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Informationen zum Dokument  BGer 6B_549/2020  Materielle Begründung
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BGer 6B_549/2020 vom 18.06.2020
 
 
6B_549/2020
 
 
Urteil vom 18. Juni 2020
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichter Muschietti,
 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, Postfach, 8953 Dietikon,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Nichtanhandnahme, Annahmeverweigerung, Zustellfiktion,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 17. März 2020 (UE190382-O/U/PFE>BUT).
 
 
Erwägungen:
 
1. Nach einer Strafanzeige nahm die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis eine Strafuntersuchung am 2. Dezember 2019 nicht an die Hand. Auf eine dagegen erhobene Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 17. März 2020 nicht ein.
 
Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen an das Bundesgericht.
 
2. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt, wobei für die Anfechtung tatsächlicher Feststellungen qualifizierte Begründungsanforderungen gelten (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerde führende Partei hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 140 III 115 E. 2).
 
Die Zustellung einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, gilt am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste (Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO). Sie gilt zudem als erfolgt bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der Überbringerin oder dem Überbringer festgehalten wird: am Tag der Weigerung (Art. 85 Abs. 4 lit. b StPO).
 
3. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei mit Verfügung vom 20. Dezember 2019 in Anwendung von Art. 383 Abs. 1 StPO aufgefordert worden, innert 30 Tagen eine Prozesskaution zu leisten, unter der Androhung, dass bei Nichtleistung der Kaution innert Frist auf die Beschwerde nicht eingetreten werde. Die eingeschrieben versandte Verfügung sei dem Beschwerdeführer am 7. Januar 2020 per Avis im Postfach zur Abholung am Schalter gemeldet worden. Am 10. Januar 2020 habe er deren Annahme verweigert, weshalb die Sendung mit dem Vermerk "Annahme verweigert" retourniert worden sei. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei als Annahmeverweigerung im Sinne von Art. 85 Abs. 4 lit. b StPO zu qualifizieren. Die Verfügung vom 20. Dezember 2019 gelte daher als am 10. Januar 2020 zugestellt. Die Kautionsfrist habe folglich am 10. Februar 2020 geendet. Innert dieser Frist sei die Kaution weder geleistet noch ein Gesuch um Erstreckung der Kautionsfrist oder ein solches um unentgeltliche Prozessführung gestellt worden. Androhungsgemäss sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. Im Übrigen ergäbe sich kein anderes Ergebnis, wenn nicht von einer Annahmeverweigerung ausgegangen würde. Da der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beschwerdeerhebung mit Zustellungen zu rechnen gehabt habe, wäre von einer fiktiven Zustellung am siebten Tag nach Hinterlegen des Avis in seinem Postfach - dem 14. Januar 2020 - auszugehen (Art. 84 Abs. 4 lit. a StPO). Die Kautionsfrist hätte damit am 13. Februar 2020 geendet.
 
4. Was an diesen Erwägungen gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte, ist nicht ersichtlich. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe aufgrund der vorinstanzlich fehlerhaften Adressierung gar keine Kenntnis von der eingeschrieben versandten Verfügung vom 20. Dezember 2019 nehmen und daher deren Annahme auch nicht im Sinne von Art. 85 Abs. 4 lit. b StPO verweigern können, verfängt nicht. Wie sich aus den Akten ergibt, verwendete die Vorinstanz die ihr angegebene Wohnadresse in B.________. Dass der Beschwerdeführer die Vorinstanz, wie behauptet, über den Wohnortswechsel von B.________ nach C.________ informiert haben soll, ist weder aktenkundig noch belegt. Von einer fehlerhaften Adressierung durch die Vorinstanz kann folglich nicht die Rede sein. Im Übrigen geht aus dem angefochtenen Beschluss und der elektronischen Sendungsverfolgung "Track & Trace" der Post hervor, dass die an die Adresse in B.________ eingeschrieben versandte Verfügung vom 20. Dezember 2019 an die (neue) Adresse des Beschwerdeführers in C.________ weitergeleitet wurde, wo ihm die Sendung am 7. Januar 2020 per Avis im Postfach zur Abholung gemeldet wurde und er deren Annahme am 10. Januar 2020 am Schalter verweigerte. Diese Feststellungen widerlegt der Beschwerdeführer nicht als willkürlich. Weshalb der Schluss der Vorinstanz, das Verhalten des Beschwerdeführers stelle eine Annahmeverweigerung nach Art. 85 Abs. 4 lit. b StPO dar, bundesrechtswidrig sein könnte, ist mithin nicht ersichtlich. Soweit der Beschwerdeführer vor Bundesgericht zudem sinngemäss vorbringt, die Zustellfiktion nach Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO greife vorliegend nicht, befasst er sich nicht mit den Erwägungen der Vorinstanz. Insofern fehlt es der Beschwerde an einer Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss (Art. 42 Abs. 2 BGG). Eine bundesrechtswidrige Rechtsanwendung durch die Vorinstanz ist weder dargetan noch ersichtlich.
 
5. Die Beschwerde ist damit im Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Dem Beschwerdeführer sind reduzierte Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
 
Demnach erkennt des Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 18. Juni 2020
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
 
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