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Informationen zum Dokument  BGer 5A_676/2020  Materielle Begründung
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BGer 5A_676/2020 vom 27.08.2020
 
 
5A_676/2020
 
 
Urteil vom 27. August 2020
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Advokatin Dominique Anwander,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Basel-Stadt, Rheinsprung 16/18, 4051 Basel,
 
Beschwerdegegnerin,
 
B.________,
 
vertreten durch Advokat Dr. Edgar Schürmann.
 
Gegenstand
 
Genehmigung einer gerichtlichen Vereinbarung (Erbschaft),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 7. Juni 2020 (VD.2020.59).
 
 
Sachverhalt:
 
A.________ und B.________ sind Erbinnen ihrer verstorbenen Mutter. Eine Teilvereinbarung vom 15. Mai 2018 hatte den Verkauf der Liegenschaft an der C.________strasse xx in U.________ zum Gegenstand, in welcher A.________ wohnt. Im hängigen Erbteilungsver fahren stellte B.________ im Zusammenhang mit der Teilvereinbarung am 6. März 2019 ein Vollstreckungsgesuch.
1
Mit Entscheid vom 3. Oktober 2019 errichtete die KESB Basel-Stadt für A.________ eine Vertretungsbeistandschaft und erteilte Rechtsanwalt D.________ den Auftrag, die Beschwerdeführerin im Erbteilungsverfahren und im Vollstreckungsverfahren zu vertreten.
2
Im Rahmen einer Instruktionsverhandlung vor dem Zivilgericht Basel-Stadt trafen der Vertretungsbeistand und B.________ am 27. Januar 2020 eine Vereinbarung, wonach diese zulasten der Erbschaft den Maximalbetrag von Fr. 60'000.-- und A.________ den Maximalbetrag von Fr. 30'000.-- (ungleiche Höhe zufolge Anrechnung der unterbliebenen Mietzinszahlungen) beziehen können und wonach Letztere die Liegenschaft per Ende Juli 2020, spätestens aber per Ende September 2020 verlässt; zudem sollten die Rechtsvertreter der Parteien weitere Erbschaftspassiva bilateral untereinander regeln und entsprechende Anweisungen an die Bank erteilen können. Auf Antrag des Vertretungsbeistandes genehmigte die KESB die Vereinbarung am 13. Februar 2020 und stellte auch fest, dass der Vertretungsbeistand gestützt auf den Errichtungsentscheid vom 3. Oktober 2019 die aus der Vereinbarung resultierenden Handlungen gegenüber den Banken vornehmen dürfe.
3
Die hiergegen erhobene Beschwerde von A.________ wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Urteil vom 7. Juni 2020 ab.
4
Gegen dieses Urteil reichte A.________ am 24. August 2020 beim Bundesgericht eine Beschwerde ein mit den Begehren um dessen Aufhebung und Nichtgenehmigung der Vereinbarung vom 27. Januar 2020, eventualiter um Rückweisung an das Appellationsgericht zur erneuten Überprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Ferner wird die aufschiebende Wirkung verlangt.
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Erwägungen:
 
1. Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid betreffend eine auf Art. 416 Abs. 1 Ziff. 1 und 9 ZGB gestützte Genehmigung einer Vereinbarung; die Beschwerde in Zivilsachen steht offen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG).
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2. Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG), was bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253).
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In rechtlicher Hinsicht hat die Beschwerde eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 142 III 364 E. 2.4 S. 368). Diesbezüglich sind neue Vorbringen unzulässig, weil der Instanzenzug nicht nur formell zu durchlaufen, sondern auch materiell auszuschöpfen ist (Art. 75 Abs. 1 und 99 Abs. 1 BGG; BGE 143 III 290 E. 1.1 S. 292 f.).
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3. Das Appellationsgericht hat in seinem ausführlichen Entscheid zusammengefasst erwogen, dass der Vertretungsbeistand selbständig bzw. auch in Abwesenheit der Beschwerdeführerin die Vereinbarung mit B.________ schliessen konnte, dass die Errichtung der Vertretungsbeistandschaft rechtskräftig und deshalb nicht mehr zu überprüfen ist und dass die Beschwerdeführerin dem Vertretungsbeistand anders als einem gewillkürten Vertreter auch nicht das Mandat entziehen kann. Im Übrigen habe er nicht entgegen ihren Interessen gehandelt. Sie habe den Finanzierungsnachweis für die käufliche Übernahme der Liegenschaft nicht erbracht und deshalb sei diese gemäss der Teilvereinbarung vom 15. Mai 2018 zum besten Preis zu verkaufen. Daran sei die Beschwerdeführerin gebunden und sie könne dies im seitens der Schwester eingeleiteten Vollstreckungsverfahren nicht mehr in Frage stellen. Sodann erscheine klar, dass sich die Liegenschaft nicht zum besten Preis verkaufen lasse, wenn die Beschwerdeführerin noch darin wohne, und es erscheine auch zutreffend, dass es für sie angesichts ihrer psychischen Erkrankung belastend wäre, potentielle Käufer in der von ihr bewohnten Liegenschaft zu empfangen; sie leide an paranoider Schizophrenie und beispielsweise sei im vergangenen Jahr die geplante periodische Auswechslung des Hauptgas-Abstellventils selbst nach Requirierung der Polizei im Beisein der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen. Schliesslich wäre ein allenfalls mögliches Verzögern des Auszuges durch den Vertretungsbeistand mit unnötigen Kosten und psychischem Leid verbunden gewesen, weil der Verkauf ohnehin unausweichlich sei. Die vereinbarte Auszugsfrist sei gerechtfertigt gewesen, weil sie an sich einen geordneten Wegzug ermögliche bzw. ermöglicht hätte. Im Übrigen halte die Beschwerdeführerin ohnehin fristunabhängig fest, sich nicht an Auszugstermine halten zu wollen.
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4. Was nunmehr im bundesgerichtlichen Verfahren vorgebracht wird, ist neu und damit gemäss dem in E. 2 Gesagten unzulässig mit der Folge, dass auf die Beschwerde nicht einzutreten ist. Ohnehin würden die Sachverhaltsbehauptungen appellatorisch bleiben und die rechtlichen Vorbringen an der Sache vorbeigehen:
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Primär wird geltend gemacht, die Beschwerdeführerin stimme nicht zu und die KESB hätte ihre diesbezügliche Handlungsunfähigkeit gestützt auf Art. 394 Abs. 2 ZGB ausdrücklich anordnen müssen. Zur Frage, ob eine solche Anordnung erfolgt ist oder nicht, findet sich im angefochtenen Entscheid nichts, was sich daraus erklärt, dass das Vorbringen erstmals vor Bundesgericht erfolgt. Es tut aber insofern nichts zur Sache, als Art. 394 Abs. 2 ZGB nur die Frage betrifft, ob parallel auch die vertretene Person weiterhin handeln kann; so oder anders aber wirken die Handlungen des Vertretungsbeistandes unmittelbar für die vertretene Person, wobei deren Einverständnis nicht erforderlich ist. Sodann wurde die Vertretungsbeistandschaft für das Erbteilungsverfahren und für das Vollstreckungsverfahren betreffend die Teilvereinbarung, in welcher der Verkauf vereinbart worden war, errichtet; der Vertretungsbeistandschaft war mithin befugt, den Vertrag, welchen die KESB am 27. Januar 2020 genehmigt hat, abzuschliessen.
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Die Behauptung, die Teilvereinbarung aus dem Jahr 2018 beinhalte zwar den Verkauf der Liegenschaft, aber nicht die Modalitäten des Auszuges, betrifft den Sachverhalt, weshalb bloss appellatorische Ausführungen ungenügend sind; im Übrigen hat das Appellationsgericht ausgeführt, wieso der Auszug vorgängig zum Verkauf erfolgen sollte, ohne dass sich die Beschwerdeführerin mit diesen Erwägungen substanziiert bzw. hinsichtlich des Sachverhaltes mit Willkürrügen auseinandersetzt. Die weiteren Behauptungen zum Sachverhalt (trotz der psychischen Angeschlagenheit wären Besichtigungen durch potentielle Käufer nicht ausgeschlossen; es seien noch keine Verkaufsbemühungen erfolgt; trotz des Mietzinses von Fr. 1'800.-- könne nicht genau nachvollzogen werden, wie sich die Differenz der Bezugslimiten von Fr. 30'000.-- berechne; u.ä.m.) bleiben allesamt appellatorisch, indem weder formell noch der Sache nach die Verletzung eines verfassungsmässigen Rechtes gerügt wird.
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Keine Rechtsverletzung im Zusammenhang mit der Genehmigung ergibt sich ferner aus der erneuten Beteuerung, mit dem Auszug nicht einverstanden zu sein, weil dies eine grundlegende Veränderung der Lebenssituation bedeute. Das Vorbringen, eine Liquidation des Haushaltes nehme ihr das Recht auf Selbstbestimmung, zielt gleichzeitig auf die Teilvereinbarung aus dem Jahr 2018 und die Errichtung der Vertretungsbeistandschaft; beides kann aber nicht qua Anfechtung der Genehmigung der durch den Vertretungsbeistand abgeschlossenen Vereinbarung erneut in Frage gestellt werden.
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5. Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG nicht einzutreten.
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6. Mit dem sofortigen Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
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7. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
16
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, B.________ und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 27. August 2020
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Escher
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Der Gerichtsschreiber: Möckli
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