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Informationen zum Dokument  BGer 2C_681/2019  Materielle Begründung
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BGer 2C_681/2019 vom 30.04.2020
 
 
2C_681/2019
 
 
Urteil vom 30. April 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Zünd, Bundesrichterin Aubry Girardin, Bundesrichterin Hänni, Bundesrichter Beusch,
 
Gerichtsschreiber Nabold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsrat des Kantons Freiburg,
 
Grosser Rat des Kantons Freiburg.
 
Gegenstand
 
Dekret vom 13. Dezember 2018 über die finanziellen Übergangsbeiträge des Staates für die Gemeinden sowie die Pfarreien und Kirchgemeinden für die Umsetzung der Steuerreform,
 
Beschwerde gegen das Dekret vom 16. Juli 2019 (ASF 2018_125, Artikel 1-4, 6, 8).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der Grosse Rat des Kantons Freiburg beschloss am 13. Dezember 2018 das Dekret über die finanziellen Übergangsbeiträge des Staates für die Gemeinden sowie die Pfarreien und Kirchgemeinden für die Umsetzung der Steuerreform (nachstehend: das Dekret). Die Stimmbevölkerung des Kantons Freiburg stimmte diesem Dekret - zusammen mit dem Gesetz vom 13. Dezember 2018 über die Umsetzung der Steuerreform - in der Abstimmung vom 30. Juni 2019 zu. Gemäss Art. 1 des Dekretes leistet der Staat als Übergangsausgleich zur Abfederung der Auswirkung der Umsetzung der Steuerreform einmalige finanzielle Beiträge an die Gemeinden sowie die Pfarreien und Kirchgemeinden des Kantons; die Modalitäten und Beträge dieses Übergangsausgleichs werden in den weiteren Artikeln näher geregelt.
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B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. Juli 2019 beantragt A.________, das Dekret sei insoweit aufzuheben, als darin auch Beiträge an Pfarreien und Kirchgemeinden vorgesehen sind.
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Während der Grosse Rat des Kantons Freiburg in seiner Vernehmlassung vom 13. September 2019 auf Abweisung der Beschwerde schliesst, hält A.________ in seinem Schreiben vom 5. November 2019 an seinem Antrag fest.
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Erwägungen:
 
1. Kantonale Erlasse können unmittelbar beim Bundesgericht angefochten werden, sofern - wie dies hier der Fall ist - kein kantonales Rechtsmittel zur Verfügung steht (Art. 82 lit. b und Art. 87 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht entscheidet über Beschwerden gegen referendumspflichtige kantonale Erlasse grundsätzlich in Fünferbesetzung (vgl. Art. 20 Abs. 3 BGG).
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2. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen). Dies ändert freilich nichts daran, dass der Beschwerdeführer nach Art. 42 Abs. 1 BGG gehalten ist, die Erfüllung der Eintretensvoraussetzungen darzutun, wenn diese nicht offensichtlich gegeben sind (vgl. BGE 141 IV 289 E. 1.3 S. 292 und Urteil 8C_551/2019 vom 10. Januar 2020 E. 1 mit weiteren Hinweisen).
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3. 
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3.1. Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (Urteil 8C_152/2019 vom 14. Januar 2020 E. 2.1, zur Publikation vorgesehen, vgl. ferner BGE 137 I 77 E. 1.4 S. 81; 136 I 17 E. 2.1 S. 21; 133 I 206 E. 2.1 und 2.3 S. 210 f.).
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3.2. Akte über die Verwendung der staatlichen Mittel greifen grundsätzlich nicht in die Rechtsstellung der Bürger bzw. der Steuerpflichtigen ein, auch wenn sie sich mittelbar auf die Höhe der Abgabelast auswirken können (BGE 145 I 121 E. 1.5.3.2; 138 I 55 E. 1.2; 121 I 252 E. 1a S. 255; 119 la 214 E. 2b S. 217 f.). Eine Privatperson ist nicht schon deshalb legitimiert zur Anfechtung eines Ausgabenbeschlusses, weil sie mit dieser Ausgabe aus bestimmten Gründen nicht einverstanden ist (zur staatsrechtlichen Beschwerde Urteile P.1318/1987 vom 15. Februar 1988 E. 1d; 1P.596/1988 vom 29. November 1988 E. 1a; 1P.63/1997 vom 18. Juni 1997 E. 5b; 1P.126/1997 vom 17. Juli 1997 E. 3, RDAT 1998 I N. 1; zur Verfassungsbeschwerde nach BGG BGE 145 I 121 E. 1.5.3.2 S. 131, Urteil 2C_486/2016 vom 31. Mai 2016 E. 2.5; zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten Urteile 1C_123/2011 vom 7. Juli 2011 E. 3.1; 1C_360/2014 vom 2. September 2014 E. 2; 1C_164/2018 vom 10. Juli 2018 E. 1.3). Dies gilt auch in Bezug auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit: Rechtsprechungsgemäss schützt diese nicht religiöse Gefühle im Allgemeinen; wer sich nur darauf beruft, er fühle sich in seinem Religionsgefühl verletzt dadurch, dass der Staat bestimmten religiösen Gemeinschaften gewisse Vorteile gewährt, ist deswegen nicht zur Beschwerde berechtigt (BGE 145 I 121 E. 1.5.3.3 S. 131; 116 Ia 316 E. 1c). Der Umstand, dass der Staat seine Mittel für Zwecke verwendet, mit denen einzelne Bürger aus religiösen Gründen nicht einverstanden sind, ist grundsätzlich nicht geeignet, deren Glaubens- und Gewissensfreiheit zu verletzen (BGE 145 I 121 E. 1.5.3 S. 130 ff. mit zahlreichen weiteren Hinweisen, BGE 138 I 55 E. 3.1). Von diesen Grundsätzen weicht das Bundesgericht nur in besonders gelagerten Einzelfällen ab: So hat das Bundesgericht in einer besonderen Konstellation zwei religiösen Vereinigungen die Beschwerdelegitimation zugesprochen gegen einen Finanzbeschluss, mit welchem der Staat einem privaten Verein, der mit den beschwerdeführenden Vereinen in einer ideellen Auseinandersetzung stand, eine staatliche Unterstützung gewährte (BGE 118 Ia 46 E. 3b). Demgegenüber verneinte das Bundesgericht eine Legitimation des Generalvikars der Diozöse Chur der römisch-katholischen Kirche zu einer Verfassungsbeschwerde gegen einen Ausgabebeschluss der katholischen Landeskriche von Graubünden (BGE 145 I 121 E. 1.5.3.4 S. 131 f.); die Legitimation der römisch-katholischen Kirche, Diozöse Chur, liess es im gleichen Entscheid offen, da die Beschwerde abzuweisen war (BGE 145 I 121 E. 1.5.3.5 S. 132).
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3.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei im Kanton Freiburg wohnhaft, steuerpflichtig und überzeugter Atheist. Es verstosse gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15 BV), wenn der Staat mit allgemeinen Steuergeldern Glaubensgemeinschaften unterstütze, welche er ablehne. Nach der dargelegten Rechtsprechung genügen diese Vorbringen nicht, um eine Legitimation des Beschwerdeführers zu begründen: Da die Glaubensfreiheit nicht verletzt wird dadurch, dass der Staat Geld für kirchliche Zwecke ausgibt (vgl. E.3.2 hievor), kann der Beschwerdeführer durch das angefochtene Dekret auch virtuell nicht in seiner Glaubensfreiheit beeinträchtigt sein. Ein besonders gelagerter Spezialfall wird weder vom Beschwerdeführer geltend gemacht, noch ist ein solcher offensichtlich gegeben. Ist der Beschwerdeführer somit nicht zur Beschwerde legitimiert, ist auf diese nicht einzutreten.
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4. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Kanton Freiburg, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Staatsrat des Kantons Freiburg und dem Grossen Rat des Kantons Freiburg schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 30. April 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold
 
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