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Informationen zum Dokument  BGer 9C_659/2019  Materielle Begründung
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BGer 9C_659/2019 vom 15.11.2019
 
 
9C_659/2019
 
 
Urteil vom 15. November 2019
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless,
 
Gerichtsschreiberin Oswald.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Thea Leuthold,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Ausgleichskasse Nidwalden,
 
Stansstaderstrasse 88, 6370 Stans,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Altersleistung),
 
Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Verwaltungsgerichts Nidwalden
 
vom 25. März 2019 (SV 18 29).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der 1940 geborene A.________ meldete sich am 15. Januar 2018 zum Bezug einer AHV-Altersrente an. Mit Verfügung vom 18. April 2018 sprach ihm die Ausgleichskasse Nidwalden (fortan: Ausgleichskasse) ab 1. Januar 2013 eine ordentliche Altersrente der AHV in Höhe von Fr. 213.- pro Monat zuzüglich dreier Kinderrenten von je Fr. 85.- monatlich zu, bzw. ab 1. Januar 2015 eine monatliche Altersrente von Fr. 214.- bei unveränderten Kinderrenten. Dieser Rente lagen ein massgebendes durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 122'670.- sowie - bei einer anrechenbaren Beitragsdauer von vier Jahren und sechs Monaten - die (Teil-) Rentenskala vier zugrunde. Mit Einspracheentscheid vom 10. August 2018 bestätigte die Ausgleichskasse ihre Verfügung.
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B. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Versicherten wies das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 25. März 2019 ab.
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C. A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, es seien der vorinstanzliche Entscheid vom 25. März 2019, der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse vom 10. August 2018 sowie deren Verfügung vom 18. April 2018 aufzuheben. Es seien ihm ab 2013 Renten und Kinderrenten unter Zurechnung der nach Erreichung des ordentlichen Pensionsalters im Jahr 2005 einbezahlten Beiträge auszuzahlen (in der Beschwerde betraglich näher spezifiziert). Eventualiter sei er von der Beitragspflicht zu entbinden und es seien ihm die seit Erreichung des ordentlichen Rentenalters im Jahr 2005 einbezahlten Beiträge im Umfang von Fr. 424'391.- zurückzuerstatten. Subeventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Anweisung, den Rentenanspruch seit 2013 unter Einrechnung der nach Erreichung des ordentlichen Rentenalters im Jahr 2005 einbezahlten Beiträge neu zu berechnen und auszubezahlen. Die nach Erreichung des ordentlichen Rentenalters einbezahlten AHV-Beiträge seien dabei als weitere Beitragsjahre zu zählen und jeweils dem durchschnittlichen jährlichen Einkommen anzurechnen.
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Erwägungen:
 
1. Der Beschwerdeführer beantragt unter anderem die Aufhebung der Verfügung der Ausgleichskasse vom 18. April 2018. Damit verkennt er, dass Anfechtungsgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens einzig der an deren Stelle getretene Einspracheentscheid vom 10. August 2018 bildete (BGE 133 V 50 E. 4.2.2 S. 55; 131 V 407 E. 2.1.2.1 S. 411 f.). Soweit die Verfügung vom 18. April 2018 betreffend, ist demnach auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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2. Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgebenden Rechtsgrundlagen im Wesentlichen zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
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Richtig ist insbesondere, dass Bundesgesetze nach Art. 190 BV für die rechtsanwendenden Behörden massgebend sind (vgl. dazu etwa auch BGE 143 V 9 E. 6.2 S. 15 f. mit Hinweisen; 139 I 257 E. 4.1 S. 259 f.) und dass die Schweiz das erste Zusatzprotokoll zur EMRK vom 20. März 1952 zwar unterzeichnet, nicht aber ratifiziert hat, weshalb es für sie unbeachtlich ist (vgl. dazu nur Urteil 9C_474/2015 vom 19. August 2015 E. 3 mit Verweis auf den Stand der Ratifikationen, abrufbar unter <www.conventions.coe.int>, besucht am 6. November 2019).
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3. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, Art. 29bis Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 AHVG, wonach eine erwerbstätige Person im Rentenalter AHV-Beiträge zu leisten habe, ohne dass diese rentenbildend wären, verstosse nicht gegen das Diskriminierungsverbot von Art. 8 Abs. 2 BV. Eine Verletzung der Eigentumsgarantie sei mangels Anwendbarkeit nicht unter dem Blickwinkel von Art. 14 EMRK i.V.m. Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK zu prüfen, sondern allein gestützt auf Art. 26 Abs. 1 BV. Die Erhebung der entsprechenden Beiträge, die - da nicht rentenbildend - als Steuern zu qualifizieren seien, tangiere die Eigentumsgarantie. Die strittige Einschränkung dieses Grundrechts durch die Art. 29bis Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 AHVG halte jedoch den Anforderungen von Art. 36 BV stand.
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Erwägung 4
 
4.1. Fehl geht zunächst die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz. Das Verwaltungsgericht hat seinen Entscheid ausführlich begründet, so dass sich daraus ohne Weiteres ergibt, von welchen Überlegungen es sich hat leiten lassen. Eine sachgerechte Anfechtung war damit möglich. Dass der Versicherte mit der gewählten Begründung nicht einverstanden ist, stellt insbesondere keine Verletzung der Begründungspflicht dar (vgl. zu deren Umfang etwa BGE 142 II 49 E. 9.2 S. 65).
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4.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass gemäss klarer bundesrechtlicher Regelung bei nach ordentlichem Rentenalter fortgesetzter Erwerbstätigkeit AHV-Beiträge geschuldet sind, die für die Rentenberechnung unbeachtlich bleiben. Soweit er auch letztinstanzlich rügt, die bundesrechtlichen Bestimmungen von Art. 29bis Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 AHVG verstiessen gegen das Äquivalenzprinzip, gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 8 Abs. 2 BV sowie gegen die Eigentumsgarantie des Art. 26 Abs. 1 BV, ist auf seine Ausführungen mit Verweis auf das Anwendungsgebot von Bundesgesetzen (Art. 190 BV) nicht weiter einzugehen.
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4.3. Der Versicherte sieht schliesslich durch die Regelung der Art. 29bis Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 AHVG das Diskriminierungsverbot nach Art. 14 EMRK i.V.m. Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK verletzt, wobei er letztinstanzlich zusätzlich auf das ausdrückliche Diskriminierungsverbot im zwölften Zusatzprotokoll zur EMRK (vom 4. November 2000) verweist. Diesbezüglich kann auf die vorinstanzliche Erwägung 6.2 verwiesen werden, wonach sich der Beschwerdeführer mangels Ratifizierung des ersten Zusatzprotokolls durch die Schweiz auf dieses nicht berufen kann. Dem ist anzufügen, dass die Schweiz das zwölfte Zusatzprotokoll zur EMRK weder unterzeichnet noch ratifiziert hat, weshalb der Versicherte auch daraus nichts für sich ableiten kann (vgl. zit. Urteil 9C_474/2015 E. 3 mit Verweis auf den Stand der Ratifikationen, abrufbar unter <www.conventions.coe.int>, besucht am 6. November 2019). Art. 14 EMRK enthält kein allgemeines Gleichbehandlungsgebot, sondern ist bei Ungleichbehandlungen aufgrund eines verpönten Merkmals in Zusammenhang mit einem anderen vom Konventionsstaat anerkannten Konventionsrecht anzuwenden (zit. Urteil 9C_474/2015 E. 3 mit Hinweisen; JENS MEYER-LADEWIG/ROMAN LEHNER, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 4. Aufl. 2017, N. 5 ff. zu Art. 14 EMRK). Welches andere (von der Schweiz anerkannte) Konventionsrecht in concreto betroffen sein soll, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.
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4.4. Nach dem Gesagten bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass sowohl die Beitragserhebung als auch die Rentenberechnung entsprechend den bundesrechtlichen Vorgaben des AHVG erfolgten (E. 4.2 hiervor). Er vermag weder ein - in der Schweiz anerkanntes - Konventionsrecht zu benennen, das durch die Beitragserhebung verletzt worden wäre, noch eine gesetzliche Grundlage, welche die verlangte Beitragsrückerstattung erlauben würde. Solche sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere erlaubt Art. 25 Abs. 3 ATSG einzig eine Rückforderung zu viel bezahlter Beiträge. Mangels Entscheidwesentlichkeit kann deshalb offen bleiben, ob die Vorinstanz zu Recht im Begehren um Rückerstattung bezahlter AHV-Beiträge eine unzulässige Ausweitung des Streitgegenstandes erblickte.
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5. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt wird.
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6. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht Nidwalden, Sozialversicherungsabteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 15. November 2019
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Pfiffner
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald
 
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