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Informationen zum Dokument  BGer 6B_603/2019  Materielle Begründung
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BGer 6B_603/2019 vom 28.11.2019
 
 
6B_603/2019
 
 
Urteil vom 28. November 2019
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichterin Jametti,
 
Gerichtsschreiber Moses.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Krumm,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen,
 
2. B.________,
 
Beschwerdegegnerinnen.
 
Gegenstand
 
Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 StGB); Willkür, rechtliches Gehör; Beschleunigungsgebot,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 14. Dezember 2018 (ST.2017.145-SK3).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Das Kreisgericht Wil erklärte A.________ am 17. Mai 2017 der Vergewaltigung, der Veruntreuung, des Ungehorsams im Betreibungsverfahren, des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen sowie der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. Es bestrafte ihn mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten, einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 80.-- sowie einer Busse von Fr. 500.--. Gleichzeitig widerrief es den bedingten Vollzug von zwei früheren Geldstrafen. Dagegen erhoben A.________ Berufung und die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung.
1
B. Das Kantonsgericht St. Gallen bestätigte am 14. Dezember 2018 die erstinstanzlichen Schuldsprüche. Es bestrafte A.________ mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 26 Monaten, einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und einer Busse von Fr. 500.--. Ebenso widerrief es den bedingten Vollzug von zwei früheren Geldstrafen.
2
C. A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, er sei vom Vorwurf der Vergewaltigung freizusprechen und mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.-- zu bestrafen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für das Verfahren vor dem Bundesgericht sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes. Das Verfahren habe bislang über 4 Jahre gedauert. Es sei nicht zu legitimieren, dass das erstinstanzliche Verfahren rund zwei Jahre gedauert habe. Zudem sei das am 14. Dezember 2018 gefällte Berufungsurteil erst am 5. April 2019 zugestellt worden, womit die Frist zur Urteilsbegründung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO nicht unwesentlich überschritten worden sei.
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1.2. Nach Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist. Art. 6 Ziff. 1 EMRK vermittelt diesbezüglich keinen weitergehenden Schutz als Art. 29 Abs. 1 BV. Gemäss Art. 5 Abs. 1 StPO nehmen die Strafbehörden die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss. Das Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, ein Strafverfahren mit der gebotenen Beförderung zu behandeln, nachdem die beschuldigte Person darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Sie soll nicht länger als notwendig den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt sein. Die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer entzieht sich starren Regeln. Ob sich die Dauer als angemessen erweist, ist in jedem Einzelfall unter Würdigung aller konkreten Umstände zu prüfen (BGE 143 IV 373 E. 1.3.1 mit Hinweisen).
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Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, die Dauer des Verfahrens zu kritisieren, ohne im Einzelnen darzulegen, inwiefern dieses aufgrund der konkreten Umstände beförderlicher hätte behandelt werden können. Auf die Rüge ist mangels hinreichender Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht einzutreten. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 84 Abs. 4 StPO geltend macht, erweist sich diese als unbegründet. Bei den in Art. 84 Abs. 4 StPO geregelten Fristen handelt es sich um Ordnungsvorschriften, deren Missachtung nicht zwingend mit einer Verletzung des Beschleunigungsgebots einher geht (Urteil 6B_777/2017 vom 8. Februar 2018 E. 5.3 mit Hinweisen).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1). Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 141 IV 305 E. 1.2). Dem Grundsatz 
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2.2. Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, die Privatklägerin B.________ habe ein Motiv für eine Falschaussage und ihre Erklärungen zum Zeitpunkt ihrer "Flucht" aus der Wohnung sowie zu ihrem eigenen Drogenkonsum seien widersprüchlich. Sie instrumentalisiere die Strafbehörden, um sich seiner zu entledigen. Auch ihre Darstellung einer angeblichen Szene mit einem Messer würde über drei Einvernahmen hinweg variieren. So solle er sie - je nach Variante - aufgefordert haben, ihn zu erstechen, umzubringen oder ihm das Messer in die Brust zu stossen. Auch sei einmal von einem Mann die Rede, das nächste Mal von einem Menschen. Ausserdem habe sie erklärt, dass der Sex in C.________ hart gewesen sei. Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, es sei weltfremd, dass B.________ am Morgen nach der angeblichen Vergewaltigung mit ihm einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt haben soll. Hinzu komme, dass es B.________ mit dem Gesetz nicht so genau nehme. Sie konsumiere Drogen, schmuggle und führe auch sonst kein rechtschaffenes Leben, mit Ausnahme ihrer Tätigkeit als Sexarbeiterin.
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Der Beschwerdeführer stellt die Glaubhaftigkeit der Aussagen von B.________ in Frage, ohne dabei darzulegen, dass und inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung willkürlich sein soll. Seine Vorbringen erschöpfen sich damit in unzulässiger, appellatorischer Kritik, worauf nicht einzutreten ist.
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3. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, zumal die Beschwerde von vornherein aussichtslos war. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3. Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 28. November 2019
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Moses
 
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