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Informationen zum Dokument  BGer 2C_584/2019  Materielle Begründung
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BGer 2C_584/2019 vom 30.10.2019
 
 
2C_584/2019
 
 
Urteil vom 30. Oktober 2019
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
Gerichtsschreiber Hahn.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Gymnasium B.________,
 
Bildungsdirektion des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
provisorische Promotion,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 15. Mai 2019 (VB.2019.00113).
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. C.________ wurde als Schüler der Klasse xxx des Gymnasiums B.________in U.________/ZH mit Verfügung vom 6. Juli 2018 provisorisch promoviert. Gegen diese Verfügung rekurrierte sein Vater A.________ bei der Bildungsdirektion des Kantons Zürich, welche den Rekurs mit Verfügung vom 30. Januar 2019 abwies.
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1.2. Gegen den Rekursentscheid erhob A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Er beantragte die Aufhebung des Rekursentscheids und die definitive Promotion. Mit Urteil vom 15. Mai 2019 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer, die Beschwerde ab.
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1.3. Mit Eingabe vom 17. Juni 2019 erhebt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts. Er beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Aufhebung der provisorischen Promotion. Sinngemäss beantragt er zu-dem eine Anpassung des Promotionsreglementes des Kantons Zürich; die Feststellung, dass der Verzicht des Klassenkonvents des Gymnasiums B.________auf eine formelle Abstimmung betreffend den Promotionsentscheid seines Sohnes Art. 18 der Mittelschulverordnung des Kantons Zürich verletze sowie die schriftliche Begründung der Abstimmung des Klassenkonvents durch jede Lehrperson. Im Weiteren beantragt er, dass das Bundesgericht infolge Rechtsverweigerung durch die Vorinstanz ersatzweise ein Urteil betreffend die provisorische Promotion seiner Tochter D.________ durch das Gymnasium E.________ in U.________/ZH fällen soll.
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1.4. Der Abteilungspräsident zog als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG) die kantonalen Vorakten bei und lud die Vorinstanzen zur Vernehmlassung ein. Die Vorinstanz verzichtet auf eine Vernehmlassung, weist jedoch darauf hin, dass sie betreffend D.________ ein separates Verfahren führe. Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich sowie das Gymnasium B.________ verzichten auf eine Vernehmlassung.
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Erwägung 2
 
2.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen grundsätzlich vor (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG). Zu beachten ist vorliegend aber, dass gegen Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung, die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen ist (Art. 83 lit. t BGG).
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2.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass der Sohn des Beschwerdeführers die gemäss § 9 des Promotionsreglements vom 10. März 1998 für die Gymnasien des Kantons Zürich (nachfolgend: PromR/ZH; LS 413.251.1) erforderlichen Noten nicht erreicht hat. Der Beschwerdeführer bestreitet dies nicht, weshalb diese vorinstanzliche Feststellung für das Bundesgericht verbindlich ist (Art. 105 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 1 BGG). Streitig und zu prüfen ist daher einzig die vorinstanzliche Auslegung und Anwendung von § 13 PromR/ZH.
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2.3. Gestützt auf § 13 PromR/ZH kann der Klassenkonvent in besonderen Fällen zugunsten der Schülerin oder des Schülers von den Promotionsbestimmungen gemäss §§ 9 bis 12 PromR/ZH abweichen. Grundsätzlich wird jedoch auch im Fall von § 13 PromR/ZH eine Fähigkeitsbewertung vorgenommen, ist doch darüber zu entscheiden, ob eine Schülerin oder ein Schüler wegen des Vorliegens eines besonderen Falls den üblichen Anforderungen an die Promotion (vorübergehend) nicht zu genügen braucht, weil langfristig die Prognose besteht, dass sie oder er für den weiteren Schulbesuch dennoch geeignet ist (nachfolgend E. 3.1 ff.). Die Streitsache unterliegt damit Art. 83 lit. t BGG, weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig ist.
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2.4. Es bleibt zu prüfen, ob die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden kann (Art 113 ff. BGG). Mit diesem Rechtsmittel kann gemäss Art. 116 BGG ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (BGE 142 II 259 E. 4.2 S. 262; 140 I 285 E. 1.2 S. 290), wobei die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit herrscht (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 145 II 32 E. 5.1 S. 41). Im Fall der angeblichen Verletzung von kantonalem und/oder kommunalem Recht kann im Wesentlichen vorgebracht werden, die vorinstanzliche Auslegung und oder Anwendung verstosse gegen das allgemeine Willkürverbot (Art. 9 BV). Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht; zudem ist erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 144 I 113 E. 7.1 S. 124; 144 II 281 E. 3.6.2 S. 287; 144 III 145 E. 2 S. 146). Damit die Willkürrüge im Verfahren der subsidiären Verfassungsbeschwerde zu hören ist, bedarf es indes eines rechtlich geschützten Interesses an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids (Art. 115 lit. b BGG; BGE 137 II 305 E. 2 S. 308). Wie es sich damit im vorliegenden Fall verhält, kann offenbleiben, nachdem die Beschwerde - wie zu zeigen bleibt - ohnehin abzuweisen ist.
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2.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil grundsätzlich den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.5 S. 31).
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2.6. Der Streitgegenstand kann vor Bundesgericht, verglichen mit dem vorinstanzlichen Verfahren, zwar eingeschränkt (minus), nicht aber ausgeweitet (plus) oder geändert (aliud) werden (Art. 117 i.V.m. Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.1 S. 22).
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2.7. Die Vorinstanz hatte einzig darüber zu befinden, ob der Sohn des Beschwerdeführers nur provisorisch promoviert wird. Dies hat sie bejaht, und nur dies kann im vorliegenden Verfahren Streitgegenstand sein. Nicht einzutreten ist somit auf die Anträge Nr. 1 und Nr. 5, da die Vorinstanz nicht darüber zu befinden hatte. Mit Antrag Nr. 1 verlangt der Beschwerdeführer erstmalig die abstrakte Normenkontrolle einer Bestimmung des kantonalen PromR/ZH. Antrag Nr. 5 betrifft die provisorische Promotion der Tochter des Beschwerdeführers, welche gemäss Vernehmlassung der Vorinstanz Streitgegenstand eines separaten vorinstanzlichen Verfahrens bildet. Die beiden Anträge stellen demzufolge eine unzulässige Ausdehnung des Streitgegenstandes dar.
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Erwägung 3
 
3.1. Die Vorinstanz legt § 13 PromR/ZH (vorne E. 2.3) dahingehend aus, dass es im Ermessen des Klassenkonvents liege zu bestimmen, wann ein besonderer Fall im Sinne von § 13 PromR/ZH vorliegt, in welchem zugunsten einer Schülerin oder eines Schülers von den Promotionsbestimmungen des PromR/ZH abgewichen werden kann. Dies ist gemäss Erwägungen der Vorinstanz namentlich dann der Fall, wenn im Bereich der persönlichen Verhältnisse einer Schülerin oder eines Schülers eine Ausnahmesituation auftritt und diese ursächlich für eine vorübergehende Leistungseinbusse ist. Die Vorinstanz verlangt mithin einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer persönlichen Ausnahmesituation und der damit verbundenen vorübergehenden Leistungseinbusse (E. 4.1.1 des angefochtenen Entscheids).
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3.2. Angewandt auf die persönliche Situation des Sohnes des Beschwerdeführers, verneint die Vorinstanz das Vorliegen eines besonderen Falles im Sinne von § 13 PromR/ZH, aufgrund der nachfolgenden, für das Bundesgericht verbindlichen (vorne E. 2.5), Sachverhaltsfeststellung. Danach haben sich die schulischen Leistungen des Sohnes im hier interessierenden Semester trotz der längeren arbeitsbedingten Abwesenheit des Vaters im Vergleich zu vorherigen Semestern nicht verschlechtert; gegen Ende des Semesters mitunter gar leicht verbessert. Aufgrund dessen fehlt nach Ansicht der Vorinstanz ein kausaler Zusammenhang zwischen der behaupteten Ausnahmesituation und einem - ohnehin nicht gegebenen - vorübergehenden Leistungseinbruch, weshalb nicht von einem besonderen Fall im Sinne von § 13 PromR/ZH ausgegangen werden könne (E. 4.1.1 ff. des angefochtenen Entscheids).
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3.3. Soweit der Vater überhaupt eine rechtsgenügliche Willkürrüge erhebt (vorne E. 2.4), was hier offenbleiben kann, ist diese vorinstanzliche Argumentation jedenfalls nicht verfassungsrechtlich unhaltbar und verletzt somit das Willkürverbot (Art. 9 BV; vorne E. 2.4) nicht: § 13 PromR/ZH ist offen formuliert. Aus dem Wortlaut der Bestimmung geht nicht hervor, was unter einem "besonderen Fall" zu verstehen ist. Dies ist mittels Auslegung der Bestimmung zu ergründen. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers widerspricht die Auslegung der Vorinstanz nicht dem klaren Wortlaut oder dem Sinn der Bestimmung. Es ist nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz einen besonderen Fall in ständiger Rechtsprechung namentlich beim Auftreten einer Ausnahmesituation im Bereich der persönlichen Verhältnisse einer Schülerin oder eines Schülers bejaht und zusätzlich noch einen kausalen Zusammenhang zwischen der behaupteten Ausnahmesituation und der vorübergehenden schulischen Leistungseinbusse verlangt. Diese Auslegung ist auch in der Sache nicht unhaltbar. Der besondere Fall nach § 13 PromR/ZH ist die Ausnahmeregelung, mit welcher von den allgemeinen Promotionsbestimmungen des PromR/ZH abgewichen werden kann. Eine solche gesetzliche Ausnahme muss aufgrund sachlicher Kriterien eingegrenzt werden, damit sie nicht zur Regel wird. Dies hat die Vorinstanz aufgrund vorstehender Ausführungen in verfassungsrechtlich haltbarer Art und Weise getan. Vor diesem Hintergrund ist es schliesslich auch nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz beim Sohn des Beschwerdeführers eine vorübergehende Leistungseinbusse verneint und demzufolge einen nur provisorischen Promotionsentscheid trifft.
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Erwägung 4
 
4.1. Darüber hinaus scheint der Beschwerdeführer beanstanden zu wollen, dass anlässlich des Klassenkonvents betreffend die provisorische Promotion seines Sohnes keine formelle Abstimmung durch sämtliche Klassenlehrkräfte durchgeführt wurde. Er erblickt darin eine Verletzung von § 18 Abs. 2 Satz 2 der Mittelschulverordnung (des Kantons Zürich) vom 26. Januar 2000 (nachfolgend MSV/ZH; LS 413.211).
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4.2. § 18 Abs. 2 Satz 2 MSV/ZH besagt, dass die Klassenlehrkräfte bei Entscheiden des Klassenkonvents über Promotionen und Aufnahmen am Ende der Probezeit zur Stimmabgabe verpflichtet sind. Gemäss den Erwägungen der Vorinstanz kann § 18 Abs. 2 MSV/ZH keine Pflicht zur ausdrücklichen oder gar zur schriftlichen Stimmabgabe entnommen werden. § 18 Abs. 2 Satz 2 MSV sehe einzig vor, dass die betroffenen Lehrkräfte des Klassenkonvents am Promotionsentscheid mitwirken müssten und sich nicht der Stimme enthalten könnten, weshalb auch eine stillschweigende Stimmabgabe zulässig sei. Diese Mitwirkungspflicht komme namentlich beim Promotionsentscheid nach § 13 PromR/ZH zum Tragen, wonach der Klassenkonvent beim Vorliegen einer Ausnahmesituation zugunsten einer Schülerin oder eines Schülers von den Promotionsbestimmungen des PromR/ZH abweichen kann. Wie die Mitwirkungspflicht der Lehrkräfte konkret umzusetzen sei, schreibt § 18 Abs. 2 Satz 2 MSV/ZH nach Ansicht der Vorinstanz indes nicht vor. Aufgrund dessen sei auch eine stille Abstimmung ohne Handerhebung oder namentliche Stimmabgabe zulässig (E. 4.2.2 des angefochtenen Entscheids).
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4.3. Diese Argumentation der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden und verletzt das Willkürverbot (Art. 9 BV; vorne E. 2.4) nicht. Es ist im Ergebnis nicht unhaltbar, wenn die Vorinstanz feststellt, dass § 18 Abs. 2 Satz 2 MSV/ZH nur eine Pflicht zur Stimmabgabe bzw. zur Mitwirkung am Promotionsbeschluss vorsieht, nicht jedoch die konkreten Formalitäten der Stimmabgabe regelt und mithin auch eine stillschweigende Stimmabgabe zulässig ist. Wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festhält (vorne E. 2.5), kann dem Protokollauszug des Klassenkonvents entnommen werden, dass beim Promotionsentscheid betreffend den Sohn des Beschwerdeführers keine Lehrkraft einen Antrag für eine Notenänderung gestellt hat. Damit haben alle Lehrkräfte ihren Willen stillschweigend dahingehend kundgetan, dass aufgrund der ungenügenden Notenleistungen sowie des Fehlens einer persönlichen Ausnahmesituation im Sinne von § 13 PromR/ZH betreffend den Sohn des Beschwerdeführers ein provisorischer Promotionsentscheid gefällt wird. Diese Schlussfolgerungen der Vorinstanz sind nicht willkürlich und verletzen demnach kein Bundesverfassungsrecht. Die Rüge des Beschwerdeführers ist somit unbegründet.
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4.4. Die Beschwerde erweist sich nach dem Dargelegten als offensichtlich unbegründet. Sie kann, soweit darauf einzutreten ist, im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abgewiesen werden. Für alles Weitere kann auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).
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Erwägung 5
 
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 30. Oktober 2019
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn
 
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