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Informationen zum Dokument  BGer 9C_149/2020  Materielle Begründung
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BGer 9C_149/2020 vom 14.05.2020
 
 
9C_149/2020
 
 
Urteil vom 14. Mai 2020
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Parrino, Präsident,
 
Bundesrichter Stadelmann, Bundesrichterin Glanzmann,
 
Gerichtsschreiberin Dormann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle Luzern,
 
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin,
 
Luzerner Pensionskasse,
 
Zentralstrasse 7, 6002 Luzern.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Kantonsgerichts Luzern
 
vom 17. Januar 2020 (5V 19 116).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die im Oktober 1990 geborene A.________ erlitt im Dezember 1996 einen Unfall mit schwerem Schädelhirn- und Cervikaltrauma, weshalb ihre Mutter sie im März 1997 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete. In der Folge sprach ihr die IV-Stelle Luzern verschiedene Leistungen zu. Im Rahmen einer beruflichen Massnahme schloss die Versicherte im Juli 2011 die Ausbildung zur Kauffrau mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis erfolgreich ab. Nach weiteren Eingliederungsmassnahmen nahm sie im Juni 2012 eine Tätigkeit in einem 50 %-Pensum auf. Ebenfalls im Juni 2012 reichte sie der IV-Stelle die "Anmeldung für Erwachsene: Berufliche Integration/Rente" ein. Die IV-Stelle sprach A.________ eine ausserordentliche halbe Ivalidenrente ab 1. Mai 2012 (Verfügung vom 19. September 2012) resp. eine ausserordentliche Dreiviertelsrente ab 1. November 2015 zu (Verfügung vom 24. Mai 2016). Im Juni 2018 ersuchte A.________ um erneute Revision der Rente. Nach Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach ihr die IV-Stelle mit Verfügung vom 19. Februar 2019 eine ausserordentliche ganze Invalidenrente ab 1. September 2018 zu.
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B. Die Beschwerde, mit der A.________ insbesondere die Erhöhung der Rente um einen Drittel verlangte, wies das Kantonsgericht Luzern (nach Beiladung der Luzerner Pensionskasse) mit Entscheid vom 17. Januar 2020 ab, soweit es darauf eintrat.
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C. A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der Entscheid vom 17. Januar 2020 sei aufzuheben, und die IV-Stelle sei zu verpflichten, ihr eine ganze Invalidenrente nach Massgabe von Art. 40 Abs. 3 IVG rückwirkend zuzüglich 5 % Zins ab den jeweiligen Fälligkeiten auszurichten.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Der erstmals in diesem Verfahren gestellte Antrag betreffend Zins ist als neues Rechtsbegehren von vornherein unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG).
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1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. Schweizer Bürgerinnen und Bürger, die bei Eintritt der Invalidität nicht während mindestens drei Jahren Beiträge geleistet haben (vgl. Art. 36 Abs. 1 IVG), haben gemäss Art. 39 Abs. 1 IVG Anspruch auf eine ausserordentliche Rente. Laut Art. 40 Abs. 3 IVG entsprechen die ausserordentlichen Renten für Personen, die vor dem 1. Dezember des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Jahres invalid geworden sind, 1331 /3 Prozent des Mindestbetrages der zutreffenden ordentlichen Vollrente.
6
 
3.
 
3.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, für eine Erhöhung der Rente in Anwendung von Art. 40 Abs. 3 IVG müsse die Versicherte vor dem 1. Dezember 2011 invalid geworden sein. Massgeblicher Zeitpunkt für den Eintritt der Invalidität sei - wie beim Rentenzuschlag gemäss Art. 37 Abs. 2 IVG - die Entstehung des Rentenanspruchs (BGE 137 V 417). Gemäss Verfügung vom 19. September 2012 sei dies der 1. Mai 2012. Angesichts der erst im Juni 2012 vorgenommenen Anmeldung und unter Berücksichtigung der Karenzfrist von Art. 29 Abs. 1 IVG sei der Rentenbeginn "bei richtiger Betrachtung" aber nicht vor Dezember 2012. So oder anders seien die Voraussetzungen für eine Rentenerhöhung gemäss Art. 40 Abs. 3 IVG nicht erfüllt. Die Versicherte habe zu Recht nicht geltend gemacht, dass sie bereits vor dem 1. Mai 2012 resp. vor dem 1. Dezember 2011 Anspruch auf eine Invalidenrente gehabt habe. Folglich hat es einen Rentenzuschlag verweigert.
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3.2. Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen einzig vor, es treffe nicht zu, dass sie sich erst im Juni 2012 zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung angemeldet habe. Sie sei von ihrer Mutter bereits im März 1997 angemeldet worden. Demnach habe sie alle Leistungen der Invalidenversicherung schon vor dem 20. Lebensjahr beantragt.
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Ob die Beschwerdeführerin mit der Anmeldung vom März 1997 in dem Sinn einen Rentenanspruch gewahrt hatte, als dieser nicht erst sechs Monate nach der im Juni 2012 eingereichten Anmeldung entstand (vgl. dazu Urteil 9C_336/2012 vom 6. Mai 2013 E. 3.2 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 139 V 289, aber in: SVR 2013 AHV Nr. 12 S. 47), was sie anzunehmen scheint, ist nicht entscheidend. Vielmehr war für die Vorinstanz ausschlaggebend, dass die Entstehung des Rentenanspruchs nicht vor dem 1. Dezember 2011 liegt, und der Rentenbeginn mit der (unangefochten gebliebenen) Verfügung vom 19. September 2012 auf den 1. Mai 2012 festgelegt wurde. Mit diesen Punkten befasst sich die Beschwerdeführerin auch nicht ansatzweise. Soweit ihre Beschwerde überhaupt den inhaltlichen Anforderungen an die Begründung genügt (vgl. Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 134 V 53 E. 3.3 S. 60 und 133 IV 286 E. 1.4 S. 287), ist sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) abzuweisen.
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4. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, der Luzerner Pensionskasse, dem Kantonsgericht Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 14. Mai 2020
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Parrino
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann
 
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