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Informationen zum Dokument  BGer 1B_113/2019  Materielle Begründung
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BGer 1B_113/2019 vom 12.11.2019
 
 
1B_113/2019
 
 
Urteil vom 12. November 2019
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Chaix, Präsident,
 
Bundesrichter Fonjallaz, Muschietti,
 
Gerichtsschreiber Forster.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Advokat Peter Volken,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Amt der Region Oberwallis, Kantonsstrasse 6, Postfach 540, 3930 Visp.
 
Gegenstand
 
Strafverfahren; Beschlagnahme,
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, Einzelrichter der Strafkammer,
 
vom 5. Februar 2019 (P3 18 258).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Amt der Region Oberwallis, führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen des Verdachts von Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Anlässlich einer Hausdurchsuchung bei der Beschuldigten vom 26. September 2018 wurden vier Hanfpflanzen sichergestellt und als Beweismittel beschlagnahmt. Am 4. Oktober 2018 focht die Beschuldigte den betreffenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom 24. September 2018 mit Beschwerde beim Kantonsgericht an. Mit Entscheid vom 5. Februar 2019 wies das Kantonsgericht des Kantons Wallis, Einzelrichter der Strafkammer, die Beschwerde ab.
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B. Gegen den Entscheid des Kantonsgerichtes gelangte die Beschuldigte mit Beschwerde vom 8. März 2019 an das Bundesgericht. Sie beantragt in der Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Zudem sei festzustellen, "dass die Helikopterflüge über dem Privatgrund der Beschwerdeführerin und der darauf gestützte Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl widerrechtlich sind".
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Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Stellungnahme vom 13. März 2019 die Abweisung der Beschwerde, während das Kantonsgericht am 21. März 2019 auf eine Vernehmlassung ausdrücklich verzichtete. Die Beschwerdeführerin replizierte (innert erstreckter Frist) am 15. April 2019.
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Erwägungen:
 
1. Gegenstand des angefochtenen Entscheides ist eine Beweismittelbeschlagnahme nach erfolgter Hausdurchsuchung. Diesbezüglich macht die Beschwerdeführerin auch ein akzessorisches Beweisverwertungsverbot geltend (vgl. Art. 141 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 StPO). Zu prüfen ist, ob die gesetzlichen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 78 ff. BGG) :
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1.1. Der angefochtene strafprozessuale Zwischenentscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab. Der drohende nicht wieder gutzumachende Rechtsnachteil bei Zwischenentscheiden (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) ist in der Beschwerdeschrift ausreichend zu substanziieren, soweit das Eintretenserfordernis nicht bereits aufgrund der Akten offensichtlich erfüllt erscheint. Das Bundesgericht prüft die betreffende Sachurteilsvoraussetzung von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 1-2 BGG; BGE 142 IV 196 E. 1.1 S. 197; 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; 284 E. 2.3 S. 287; 289 E. 1.3 S. 292; je mit Hinweisen).
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1.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der nicht wieder gutzumachende Rechtsnachteil sei im vorliegenden Fall darin zu sehen, dass sie "ein aufwändiges, kostspieliges und nervenaufreibendes Strafverfahren zu erdulden" habe, was "für ihren Hof, ihre Familie und ihre Gesundheit aufgrund von Erfahrungswerten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu nicht wieder gutzumachenden Nachteilen führen" werde. Ausserdem liege hier ein Fall von Artikel 93 Abs. 1 lit. b BGG vor. Die Beweismittelbeschlagnahme sei nicht verwertbar, da sie sich auf eine "widerrechtliche Helikopterobservation" stütze, weshalb sofort ein Endentscheid erlassen werden könne.
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1.3. Nach ständiger Praxis muss als Sachurteilsvoraussetzung für die Anfechtbarkeit von strafprozessualen Zwischenentscheiden beim Bundesgericht (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) ein konkreter rechtlicher Nachteil drohen, der auch durch einen (für die beschwerdeführende Partei günstigen) End- oder anderen Entscheid nachträglich nicht mehr behoben werden könnte (BGE 141 IV 289 E. 1.1-1.2 S. 291; 137 IV 172 E. 2.1 S. 173 f.; je mit Hinweisen). Bei Beschwerden gegen blosse Beweismittelbeschlagnahmen ist diese Eintretensvoraussetzung regelmässig nicht erfüllt (BGE 136 IV 92 E. 4.1 S. 95 f.; Urteile 1B_445/2016 vom 10. Januar 2017 E. 1-2; 1B_305/2016 vom 3. Januar 2017 E. 2.4). Ebenso wenig bildet die blosse Einleitung und Durchführung einer Strafuntersuchung (per se) einen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil (BGE 133 IV 139 E. 4 S. 140 f. mit Hinweisen; 115 Ia 311 E. 2c S. 315; Urteile 1B_318/2017 vom 30. November 2017 E. 3; 1B_245/2016 vom 10. Januar 2017 E. 5.1).
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Eine Ausnahme von dieser Praxis ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Auf die materiellen Vorbringen der Beschwerdeführerin gegen die Beschlagnahme von vier Hanfpflanzen zu Beweiszwecken ist folglich nicht einzutreten.
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1.4. Im Rahmen ihrer materiellen Vorbringen gegen die Beschlagnahme macht die Beschwerdeführerin (akzessorisch) ein Beweisverwertungsverbot geltend. Sinngemäss bringt sie dabei vor, das Kantonsgericht habe die Beschlagnahme zu Unrecht als bundesrechtskonform beurteilt. Insbesondere habe es die Annahme eines ausreichenden Tatverdachtes (von Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz) indirekt auf das Ergebnis eines Helikopter-Kontrollfluges gestützt, der ihrer Ansicht nach "widerrechtlich" erfolgt sei. "Nur" aufgrund eines illegalen Helikoptereinsatzes sei die Sicherstellung der Hanfpflanzen möglich gewesen. Als unselbstständiger Folgebeweis einer ungültigen Beweiserhebung sei die Beweismittelbeschlagnahme (im Lichte von Art. 141 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 StPO) zum Vornherein unverwertbar.
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Der alleinige Umstand, dass ein Beweismittel, dessen Verwertbarkeit im Vorverfahren bestritten wird, in den Akten bleibt, stellt nach der Praxis des Bundesgerichtes grundsätzlich keinen Nachteil rechtlicher Natur dar, da die betroffene Partei ihren Einwand bis zum Abschluss des Strafverfahrens erneut vorbringen kann. Sie kann die Frage der Verwertbarkeit des Beweismittels namentlich dem Sachrichter unterbreiten (Art. 339 Abs. 2 lit. d StPO). Von diesem kann erwartet werden, dass er in der Lage ist, die unzulässigen Beweise von den zulässigen zu unterscheiden und sich bei der Würdigung ausschliesslich auf Letztere zu stützen. Die Parteien können das Urteil des Sachrichters in der Folge mit Berufung anfechten (Art. 398 StPO) und die Angelegenheit nötigenfalls auch noch an das Bundesgericht weiterziehen (BGE 141 IV 289 E. 1.2 S. 291 f.; 284 E. 2.2 S. 287; 139 IV 128 E. 1.6 und 1.7 S. 134 f.).
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Von dieser Regel bestehen gewisse Ausnahmen. Eine solche liegt insbesondere vor, wenn das Gesetz ausdrücklich die sofortige Rückgabe aus den Akten bzw. Vernichtung rechtswidriger Beweise vorsieht (vgl. z.B. Art. 248 Abs. 2, Art. 271 Abs. 3, Art. 277 und Art. 289 Abs. 6 StPO). Ebenso verhält es sich, wenn aufgrund des Gesetzes oder der Umstände des Einzelfalles die Rechtswidrigkeit des Beweismittels bereits ohne Weiteres feststeht. Derartige Umstände können nur angenommen werden, wenn die betroffene Partei ein besonders gewichtiges rechtlich geschütztes Interesse an der unverzüglichen Feststellung der Unverwertbarkeit des Beweises geltend macht (BGE 141 IV 289 E. 1.3 S. 292; 284 E. 2.3 S. 287; s.a. BGE 143 IV 270 E. 7.6 S. 285; 142 IV 207 E. 9.8 S. 227). Artikel 93 Abs. 1 lit. b BGG ist bei strafprozessualen Zwischenentscheiden grundsätzlich nicht anwendbar; das gilt insbesondere bei Fragen der Beweisverwertung im Untersuchungsverfahren (BGE 141 IV 289 E. 1.1 S. 291; 284 E. 2 S. 286).
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Im vorliegenden Fall ist keine begründete Ausnahme im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung dargetan, bei der das Bundesgericht bereits im Vorverfahren über ein allfälliges Beweisverwertungsverbot abschliessend zu entscheiden hätte. Die Verwertung der fraglichen Beweismittel (beschlagnahmte vier Hanfpflanzen) erscheint nicht bereits als offensichtlich unzulässig, weshalb es Sache der für den Endentscheid zuständigen erkennenden Strafbehörde sein wird, sich nötigenfalls mit den von der Beschwerdeführerin akzessorisch aufgeworfenen Beweisverwertungsfragen (vgl. Art. 141 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 StPO) zu befassen.
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2. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
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Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, Einzelrichter der Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. November 2019
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Chaix
 
Der Gerichtsschreiber: Forster
 
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