VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_909/2019  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 26.06.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_909/2019 vom 09.06.2020
 
 
6B_909/2019
 
 
Urteil vom 9. Juni 2020
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichterin van de Graaf,
 
Bundesrichterin Koch,
 
Gerichtsschreiber Reut.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
c/o A.B.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Fäs,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Haftentschädigung, Haftanrechnung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
 
des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 20. Juni 2019 (SBK.2018.45 / va).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Das Bezirksgericht Lenzburg verurteilte A.A.________ am 15. August 2013 im abgekürzten Verfahren unter anderem wegen mehrfacher versuchter schwerer Körperverletzung, gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfacher Drohung, mehrfacher falscher Anschuldigung sowie Gewalt und Drohung gegen Beamte zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren (nebst einer Geldstrafe und einer Busse) unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft und des vorzeitigen Strafvollzugs von 213 Tagen. Das Strafende fiel auf den 13. Juli 2015.
1
B. Das Amt für Justizvollzug des Kantons Aargau gelangte am 8. Juli 2015 an die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau und beantragte, die mit Urteil des Bezirksgerichts Lenzburg ausgesprochene Freiheitsstrafe in eine stationäre Massnahme nach Art. 65 Abs. 1 StGB umzuwandeln. Gleichzeitig stellte es den Antrag, es sei durch das zuständige Gericht Sicherheitshaft anzuordnen.
2
Am 11. Juli 2015 versetzte das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau A.A.________ in Sicherheitshaft. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau am 3. August 2015 ab.
3
Das Bezirksgericht wies am 10. September 2015 den Antrag der Staatsanwaltschaft auf nachträgliche Änderung der Sanktion ab und ordnete die sofortige Haftentlassung von A.A.________ an. Die Genugtuung für die vom 14. Juli 2015 bis zum 10. September 2015 ausgestandene Haft setzte es auf Fr. 50.-- pro Tag fest. Dagegen meldete die Staatsanwaltschaft gleichentags Berufung an und stellte den Antrag auf Fortsetzung der Sicherheitshaft.
4
Die Verfahrensleitung des Obergerichts verfügte am 16. September 2015, A.A.________ sei aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Eine dagegen von der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau erhobene Beschwerde in Strafsachen hiess das Bundesgericht am 8. Oktober 2015 gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurück (6B_942/2015). Gleichzeitig schrieb das Bundesgericht das Verfahren betreffend die am 3. August 2015 durch das Obergericht bestätigte Sicherheitshaft als gegenstandslos geworden ab (6B_850/2015). In der Folge ordnete die Verfahrensleitung des Obergerichts am 13. Oktober 2015 Sicherheitshaft an.
5
Am 8. Dezember 2015 hob das Obergericht den Beschluss des Bezirksgerichts vom 10. September 2015 auf und ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme an. Das Bundesgericht kassierte am 13. Juni 2016 den Entscheid und wies die Sache zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurück (BGE 142 IV 307).
6
Am 5. Juli 2016 ordnete die Verfahrensleitung des Obergerichts die sofortige Haftentlassung an, welche gleichentags vollzogen wurde. Am 10. August 2016 wies das Obergericht die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Bezirksgerichts vom 10. September 2015 ab. Betreffend die Genugtuung hob das Obergericht den erstinstanzlichen Beschluss auf und wies die Sache zur Neubeurteilung zurück.
7
Am 21. Dezember 2016 richtete das Bezirksgericht A.A.________ für die vom 14. Juli 2015 bis zum 10. September 2015 ausgestandene Sicherheitshaft eine Genugtuung von Fr. 11'800.-- aus (59 Tage zu Fr. 200.--). Die von A.A.________ dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher er nebst der Genugtuungssumme von Fr. 11'800.-- eine zusätzliche Genugtuung für die Dauer der Sicherheitshaft vom 11. September 2015 bis zum 5. Juli 2016 in Höhe von Fr. 59'800.-- zuzüglich Zins von 5 % ab 14. Juli 2015 verlangte, wies das Obergericht am 20. April 2017 ab (SBK.2017.14).
8
In teilweiser Gutheissung einer Beschwerde von A.A.________ hob das Bundesgericht den Entscheid des Obergerichts vom 20. April 2017am 22. Februar 2018 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung nach rechtskräftiger Erledigung des Verfahrens ST.2016.204 zurück (6B_632/2017). Dieses Verfahren umfasste weitere Delikte, die am 2. Dezember 2016 beim Bezirksgericht Lenzburg zur Anklage gebracht wurden. Das Obergericht sistierte daraufhin das neu unter SBK.2018.45 eingeschriebene Verfahren.
9
Am 27. April 2017 entschied das Bezirksgericht Lenzburg im Verfahren ST.2016.204, dass die im Verfahren SBK.2017.14 (bzw. neu SBK.2018.45) ausgestandene Sicherheitshaft von 299 Tagen A.A.________ auf die Freiheitsstrafe (1 Tag) und die Busse (30 Tage) angerechnet werden soll. Für die restlichen 268 Tage sprach es A.A.________ eine Genugtuung von Fr. 20'100.-- zu. Die dagegen von A.A.________ erhobene Berufung wurde am 6. November 2018 rechtskräftig erledigt, wobei das Obergericht (1. Strafkammer) die vom Bezirksgericht Lenzburg zuerkannte Genugtuung aufgrund Nichtigkeit von Amtes wegen aufhob.
10
Bereits zuvor am 31. Oktober 2018 wurde A.A.________ vom Bezirksgericht Aarau wegen erneuter Delinquenz zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, ohne dass die noch offenen 268 Tage angerechnet worden wären (ST.2018.146). A.A.________ zog die dagegen beim Obergericht (Strafkammer) erhobene Berufung am 17. Mai 2019 zurück. Gleichentags beantragte er im noch sistierten Verfahren SBK.2018.45 (Beschwerdekammer), es sei die ausgestandene Sicherheitshaft (11. September 2015 bis 5. Juli 2016) auf die im Verfahren ST.2018.146 ausgesprochene Freiheitsstrafe anzurechnen.
11
Am 20. Juni 2019 trat das Obergericht nicht auf den Antrag von A.A.________ bzw. dessen Beschwerde im Verfahren SBK.2018.45 ein.
12
C. A.A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Entscheid des Obergerichts vom 20. Juni 2019 sei aufzuheben. Die im Verfahren SBK.2017.14 vom 11. September 2015 bis 5. Juli 2016 ausgestandene Sicherheitshaft sei auf die im Verfahren ST.2018.46 im Urteil des Bezirksgerichts Aarau vom 31. Oktober 2018 erlassene Freiheitsstrafe anzurechnen. Ein allfälliger Rest sei mit einer Summe von Fr. 200.-- pro Hafttag zuzüglich 5 % Zins ab 14. Juli 2015 zu entschädigen. A.A.________ ersucht zudem um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
13
D. Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau verzichten auf eine Vernehmlassung. 
14
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Der Beschwerdeführer befand sich ab 11. Juli 2015 bis zum 5. Juli 2016 in Sicherheitshaft. Das Strafende der im Jahre 2013 ausgefällten Freiheitsstrafe fiel auf den 13. Juli 2015. Die Haft diente der Sicherung des Massnahmevollzugs. Zu einer Änderung der Sanktion in Anwendung von Art. 65 Abs. 1 StGB kam es nicht. Die Vorinstanz bestätigte am 10. August 2016 den Beschluss des Bezirksgerichts vom 10. September 2015, wonach die Sanktion aus dem Jahre 2013 nicht nachträglich in eine therapeutische Massnahme geändert wird. Alsdann steht fest, dass sich die Sicherheitshaft seit 14. Juli 2015 bis zum 5. Juli 2016 nachträglich als ungerechtfertigt und übermässig im Sinne von Art. 431 Abs. 2 StPO erwiesen hat. Für die zwischen dem 14. Juli 2015 und dem 10. September 2015 ausgestandene Sicherheitshaft ist dem Beschwerdeführer eine Genugtuung von Fr. 11'800.-- zugesprochen worden (Urteil 6B_632/2017 vom 22. Februar 2018 E. 1 f.). Diese Erwägungen sind verbindlich (BGE 143 IV 214 E. 5.2.1 mit Hinweisen). Die zugesprochene Teilentschädigung bildet nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids.
15
1.2. Zu beurteilen ist die Kompensation für die ungerechtfertigt ausgestandene Sicherheitshaft vom 11. September 2015 bis zum 5. Juli 2016. Von den insgesamt 299 Tagen sind in der Zwischenzeit im Verfahren ST.2016.204 durch das Bezirksgericht Lenzburg weitere 31 Tage angerechnet worden (angefochtenes Urteil E. 2.1). Dies stellt der Beschwerdeführer zu Recht nicht in Frage. Die Vorinstanz hält im Zusammenhang mit den verbleibenden 268 Tagen fest, dass der Beschwerdeführer an seinem mit Beschwerde eingereichten und bislang streitgegenständlichen Begehren, ihm sei eine Genugtuung zuzusprechen, nicht mehr festhalte und nunmehr die Anrechnung der ungerechtfertigt ausgestandenen Sicherheitshaft an die mit Urteil des Bezirksgerichts Aarau vom 31. Oktober 2018 ausgesprochene Freiheitsstrafe beantrage. Dies komme einem Rückzug des Begehrens gleich. Da das Urteil des Bezirksgerichts Aarau nicht Beschwerdeobjekt sei, sondern mit Berufung anzufechten wäre, müsse die sachliche Zuständigkeit des Obergerichts für die Beurteilung der verlangten Anrechnung verneint werden. Zuständig dürften vielmehr die Strafvollzugsbehörden sein, weshalb mangels Zuständigkeit nicht auf die Beschwerde einzutreten sei (angefochtenes Urteil E. 3.2 f.).
16
1.3. Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, dass es sich bei seinem Antrag auf Anrechnung nicht um einen Rechtsmittelrückzug handle. Gestützt auf die Rechtsprechung zu Art. 431 Abs. 2 StPO, welche für die Haftanrechnung weder Tat- noch Verfahrensidentität fordere und der Ausgleich von Haft in erster Linie als Realersatz und nur subsidiär in Form einer Entschädigung zu erfolgen habe, müssten im vorliegenden Verfahren die 268 Tage Überhaft an die rechtskräftige Strafe des Bezirksgerichts Aargau (abzüglich Untersuchungshaft von 91 Tagen) angerechnet werden. Die Anrechnung hätte auch ohne Antrag erfolgen müssen, denn die betroffene Person habe nicht die Wahl zwischen Realersatz (Anrechnung der Haft) und der Genugtuungssumme. Am Kern des Streitgegenstandes habe sich nichts geändert. Da es sich bei den Strafvollzugsbehörden weder um Strafbehörden im Sinne von Art. 431 StPO noch um richterliche Behörden im Sinne von Art. 51 StGB bzw. Art. 29a BV handle, seien diese - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - für die Anrechnung nicht zuständig (Beschwerde S. 7 ff.).
17
 
2.
 
2.1. Art. 431 StPO gewährleistet Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung bei rechtswidrigen Zwangsmassnahmen (Abs. 1) oder bei Überhaft (Abs. 2). Art. 431 Abs. 2 StPO stellt die Grundregel auf, dass Überhaft nur zu entschädigen ist, wenn sie nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann, was im Einklang mit der im Kern kongruenten Regel von Art. 51 StGB steht. Art. 51 StGB liegt der Grundsatz der umfassenden Haftanrechnung zugrunde. Erst wenn eine Anrechnung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft an eine andere Sanktion nicht mehr erfolgen kann, stellt sich die Frage der finanziellen Entschädigung. Der Ausgleich von Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft soll demnach in erster Linie als Realersatz erfolgen (BGE 141 IV 236 E. 3.3). Die beschuldigte Person hat kein Wahlrecht. Sie hat gegebenenfalls in Kauf zu nehmen, dass eine an sich mögliche Entschädigung wegen Anrechnung entfällt (Urteile 6B_1203/2017 vom 1. November 2017 E. 4.1.2; 1B_179/2011 vom 17. Juni 2011 E. 4.2). Die Anrechnung der Haft ist an keine Voraussetzungen geknüpft. Namentlich ist weder Tat- noch Verfahrensidentität erforderlich (BGE 141 IV 236 E. 3.3; 135 IV 126 E. 1.3.9; TRECHSEL/PIETH, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 11 zu Art. 51 StGB). Die Anrechnung an Sanktionen, die in einem separaten Verfahren ausgefällt werden, ist zulässig (Urteil 6B_632/2017 vom 22. Februar 2018 E. 1.7 mit Hinweis; YVAN JEANNERET, in: Commentaire Romand, Code pénal I, 2017, N. 9 zu Art. 51 StGB).
18
2.2. Vorliegend ist nicht entscheidend, ob das Urteil des Bezirksgerichts Aarau (ST.2018.146) Beschwerdeobjekt bildet, sondern ob die verbleibenden 268 Tage, die unbestrittenermassen entweder anzurechnen oder aber zu entschädigen sind, angerechnet werden können oder nicht. Davon ging die Vorinstanz dem Entscheid 6B_632/2017 zugrunde liegenden Verfahren aus, obschon sie im Widerspruch zu ihren Erwägungen einen abschlägigen Sachentscheid fällte. Dieser formelle Mangel führte zur Aufhebung jenes Urteils durch das Bundesgericht (vgl. a.a.O. E. 1.8). In der Zwischenzeit ist der Beschwerdeführer allerdings zwei weitere Male verurteilt worden. Die Urteile der Bezirksgerichte Lenzburg (ST.2016.204) und Aarau (ST.2018.146) sind aber in Rechtskraft erwachsen bevor die Vorinstanz das vorliegend angefochtene Urteil erlassen hat. Die Vorinstanz hat die beiden Verurteilungen in ihre Entscheidfindung einbezogen und ist insofern von zulässigen Noven ausgegangen (vgl. BGE 135 III 334 E. 2). Es war ihr daher grundsätzlich nicht verwehrt, die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die das Bundesgericht im Rückweisungsentscheid nicht ausdrücklich abgelehnt bzw. überhaupt nicht in Erwägung gezogen hatte.
19
2.3. Soweit die Vorinstanz gestützt auf die geänderte prozessuale Ausgangslage nicht auf die Beschwerde eintritt, verletzt sie Bundesrecht. Denn das geänderte Rechtsbegehren führte zwar zu einem Austausch des Beschwerdegrunds und aufgrund der veränderten tatsächlichen Ausgangslage zu einer potentiell neuen Rechtsfolge. Am Beschwerdeobjekt änderte sich indes nichts. Gegenstand des Verfahrens bildet nach wie vor die Kompensation der ungerechtfertigt ausgestandenen Sicherheitshaft. Wie erwähnt, verfügt der Beschwerdeführer diesbezüglich über kein Wahlrecht. Mit seinem geänderten Antrag trug er folgerichtig dem Grundsatz der umfassenden Haftanrechnung Rechnung, da in der Zwischenzeit neue Strafen hinzugetreten sind. Nach dem Rückzug des Entschädigungsbegehrens lag es an der Vorinstanz, die Anrechnung von Amtes wegen vorzunehmen (Urteil 6B_1033/2018 vom 27. Dezember 2018 E. 2.4; JEANNERET, a.a.O, N. 6 zu Art. 51 StGB; METTLER/SPICHTIN, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Aufl. 2018, N. 30 zu Art. 51 StGB; je mit Hinweisen). Ob es sich bei der Strafvollzugsbehörde um eine Strafbehörde im Sinne von Art. 431 StPO handelt und ob diese - im Falle einer unterlassenen Anrechnung durch das Gericht - den Mangel überhaupt formlos beheben kann, wie dies die Vorinstanz unter Hinweis auf eine Literaturstelle anregt (so METTLER/SPICHTIN, a.a.O., N. 30 zu Art. 51 StGB), braucht hier nicht beantwortet zu werden, da die Anrechnung durch ein Gericht immer noch möglich ist.
20
2.4. Die Beschwerde erweist sich als begründet. Die Entschädigung entfällt durch den über die Anrechnung zu erfolgenden Realausgleich. Vor Vorinstanz hat der Beschwerdeführer keine Entschädigung mehr verlangt. Sein Antrag, ein allfälliger Rest sei zu entschädigen, ist neu und daher unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Ohnehin weist der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde darauf hin, dass mit der Anrechnung kein Platz mehr für eine Genugtuung bestehe, weshalb er vor Vorinstanz ebensolche auch nicht mehr beantragt habe (Beschwerde S. 8). Damit erweist sich die Sache als spruchreif und kann endgültig zum Abschluss gebracht werden (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG). Die ungerechtfertigt ausgestandene Sicherheitshaft von 268 Tagen ist auf die mit Entscheid ST.2018.146 des Bezirksgerichts Aarau vom 31. Oktober 2018 ausgesprochenen Strafen anzurechnen. Eine Rückweisung an die Vorinstanz zur neuen Beurteilung erfolgt nur noch im Hinblick auf die Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen (vgl. Urteil 6B_1031/2016 vom 23. März 2017 E. 9).
21
3. Mit der Gutheissung ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos geworden. Gerichtskosten werden nicht erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
22
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 20. Juni 2019 aufgehoben.
 
2. Die Sicherheitshaft von 268 Tagen wird auf die mit Entscheid ST.2018.146 des Bezirksgerichts Aarau vom 31. Oktober 2018 ausgesprochenen Strafen angerechnet. Im Übrigen wird die Sache an die Vorinstanz zur Neuregelung der Kosten- sowie Entschädigungsfolgen zurückgewiesen.
 
3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4. Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.
 
5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Juni 2020
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Reut
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).