsache unterstellt werden. Hierin allein liegt jedoch noch kein Grund für die Beiordnung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters, da eine solche ansonsten regelmässig geboten wäre. Sodann verweist die Vorinstanz mit gutem Grund darauf, dass in den Hauptverfahren Kinderbelange strittig sind und der Offizial- sowie der Untersuchungsgrundsatz zur Anwendung gelangen. Das Gericht erforscht den Sachverhalt daher von Amtes wegen und ist nicht an die Parteianträge gebunden (Art. 296 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Anwendbarkeit dieser Grundsätze schliesst die Notwendigkeit einer Verbeiständung zwar nicht aus. Sie rechtfertigt es aber, an die Voraussetzungen, unter denen diese geboten ist, einen strengen Massstab anzulegen (BGE 125 V 32 E. 4b; Urteile 5A_242/2018 vom 24. August 2018 E. 2.2; 5A_511/2016 vom 9. Mai 2017 E. 4.2). Diesen Aspekt, auf den das Obergericht explizit verweist, beachtet die Beschwerdeführerin in ihren Überlegungen nicht.
25
 
4.4.
 
4.4.1. Weiter geht die Beschwerdeführerin auf das in Art. 118 Abs. 1 Bst. c ZPO verankerte Prinzip der Waffengleichheit ein. Hieraus ergebe sich ein Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung, wenn auch die Gegenpartei anwaltlich vertreten sei. Entgegen dem Obergericht sei damit nicht entscheidend, ob dem Ehemann im Hauptverfahren ein unentgeltlicher Rechtsbeistand beigeordnet worden sei. Vielmehr komme es darauf an, ob dieser anwaltlich vertreten sei bzw. sich eine derartige Vertretung leisten könne. Dies sei der Fall, da der Ehemann sich die Betreuung des gemeinsamen Kindes sparen könne.
26
4.4.2. Auch hier stützt die Beschwerdeführerin sich in unzulässiger Art und Weise auf vom Obergericht nicht festgestellte tatsächliche Grundlagen (vgl. vorne E. 2.2) : Dem angefochtenen Entscheid lässt sich nicht entnehmen, dass der Kindsvater im Hauptverfahren anwaltlich vertreten wäre, was mit Blick auf das Prinzip der Waffengleichheit gegebenenfalls die Verbeiständung der Beschwerdeführerin rechtfertigen würde (vgl. BGE 110 Ia 27 E. 2 S. 28; Urteile 4D_35/2017 vom 10. Oktober 2017 E. 4.2; 5A_395/2012 vom 16. Juli 2012 E. 4.3). Auch soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, ihr Ehemann verfüge über hinreichende finanzielle Mittel, um sich vertreten zu lassen, entfernt sie sich von der für das Bundesgericht massgeblichen Sachverhaltsbasis. Damit ist nicht darauf einzugehen, ob das Prinzip der Waffengleichheit in dieser Situation überhaupt eine Verbeiständung als notwendig erscheinen lassen könnte.
27
4.5. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass "neben der Komplexität des Sachverhalts" "allein die formellen Anforderungen des Rechtsmittelverfahrens" zur Begründung der Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung ausreichten. Erfahrungsgemäss und nach der Rechtsprechung sei ein schlecht begonnenes Verfahren später nur sehr schwer in die richtige Bahn zu lenken. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ihre unentgeltliche Verbeiständung im erstinstanzlichen Verfahren ist (vgl. vorne Bst. C und E. 1.2), über welche allein aufgrund der bei Gesuchseinreichung vorliegenden Umstände zu urteilen ist (statt vieler: BGE 142 III 138 E. 5.1). In einem allfälligen späteren Rechtsmittelverfahren ist die unentgeltliche Rechtspflege neu zu beantragen (Art. 119 Abs. 5 ZPO; Urteil 5A_179/2019 vom 25. März 2019 E. 7). Erst für den Entscheid über dieses Gesuch sind die bei dessen Einreichung gegebenen Umstände des Rechtsmittelverfahrens entscheidend (Urteile 4A_540/2017 vom 1. März 2018 E. 4.2; 5A_267/2013 vom 10. Juni 2013 E. 4.3). Vorliegend bleibt das Rechtsmittelverfahren ausser Betracht.
28
 
4.6.
 
4.6.1. Nach dem Ausgeführten vermag die Beschwerdeführerin die Verneinung der Notwendigkeit ihrer unentgeltlichen Verbeiständung im Hauptverfahren nicht in Frage zu stellen. Damit hilft ihr auch der Hinweis nicht weiter, die übrigen Voraussetzungen der Mittellosigkeit und der fehlenden Aussichtslosigkeit seien erfüllt, was denn auch nicht strittig ist. Nichts Zusätzliches für sich abzuleiten vermag die Beschwerdeführerin sodann aus dem Hinweis auf verschiedene Verfassungsbestimmungen (aArt. 4 BV; Art. 11, 14 und 29 Abs. 3 BV) sowie die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) : Die Verfassungsgarantien vermögen für sich genommen die Notwendigkeit der Vertretung ebenfalls nicht zu begründen. Auf das vorstehend Ausgeführte ist sodann zu verweisen, soweit die Beschwerdeführerin ihre ansonsten vorgetragenen Rügen auch in diesem Zusammenhang wiederholt. In ihrer Argumentation geht die Beschwerdeführerin teilweise auch davon aus, die Verfassungsbestimmungen seien verletzt, weil ihr die Beiordnung einer Rechtsvertretung zu Unrecht verweigert wird. Dies ist wie dargelegt gerade nicht der Fall.
29
4.6.2. Zuletzt rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) in dessen Teilgehalt des "Rechts auf Auseinandersetzung". Dieses trete im Anwendungsbereich der Untersuchungs- und Offizialmaxime verstärkt in den Vordergrund und sei verletzt, weil (auch) die Vorinstanz das gegen den Beschwerdegegner angehobene Strafverfahren nicht erwähnt und damit wohl in der Entscheidfindung nicht berücksichtigt habe. Mit ihren vorab spekulativen Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin den im vorliegenden Verfahren geltenden Anforderungen an die Begründung der Beschwerde nicht zu genügen, zumal sie nicht auf die Würdigung der Vorinstanz eingeht, es sei auch mit Blick auf das rechtliche Gehör nicht nötig, das Strafverfahren zu erwähnen (vgl. vorne E. 2.1 und 3.2). Im Übrigen ist sie daran zu erinnern, dass das Obergericht nicht jedes einzelne ihrer Vorbringen ausdrücklich widerlegen musste, um der aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessenden Begründungspflicht zu genügen. Vielmehr durfte das Gericht sich auf die wesentlichen Punkte beschränken und musste die Begründung des getroffenen Entscheids die Beschwerdeführerin in die Lage versetzen, sich über dessen Tragweite Rechenschaft abzugeben und diesen in voller Kenntnis der Sache anzufechten (statt vieler: BGE 143 III 65 E. 5.2). Dass der angefochtene Entscheid diesen Anforderungen nicht genügen würde, ist weder geltend gemacht noch offensichtlich.
30
 
5.
 
Nach dem Ausgeführten erweist die Beschwerde sich als unbegründet und ist sie abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens unterliegt die Beschwerdeführerin und trägt sie grundsätzlich die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens. Aufgrund der besonderen Umstände des Falls verzichtet das Bundesgericht aber darauf, Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigung ist keine zu sprechen, da das obsiegende Gemeinwesen keinen Anspruch auf eine solche hat (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).
31
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im bundesgerichtlichen Verfahren wird gegenstandslos, soweit keine Gerichtskosten erhoben werden. Weitergehend ist es abzuweisen, da die Beschwerde nach dem Ausgeführten als von Anfang an aussichtslos qualifiziert werden muss (Art. 64 Abs. 1 BGG).
32
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
 
2. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
 
3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. Oktober 2020
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Sieber
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).