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Informationen zum Dokument  BGer 2C_699/2019  Materielle Begründung
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BGer 2C_699/2019 vom 10.01.2020
 
 
2C_699/2019
 
 
Urteil vom 10. Januar 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Donzallaz,
 
Bundesrichterin Hänni,
 
Gerichtsschreiber Hahn.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch BUCOFRAS, Juristische Beratung für Ausländer, Herr Alfred Ngoyi Wa Mwanza,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Zürich,
 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich,
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich.
 
Gegenstand
 
Niederlassungsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 10. Juni 2019 (VB.2019.00233).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Der jamaikanische Staatsangehörige A.________ (geb. 1972) reiste im Januar 2006 in die Schweiz ein, wo ihm nach der Heirat mit einer Schweizerin im Rahmen des Familiennachzugs zunächst eine wiederholt verlängerte Aufenthaltsbewilligung und im April 2011 die Niederlassungsbewilligung für den Kanton Zürich erteilt wurde. Die Ehe, aus welcher im Jahr 2008 ein Sohn hervorgegangen war, wurde am 8. Dezember 2014 geschieden. Da A.________s Verhalten wiederholt zu Klagen Anlass gegeben hatte und er im April 2017 zu einer Freiheitsstrafe von 17 Monaten wegen Verbrechens im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes verurteilt worden war, widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich mit Verfügung vom 10. Juli 2018 seine Niederlassungsbewilligung und setzte ihm zum Verlassen der Schweiz eine Frist bis 10. Oktober 2018. Die am 11. Juli 2018 eingeschrieben versandte Verfügung wurde nach unbenutztem Ablauf der siebentägigen Abholfrist mit dem Vermerk "nicht abgeholt" an den Absender retourniert.
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B.
 
Am 14. Januar 2019 ersuchte A.________ die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich um Wiederherstellung der bzw. Ansetzung einer neuen Rekursfrist. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich wies das Gesuch mit Entscheid vom 5. März 2019 ab. Die hiergegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 10. Juni 2019 ab.
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C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. August 2019 beantragt A.________ die Aufhebung des Urteils der Vorinstanz. Dem Beschwerdeführer sei die Wiederherstellung der Rekursfrist gegen den Entscheid des Migrationsamts des Kantons Zürich vom 10. Juli 2018 zu gewähren und es sei die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich dazu anzuhalten, ihm eine angemessene Frist zur Einreichung des Rekurses anzusetzen. Es sei zudem festzustellen, dass die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz nicht zumutbar sei und es seien die Beschwerdegegner dazu anzuhalten, von einer Wegweisung abzusehen. Ausserdem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
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Mit Präsidialverfügung vom 20. August 2019 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt.
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Der Abteilungspräsident zog als Instruktionsrichter die kantonalen Akten bei und lud die Vorinstanzen sowie das Staatssekretariat für Migration zur Vernehmlassung ein. Die Vorinstanz, die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich sowie das Staatssekretariat für Migration haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid auf dem Gebiet des Ausländerrechts, welcher grundsätzlich der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 90 BGG). Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde unzulässig gegen Entscheide betreffend ausländerrechtliche Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Vorliegend beantragt der Beschwerdeführer die Wiederherstellung der Rekursfrist gegen den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung durch das kantonale Migrationsamt. Es geht somit nicht um die Erteilung, sondern in der Sache im Ergebnis um den Widerruf einer laufenden Niederlassungsbewilligung. In dieser Ausgangslage ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Urteile 2C_292/2019 vom 8. April 2019 E. 2; 2C_96/2012 vom 18. September 2012 E. 1.1).
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Erwägung 2
 
2.1. Im Rahmen seiner Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer erstmals die Feststellung, dass ihm die Wegweisung aus der Schweiz aufgrund seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung nicht zumutbar sei. Der Beschwerdeführer macht somit Wegweisungsvollzugshindernisse im Sinne von Art. 83 Abs. 3 AIG (SR 142.20; bis zum 31. Dezember 2018: AuG) geltend. Hiergegen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Gegen Entscheide betreffend die Modalitäten der Wegweisung ist lediglich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) möglich, sofern sich die beschwerdeführende Person auf besondere verfassungsmässige Rechte beruft, die ihr unmittelbar ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 115 lit. b BGG verschaffen (BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310; Urteil 2C_868/2016 vom 23. Juni 2017 E. 3.1).
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2.2. Der Beschwerdeführer macht vorliegend geltend, seine Wegweisung aus der Schweiz verletze aufgrund seiner HIV- und Nierenerkrankung sein verfassungs- wie auch völkerrechtlich geschütztes Recht auf Leben (Art. 10 Abs. 1 BV; Art. 2 EMRK), weshalb das Vorliegen eines Vollzugshindernisses hinreichend belegt sei. Er verweist diesbezüglich zusätzlich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach Vollzugshindernisse gegenüber jeder wegweisenden Behörde vorgebracht werden können (BGE 137 II 305 E. 3.2 S. 309).
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2.3. Der Beschwerdeführer verkennt bei seinen Vorbringungen, dass es vorliegend einzig um die Beurteilung seines Fristwiederherstellungsgesuchs geht. Vor diesem Hintergrund kommt dem Bundesgericht im vorliegenden Verfahren keine Wegweisungskompetenz zu, da weder die Wegweisung noch der Widerruf der Niederlassungsbewilliung des Beschwerdeführers Thema des vorliegenden Verfahrens sind. Wie sich noch zeigen wird, hat die Vorinstanz das Gesuch um Wiederherstellung der Rekursfrist gegen die Verfügung des kantonalen Migrationsamtes vom 10. Juli 2018 zu Recht abgewiesen (hinten E. 5.1 ff.). Mithin liegt bereits ein rechtskräftiger Wegweisungsentscheid gegen den Beschwerdeführer vor. Vor diesem Hintergrund ist es dem Bundesgericht verwehrt, nachträglich als erste und einzige Behörde über mögliche Vollzugshindernisse im Sinne von Art. 83 Abs. 3 AIG zu entscheiden.
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2.4. Im Ergebnis liegt somit in Bezug auf die Geltendmachung von Wegweisungsvollzugshindernissen im hier zu beurteilenden Fall kein prozessrechtlicher Ausnahmefall vor, was dazu führt, dass der Streitgegenstand vor Bundesgericht, verglichen mit dem vorinstanzlichen Verfahren, zwar eingeschränkt (minus), nicht aber ausgeweitet (plus) oder geändert (aliud) werden kann (Art. 117 i.V.m. Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.1 S. 22). Sofern der Beschwerdeführer deshalb aufgrund seines, im Vergleich zum Zeitpunkt des kantonalen Wegweisungsentscheids, verschlechterten Gesundheitszustands Vollzugshindernisse geltend machen will, hat er diese möglichen Wiedererwägungsgründe zunächst vor dem kantonalen Migrationsamt vorzubringen. Auf das Rechtsbegehren betreffend die Feststellung von Vollzugshindernissen im Sinne von Art. 83 Abs. 3 AIG kann somit auch nicht im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde eingetreten werden.
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Erwägung 3
 
3.1. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 145 IV 228 E. 2.1 S. 231). In Bezug auf die verfassungsmässigen Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 145 II 32 E. 5.1 S. 41). Diese qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit nach Art. 106 Abs. 2 BGG verlangt, dass in der Beschwerde klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids dargelegt wird, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (vgl. BGE 143 I 1 E. 1.4 S. 5; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Der Eingriff in kantonales oder kommunales Recht bildet indessen nur insofern einen eigenständigen Beschwerdegrund, als die Verletzung kantonaler verfassungsmässiger Rechte (Art. 95 lit. c BGG) oder kantonaler Bestimmungen zum Stimm- und Wahlrecht (Art. 95 lit. d BGG) geltend gemacht wird. Abgesehen davon kann das Bundesgericht die Handhabung von kantonalem und kommunalem Verfassungs-, Gesetzes- und Verordnungsrecht nicht als solches prüfen, sondern lediglich daraufhin, ob dadurch Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht verletzt wird (Art. 95 lit. a, b und c BGG; BGE 142 V 94 E. 2 S. 236; 141 I 36 E. 5.4 S. 43). Im Zentrum steht dabei die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV; BGE 142 V 513 E. 4.2 S. 516).
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3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen können von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 227 E. 5.1 S. 232). "Offensichtlich unrichtig" ist mit "willkürlich" gleichzusetzen (BGE 144 IV 35 E. 2.3.3 S. 42 f.).
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3.3. Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung. Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich im Sinne von Art. 9 BV, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 f.; Urteil 2C_310/2014 vom 25. November 2014 E. 2). Dass der vom Gericht festgestellte Sachverhalt nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Person übereinstimmt, begründet für sich allein hingegen noch keine Willkür (BGE 144 III 264 E. 6.2.3 S. 273 mit Hinweisen). Die Anfechtung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen unterliegt zudem der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit; auf rein appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz geht das Gericht nicht ein (BGE 144 V 50 E. 4.1 S. 52 f.; 140 III 264 E. 2.3 S. 266; vorne E. 1.6). Wird die Beschwerde diesen Anforderungen nicht gerecht, bleibt es beim vorinstanzlichen Sachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).
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Erwägung 4
 
4.1. Der Beschwerdeführer bestreitet die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die damit verbundene Sachverhaltsfeststellung. Er beanstandet, die Vorinstanz sei gestützt auf das Schreiben seines Arbeitgebers vom 6. Februar 2019 aktenwidrig und somit willkürlich (Art. 9 BV) davon ausgegangen, dass er nach dem Tod seiner Mutter in der Zeitspanne von Juni - Juli 2018 weiterhin seiner gewohnten Arbeit nachgegangen sei.
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4.2. Dem angefochtenen Entscheid kann entnommen werden, dass die Vorinstanz in Würdigung des Inhalts des vorgenannten Schreibens des Arbeitgebers feststellt, dass der Beschwerdeführer scheinbar auch im unmittelbaren Zeitraum nach dem Tod seiner Mutter gearbeitet habe. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers unterstellt die Vorinstanz dem Vorgesetzten somit nicht in aktenwidriger Weise, er habe bestätigt, dass der Beschwerdeführer im hier interessierenden Zeitraum des postalischen Zustellungsversuchs zweifelsfrei gearbeitet habe. Sie folgert aber aus dem genannten Schreiben, dass der Vorgesetzte dem Beschwerdeführer lediglich eine schlechte mentale Verfassung attestiere, ihm aber keine direkte Arbeitsabwesenheit bestätige (E. 5.3 des angefochtenen Entscheids).
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4.3. Diese vorinstanzliche Beweiswürdigung ist verfassungsrechtlich haltbar (Art. 9 BV), zumal der Beschwerdeführer nur rügt, dass die Vorinstanz aktenwidrig davon ausgegangen sei, er sei nach dem Tod seiner Mutter zweifelsfrei weiterhin seiner gewohnten Arbeit nachgegangen. Davon geht die Vorinstanz nach dem Dargelegten aber gerade nicht aus. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich somit als unbegründet.
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Erwägung 5
 
5.1. Streitgegenstand des bundesgerichtliche Verfahrens ist einzig das Gesuch des Beschwerdeführers um Wiederherstellung der versäumten Rekursfrist gegen die Verfügung des kantonalen Migrationsamts vom 10. Juli 2018. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie habe § 12 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 des Kantons Zürich (nachfolgend: VRG/ZH; LS 175.2) willkürlich (Art. 9 BV) angewandt, indem sie ihm, trotz seiner starken psychischen Beeinträchtigung im Zeitraum des Zustellungsversuchs der vorgenannten Verfügung und der damit verbundenen Unmöglichkeit der Leerung seines Briefkastens, ein grob nachlässiges Verhalten vorwerfe und deswegen das Fristwiederherstellungsgesuch abgelehnt habe.
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5.2. § 12 Abs. 2 VRG/ZH besagt, dass eine versäumte Frist wiederhergestellt werden kann, wenn dem Säumigen keine grobe Nachlässigkeit zur Last fällt und er innert zehn Tagen nach Wegfall des Grundes, der die Einhaltung der Frist verhindert hat, ein Gesuch um Wiederherstellung einreicht. Bei § 12 Abs. 2 VRG/ZH handelt es sich um eine kantonale Gesetzesbestimmung, weshalb das Bundesgericht deren Handhabung nur auf ihre Verfassungskonformität hin überprüfen kann (vorne E. 3.1).
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Erwägung 5.3
 
5.3.1. Hinsichtlich die Beurteilung des Fristwiederherstellungsgesuchs führt die Vorinstanz zunächst aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund der letzten fremdenpolizeilichen Befragung am 19. Januar 2018, anlässlich welcher ihm gemäss der für das Bundesgericht verbindlichen Feststellung der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 3.2) mitgeteilt wurde, dass das kantonale Migrationsamt beabsichtige, seine Niederlassungsbewilligung zu widerrufen, mit der Zustellung von weiteren Verfahrensakten durch das kantonale Migrationsamt habe rechnen müssen. In einer solchen Situation hätte der Beschwerdeführer nach Ansicht der Vorinstanz zumindest eine Drittperson mit der Leerung seines Briefkastens beauftragen müssen, wenn er aufgrund der behaupteten psychischen Beeinträchtigung selber nicht in der Lage gewesen sein will, sich selber um seine Post zu kümmern. Alternativ hätte er auch das kantonale Migrationsamt darüber informieren können, dass er krankheitsbedingt vorübergehend nicht in der Lage sei, seine Post entgegenzunehmen. Bereits das Unterlassen solcher Vorkehrungen stelle gemäss ständiger vorinstanzlicher Rechtsprechung eine grobe Nachlässigkeit im Sinne von Art. 12 Abs. 2 VRG/ZH dar (E. 4.2 des angefochtenen Entscheids).
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5.3.2. Nach Ansicht der Vorinstanz komme im Fall des Beschwerdeführers erschwerend hinzu, dass nicht rechtsgenüglich nachgewiesen sei, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung nicht möglich bzw. zumutbar gewesen sei, überhaupt jemanden mit der Leerung des Briefkastens zu beauftragen. Einerseits seien die gesundheitlichen Probleme durch kein Arztzeugnis belegt. Andererseits könne den vorgelegten Beweismitteln entnommen werden, dass es dem Beschwerdeführer trotz behaupteter schwerer psychischer Beeinträchtigung möglich war, seine Ex-Ehefrau zu informieren, dass er für eine gewisse Zeit bei Freunden wohnen werde (E. 5.3 des angefochtenen Entscheids). Im Weiteren sei auch nicht erstellt, dass die behauptete psychische Beeinträchtigung zu einer zwischenzeitlichen Arbeitsabwesenheit geführt habe (vorne E. 4.3).
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5.3.3. Unter umfassender Würdigung sämtlicher Beweismittel und Sachverhaltselemente gelangt die Vorinstanz deshalb zum Schluss, dass es dem Beschwerdeführer trotz der behaupteten psychischen Beeinträchtigung zumutbar gewesen wäre, zumindest einen Stellvertreter mit der Leerung seines Briefkastens zu beauftragen oder aber das Migrationsamt über seine krankheitsbedingte Abwesenheit zu informieren. Dies insbesondere deshalb, weil er mit der Zustellung von Verfahrensakten seitens des kantonalen Migrationsamts habe rechnen müssen. Indem er dies unterlassen habe, habe er sich grob nachlässig im Sinne von § 12 Abs. 2 VRG/ZH verhalten. Eine Wiederherstellung der Rekursfrist falle deshalb ausser Betracht.
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Erwägung 6
 
6.1. Der Beschwerdeführer vermag vor Bundesgericht nicht überzeugend darzulegen, inwiefern die Vorinstanz mit dieser Schlussfolgerung § 12 Abs. 2 VRG/ZH willkürlich (Art. 9 BV) angewandt haben soll.
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6.2. Zunächst ist festzuhalten, dass das Bundesgericht im Zusammenhang mit der Zustellung von prozessleitenden Schriftstücken in ständiger Rechtsprechung von einer Aufmerksamkeitsdauer von bis zu einem Jahr seit der letzten verfahrensrechtlichen Handlung der Behörde ausgeht (Urteile 2D_45/2019 vom 14. Oktober 2019 E. 2.2; 6B_110/2016 vom 27. Juli 2016 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 142 IV 286; YVES DONZALLAZ; La notification en droit interne suisse, Bern 2002, S. 501). Im Zeitraum dieser Aufmerksamkeitsdauer verlangt das Bundesgericht, dass eine sich in einem hängigen Verfahren befindende Person für den Fall ihrer längeren Ortsabwesenheit oder sonstigen Verhinderung alle ihr zumutbaren Vorkehrungen treffen muss, damit sie von allfälligen prozessleitenden Instruktionshandlungen seitens der involvierten Behörde Kenntnis erhält (BGE 141 II 429 E. 3.1 S. 431 f.; 139 IV 228 E 1.1 S. 230; 138 III 225 E. 3.1 S. 227). Vor diesem Hintergrund ist die Annahme der Vorinstanz nicht zu beanstanden, dass der Beschwerdeführer aufgrund der fremdenpolizeilichen Befragung am 19. Januar 2018 mit der Zustellung von weiteren Dokumenten seitens des Migrationsamtes rechnen musste und er deshalb hätte Vorkehrungen treffen müssen, damit ihm trotz gesundheitlicher Verhinderung sämtliche verfahrensleitenden Schriftstücke ordentlich zugestellt werden können (vorne E. 5.3.1).
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6.3. Wird weiter eine Krankheit als Hinderungsgrund für die Einhaltung einer Rechtsmittelfrist angerufen, muss die Beeinträchtigung praxisgemäss derart erheblich ausfallen, dass die sich in einem hängigen Gerichts- oder Verwaltungsverfahren befindliche Person durch die Krankheit geradezu davon abgehalten wird, innert Frist zu handeln oder eine Drittperson mit der notwendigen Vertretung zu betrauen (vgl. BGE 119 II 86 E. 2 S. 87; 112 V 255 E. 2a S. 255 f.; Urteil 2C_451/2016 vom 8. Juli 2016 E. 2.2.2). Der Nachweis der hinreichend schweren Krankheit unterliegt nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zwar keiner festen Beweisregel. Wird eine Erkrankung als Grund für die versäumte Frist angerufen, kommt in der Praxis einem zeitnah erstellten Arztzeugnis, dem zufolge das Fristversäumnis gar nicht oder höchstens leicht verschuldet ist, aber ausschlaggebende Bedeutung zu (Urteil 2C_451/2016 vom 8. Juli 2016 E. 2.2.2).
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6.4. Die Vorinstanz hat nach dem Gesagten, entgegen der Beanstandung des Beschwerdeführers, kein Bundesverfassungsrecht (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt, indem sie für den rechtsgenüglichen Nachweis des behaupteten schlechten psychischen Gesundheitszustands ein Arztzeugnis verlangt hat. Es ist in diesem Zusammenhang deshalb auch nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die weiteren Beweismittel des Beschwerdeführers, mit denen er seinen schlechte psychischen Gesundheitszustand zu belegen versucht (Schreiben von Arbeitgeber, Ex-Ehefrau und Bekannten), inhaltlich nur knapp würdigte. Eine Verletzung des Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) liegt deswegen nicht vor.
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6.5. Den vorstehenden Erwägungen folgend ist im Ergebnis festzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer weder im vorinstanzlichen noch im bundesgerichtlichen Verfahren gelingt, den Beweis dafür zu erbringen, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen war, die Verfügung der Migrationsamtes vom 10. Juli 2018 entgegenzunehmen oder aber zumindest eine Drittperson mit der Entgegennahme seiner Postsendungen zu beauftragen. Da er aufgrund der fremdenpolizeilichen Befragung am 19. Januar 2018 zudem mit der Zustellung der Verfügung des Migrationsamts vom 10. Juli 2018 rechnen musste, erweist sich die Annahme der Vorinstanz, dass sich der Beschwerdeführer grob nachlässig im Sinne von § 12 Abs. 2 VRG/ZH verhalten hat, indem er die Postsendung vom 11. Juli 2018 weder selber abholte noch jemand anderes damit beauftragte, nicht als willkürlich (Art. 9 BV). Die Vorinstanz hat somit kein Bundes (verfassungs) recht verletzt, indem sie das Fristwiederherstellungsgesuch des Beschwerdeführers gestützt auf § 12 Abs. 2 VRG/ZH abgewiesen hat.
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7. 
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7.1. Die Beschwerde ist nach dem Dargelegten als unbegründet abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
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7.2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer gemäss Art. 66 Abs. 1 BGG grundsätzlich kostenpflichtig; er hat indessen um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Dem Gesuch kann nicht entsprochen werden. Der Beschwerdeführer vermag dem einlässlich begründeten vorinstanzlichen Urteil nichts Substanzielles entgegenzusetzen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist daher infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG) und die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen
 
3. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 10. Januar 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn
 
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