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Informationen zum Dokument  BGer 8C_490/2020  Materielle Begründung
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BGer 8C_490/2020 vom 25.09.2020
 
 
8C_490/2020
 
 
Urteil vom 25. September 2020
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht,
 
Gerichtsschreiber Jancar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Arbeitsfähigkeit; Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 24. Juni 2020 (VSBES.2019.184).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die 1986 geborene A.________ meldete sich am 27. Juni 2018 bei der IV-Stelle Solothurn zum Leistungsbezug an. Diese holte u. a. ein Gutachten der Psychiaterin Prof. Dr. med. B.________ vom 22. Februar 2019 ein, die folgende Diagnosen stellte: Posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1), V.a. kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen und ängstlich-vermeidenden Zügen (ICD-10 F 61.0), schädlicher Gebrauch von Tabak (ICD-10 F 17.1). Weiter zog die IV-Stelle eine Stellungnahme des Psychiaters Dr. med. C.________, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD), vom 7. März 2019 und einen Abklärungsbericht Haushalt vom 13. März 2019 bei. Mit Verfügung vom 4. Juni 2019 verneinte sie einen Rentenanspruch, da der Invaliditätsgrad lediglich 38 % betrage.
1
B. Die Beschwerde der Versicherten hiess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn teilweise gut. Es änderte die Verfügung der IV-Stelle dahingehend ab, als es ihr vom 1. Dezember 2018 bis 31. Mai 2019 eine halbe Invalidenrente zusprach. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 24. Juni 2020).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die Sache zur weiteren Abklärung und erneuten Beurteilung an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem verlangt sie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren.
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Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
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Erwägungen:
 
1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44). Da die Beschwerde an das Bundesgericht ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich diese grundsätzlich nicht auf einen rein kassatorischen Antrag beschränken. Anders verhält es sich, wenn das Bundesgericht im Falle einer Gutheissung in der Sache ohnehin nicht selbst entscheiden könnte, insbesondere weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317, 136 V 131 E. 1.2 S. 135, 134 III 379 E. 1.3 S. 383, 133 III 489 E. 3.1 S. 489). Aus der Beschwerdebegründung, die zur Interpretation des Rechtsbegehrens beigezogen werden kann (BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317), geht hervor, dass die Vorinstanz nach Auffassung der Versicherten die Sache nicht ohne weitere Abklärungen hätte entscheiden dürfen. Der Antrag ist somit zulässig, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist (vgl. auch Urteil 8C_113/2020 vom 27. März 2020 E. 1).
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2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Rechtsfrage ist, ob die rechtserheblichen Tatsachen vollständig festgestellt und ob der Untersuchungsgrundsatz bzw. die Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG beachtet wurden. Gleiches gilt für die Frage, ob die Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232) sowie von Abklärungsberichten an Ort und Stelle (Art. 69 Abs. 2 IVV; BGE 140 V 543 E. 3.2.1 S. 547) erfüllt wurden. Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit bzw. Leistungsfähigkeit im Haushalt und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es grundsätzlich um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 141 V 585).
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3. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen betreffend die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4 IVG), die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28, Art. 29 Abs. 1 IVG) und die Invaliditätsbemessung bei teilweise Erwerbstätigen nach der gemischten Methode (Art. 28a Abs. 3 IVG; BGE 143 I 50 E. 4.4 S. 60; vgl. auch BGE 145 V 370) richtig dargelegt. Gleiches gilt zum Beweiswert von ärztlichen Gutachten (BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227, 135 V 465 E. 4.4 S. 470, 125 V 351 E. 3b/bb S. 353) und Abklärungsberichten an Ort und Stelle (vgl. auch E. 1 hiervor). Darauf wird verwiesen.
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4.
 
4.1. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie der Versicherten vom 1. Dezember 2018 bis 31. Mai 2019 eine halbe Invalidenrente zusprach und danach einen Rentenanspruch verneinte.
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4.2. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, ohne gesundheitliche Beeinträchtigung würde die Versicherte je zu 50 % einer Erwerbstätigkeit nachgehen und im Haushalt tätig sein. Das Gutachten der Prof. Dr. med. B.________ vom 22. Februar 2019 sei beweiswertig. Gestützt darauf sei seit 5. Februar 2019 (Untersuchungsdatum) von einer 30%igen Arbeitsfähigkeit der Versicherten in der angestammten Tätigkeit als Verkäuferin auszugehen. In einer angepassten Tätigkeit bestehe eine Arbeitsfähigkeit von 20-40 %, was einen Mittelwert von 30 % ergebe. Vor dem 5. Februar 2019 habe laut der Beurteilung des RAD-Psychiaters Dr. med. C.________ vom 7. März 2019 ab Oktober 2015 keine Arbeitsfähigkeit bestanden. Im erwerblichen Bereich resultiere ein Invaliditätsgrad von 73 % bzw. (bei einer Gewichtung von 50 %) ein Teilinvaliditätsgrad von 36.5 %.
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Weiter führte die Vorinstanz aus, der Abklärungsbericht Haushalt vom 13. März 2019 sei ebenfalls beweiswertig. In den Tätigkeiten "Ernährung" (Gewichtung 30 %), "Einkauf und weitere Besorgungen" (Gewichtung 10 %) sowie "Wäsche und Kleiderpflege" (Gewichtung 10 %) habe die Abklärungsperson keine Einschränkungen festgestellt. Im Bereich "Wohnungspflege" (Gewichtung 20 %) sei sie von einer 20%igen Einschränkung ausgegangen. Diese Beurteilungen seien begründet und unbestritten. Umstritten sei hingegen die Verneinung einer Einschränkung der Versicherten in der mit 30 % gewichteten Teiltätigkeit "Pflege und Betreuung von Kindern und/oder Angehörigen". Die Abklärungsperson Haushalt habe festgestellt, der Sohn (geb. 2007) spiele Fussball, die Tochter (geb. 2011) gehe ins Hip-Hop-Tanzen und zu einem therapeutischen Reiten. Zu diesen Hobbys könnten sie allein, ohne Begleitung gehen. Die Versicherte gehe zu den Elternabenden und begleite die Kinder bei verschiedenen Anlässen (Fastnacht, Hallenbad, Fussballmatch). Manchmal fehle ihr jedoch der Antrieb für Unternehmungen. Die Kinder seien oft auf dem Spielplatz vor dem Wohnblock. Sie betreue sie vollumfänglich allein. Die von der Gutachterin Prof. Dr. med. B.________ erwähnten Beistandschaften für die beiden Kinder seien nach Erkenntnissen der Abklärungsperson Haushalt einzig wegen ihres Kontakts zum von ihnen getrennt lebenden Vater errichtet worden. Die Trauma-Therapie, welche die beiden Kinder gemäss dem Abklärungsbericht Haushalt jeweils am Mittwochnachmittag besuchten, sei angesichts der Vorgeschichte mit dem Vater nachvollziehbar, sage aber nichts über Erziehungsschwierigkeiten der Mutter aus. Die Aussage der Gutachterin, die Tochter sei möglicherweise behindert, nehme wohl Bezug auf die in den Akten erwähnte und der Abklärungsperson Haushalt bekannte Seheinschränkung. Ihre Abklärungen hätten aber ergeben, dass die Tochter recht selbstständig sei, gehe sie doch neben der Schule ohne Begleitung ins Hip-Hop-Tanzen und zu einem therapeutischen Reiten. Die weiteren Angaben der Gutachterin, die Versicherte habe Mühe, sich gegenüber den Kindern durchzusetzen, und ihr unklarer Hinweis auf eine mögliche symbiotische Verbindung der Versicherten zur Tochter, genügten nicht, um die konkreten, auf einem Besuch vor Ort beruhenden Feststellungen der Abklärungsperson Haushalt in Frage zu stellen. Berücksichtige man weiter die in ihrem Abklärungsbericht festgehaltenen gemeinsamen Unternehmungen der Versicherten mit den Kindern (Fastnacht, Hallenbad, Fussballmatch, Elternabende), bestünden keine hinreichende Anhaltspunkte für ins Gewicht fallende Einschränkungen bei deren Pflege und Betreuung. Zusammenfassend beinhalte der Abklärungsbericht Haushalt vom 13. März 2019 keine klar feststellbaren Fehleinschätzungen, die ein Abweichen davon rechtfertigen würden. Soweit die Gutachterin Prof. Dr. med. B.________ daran zweifle, ob die Versicherte zur Kinderbetreuung ohne Unterstützung in der Lage sei, und davon ausgehe, sie sei nur begrenzt fähig, deren Pflege und Betreuung allein zu bewältigen, könne dieser Einschätzung gestützt auf die konkreten Feststellungen im Abklärungsbericht nicht gefolgt werden. Damit bleibe es bei der im Abklärungsbericht Haushalt einzig ermittelten Behinderung im Bereich "Wohnungspflege" von 4 %.
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5. Unbestritten ist die vorinstanzliche Feststellung, dass die Versicherte als Gesunde je zu 50 % erwerbstätig und im Haushalt tätig wäre.
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6.
 
6.1. Die Beschwerdeführerin wendet als Erstes im Wesentlichen ein, die behandelnde Psychologin E.________ habe im Bericht vom 9. September 2018 ausgeführt, bei einem sanften Einstieg sei ihr eine leidensangepasste Arbeitstätigkeit von zwei bis drei Stunden pro Tag zumutbar, wobei die Kinder betreut werden müssten. Es sei schwer abzuschätzen, ob sie dem ersten Arbeitsmarkt gewachsen sei. Falls keine weiteren Traumatisierungen einträten, könne die Arbeitsfähigkeit auf eventuell 40 % gesteigert werden. Im Abklärungsbericht Haushalt vom 13. März 2019 sei vermerkt worden, die Versicherte sei wegen eines Zusammenbruchs nach der Gerichtsverhandlung gegen ihren ehemaligen Lebenspartner ab 15. Februar 2019 eine Woche stationär im Spital gewesen. Indem die Vorinstanz ohne Beizug der Berichte zu diesem Spitalaufenthalt aufgrund des Gutachtens der Prof. Dr. med. B.________ vom 22. Februar 2019 und der Stellungnahme des RAD-Arztes Dr. med. C.________ vom 7. März 2019 von einer 30%igen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit ausgegangen sei, habe sie den Sachverhalt unvollständig festgestellt, den Untersuchungsgrundsatz verletzt und willkürlich eine antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen. Die Versicherte sei im Erwerbsbereich zu 100% arbeitsunfähig, wie weitere Abklärungen ergäben.
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6.2. Der Bericht der Psychologin E.________ vom 9. September 2018 war der Gutachterin Prof. Dr. med. B.________ bekannt. Aus diesem Bericht kann die Versicherte nichts zu ihren Gunsten ableiten, da nicht ersichtlich ist, dass darin wichtige - und nicht rein subjektiver Interpretation entspringende - Aspekte benannt wurden, die von Prof. Dr. med. B.________ unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (vgl. nicht publ. E. 6.2 des Urteil BGE 142 V 342, veröffentlicht in SVR 2016 IV Nr. 41 S. 131; Urteil 8C_313/2020 vom 12. August 2020 E. 8.2.3).
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Prof. Dr. med. B.________ untersuchte die Versicherte am 5. Februar 2019, weshalb sie keine Kenntnis ihres Spitalaufenthalts ab 15. Februar 2019 haben konnte. Indessen stellte die Vorinstanz richtig fest, dass die behandelnde Ärztin Dr. med. D.________ im Bericht vom 2. Juli 2019 - mithin nach dem besagten Spitalaufenthalt der Versicherten - davon ausging, die Versicherte sei entsprechend dem Gutachten der Prof. Dr. med. B.________ in einer angepassten Tätigkeit weiterhin zu 20-40 % arbeitsfähig. Somit hat die Vorinstanz den Sachverhalt weder unvollständig noch offensichtlich unrichtig festgestellt, wenn sie von einer 30%igen Arbeitsfähigkeit (Mittelwert) der Versicherten ausging (vgl. E. 4.2 hiervor). Unter diesen Umständen ist es auch nicht bundesrechtswidrig, dass sie diesbezüglich auf weitere Abklärungen verzichtete (vgl. auch E. 10 hiernach).
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7. Umstritten sind weiter die Einschränkungen der Versicherten im Haushalt.
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7.1. Für den Beweiswert eines Abklärungsberichts vor Ort ist wesentlich, dass er von einer qualifizierten Person verfasst wird, die Kenntnis der örtlichen und räumlichen Verhältnisse sowie der aus den medizinischen Diagnosen sich ergebenden Beeinträchtigungen und Behinderungen hat. Weiter sind die Angaben der versicherten Person zu berücksichtigen, wobei divergierende Meinungen der Beteiligten im Bericht aufzuzeigen sind. Der Berichtstext muss plausibel, begründet und angemessen detailliert bezüglich der einzelnen Einschränkungen sein und in Übereinstimmung mit den an Ort und Stelle erhobenen Angaben stehen. Das Gericht greift, sofern der Bericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage im eben umschriebenen Sinne darstellt, in das Ermessen der die Abklärung tätigenden Person nur ein, wenn klar feststellbare Fehleinschätzungen vorliegen. Das gebietet insbesondere der Umstand, dass die fachlich kompetente Abklärungsperson näher am konkreten Sachverhalt ist als das im Beschwerdefall zuständige Gericht (BGE 140 V 543 E. 3.2.1 S. 547). Festzuhalten ist sodann, dass es beim erwähnten "Ermessen der die Abklärung tätigenden Person" nicht um Ermessen im Sinn der verwaltungsrechtlichen Terminologie, mithin um die Abgrenzung der Entscheidsbefugnis des Gerichts gegenüber der Zuständigkeit der Verwaltung unter dem Gesichtspunkt der Zweckmässigkeitsprüfung, sondern um eine Frage der Beweiswürdigung geht (Urteil 8C_748/2019 vom 7. Januar 2020 E. 5.2 mit weiteren Hinweisen).
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7.2. Nicht stichhaltig ist im Lichte dieser Praxis der Einwand der Versicherten, die Vorinstanz habe sich eine mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung unvereinbare Beschränkung auferlegt, indem sie vom Abklärungsbericht nur bei klar feststellbaren Fehleinschätzungen abweichen wolle.
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8.
 
8.1. Bei der Haushaltsabklärung handelt es sich um einen Betätigungsvergleich, bei dem für die Bemessung der Leistungsfähigkeit der versicherten Person nicht die ärztliche Zumutbarkeitsschätzung für sich allein relevant ist. Massgebend ist vielmehr die Unmöglichkeit, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen, was unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Einzelfall festzustellen ist (Urteil 8C_729/2009 vom 30. November 2009 E. 4.7; vgl. auch Urteil 9C_373/2017 vom 6. September 2017 E. 4.1).
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8.2.
 
8.2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, gemäss der Gutachterin Prof. Dr. med. B.________ sei sie bei der "Wohnungspflege" deutlich eingeschränkt. Im Bereich "Wäsche und Kleiderpflege" sei zudem im Abklärungsbericht Haushalt festgehalten worden, eine Freundin helfe ihr bei den Haushaltsarbeiten.
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8.2.2. Prof. Dr. med. B.________ führte aus, nach ihren Angaben komme die Versicherte inzwischen ohne Unterstützung im Haushalt zurecht. Sie habe gute und schlechte Tage, was sie jedoch meistens kompensieren könne. Insofern müssten alle genannten Haushaltstätigkeiten uneingeschränkt durchgeführt werden können. Diese Beurteilung ersetze jedoch nicht ein mögliches Haushaltsassessment. Diese gutachterlichen Feststellungen bezogen sich u.a. auf die "Wohnungspflege" sowie auf die "Wäsche und Kleiderpflege".
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Im Rahmen der Haushaltsabklärung vom 12. März 2019 gab die Versicherte betreffend die "Wohnungspflege" an, wenn es ihr gesundheitlich schlecht gehe und ihr der Antrieb fehle, helfe ihr eine Freundin bei den Haushaltsarbeiten, was etwa zweimal monatlich vorkomme. Hinsichtlich der "Wäsche und Kleiderpflege" führte sie aus, ab und zu helfe ihr eine Freundin beim Zusammenlegen der Wäsche, jedoch nicht regelmässig. Wenn die Abklärungsperson Haushalt bezüglich der "Wohnungspflege" eine 20%ige Einschränkung annahm und betreffend die "Wäsche und Kleiderpflege" eine Einschränkung verneinte, ist darin unter diesen Umständen keine klar feststellbare Fehleinschätzung auszumachen. Die Vorinstanz stellte somit zu Recht hierauf ab.
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9. Umstritten ist weiter die Einschränkung der Beschwerdeführerin bei der Pflege und Betreuung ihrer beiden Kinder.
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9.1. Die Gutachterin Prof. Dr. med. B.________ legte im Wesentlichen dar, problematischer erscheine die Pflege und Betreuung der Kinder. Sie seien offensichtlich in Behandlung, möglicherweise behindert (die Tochter), und hätten eigene Beistandschaften. Aufgrund ihrer eigenen psychischen Einschränkungen sei die Versicherte nur begrenzt in der Lage, die Pflege und Betreuung der Kinder allein zu bewältigen. Insgesamt ergäben sich Zweifel, ob sie zur Kindererziehung ohne äussere Unterstützung in der Lage sei.
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Die Beschwerdeführerin macht gestützt auf dieses Gutachten im Wesentlichen geltend, sie sei bei der Kinderbetreuung deutlich eingeschränkt. Die Gutachterin sei mit dem ihrer Einschätzung widersprechenden Ergebnis der Haushaltsabklärung vom 13. März 2019 zu konfrontieren. Aufgrund dieses Widerspruchs sei bei psychischen Beschwerden auf die Einschätzung der medizinischen Fachperson abzustellen. Weiter seien die IV-Akten betreffend die Seheinschränkung der Tochter und die Berichte zu den Beistandschaften beider Kinder beizuziehen und der Gutachterin sowie der Abklärungsperson Haushalt vorzulegen.
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9.2.
 
9.2.1. Die Vorinstanz hat richtig erkannt, dass der Abklärungsbericht Haushalt vom 13. März 2019 den rechtlichen Anforderungen genügt (vgl. E. 7.1 hiervor). Insbesondere erging der Bericht in Kenntnis des Gutachtens der Prof. Dr. med. B.________ vom 22. Februar 2019 und der Stellungnahme des RAD-Psychiaters Dr. med. C.________ vom 7. März 2019. Weiter hat die Vorinstanz eingehend und schlüssig begründet, weshalb aufgrund der Angaben der Versicherten und der Feststellungen der Abklärungsperson im Rahmen der Haushaltsabklärung eine relevante Einschränkung der Versicherten bei der Pflege und Betreuung ihrer beiden Kinder zu verneinen ist (vgl. E. 4.2 hiervor). Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass auch diesbezüglich keine klar feststellbaren Fehleinschätzungen der Abklärungsperson erkennbar sind. Sämtliche Einwände der Beschwerdeführerin vermögen hieran nichts zu ändern.
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9.2.2. Unbehelflich ist insbesondere die Berufung der Versicherten auf die für die beiden Kinder bestehenden Beistandschaften. Denn die Vorinstanz hat für das Bundesgericht gestützt auf den Abklärungsbericht Haushalt in tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich verbindlich festgestellt, diese Beistandschaften seien einzig wegen des Kontakts der Kinder mit dem von ihnen getrennt lebenden Vater errichtet worden. Die Versicherte legt nicht substanziiert dar, inwiefern diese Feststellung offensichtlich unrichtig sein soll.
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Nicht stichhaltig ist auch der Hinweis der Versicherten auf die Seheinschränkung ihrer Tochter. Denn angesichts der im Abklärungsbericht Haushalt dokumentierten Aktivitäten der Tochter, die sie ohne Begleitung verrichten kann, ist der Vorinstanz beizupflichten, dass diesbezüglich keine Auswirkung auf deren Pflege und Betreuung ersichtlich ist (vgl. E. 4.2 hiervor).
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10. Insgesamt ist die vom kantonalen Gericht gestützt auf den Abklärungsbericht Haushalt vom 13. März 2019 festgestellte Behinderung der Versicherten im Aufgabenbereich von total 4 % im Lichter der eingeschränkten bundesgerichtlichen Kognition (E. 1 und E. 7.1 hiervor) nicht bundesrechtswidrig. Da von weiteren Abklärungen keine entscheidrelevanten Resultate zu erwarten waren, durfte die Vorinstanz darauf verzichten (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 144 V 361 E. 6.5 S. 368 f., 136 I 229 E. 5.3 S. 236).
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11. Die vorinstanzliche Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der gemischten Methode von 52 % seit 1. Dezember 2018 (Ablauf des Wartejahres) und von 39 % seit 5. Februar 2019 ist masslich unbestritten, weshalb sich hierzu Weiterungen erübrigen. Somit hat die Vorinstanz der Versicherten zu Recht ab 1. Dezember 2018 eine halbe Invalidenrente zugesprochen und unter Berücksichtigung der Dreimonatsfrist nach Art. 88a Abs. 1 IVV ab 1. Juni 2019 einen Rentenanspruch verneint.
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12. Die unterliegende Versicherte trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihr gewährt werden (Art. 64 BGG). Sie hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow wird als unentgeltlicher Anwalt der Beschwerdeführerin bestellt.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.
 
4. Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet.
 
5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 25. September 2020
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Maillard
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar
 
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