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Informationen zum Dokument  BGer 1C_291/2019  Materielle Begründung
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BGer 1C_291/2019 vom 25.11.2019
 
 
1C_291/2019
 
 
Urteil vom 25. November 2019
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, als Einzelrichter,
 
Gerichtsschreiber Baur.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Kantonspolizei des Kantons Basel-Stadt,
 
Dienst für Verkehrssicherheit,
 
Clarastrasse 38, 4005 Basel,
 
Justiz- und Sicherheitsdepartement
 
des Kantons Basel-Stadt,
 
Spiegelgasse 6, 4001 Basel,
 
Gemeinderat Riehen,
 
Wettsteinstrasse 1, 4125 Riehen.
 
Gegenstand
 
verkehrspolizeiliche Anordnungen im Zusammenhang
 
mit der Sanierung der Äusseren Baselstrasse Riehen,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts
 
des Kantons Basel-Stadt, Verwaltungsgericht
 
als Dreiergericht, vom 1. April 2019 (VD.2018.146).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Im Zusammenhang mit der Sanierung der Äusseren Baselstrasse in Riehen erliess der Dienst für Verkehrssicherheit der Kantonspolizei Basel-Stadt verschiedene verkehrspolizeiliche Anordnungen, namentlich zur Umleitung des Verkehrs stadteinwärts. Am 15. Februar 2017 publizierte er Änderungen des bisherigen Regimes. Dagegen beschwerte sich A.________ beim Gemeinderat Riehen, der die Eingabe zuständigkeitshalber (als Rekurs) an das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt überwies. Dieses wies den Rekurs mit Entscheid vom 3. Juli 2018 ab, soweit es darauf eintrat. Gegen diesen Entscheid gelangte A.________ an den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, der die Eingabe an das Appellationsgericht als Verwaltungsgericht weiterleitete. Mit Urteil vom 1. April 2019 wies das Verwaltungsgericht den Rekurs ab, soweit es darauf eintreten konnte. Es hielt die angefochtenen Verkehrsanordnungen für rechtens und verwarf auch den Vorwurf der Rechtsverzögerung.
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B. Mit Eingabe vom 27. Mai 2019 erhebt A.________ gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Ersetzung der neuen Verkehrsführung vom Februar 2017 durch die alte sowie verschiedene flankierende Massnahmen. Eventualiter sei die Angelegenheit an das Verwaltungsgericht, subeventualiter an dessen Vorinstanz zurückzuweisen. Im Weiteren sei festzustellen, dass das Verfahren vor dem Justiz- und Sicherheitsdepartement in ungerechtfertigter Weise verzögert worden und dadurch gegen Art. 29 Abs. 1 BV verstossen worden sei. Mit Gesuch um provisorische Massnahmen beantragt er, die alte Verkehrsführung und zusätzliche flankierende Massnahmen bereits während der Rechtshängigkeit des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesgericht anzuordnen.
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Mit Verfügung vom 28. Juni 2019 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen abgewiesen.
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Am 10. September 2019 hat das Justiz- und Sicherheitsdepartement eine Medienmitteilung eingereicht, wonach die Verkehrsumleitung namentlich über den Grenzacherweg (wo der Beschwerdeführer wohnt) am 30. August aufgehoben worden sei, weil die Äussere Baselstrasse früher als geplant wieder für den Verkehr in beide Richtungen habe geöffnet werden können.
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Die Verfahrensbeteiligten erhielten Gelegenheit, sich dazu und zu den im Rahmen der Instruktion eingegangenen Stellungnahmen zu äussern. Der Beschwerdeführer hat in seiner Eingabe vom 28. Oktober 2019 zahlreiche neue Anträge, insbesondere Feststellungsbegehren, gestellt.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs.1 lit. d und Art. 90 BGG) über eine temporäre Verkehrsführung, mithin eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit (Art. 82 BGG). Ein Ausschlussgrund im Sinne von Art. 83 ff. BGG liegt nicht vor. Damit steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen. Der Beschwerdeführer ist am 27. Mai 2019 frist- und formgerecht an das Bundesgericht gelangt.
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1.2. Von vornherein nicht eingetreten werden kann indessen auf die Anträge, die der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 28. Oktober 2019 neu bzw. erstmals stellt, insbesondere diverse Feststellungsbegehren. Zum einen sind diese Begehren erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (vgl. Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht worden, also verspätet. Zum andern sind neue Begehren vor dem Bundesgericht unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht kann nur den angefochtenen Entscheid auf seine Rechtmässigkeit überprüfen; was nicht Streitgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens war, kann ihm nicht zur Beurteilung vorgelegt werden. Das Bundesgericht ist auch nicht Aufsichtsinstanz über die kantonalen Behörden, kann also diesen nicht - wie in der Eingabe vom 28. Oktober 2019 beantragt - eine Rüge erteilen. Insoweit ist die Beschwerde offensichtlich unzulässig und durch Nichteintreten zu erledigen (Art. 108 BGG).
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1.3. Für das Beschwerderecht gilt Art. 89 BGG. Danach wird vorausgesetzt, dass der Beschwerdeführer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat (Abs. 1 lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (Abs. 1 lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Abs. 1 lit. c BGG). Dieses sog. Rechtsschutzinteresse muss nach der Rechtsprechung ein aktuelles und praktisches sein, d.h. dem Beschwerdeführer bei Gutheissung seiner Begehren einen praktischen Nutzen eintragen (statt vieler BGE 141 II 50 E. 2.1 S. 52). Ein bloss mittelbares oder theoretisches Interesse am Verfahrensausgang oder an der Beantwortung von Rechtsfragen ohne praktische Relevanz für das laufende Verfahren reicht nicht aus (BGE 139 II 279 E. 2.2 S. 282 m.H.).
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Das Justiz- und Sicherheitsdepartement hat das Bundesgericht am 10. September 2019 wissen lassen, dass das umstrittene temporäre Verkehrsregime - insbesondere die Verkehrsumleitung über den Grenzacherweg - aufgehoben worden ist. Der Beschwerdeführer widerspricht dem nicht. Mit der Aufhebung der Verkehrsanordnungen, die den Beschwerdeführer betreffen, hat der Rechtsstreit seinen Gegenstand verloren. Er ist vom Einzelrichter als gegenstandslos geworden abzuschreiben (Art. 32 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S. 143).
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Der Beschwerdeführer meint zwar, das Bundesgericht müsse die Beschwerde trotzdem behandeln, da sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen könnten, an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse bestehe und eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre. In der Tat verzichtet das Bundesgericht unter diesen Voraussetzungen ausnahmsweise auf das Erfordernis eines aktuellen Interesses (BGE 141 II 91 E. 1.3 S. 95). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind sie jedoch vorliegend nicht erfüllt. Provisorische Verkehrslenkungen sind in aller Regel und auch hier ausgesprochen auf den Einzelfall und die konkreten Verhältnisse bezogen und nicht grundsätzlicher Art. Es kann auch nicht gesagt werden, das Bundesgericht gelange kaum je dazu, sie zu beurteilen. Es rechtfertigt sich deshalb nicht, die Beschwerde ausnahmsweise trotz dahingefallenem Rechtsschutzinteresse zu behandeln.
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1.4. Nichts anderes gilt für die gerügte Rechtsverzögerung. Mit dem Dahinfallen der Verkehrsanordnungen besteht auch kein aktuelles Interesse mehr daran, zu untersuchen und festzustellen, ob einzelne Verfahrensabschnitte ungebührlich viel Zeit in Anspruch nahmen. Die Frage nach der Dauer eines Verfahrens ist zudem derart einzelfallbezogen, dass sie sich kaum je unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellt, weshalb es insoweit ebenfalls mit der Verfahrensabschreibung zufolge Gegenstandslosigkeit sein Bewenden haben muss.
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2. Gemäss Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP (SR 273) entscheidet der Richter bei Gegenstandslosigkeit des Rechtsstreits mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes. Eine solche Prüfung erübrigt sich vorliegend, da es aufgrund der Verfahrensumstände als gerechtfertigt erscheint, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG) und eine Parteientschädigung an den nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ebenso wie an die in ihrem amtlichen Wirkungskreis handelnden Behörden hier ausscheidet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).
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 Demnach erkennt der Einzelrichter:
 
1. Die Beschwerde gegen die temporären Verkehrsanordnungen und wegen Rechtsverzögerung wird als gegenstandslos abgeschrieben. Im Übrigen wird auf die Beschwerde nicht eingetreten.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben und Parteientschädigungen gesprochen.
 
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Kantonspolizei des Kantons Basel-Stadt, Dienst für Verkehrssicherheit, dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, dem Gemeinderat Riehen, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. November 2019
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Einzelrichter: Merkli
 
Der Gerichtsschreiber: Baur
 
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