VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_1292/2019  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_1292/2019 vom 27.11.2019
 
 
6B_1292/2019
 
 
Urteil vom 27. November 2019
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Florian Baumann,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Einstellungsverfügung; Rückweisung (Widerhandlungen gegen das kantonale Planungs- und Baugesetz); Nichteintreten,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 24. September 2019
 
(2N 19 68).
 
 
Der Präsident zieht in Erwägung:
 
1. Mitte August 2015 erstattete die Stadt Luzern Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer wegen Widerhandlungen gegen das kantonale Planungs- und Baugesetz. Die Staatsanwaltschaft stellte die Strafuntersuchung am 7. Mai 2019 infolge Verjährung ein und ordnete an, dass der Beschwerdeführer dem Staat Fr. 236'000.-- als Ersatz für den unrechtmässigen Vermögensvorteil zu bezahlen habe (Ziff. 2). Überdies auferlegte es ihm die Kosten des Vorverfahrens sowie die Kosten der eigenen Aufwendungen (Ziff. 3).
 
Eine dagegen gerichtete Beschwerde hiess das Kantonsgericht Luzern am 24. September 2019 insofern teilweise gut, als es Ziff. 2 der Einstellungsverfügung aufhob und das Verfahren an die Staatsanwaltschaft zurückwies, damit diese die Ersatzforderung nach Massgabe der Erwägungen neu beurteile. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab und bestätigte die Einstellungsverfügung, soweit diese angefochten wurde.
 
Mit Strafrechtsbeschwerde vom 7. November 2019 beantragt der Beschwerdeführer, es sei Ziff. 1 Abs. 1 des Beschlusses des Kantonsgerichts dahingehend abzuändern, dass Ziff. 2 der Einstellungsverfügung ohne Rückweisung des Verfahrens ersatzlos aufgehoben und "definitiv Einziehung" (recte wohl "definitiv keine Einziehung") verfügt werde. Er beantragt zudem, es seien Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 des Beschlusses des Kantonsgerichts aufzuheben. Für das Verfahren vor Kantonsgericht sei ihm eine vollständige Prozessentschädigung zuzusprechen. Kosten seien ihm weder für das Verfahren vor Kantonsgericht noch vor der Staatsanwaltschaft aufzuerlegen.
 
2. Gemäss Art. 90 BGG ("Endentscheide") ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Laut Art. 93 BGG ("Andere Vor- und Zwischenentscheide") ist gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).
 
 
3.
 
3.1. Der angefochtene Beschluss weist die Sache in Bezug auf die Frage der Einziehung/Ersatzforderung zur neuen Begründung und Beurteilung an die Staatsanwaltschaft zurück. Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, schliessen das Verfahren nicht ab und sind daher grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG direkt mit Beschwerde angefochten werden können. Anders verhält es sich nur, wenn der Instanz, an welche die Sache zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung nur noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE 138 I 143 E. 1.2; 142 II 20 E. 1.2.; je mit Hinweisen).
 
3.2. Die Vorinstanz trifft im Rahmen der Rückweisung Anordnungen. Sie legt im angefochtenen Beschluss fest, dass sich die Staatsanwaltschaft bei der Neubeurteilung auf ein Gutachten werde stützen müssen, aus welchem die Wahl der Methode und der unrechtmässige Mehrwert hervorgehe (E. 4.11). Zudem spricht sie sich für die Anwendung des Bruttoprinzips aus (E. 4.7.2) und erläutert, welcher Zeitpunkt für die Berechnung der Höhe einer Ersatzforderung relevant sein soll (E. 4.9.2). Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass die Vorinstanz damit materiell-rechtlich verbindliche Vorgaben gemacht hat, kann nicht gesagt werden, die Rückweisung diene nur noch der Umsetzung ihrer Anordnungen, zumal die Vorinstanz die Frage der Einziehung/Ersatzforderung nicht abschliessend geregelt hat. Die Staatsanwaltschaft hat im Rahmen der Neubeurteilung vielmehr namentlich noch über die Höhe der Einziehung zu entscheiden. Der Rückweisungsbeschluss schränkt damit deren Beurteilungsspielraum zwar ein, hebt ihn aber nicht auf. Inwiefern darin ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu erblicken wäre, ist weder ersichtlich noch dargelegt. Der Beschwerdeführer wird den Rückweisungsentscheid später mit dem neu auszufällenden Endentscheid anfechten können (vgl. BGE 140 V 282 E. 4.2). In der blossen Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens liegt grundsätzlich kein Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (BGE 133 V 477 E. 5.2.1 mit Hinweisen).
 
3.3. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG vor. Eine Gutheissung der Beschwerde könnte zwar sofort einen Endentscheid herbeiführen und würde damit Aufwand an Zeit oder Kosten für ein Beweisverfahren ersparen. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG verlangt jedoch darüber hinaus, dass durch dieses Vorgehen ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren eingespart würde. Diese Voraussetzung wird im Strafverfahren restriktiv ausgelegt (BGE 134 III 426 E. 1.3.2; 133 IV 288 E. 3.2). Die Aufwendungen müssen über diejenigen eines gewöhnlichen Strafverfahrens hinausgehen. Dies mag der Fall sein, wenn ein sehr komplexes (particulièrement complexe) Gutachten bzw. zugleich mehrere Gutachten eingeholt oder zahlreiche (très nombreux) Zeugen befragt, namentlich rogatorische Einvernahmen im entfernteren Ausland durchgeführt werden müssten (Urteil 6B_927/2018 vom 8. Oktober 2018 E. 2.4). Vorliegend ist indessen weder ersichtlich noch dargetan, inwiefern die Rückweisung aussergewöhnlich hohe Kosten verursachen könnte und/oder äusserst umfangreiche Beweismassnahmen zu erwarten wären. Allein der Umstand, dass in Bezug auf die Frage der Einziehung/Ersatzforderung ein Gutachten einzuholen sein wird, rechtfertigt für sich ein Eintreten auf die vorliegende Beschwerde nicht, da gestützt auf die Vorbringen in der Beschwerde nicht ersichtlich ist, inwiefern die Klärung dieser Frage besonders komplex sein soll oder einen Aufwand generieren würde, welcher über denjenigen eines gewöhnlichen Strafverfahrens hinausginge.
 
4. Die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG sind nicht erfüllt. Auf die Beschwerde ist daher im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Die Kosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid gegenstandslos.
 
 
 Demnach erkennt der Präsident:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 27. November 2019
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).