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Informationen zum Dokument  BGer 5D_56/2020  Materielle Begründung
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BGer 5D_56/2020 vom 19.03.2020
 
 
5D_56/2020
 
 
Urteil vom 19. März 2020
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Katholischer Konfessionsteil Kanton St. Gallen,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Bauer,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Vorsorgliche Massnahmen (Besitzesschutz und Eigentumsfreiheit),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 4. Februar 2020 (BS.2019.11-EZZ1, ZV.2019.188-EZZ1, ZV.2020.8-EZZ1).
 
 
Sachverhalt:
 
A.________ hat es sich zur Gewohnheit gemacht, während der Gottesdienste in der Kathedrale St. Gallen plötzlich aufzustehen, langsam und demonstrativ im Mittelgang der Kirche Richtung Altar zu schreiten und den weiteren Ablauf des Gottesdienstes entweder im Mittelgang der Kirche oder im Altarraum zu verfolgen.
1
In Gutheissung eines entsprechenden Gesuches der rubrizierten Beschwerdegegnerin verbot das Kreisgericht St. Gallen mit vorsorglicher Massnahme vom 19. September 2019 A.________ unter Androhung der Ungehorsamsstrafe, sich während der Dauer von Gottesdiensten sowie anderen religiösen Feiern in der Kathedrale St. Gallen (Liegenschaft Nr. 4305, Klosterhof) - vorbehältlich des regulären Gangs zur Kommunion - im Altarraum (Raum zwischen dem Chorgitter und der vordersten Sitzreihe links und rechts) sowie im Mittelgang der Kathedrale aufzuhalten, dies bis auf anderslautende Anordnung in der Hauptsache und längstens bis zum Abschluss des Prozesses in der Hauptsache.
2
Die hiergegen erhobene Berufung von A.________ wies das Kantonsgericht St. Gallen mit Entscheid vom 4. Februar 2020 ab.
3
Dagegen wendet sich A.________ mit Eingabe vom 13. März 2020 an das Bundesgericht. Ferner verlangt er unentgeltliche Rechtspflege.
4
 
Erwägungen:
 
1. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf Besitzes- und Eigentumsrecht, insbesondere auf Art. 928 ZGB. Es handelt sich mithin um eine vermögensrechtliche Zivilsache, wobei der Streitwert Fr. 10'000.-- beträgt; damit ist der für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Mindeststreitwert nicht erreicht und steht einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (Art. 72 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 113 BGG).
5
2. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (Art. 116 BGG). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheides klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen, während auf appellatorische Ausführungen nicht eingetreten werden kann (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234; 142 III 364 E. 2.4 S. 368).
6
3. Das Kantonsgericht bejahte den Verfügungsanspruch der Beschwerdegegnerin, welche als öffentlich-rechtliche Körperschaft Eigentümerin und selbständige Besitzerin der Kathedrale ist, indem der Beschwerdeführer sie in der Ausübung des Besitzes störe. Er wolle mit seinem Protest die Kirche zum Dialog wegen angeblicher Misstände zwingen, wobei er sich dabei unerlaubter Mittel bediene; selbst wenn die Vorhalte des Beschwerdeführers zuträfen, würde kein die Besitzesstörung rechtfertigender Notstand im Sinn von Art. 52 Abs. 2 OR oder Art. 701 ZGB bestehen. Sodann bejahte das Kantonsgericht auch den Verfügungsgrund; der Nachteil ergebe sich bereits daraus, dass sich die Beeinträchtigung im Nachhinein nicht rückgängig machen lasse. Ferner bejahte es auch die Dringlichkeit.
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4. Die Beschwerde besteht grösstenteils in appellatorischen Ausführungen zu angeblichen Misständen in der Kirche, namentlich auch in personeller Hinsicht, wobei über weite Strecken nur schwer nachvollziehbar ist, worin sie genau bestehen sollen, und ferner zu früherem und aktuellem Verhalten der Kirche ihm gegenüber.
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An verfassungsmässigen Rechten wird Art. 6 EMRK (S. 4, 6 und 13) sowie Art. 13 EMRK (S. 8) erwähnt; allerdings lässt sich aus den Ausführungen nicht erschliessen, worin die Verletzung bestehen soll.
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Einigermassen nachvollziehbar im Zusammenhang mit verfassungsmässigen Rechten sind einzig die Ausführungen zu einer angeblichen Verletzung von Art. 10 EMRK, indem der Beschwerdegegnerin unterstellt wird, seine Kritik in verborgener Weise bzw. in Andeutungen zu diskreditieren, indem sie wegschaue und es an Dialogbereitschaft vermissen lasse. Letztlich möchte der Beschwerdeführer damit sinngemäss die Meinungsäusserungsfreiheit als Rechtfertigungsgrund für die Besitzesstörung - dass eine solche vorliegt, stellt der Beschwerdeführer nicht in Frage und ist deshalb auch nicht näher zu erörtern - anführen. Dazu müsste er sich aber mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheides, welche einen rechtfertigenden Notstand verneinen, im Einzelnen auseinandersetzen. Im Übrigen hat sich auch die Ausübung von Grundrechten im Rahmen der Rechtsordnung abzuspielen; die Grundrechtsausübung macht Zivilrechtsverletzungen nicht per se zulässig (vgl. z.B. BGE 120 II 225 E. 3b 227 betreffend persönlichkeitsverletzende Meinungsäusserung).
10
5. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als offensichtlich nicht hinreichend begründet, weshalb auf sie nicht eingetreten werden kann und der Präsident im vereinfachten Verfahren entscheidet (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).
11
6. Angesichts der konkreten Umstände wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 BGG). Damit ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
12
 
Demnach erkennt der Präsident:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. März 2020
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Herrmann
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Der Gerichtsschreiber: Möckli
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