VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_1465/2019  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 15.07.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_1465/2019 vom 01.07.2020
 
 
6B_1465/2019
 
 
Urteil vom 1. Juli 2020
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Muschietti,
 
Bundesrichterin van de Graaf,
 
Gerichtsschreiber Matt.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Michel,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Nichtanhandnahme (Amtsmissbrauch),
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantons-
 
gerichts Schwyz, Beschwerdekammer,
 
vom 27. November 2019 (BEK 2019 101).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Am 17. April 2018 erstattete A.________ Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen Mitglieder des Bezirksrats und des Bauamts U.________. Der Bezirk soll ausser in seiner Angelegenheit ("B.________") in keinem einzigen Fall Art. 48 des Baureglements buchstabengetreu angewandt haben, wonach die kurortbildenden Nutzungen, wie namentlich Hotel- und Gastbetriebe, zu erhalten und zu fördern seien. Die kantonale Staatsanwaltschaft Schwyz verfügte am 9. Mai 2019 die Nichtanhandnahme. Das Kantonsgericht Schwyz wies die dagegen erhobene Beschwerde von A.________ am 27. November 2019 ab, soweit es darauf eintrat.
1
B. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs gegen die Mitglieder des Bezirksrats sowie des Bauamts U.________ der Jahre 2001 bis heute zu eröffnen.
2
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Als Zivilansprüche im Sinne dieser Bestimmung gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 131 I 455 E. 1.2.4; 128 IV 188 E. 2.2 f.; Urteil 6B_519/2019 vom 2. Mai 2019 E. 2). Im Verfahren vor Bundesgericht ist darzulegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann, sofern dies (etwa aufgrund der Natur der untersuchten Straftat) nicht ohne Weiteres aus den Akten ersichtlich ist. Das Bundesgericht stellt an die Begründung strenge Anforderungen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).
3
Unbekümmert um die Legitimation in der Sache selbst kann der Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen. Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren, noch kann er geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend. Er kann hingegen vorbringen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht angehört worden, er habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder er habe keine Einsicht in die Akten nehmen können (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).
4
 
1.2.
 
1.2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sich als Privatkläger konstituiert. Dies genügt indes zu seiner Legitimation nicht. Die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs richten sich gegen Mitglieder des Bezirksrats sowie des Bauamts U.________, mithin gegen Exponenten des Gemeinwesens. Gemäss §§ 3 und 6 des Gesetzes über die Haftung des Gemeinwesens und die Verantwortlichkeit seiner Funktionäre des Kantons Schwyz vom 20. Februar 1970 (Staatshaftungsgesetz; SRSZ 140.100) haftet das Gemeinwesen für den Schaden, den ein Funktionär in Ausübung hoheitlicher Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügt; dem Geschädigten steht gegenüber dem Funktionär kein Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung zu. Als Gemeinwesen im Sinne des Gesetzes gelten der Kanton, die Bezirke, die Gemeinden und die übrigen juristischen Personen des kantonalen öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 erster Satz Staatshaftungsgesetz). Als Funktionäre eines Gemeinwesens dem Gesetz unterstellt sind, vorbehaltlich einer abweichenden Regelung, die Mitglieder der Behörden und Kommissionen; die Beamten, welche in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Gemeinwesen stehen; die Angestellten, welche in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zum Gemeinwesen stehen; andere Personen, welche aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Aktes mit einer öffentlichen Aufgabe betraut sind (§ 1 Abs. 2 lit. a-d Staatshaftungsgesetz).
5
Nach dem Gesagten kommen allenfalls öffentlich-rechtliche Ansprüche des Beschwerdeführers aus dem behaupteten Amtsmissbrauch von Mitgliedern oder Mitarbeitern des Bezirksrats resp. Bauamts U.________ in Frage. Hingegen ist nicht ersichtlich, inwiefern sich der angefochtene Entscheid auf Zivilforderungen auswirken könnte, was der Beschwerdeführer auch nicht aufzeigt. Er ist daher grundsätzlich nicht zur Beschwerde in Strafsachen befugt, zumal er keine formellen Rügen erhebt, zu deren Geltendmachung er unbesehen der fehlenden Legitimation in der Sache befugt wäre (sog. "Star-Praxis"; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). Die Kritik des Beschwerdeführers an der seiner Ansicht nach ungenügenden Aktenlage resp. am vorinstanzlichen Verzicht auf eine Befragung weiterer Eigentümer, worin er eine Verletzung des rechtlichen Gehörs erblickt, läuft auf eine Beanstandung des materiellen Beweisergebnisses hinaus. Dies ist unzulässig. Das vom Beschwerdeführer erwähnte Urteil 6B_469/2017 vom 20. Februar 2018 führt zu keinem anderen Ergebnis. Das Bundesgericht verweist darin im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs vielmehr ausdrücklich auf die allgemeinen, vorstehend dargelegten Grundsätze. Dass er Opfer vo n Polizeigewalt und erniedrigender Behandlung geworden sein soll, behauptet der Beschwerdeführer hingegen nicht. Auch aus dem Beschwerderecht der einen Strafantrag stellenden Person gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 6 BGG kann der Beschwerdeführer keine Legitimation für sich ableiten, macht er doch nicht geltend, ihm sei das Strafantragsrecht verweigert worden. Vorliegend geht es mithin nicht um das Strafantragsrecht als solches. Sein Verweis auf die Legitimation nach Art. 382 Abs. 1 StPO ist für das bundesgerichtliche Verfahren nicht einschlägig.
6
1.2.2. Einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit die Vorinstanz dem Beschwerdeführer die Legitimation abspricht, bewilligte Umnutzungen anderer Gastronomiebetriebe zu rügen. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich aus dem Recht, am Verfahren teilzunehmen (vgl. oben 1.1). Indessen ist nicht erkennbar und legt der Beschwerdeführer nicht dar, was er mit Blick auf den konkreten Fall aus den bewilligten Umnutzungen für sich ableiten könnte. Das Bundesgericht hat eine solche für die Parzelle des Beschwerdeführers vielmehr bereits am 20. März 2005 letztinstanzlich abgelehnt und mit Urteil vom 2. März 2016 erwogen, seither sei weder eine wesentliche Änderung der Rechtslage eingetreten noch seien seither systematisch Umnutzungen anderer Restaurationsbetriebe in gleichen Verhältnissen bewilligt worden (Urteil 1C_445/2015 vom 2. März 2016 E. 3.4). Ein Amtsmissbrauch seitens des Bezirksrats oder des Bauamts U.________ ist daher nicht ersichtlich. Auch daraus könnten im Übrigen keine Zivilansprüche entstehen.
7
2. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
8
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
 
2. Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 3'000.--.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 1. Juli 2020
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Matt
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).