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Informationen zum Dokument  BGer 2D_68/2019  Materielle Begründung
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BGer 2D_68/2019 vom 12.05.2020
 
 
2D_68/2019
 
 
Urteil vom 12. Mai 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Zünd, Beusch,
 
Gerichtsschreiber Businger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Anwaltskommission des Kantons Aargau, Obere Vorstadt 40, 5000 Aarau.
 
Gegenstand
 
Nichtbestehen der schriftlichen Anwaltsprüfung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer, vom 16. Oktober 2019 (WBE.2018.248).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.________ absolvierte im Frühjahr 2018 zum dritten Mal die schriftliche Anwaltsprüfung. Am 23. Mai 2018 beschloss die Anwaltskommission des Kantons Aargau, dass sie die Prüfung mit einem Notendurchschnitt von 3.70 nicht bestanden habe. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am 16. Oktober 2019 ab, soweit es auf sie eintrat.
1
 
B.
 
Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 28. November 2019 beantragt A.________ dem Bundesgericht, ihre schriftliche Prüfung sei als bestanden zu erklären und es sei die Verfassungswidrigkeit diverser kantonaler Bestimmungen festzustellen. Eventualiter sei die Sache zum Neuentscheid an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, subeventualiter sei die vorinstanzliche Kostenfolge neu zu regeln. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Angefochten ist ein verfahrensabschliessender Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Abs. 2 und Art. 90 BGG). Gemäss Art. 83 lit. t BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung. Der angefochtene Entscheid betrifft das Ergebnis einer Prüfung. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher ausgeschlossen. Die Beschwerdeführerin hat zu Recht subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG erhoben (BGE 136 I 229 E. 1 S. 231; Urteil 2D_10/2019 vom 6. August 2019 E. 1.1).
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1.2. Zur Verfassungsbeschwerde ist gemäss Art. 115 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Die in Art. 115 lit. a BGG genannte Voraussetzung ist offensichtlich erfüllt. Das nach Art. 115 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse kann durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder aber unmittelbar durch ein spezielles Grundrecht begründet sein (BGE 140 I 285 E. 1.2 S. 290; 135 I 265 E. 1.3 S. 269 f.). Soweit sich die Beschwerdeführerin auf mehrere verfassungsmässige Verfahrensrechte beruft, ist sie als Trägerin dieser Rechte zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde legitimiert. Dasselbe gilt, soweit sie eine Verletzung des allgemeinen Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV) rügt und eine willkürliche Bewertung ihrer Prüfung (Art. 9 BV) geltend macht. Sie hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der korrekten Beurteilung ihrer Leistung, was sie insbesondere zur Erhebung der Willkürrüge legitimiert (BGE 136 I 229 E. 3.3 S. 235; Urteil 2D_10/2019 vom 6. August 2019 E. 1.2).
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2.
 
2.1. Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG), wobei eine entsprechende Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet werden muss (Art. 106 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 117 BGG). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern die angerufenen Rechte verletzt worden sind (BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372).
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2.2. Hat das Bundesgericht die Bewertung von Prüfungsleistungen zu beurteilen, so prüft es die Handhabung der einschlägigen kantonalen Verfahrensvorschriften unter dem Gesichtswinkel der Willkür. In erster Linie untersucht es, ob das vorgeschriebene Verfahren unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Minimalgarantien durchgeführt worden ist. Eine grosse Zurückhaltung auferlegt es sich bei der materiellen Beurteilung, indem es erst einschreitet, wenn sich die Behörde von sachfremden oder sonst wie offensichtlich unhaltbaren Erwägungen hat leiten lassen, sodass ihr Entscheid unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten als nicht mehr vertretbar und damit als willkürlich erscheint. Das Bundesgericht auferlegt sich bei der Überprüfung von Examensleistungen auch dann Zurückhaltung, wenn es aufgrund seiner Fachkenntnisse sachlich zu einer weitergehenden Überprüfung befähigt wäre (BGE 136 I 229 E. 6.2 S. 238; 131 I 467 E. 3.1 S. 473).
6
 
3.
 
Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens ist der Beschluss der Anwaltskommission vom 23. Mai 2018, gemäss dem die Beschwerdeführerin die schriftliche Anwaltsprüfung nicht bestanden hat (Ziff. 1) unter Bewertung ihrer Arbeiten mit einem Notendurchschnitt von 3.70 (Ziff. 2). In Bezug auf eine allfällige weitere Zulassung zur schriftlichen Anwaltsprüfung äussert sich der Beschluss nicht. Soweit die Beschwerdeführerin kantonale Bestimmungen als verfassungswidrig rügt, die bei dreimaligem Nichtbestehen der Prüfung eine weitere Zulassung ausschliessen (vgl. S. 73 ff. der Beschwerde), sprengt sie folglich den Streitgegenstand. Weil sich die Beschwerdeführerin erneut für die Anwaltsprüfung anmelden und dadurch eine rechtsgestaltende Verfügung betreffend die (Nicht-) Zulassung erwirken kann, besteht kein Anspruch auf Erlass einer Feststellungsverfügung (BGE 126 II 300 E. 2c S. 303). Die Vorinstanz hat deshalb keine formelle Rechtsverweigerung begangen (vgl. S. 28 ff. der Beschwerde), indem sie auf die entsprechenden Ausführungen nicht weiter eingegangen ist. Soweit die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht einen Feststellungsantrag stellt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
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4.
 
Die Beschwerdeführerin rügt in mehrfacher Hinsicht eine Verletzung ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren durch die Anwaltskommission und die Vorinstanz.
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4.1. Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV). Muss die Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden, so besteht ein Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt (Art. 30 Abs. 1 BV).
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4.2.
 
4.2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass das Verfahren vor der Anwaltskommission nicht fair gewesen sei, weil jede Teilprüfung über längere Zeit jeweils von demselben Referenten abgenommen werde. Die Prüfungskommission sei dadurch immer identisch zusammengesetzt und "strukturell" vorbefasst. Auch die von der Vorinstanz angeführte anonymisierte Korrektur behebe dieses Problem nicht (vgl. S. 17 ff. der Beschwerde).
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4.2.2. Für die Begutachtung der Arbeiten der schriftlichen Prüfung bestimmt die Anwaltskommission für jedes Fachgebiet aus ihrer Mitte eine referierende Person (§ 8 Abs. 1 der Anwaltsverordnung [des Kantons Aargau] vom 18. Mai 2005 [AnwV/AG; SAR 290.111]). Die referierende Person zensiert die Arbeiten zuhanden der Anwaltskommission; massgebende Gesichtspunkte sind hierbei das juristische Denkvermögen, das juristische Wissen, die systematische Darstellung und die sprachliche Formulierung (§ 8 Abs. 2 AnwV/AG).
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4.2.3. Mit ihrer Rüge der "strukturellen" Vorbefassung beanstandet die Beschwerdeführerin die Spezialisierung innerhalb der Anwaltskommission auf die entsprechenden Fachgebiete. Es ist indessen nicht ersichtlich, inwieweit der Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt wird, wenn sich die Mitglieder einer Behörde entsprechend ihren Fachkenntnissen spezialisieren. Im Gegenteil wird dadurch eine höhere Qualität der behördlichen Tätigkeit gewährleistet. Dass die Mitglieder der Anwaltskommission nicht nur "strukturell", sondern mit Blick auf die Beschwerdeführerin auch persönlich vorbefasst gewesen sind, wird in der Beschwerde nicht geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, inwiefern Verfahrensrechte der Beschwerdeführerin dadurch verletzt worden sein sollen, dass die Teilbereiche ihrer Prüfungsversuche jeweils von demselben Mitglied beurteilt worden sind, und zwar unabhängig davon, ob die Korrektur anonymisiert erfolgt ist oder nicht. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die Korrektur der referierenden Person im entsprechenden Fachgebiet werde von den anderen Mitgliedern nicht kritisch überprüft, ist eine blosse Behauptung, wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat (vgl. E. II./3.2 des angefochtenen Urteils). Dass die Anwaltskommission diese Darstellung nicht ausdrücklich bestritten hat, bedeutet nicht, dass sie anerkannt wurde und als erstellt gilt.
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4.3.
 
4.3.1. Die Beschwerdeführerin rügt auch eine Verletzung ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren. Die Vorinstanz habe ihre sorgfältig begründete Beschwerde abgekanzelt, die Aufgabe als Rechtsmittelinstanz ignoriert und die Anwaltskommission als parteiliche Beschützerin verteidigt (vgl. S. 21 ff. der Beschwerde).
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4.3.2. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin erschöpfen sich darin, dass sie mit dem angefochtenen Entscheid nicht einverstanden ist und ihre zahlreichen formellen und materiellen Rügen auch unter diesem Titel rügt. Darauf wird in der Beurteilung dieser Rügen zurückzukommen sein. Ihre Ausführungen lassen in keiner Weise den Schluss zu, dass die Vorinstanz das Verfahren unfair gestaltet bzw. parteilich geführt hat. Eine Verletzung von Art. 29 Abs. 1 sowie Art. 30 Abs. 1 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist nicht ersichtlich. Auch von einer Verletzung des Rechts auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK, die die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang rügt, kann keine Rede sein.
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4.4.
 
4.4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie kenne den vorsitzenden Richter des Verwaltungsgerichts aus ihrer Zeit als Praktikantin. Er sei früher selber Mitglied der Anwaltskommission gewesen, und zwar unter der aktuellen Präsidentin der Kommission, was zum Anschein der Befangenheit führe (vgl. S. 26 f. der Beschwerde).
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4.4.2. Der Anspruch auf ein unbefangenes Gericht ist verletzt, wenn bei einer Gerichtsperson - objektiv betrachtet - Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Solche Umstände können entweder in einem bestimmten Verhalten der betreffenden Person oder in äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Es muss gewährleistet sein, dass der Prozess aus Sicht aller Beteiligten als offen erscheint. Für den Ausstand ist nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 141 IV 178 E. 3.2.1 S. 179; 140 I 326 E. 5.1 S. 328). Wer einen Ablehnungsgrund nicht unverzüglich nach dessen Kenntnisnahme geltend macht, verwirkt den Anspruch auf seine spätere Anrufung (BGE 136 I 207 E. 3.4 S. 211).
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4.4.3. Ob die Beziehungsnähe der Beschwerdeführerin zum vorsitzenden Richter des Verwaltungsgerichts aufgrund ihres Praktikums zum Anschein einer Befangenheit geführt hat, kann offengelassen werden, weil dieser Sachverhalt der Beschwerdeführerin bereits im vorinstanzlichen Verfahren bekannt war und deshalb nicht erst vor Bundesgericht geltend gemacht werden kann. Weiter kann aus dem Umstand, dass der vorsitzende Richter des Verwaltungsgerichts früher einmal Mitglied der Anwaltskommission gewesen ist, offensichtlich nicht auf eine Voreingenommenheit geschlossen werden. Die gerügte personelle Verflechtung geht nicht über die normale Kollegialität unter ehemaligen Mitgliedern einer Behörde hinaus und vermag für sich alleine keinen Ausstand zu begründen (BGE 139 I 121 E. 5.3 S. 126 f.; 133 I 1 E. 6.4.4 und E. 6.6.3 S. 8 ff.).
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4.5.
 
4.5.1. Weiter erblickt die Beschwerdeführerin eine formelle Rechtsverweigerung im Umstand, dass sich die Vorinstanz bei der Überprüfung des Prüfungsergebnisses eine gewisse Zurückhaltung aufgelegt habe. Dadurch habe sie ihre Kognition nicht ausgeschöpft (vgl. S. 33 ff. der Beschwerde).
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4.5.2. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung dürfen Gerichtsbehörden bei der Kontrolle von Examensentscheiden Zurückhaltung üben. Eine volle Rechtskontrolle rechtfertigt sich in erster Linie für allfällige formelle Fehler. Bei der inhaltlichen Bewertung einer Arbeit bestehen hingegen regelmässig Beurteilungsspielräume, die es zwangsläufig mit sich bringen, dass dieselbe Arbeit verschiedenen Einschätzungen auch von Fachleuten unterliegen kann. Gerichtsbehörden dürfen sich insoweit Zurückhaltung auferlegen, solange es keine Hinweise auf krasse Fehleinschätzungen gibt (BGE 136 I 229 E. 5.4.1 S. 237).
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4.5.3. Wie die Beschwerdeführerin selber vorbringt, hat sich die Vorinstanz bei der inhaltlichen Kontrolle ihrer Anwaltsprüfung auf die Frage beschränkt, ob die Beurteilung der Anwaltskommission offensichtlich unhaltbar bzw. krass fehlerhaft ist (vgl. E. II./2.2 ff. des angefochtenen Urteils). Dies steht im Einklang mit der vorher zitierten Rechtsprechung und ist nicht zu beanstanden, wobei es keine Rolle spielt, ob das Anwaltspatent als Polizeibewilligung zu qualifizieren ist. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auch rügt, die Vorinstanz habe die Feststellung des Sachverhalts und die Rechtskontrolle unzureichend wahrgenommen, geht es nicht um eine durch das Verwaltungsgericht sich selber auferlegte Kognitionsbeschränkung, sondern um die vorinstanzliche Beurteilung des Einzelfalls, auf die bei der materiellen Beurteilung zurückzukommen sein wird. Eine formelle Rechtsverweigerung liegt offensichtlich ebensowenig vor wie eine Verletzung des Rechts auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK.
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5.
 
Die Beschwerdeführerin rügt mehrere Gehörsverletzungen.
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5.1. Einerseits bringt sie vor, sie sei von der Vorinstanz zu einer Motivsubstitution nicht angehört worden (S. 45 ff. der Beschwerde).
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5.1.1. Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Beabsichtigt eine Behörde, ihren Entscheid mit einer Rechtsnorm oder einem Rechtsgrund zu begründen, die im bisherigen Verfahren nicht herangezogen wurden, auf die sich die Parteien nicht berufen haben und mit deren Erhebung im konkreten Fall sie nicht rechnen konnten, ist den Parteien hierzu das rechtliche Gehör zu gewähren (BGE 131 V 9 E. 5.4.1 S. 26).
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5.1.2. Der Vorwurf, die Vorinstanz hätte die Beschwerdeführerin zur Prüfungsanonymisierung als "Scheinlösung" der "strukturellen Vorbefassung" bzw. zur "neuen Begründung" bei der Teilprüfung im öffentlichen Recht vorgängig anhören müssen, ist offensichtlich unbegründet. Nachdem das Verwaltungsgericht als erste Instanz den Vorwurf der "strukturellen Vorbefassung" der Anwaltskommission zu beurteilen hatte, kann keine Rede davon sein, dass es eine Motivsubstitution vorgenommen hat und den Parteien deshalb hierzu das rechtliche Gehör hätte gewähren müssen. Zudem spielt es mit Bezug auf die "strukturelle Vorbefassung" keine Rolle, ob die Prüfungskorrektur anonymisiert erfolgt ist (vgl. vorne E. 4.2.3). Was die beanstandete Begründung im öffentlichen Recht betrifft, so hat die Anwaltskommission festgehalten, dass die Beschwerdeführerin zu den einzelnen Punkten ergänzende Ausführungen hätte machen müssen - etwa zur materiellen Beschwer oder zu den Fristen (vgl. S. 47 Ziff. 177 der Beschwerde). Nachdem die Vorinstanz die Korrektur u.a. mit der Begründung geschützt hat, die Beschwerdeführerin habe die materielle Beschwer im konkreten Fall nicht geprüft und gehe nicht näher darauf ein, wann die Einsprachefrist ende und dass die Zustellung in die Oster-Gerichtsferien gefallen sei (vgl. E. II./6.3 des angefochtenen Urteils), kann offensichtlich keine Rede davon sein, sie habe eine eigene Begründung "erfunden" und hätte der Beschwerdeführerin deshalb hierzu das rechtliche Gehör gewähren müssen.
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5.2. Andererseits rügt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe ihre Begründungspflicht verletzt (vgl. S. 48 ff. der Beschwerde).
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5.2.1. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergibt sich, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen tatsächlich zu hören, prüfen und in der Entscheidfindung zu berücksichtigen hat, woraus die Verpflichtung folgt, die Entscheide zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt, damit eine sachgerechte Anfechtung möglich ist (BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236).
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5.2.2. Diesen Anforderungen wird der angefochtene Entscheid ohne Weiteres gerecht. Das Verwaltungsgericht legt ausführlich auf 30 Seiten dar, weshalb es die Rügen der Beschwerdeführerin als unbegründet erachtet. Die Beschwerdeführerin konnte den Entscheid offensichtlich sachgerecht beim Bundesgericht anfechten. Auf die zahlreichen materiellen Rügen, die die Beschwerdeführerin auch unter den Begriff des rechtlichen Gehörs subsumiert, wird bei der materiellen Beurteilung eingegangen.
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6.
 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots (vgl. S. 70 ff. der Beschwerde).
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6.1. Nach Art. 8 Abs. 1 BV sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Die Rechtsgleichheit ist verletzt, wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird (BGE 138 I 321 E. 3.2 S. 324). In Bezug auf die Korrektur von Prüfungen hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Prüfungsinstanz, falls sie eine Musterlösung und ein Punkteschema aufstellt, aus Gründen der Rechtsgleichheit gehalten ist, dieses auf alle Kandidaten in gleicher Weise anzuwenden (Urteil 2P.252/2003 vom 3. November 2003 E. 9.3).
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6.2. Die Beschwerdeführerin begründet die angebliche Ungleichbehandlung damit, dass die Anwaltskommission nicht nachgewiesen habe, dass alle Referenten im Zeitpunkt der Korrektur über die Bewertungsraster verfügt und diese einheitlich zur Korrektur und Bewertung jeder Prüfung angewendet hätten. Sie übersieht dabei, dass die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgehalten hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es gebe keine Hinweise, dass die Bewertungsraster bei der Korrektur nicht verwendet worden wäre (vgl. E. II./4 des angefochtenen Urteils). Folglich obliegt es der Beschwerdeführerin, die offensichtliche Unrichtigkeit dieser Feststellung darzulegen. Ihr blosser Verweis auf das von der Vorinstanz zitierte Urteil vom 23. April 2018 (vgl. E. II./4 des angefochtenen Urteils) ist dabei unbehelflich. Alleine aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht in diesem Urteil festgehalten hat, es empfehle sich, "den Korrekturen der schriftlichen Anwaltsprüfungen entsprechende Punkteschemen zu Grunde zu legen", kann nicht gefolgt werden, dass bei der Aargauer Anwaltsprüfung erst ab dem 23. April 2018 Musterlösungen verwendet bzw. die Bewertungsraster für die vorliegende Prüfung erst nach diesem Datum erstellt worden sind. Und selbst wenn dem so wäre, könnte daraus nicht geschlossen werden, dass die Bewertungsraster nicht in allen Fällen rechtsgleich angewendet worden sind. Eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots ist folglich nicht dargetan.
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7.
 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Korrektur ihrer Prüfung sei willkürlich erfolgt.
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7.1. Einerseits wendet sie sich gegen die Bewertung bei der Teilprüfung zum Obligationenrecht. In besagter Prüfung ging es um den Rückzug des Inhabers einer Aktiengesellschaft aus der operativen Führung. Die Geschäfte sollten neu unter Vorsitz des CEO durch die Geschäftsleitung geführt werden und der Inhaber wollte seine Haftung für Fehler der Geschäftsleitung soweit als möglich eindämmen. Vor diesem Hintergrund sollte ein Memorandum erstellt werden zu den Punkten "Formelle und materielle Voraussetzungen für die gewünschte Kompetenzdelegation", "Rechtliche Anforderungen an die Durchführung der Kompetenzdelegation" sowie "Rechtsfolgen für den Inhaber bei korrektem bzw. fehlerhaftem Vorgehen". Weiter sollte ein Entwurf des rechtlich zweckmässigsten Instruments zur Regelung der gewünschten Kompetenzdelegation erstellt werden, wobei bei dieser Teilaufgabe maximal 14 Punkte erzielt werden konnten.
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7.2. Vor Bundesgericht streitig ist lediglich die Bewertung der Teilaufgabe, das rechtlich zweckmässigste Instrument zur Regelung der gewünschten Kompetenzdelegation zu erstellen (vgl. S. 49 ff. und S. 66 ff. der Beschwerde). Gemäss Lösungsschema der Anwaltskommission sollte hier ein Organisationsreglement erstellt werden. Die Beschwerdeführerin dagegen will die Aufgabe so verstanden haben, dass die notwendige statutarische Grundlage für das Organisationsreglement hätte geschaffen werden müssen. Ein Organisationsreglement müsse in enger Feinabstimmung mit den Statuten erstellt werden, weshalb dies ohne Kenntnis der Gesellschaftsstatuten nicht möglich sei.
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7.3. Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat (vgl. E. II./5.6 des angefochtenen Urteils), wurde der Hinweis auf die notwendige statutarische Grundlage für das Organisationsreglement bereits bei der Teilaufgabe "Formelle und materielle Voraussetzungen für die gewünschte Kompetenzdelegation" verlangt. Sodann stellt die Schaffung einer statutarischen Grundlage alleine offensichtlich kein "Instrument zur Regelung der gewünschten Kompetenzdelegation" dar, weshalb die Beschwerdeführerin die gestellte Aufgabe nicht gelöst hat. Folglich kann sie nichts aus dem Grundsatz ableiten, wonach richtige Lösungen auch dann akzeptiert werden müssen, wenn sie nicht der Musterlösung entsprechen. Die Beschwerdeführerin hat auch ihre angeblichen Bedenken an der Aufgabenstellung mit keinem Wort erwähnt und namentlich nicht dargelegt, weshalb ihrer Meinung nach die Erstellung eines Organisationsreglements nicht möglich sei. Im Gegenteil hat sie sich ohne weitere Begründung darauf beschränkt, die Einberufung zur Generalversammlung, den fast gleich lautenden Beschluss der Generalversammlung und einen kurzen Verwaltungsratsbeschluss zu verfassen. Nichts ableiten kann die Beschwerdeführerin sodann aus der eingereichten Stellungnahme eines Rechtsanwalts, wonach ihn die befremdliche Aufgabenstellung empört habe, und zwar unabhängig davon, ob dem Anwalt der Gesamtkontext der Teilaufgabe bekannt war. Von Teilnehmern komplexer juristischer Prüfungen darf verlangt werden, dass sie Prüfungsaufgaben abstrahieren und Annahmen treffen können. Dass im vorliegenden Fall die Gesellschaftsstatuten nicht bekannt waren, war offensichtlich kein Hinderungsgrund, um ein zumindest rudimentäres Organisationsreglement zu erstellen, aus dem sich die Grundzüge der gewünschten Kompetenzdelegation ergeben.
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7.4. Bei dieser Sachlage kann offengelassen werden, ob die streitige Teilaufgabe bei der Beschwerdeführerin allenfalls etwas besser als mit einem Punkt hätte bewertet werden müssen, weil sie für einen Notenaufstieg drei Punkte mehr benötigen würde. Der Vorwurf, die OR-Prüfung sei willkürlich bewertet worden, ist unbegründet.
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7.5. Die Beschwerdeführerin beanstandet die Korrektur der Teilprüfungen "StGB", "SchKG/ZPO" und "öffentliches Recht" nicht - sie rügt die Bewertung der Teilprüfung "offentliches Recht" lediglich im Rahmen des rechtlichen Gehörs (vgl. vorne E. 5.1.2). Damit müsste ihre Bewertung in der ZGB-Prüfung um 1.5 Noten erhöht werden - von 4.5 auf 6.0 -, damit sie die schriftliche Prüfung bestanden hätte. Auch wenn sie für ihre Ausführungen zum Sachverhalt Punkte erhalten würde und sie wegen des (angeblichen) Fehlens von Beweisofferten keinen Abzug erhalten hätte, würde sie nicht mal ansatzweise auf 38 Punkte kommen, die für die Note 6.0 notwendig wären, selbst unter Berücksichtigung, dass ihr die Vorinstanz zusätzliche Punkte zugestanden hat (vgl. E. II./9 des angefochtenen Urteils). Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, auf die Rügen der Beschwerdeführerin betreffend die ZGB-Prüfung (vgl. S. 55 ff. sowie S. 64 ff. der Beschwerde) näher einzugehen.
36
 
8.
 
Schliesslich wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Kostenhöhe und -verteilung im angefochtenen Entscheid (vgl. S. 59 ff. der Beschwerde).
37
8.1. Unbegründet ist der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe eine Gehörsverletzung begangen, weil es die Höhe der Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- nicht näher begründet habe (zur behördlichen Begründungspflicht siehe auch vorne E. 5.2.1). Denn nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist ein Gericht nicht verpflichtet, die Höhe der Gerichtsgebühr zu begründen, wenn sie sich im anwendbaren Gebührenrahmen bewegt und keine besonderen Umstände vorliegen (Urteil 1C_50/2016 vom 12. Mai 2016 E. 2.2). Die von der Vorinstanz festgesetzte Staatsgebühr stützt sich auf § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 lit. c des Dekrets über die Verfahrenskosten (des Kantons Aargau) vom 24. November 1987 (VKD/AG; SAR 221.150) ab, das für Verfahren vor Verwaltungsgericht einen Gebührenrahmen von Fr. 500.-- bis Fr. 30'000.-- vorsieht. Mit der Staatsgebühr von Fr. 3'000.-- ist die Vorinstanz innerhalb dieses Rahmens geblieben. Insoweit war sie nicht verpflichtet, die Gebührenhöhe näher zu begründen. Eine Gehörsverletzung liegt offensichtlich nicht vor.
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8.2. Was die Gebührenhöhe betrifft, so ist die Vorinstanz trotz der umfangreichen Verwaltungsgerichtsbeschwerde von über 50 Seiten und dem Urteil von 30 Seiten mit der Staatsgebühr eher am unteren Rand des Gebührenrahmens geblieben. In Bezug auf die Verlegung der Gerichtskosten hat es der festgestellten Gehörsverletzung durch die Anwaltskommission dadurch Rechnung getragen, dass es der Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten trotz ihres Unterliegens in der Sache im Umfang von lediglich 3/4 auferlegt hat. Damit hat sich die Vorinstanz in ihrem weiten Ermessen bewegt, das ihr bezüglich Festsetzung der Höhe der Staatsgebühr und Berücksichtigung einer vorinstanzlichen Gehörsverletzung bei der Kostenverlegung zukommt (vgl. auch Urteil 1C_255/2017 vom 24. Oktober 2017 E. 7.3). Eine willkürliche Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts liegt nicht vor.
39
 
9.
 
Zusammenfassend dringt die Beschwerdeführerin mit keiner Rüge durch. Ihre Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
40
 
10.
 
Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Erhebung von Kosten liegen nicht vor.
41
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. Mai 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Businger
 
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