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Informationen zum Dokument  BGer 5A_1027/2019  Materielle Begründung
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BGer 5A_1027/2019 vom 31.01.2020
 
 
5A_1027/2019
 
 
Urteil vom 31. Januar 2020
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland.
 
Gegenstand
 
Existenzminimumsberechnung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 3. Dezember 2019 (ABS 19 299, ABS 19 372, ABS 18 441).
 
 
Erwägungen:
 
1. Am 21. Dezember 2019 erhob die Beschwerdeführerin beim Obergericht des Kantons Bern Beschwerde gegen eine revidierte Existenzminimumsberechnung vom 17. Dezember 2018. Mit Entscheid vom 17. Januar 2019 hiess das Obergericht die Beschwerde teilweise gut und wies sie im Übrigen ab (Verfahren ABS 18 441).
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Gegen diesen Entscheid erhob die Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Nellen, am 8. Februar 2019 Beschwerde beim Bundesgericht. Mit Urteil 5A_120/2019 vom 21. August 2019 hiess das Bundesgericht die Beschwerde wegen Verletzung des Replikrechts gut und wies die Sache an das Obergericht zurück.
2
Das Obergericht führte daraufhin das Verfahren unter dem Aktenzeichen ABS 19 299 fort. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin nahm Einsicht in die Akten und erstattete am 1. November 2019 die Replik. Zugleich ersuchte er für die Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung (Verfahren ABS 19 372). Mit Entscheid vom 3. Dezember 2019 wies das Obergericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Für das Beschwerdeverfahren gewährte es der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung von Rechtsanwalt Nellen.
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Am 17. Dezember 2019 (Postaufgabe) hat die Beschwerdeführerin, nunmehr wieder ohne anwaltliche Vertretung, Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Mit Verfügung vom 18. Dezember 2019 hat das Bundesgericht das Gesuch um Erstreckung der Beschwerdefrist abgewiesen. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt. Mit Verfügung vom 18. Dezember 2019 und mit Schreiben vom 6. Januar 2020 hat das Bundesgericht die Beschwerdeführerin im Hinblick auf das von ihr gestellte Akteneinsichtsgesuch über den Inhalt dieses Rechts und die Umstände seiner Ausübung orientiert. Sie hat auf diese Mitteilungen hin nicht reagiert.
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2. Die Beschwerdeführerin ersucht um Bestellung eines Rechtsvertreters bzw. eines Rechtsbeistands. Bereits mit der Verfügung vom 18. Dezember 2019 ist ihr mitgeteilt worden, dass das Bundesgericht keine Rechtsanwälte vermittelt und es an ihr liegt, einen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin mit der Interessenwahrung zu betrauen. Die Beschwerdeführerin leidet unbestrittenermassen an einer starken Sehbehinderung. In ihrer Beschwerde beruft sie sich auf weitere gesundheitliche Probleme. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin aufgrund dieser Umstände nicht zur Prozessführung imstande wäre, zumal sie dem Bundesgericht eine mehrseitige Beschwerde mit zahlreichen Anträgen einreichen konnte. Es besteht demnach kein Anlass, sie zum Beizug eines Vertreters aufzufordern oder ihr einen zu bestellen (Art. 41 Abs. 1 BGG).
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3. Der Entscheid des Obergerichts vom 3. Dezember 2019 ist dem damaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 5. Dezember 2019 zugestellt worden. Die zehntägige Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG) begann demnach am 6. Dezember 2019 zu laufen und endete - nach der Verlängerung über das Wochenende (Art. 45 Abs. 1 BGG) - am Montag, 16. Dezember 2019. Die auf den 16. Dezember 2019 datierte, jedoch erst am 17. Dezember 2019 der Post übergebene Beschwerde ist damit verspätet (Art. 48 Abs. 1 BGG). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt es nicht darauf an, wann sie persönlich den Entscheid erhalten hat, was nach ihren Angaben am 13. Dezember 2019 der Fall gewesen sein soll. Vielmehr ist die Zustellung an ihren damaligen Rechtsvertreter fristauslösend.
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Soweit das Fristerstreckungsgesuch als sinngemässes Gesuch um Fristwiederherstellung (Art. 50 Abs. 1 BGG) entgegenzunehmen ist, kann diesem kein Erfolg beschieden sein: Voraussetzung für eine Fristwiederherstellung ist, dass die Partei unverschuldeterweise davon abgehalten worden ist, fristgerecht zu handeln. Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihr sei es noch nicht möglich gewesen, eine vollständige Beschwerde zu verfassen. Als Laie, Hilfsbedürftige und erkrankte Sehbehinderte sei sie benachteiligt. Die Sehbehinderung und allfällige weitere Gebrechen bestehen jedoch seit längerem. Die Beschwerdeführerin hätte sich demnach rechtzeitig so organisieren müssen, dass sie allfällige Rechtsmittelfristen wahren kann. Dass sie dazu in der Lage ist, zeigt der Umstand, dass sie sich für das Verfahren 5A_120/2019 rechtzeitig anwaltliche Hilfe organisieren konnte. Das sinngemässe Fristwiederherstellungsgesuch ist demnach abzuweisen.
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Gemäss ihren Anträgen verlangt die Beschwerdeführerin nicht bloss die Aufhebung des Entscheids vom 3. Dezember 2019, sondern auch der "anderen Entscheide". Um welche Entscheide es sich handelt, erläutert sie nicht. Es dürfte sich um Entscheide handeln, die demjenigen vom 3. Dezember 2019 vorausgegangen sind. Dass sie im Hinblick auf andere anfechtbare Entscheide als denjenigen vom 3. Dezember 2019 die Beschwerdefrist gewahrt hätte, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht.
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Für die Entgegennahme von Strafanzeigen ist das Bundesgericht schliesslich nicht zuständig.
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Die Beschwerde ist demnach offensichtlich unzulässig. Auf sie ist im vereinfachten Verfahren durch das präsidierende Mitglied der Abteilung nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).
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4. Aufgrund der konkreten Umstände rechtfertigt es sich, ausnahmsweise auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird insoweit gegenstandslos. Soweit das Gesuch der Beschwerdeführerin auf Bestellung eines Rechtsvertreters so zu verstehen ist, dass die Verbeiständung unentgeltlich sein soll, ist das Gesuch abzuweisen, da sie ohne Rechtsvertreter Beschwerde erhoben hat und auf die Bestellung eines Rechtsvertreters zu verzichten ist (oben E. 2).
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Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
 
1. Das Gesuch auf Bestellung eines Rechtsvertreters wird abgewiesen.
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2. Das sinngemässe Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
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3. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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4. Das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen, soweit es nicht als gegenstandslos abzuschreiben ist.
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5. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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6. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 31. Januar 2020
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Escher
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Der Gerichtsschreiber: Zingg
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