VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2C_632/2020  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 09.10.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2C_632/2020 vom 18.09.2020
 
 
2C_632/2020
 
 
Urteil vom 18. September 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Donzallaz, Bundesrichterin Hänni,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan K. Nyffenegger,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Zürich,
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 24. Juni 2020 (VB.2020.00184).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. A.________ (geb. 1986) ist türkischer Staatsangehöriger. Er gelangte am 19. April 2010 als Asylbewerber in die Schweiz und war hier wiederholt verheiratet: Die erste Ehe wurde am 9. März 2015 geschieden, die zweite am 10. August 2017 und die dritte am 21. Mai 2019. Das Migrationsamt des Kantons Zürich erteilte (erstmals am 18. April 2011) bzw. verlängerte ihm die Aufenthaltsbewilligung jeweils zum Verbleib bei der jeweiligen Gattin.
 
1.2. Am 16. Oktober 2019 lehnte das Migrationsamt des Kantons Zürich das Gesuch von A.________ ab, seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern; es wies ihn an, die Schweiz zu verlassen. Die hiergegen gerichteten kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion vom 13. Februar 2020 und Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24. Juni 2020).
 
1.3. A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich aufzuheben und das Migrationsamt anzuweisen, ihm die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern; eventuell sei das Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Mit Verfügung vom 10. August 2020 legte der Abteilungspräsident der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung bei.
 
 
2.
 
2.1. Der Beschwerdeführer beruft sich in vertretbarer Weise auf einen Bewilligungsanspruch nach Art. 50 AIG (bis 31. Dezember 2018: AuG; Bewilligungsanspruch nach Auflösung der Familiengemeinschaft; BGE 144 II 1 E. 4.1 S. 7) und - gestützt auf seinen Aufenthalt von rund 10 Jahren - auf den Schutz seines Privatlebens nach Art. 8 EMRK (BGE 144 I 266 ff.). Kein Bewilligungsanspruch besteht, soweit der Beschwerdeführer die ermessensweise Verweigerung der Verlängerung infrage stellt, insofern ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (vgl. Art. 30 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.1 S. 348; Urteil 2C_1050/2016 vom 10. März 2017 E. 1.2).
 
2.2. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bezüglich des Bewilligungsanspruchs nach Art. 50 AIG und des Schutzes des Anspruchs auf Privatleben in Anwendung von Art. 8 EMRK zulässig (vgl. Art. 42, Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG). Ob die Bewilligung des Beschwerdeführers im Rahmen der entsprechenden Anspruchsgrundlagen zu Recht nicht verlängert wurde, bildet Gegenstand der 
 
2.3. Der Beschwerdeführer beanstandet das angefochtene Urteil weitgehend appellatorisch, d.h. er wiederholt seine Sicht der Dinge und stellt diese jener der Vorinstanz gegenüber, ohne sich in gezielter Auseinandersetzung mit deren für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen in gedrängter Form sachbezogen auseinanderzusetzen. Zur Beschwerdebegründung im bundesgerichtlichen Verfahren genügt eine solche appellatorische Kritik indessen nicht (LAURENT MERZ, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger/Kneubühler [Hrsg.], Basler Kommentar BGG, 3. Aufl. 2018, N. 53 zu Art. 42 BGG). Das Bundesgericht behandelt im Folgenden nur jene Rügen, welche der Beschwerdeführer den gesetzlichen Anforderungen entsprechend begründet (Art. 105 Abs. 2 BGG sowie - betreffend Grundrechtsverletzungen - Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
3. Die Vorinstanz hat die bundesgerichtliche Praxis zu Art. 50 AIG und Art. 8 Ziff. 2 EMRK zutreffend wiedergegeben; es kann auf ihre Ausführungen verwiesen werden.
 
3.1. Gemäss Art. 50 AIG besteht nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft (Art. 42 und 43 AIG) der Bewilligungsanspruch fort, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre gedauert hat und eine erfolgreiche Integration vorliegt (Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG) oder wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG).
 
3.2. Der Beschwerdeführer hat - was er nicht mehr bestreitet - im Rahmen seiner Ehen jeweils nicht mehr als drei Jahre mit seinen Partnerinnen zusammengelebt, weshalb er sich nicht auf die Integrationsklausel von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG berufen kann. Die Dauer mehrerer aufeinander folgender Ehegemeinschaften können praxisgemäss nicht zusammen gerechnet werden (BGE 140 II 289 E. 3.3 S. 292). Es erübrigt sich deshalb, zu prüfen, ob der Beschwerdeführer als erfolgreich integriert im Sinne dieser Bestimmung gelten kann.
 
3.3. Im Zusammenhang mit dem nachehelichen Härtefall (Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG) hat sich der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz auf seine politischen Aktivitäten in der Türkei und seine Krebserkrankung berufen; diese machten seinen Aufenthalt in der Schweiz weiter erforderlich; die entsprechenden Rügen erhebt er im vorliegenden Verfahren nicht mehr, nachdem er sich - wie die Vorinstanz verbindlich (Art. 105 BGG) festgestellt hat - wiederholt ferienhalber in seiner Heimat aufgehalten hat, ohne dass es zu Schwierigkeiten gekommen wäre, und sein Krebsleiden inzwischen nach eigenen Angaben offenbar überwunden ist und allenfalls auch in der Heimat behandelt werden könnte.
 
 
4.
 
4.1. Der Beschwerdeführer verfügt in der Schweiz über keine Kernfamilie mehr; er ist nicht verheiratet, hat keine Kinder und macht nicht geltend, von seinem Bruder und dessen Familie bzw. von seinen Cousins abhängig zu sein. Im Gegenteil: Er wendet ein, wirtschaftlich für diese aufzukommen. Er belegt die entsprechende Behauptung indessen nicht weiter. Inwiefern die gegenteilige Annahme im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung bzw. der Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar wäre, legte er entgegen seiner Begründungspflicht nicht dar.
 
4.2. Bezüglich seiner zwei Coiffeur-Salons wendet der Beschwerdeführer ein, dass es sich bei der Auffassung der Vorinstanz, wonach der Bruder und die Cousins in der Lage wären, sein Unternehmen zu übernehmen und weiterzuführen, um "eine rein willkürliche Annahme von nicht im täglichen Wirtschaftsleben integrierten Behördenmitarbeitern" handle; seine Angehörigen seien weder in der Lage, den Betrieb zu führen, noch die Mittel zu beschaffen, um ihm diesen abzukaufen. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern die abweichende Beurteilung der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar wäre und Art. 9 BV (Willkür) verletzen würde. Es genügt nicht, einfach Willkür zu behaupten; es muss vielmehr dargelegt werden, 
 
4.3. Bezüglich eines Aufenthaltsanspruchs gestützt auf Art. 8 EMRK (Privatleben; vgl. BGE 144 I 266) hat das Verwaltungsgericht erwogen, der Beschwerdeführer halte sich zwar seit rund zehn Jahren rechtmässig in der Schweiz auf, doch könne ihm keine besonders ausgeprägte Integration attestiert werden (dreimal strafrechtlich in Erscheinung getreten; zahlreiche Betreibungen). Die Beschwerdeschrift enthält diesbezüglich keine Rügen, so dass darauf nicht einzugehen ist (vorne E. 2.3). Insbesondere beanstandet der Beschwerdeführer auch unter dem Titel von Art. 8 Ziff. 2 EMRK nicht die von der Vorinstanz im Rahmen einer Ermessensbewilligung vorgenommene Interessenabwägung: Er bestreitet nicht, dass er erst im Alter von 24 Jahren in die Schweiz gekommen und in seiner Heimat sozialisiert worden ist. Er hat dort die Schulen besucht und als Bäcker und Coiffeur gearbeitet. Mit seinen Eltern und zwei Schwestern (mit ihren Familien) verfügt er in der Türkei über ein familiäres Netz, das ihn sozial wie wirtschaftlich unterstützen kann.
 
 
5.
 
5.1. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Sie kann im Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden. Für alles Weitere wird auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
 
5.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 18. September 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).