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Informationen zum Dokument  BGer 2D_26/2020  Materielle Begründung
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BGer 2D_26/2020 vom 26.06.2020
 
 
2D_26/2020
 
 
Urteil vom 26. Juni 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Zünd, Beusch,
 
Gerichtsschreiber Kocher.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Gerichte Kanton Aargau, Justizleitung,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Kausalabgaben (Gerichtsgebühr), Erlass,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Justizgerichts des Kantons Aargau vom 11. Mai 2020 (JG/2020/01 / MB).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Das Justizgericht des Kantons Aargau wies mit Entscheid JG/2020/01 vom 11. Mai 2020 eine Beschwerde von A.________ ab, die den Erlass von Gerichtsgebühren zum Inhalt hatte. Gleichzeitig wies sie auch das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege ab. Der Entscheid wurde A.________ gemäss der elektronischen Sendungsverfolgung "Track&Trace" der Post CH AG am 14. Mai 2020 am Postschalter zugestellt. Die 30-tägige Beschwerdefrist endete am Montag, 15. Juni 2020.
 
1.2. Mit Eingabe vom 20. Juni 2020 (Poststempel) gelangt A.________ an das Bundesgericht. Seine Eingabe unter dem Titel "Rekurs i.S. illegaler Nichterlass Gerichtskosten wegen Rechtsverweigerung, schwerer Verletzung des rechtlichen Gehörs, Verletzung der persönlichen Freiheit,... (unleserlich), Berufswahlfreiheit" enthält eine Reihe von Anträgen. Er lehnt die Bundesrichter Seiler (Präsident) und Donzallaz ab, wobei er konkrete Vorstellungen zur Zusammensetzung des Spruchkörpers hat. Er ersucht um die Zuerkennung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege, beantragt eine Parteientschädigung von mindestens Fr. 5'000.-- und eine Genugtuung von mindestens Fr. 10'000.--, je "für das ganze Verfahren", die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, die Erstreckung der Beschwerdefrist bis zum 14. Juli 2020 und die Wiedereinsetzung in den früheren Stand.
 
1.3. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen, namentlich einem Schriftenwechsel (Art. 102 Abs. 1 BGG), abgesehen.
 
 
2.
 
Der Beschwerdeführer stellt für das bundesgerichtliche Verfahren das Begehren um Ausstand der Bundesrichter Seiler (Präsident) und Donzallaz. Ferner kritisiert er Bundesrichter Zünd. Nach der Vorstellung des Beschwerdeführers hat der Gerichtskörper sich aus Bundesrichterin Aubry Girardin, der die Aufgabe der Präsidentin zugedacht ist, sowie den Bundesrichtern Stadelmann und Haag zusammenzusetzen. Dieses Vorbringen ist nicht zu hören. Die frühere Mitwirkung an zahlreichen vom Beschwerdeführer angestrengten bundesgerichtlichen Verfahren, deren Ausgang allem Anschein nach den Erwartungen des Beschwerdeführers nicht in allen Teilen entsprach, setzt keinen Ausstandsgrund (BGE 143 IV 69 E. 3.1 S. 73 f.). Dies hat das Bundesgericht dem Beschwerdeführer im Laufe der Zeit immer wieder aufs Neue dargelegt (Art. 34 Abs. 2 BGG). Auf lediglich pauschal begründete und daher unzulässige Ausstandsgesuche ist, ohne dass das Verfahren nach Art. 37 BGG durchzuführen wäre, nicht einzutreten. Dabei können auch die abgelehnten Gerichtspersonen mitwirken (zuletzt in Sachen des Beschwerdeführers etwa Urteile 5A_250/2020 vom 16. April 2020 E. 1; 2C_605/2019 vom 27. Juni 2019 E. 3.1). Auf das Ausstandsgesuch ist nicht einzutreten.
 
 
3.
 
3.1. Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1 BGG), wobei die Frist am Tag nach erfolgter Zustellung zu laufen beginnt (Art. 44 Abs. 1 BGG) und eingehalten ist, wenn die Eingabe spätestens am letzten Tag der Post übergeben wird (Art. 48 Abs. 1 BGG).
 
3.2. Der Beschwerdeführer nahm den angefochtenen Entscheid am 14. Mai 2020 entgegen (vorne E. 1.1). Die 30-tägige Frist endete am Samstag, 13. Juni 2020, und verlängerte sich von Gesetzes wegen bis zum Montag, 15. Juni 2020 (Art. 45 Abs. 1 BGG). Die Eingabe vom 20. Juni 2020 erfolgte damit verspätet. Der Beschwerdeführer ist sich dessen bewusst und stellt ein Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand.
 
3.3. Auf eine verspätete Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG nur einzutreten, wenn die um Wiederherstellung der Frist ersuchende Person einerseits nachweist, dass sie oder ihre Vertretung unverschuldet - durch Militär- oder Zivildienst, Krankheit, Landesabwesenheit oder andere erhebliche Gründe - an der rechtzeitigen Einreichung verhindert war (materielle Voraussetzung) und anderseits das Rechtsmittel innert 30 Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe eingereicht wurde (formelle Voraussetzung). Wird eine Krankheit als Hinderungsgrund angerufen, muss die Beeinträchtigung praxisgemäss derart erheblich ausfallen, dass die steuerpflichtige Person durch sie davon abgehalten wird, innert Frist zu handeln oder eine Drittperson mit der notwendigen Vertretung zu betrauen (BGE 119 II 86 E. 2 S. 87; 112 V 255 E. 2a S. 255 f.; Urteil 2C_1076/2019 vom 7. Januar 2020 E. 2.1).
 
3.4. Der Nachweis der hinreichend schweren Krankheit unterliegt nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zwar keiner festen Beweisregel. Wird eine Erkrankung als Grund für die versäumte Frist angerufen, kommt aber in der Praxis einem zeitnah erstellten, aussagekräftigen Arztzeugnis, dem zufolge das Fristversäumnis gar nicht oder höchstens leicht verschuldet ist, ausschlaggebende Bedeutung zu. Die Beweislast hierfür trägt die zur Prozesshandlung verpflichtete Person, denn diese leitet aus dem unverschuldeten Hindernis Rechte ab (Urteil 2F_25/2019 vom 6. November 2019 E. 2.2.3).
 
3.5. Der Beschwerdeführer macht namentlich geltend, er sei 60-jährig, Vater zweier Kinder, beziehe eine volle Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung und habe diverse Lungenentzündungen erlitten; zudem sei er in seiner Wohnung einer "ständigen Abgasvergiftung" ausgesetzt. Der permanente Stress lasse einen Herzinfarkt und Schlaganfall befürchten. Zudem habe er annehmen dürfen, die COVID-19-bedingte Fristerstreckung sei immer noch in Kraft. Dies alles überzeugt nicht. Was vorab den letzten Punkt betrifft, so stand die Verordnung vom 20. März 2020 über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19; SR 173.110.4) vom 21. März bis und mit dem 19. April 2020 in Kraft. Der angefochtene Entscheid wurde dem Beschwerdeführer am 14. Mai 2020 eröffnet, weshalb die Verordnung von keiner Bedeutung (mehr) ist. Sodann sind die vorgebrachten medizinischen Argumente höchst pauschaler Art. Sie lassen auf keine Erkrankung schliessen, die ein rechtzeitiges eigenes Handeln oder das Einsetzen einer Vertretung hätte ausschliessen können. Der Beschwerdeführer legt ohnehin keine Arztzeugnisse vor. Das Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand ist abzuweisen.
 
 
4.
 
Für eine individuelle Verlängerung der Frist ("bis zum 14. Juli 2020") besteht kein Anlass, nachdem eine gesetzliche Frist vorliegt (Art. 47 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf die versäumte Frist ist auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. in Verbindung mit Art. 83 lit. m BGG) und damit auch auf die zahlreichen weiteren Anträge, unter anderem jene um Schadenersatz und Genugtuung) nicht einzutreten.
 
 
5.
 
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Das im bundesgerichtlichen Verfahren erhobene Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) erweist sich mit Blick auf die verspätet eingereichte Beschwerde von vornherein als aussichtslos (BGE 142 III 138 E. 5.1 S. 139 f.). Es ist abzuweisen. Praxisgemäss werden die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens reduziert, wenn erst zusammen mit dem Endentscheid über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entschieden wird. Nach dem Gesagten fällt es auch ausser Betracht, dem Beschwerdeführer einen amtlichen Anwalt beizuordnen, wenngleich dieser vorbringt, "mit eigenen Fällen völlig überlastet" zu sein. Dem Kanton Aargau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf das Ausstandsgesuch wird nicht eingetreten.
 
2. Das Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
 
3. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
4. Das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege (Verfahrenskosten und anwaltliche Verbeiständung) wird abgewiesen.
 
5. Die reduzierten Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
6. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Justizgericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 26. Juni 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher
 
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