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Informationen zum Dokument  BGer 9C_368/2019  Materielle Begründung
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BGer 9C_368/2019 vom 08.10.2019
 
 
9C_368/2019
 
 
Urteil vom 8. Oktober 2019
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichter Meyer, Parrino,
 
Gerichtsschreiberin Huber.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
 
vom 4. April 2019 (IV.2018.00359).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der 1978 geborene A.________ meldete sich am 26. November 2010 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 11. März 2014 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich - wie vorbeschieden - einen Rentenanspruch des Versicherten. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 26. Mai 2015 teilweise gut. Es sprach dem Versicherten vom 1. Januar 2012 bis 28. Februar 2013 eine ganze Rente zu. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.
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Am 27. Januar 2017 meldete sich A.________ erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die Verwaltung einen Leistungsanspruch mit Verfügung vom 2. März 2018.
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 4. April 2019 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Sache sei an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
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Erwägungen:
 
1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen). Die Beschwerde hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde an das Bundesgericht ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich diese grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen, sondern muss einen Antrag in der Sache beinhalten (BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 371 mit Hinweisen). Der Versicherte stellt ein rein kassatorisches Begehren. Aus der Begründung seiner Eingabe, die zur Interpretation des Antrages beigezogen werden kann (BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 135 f.; Urteil 9C_671/2014 vom 30. Januar 2015 E. 2.1, in: SVR 2015 BVG Nr. 55 S. 234), ist jedoch ersichtlich, dass er mindestens eine Dreiviertelsrente anstrebt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist.
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2. Der Versicherte legt im letztinstanzlichen Verfahren unter anderem Berichte des Spitals B.________ vom 9. März und 25. Juni 2018, des Dr. med. C.________ vom 31. Juli 2018, des Dr. med. D.________ vom 10. und 24. Oktober 2018 sowie die Verfügung des Unfallversicherers vom 12. März 2019 auf. Diese Dokumente sind allesamt vor dem angefochtenen Entscheid erstellt worden. Der Beschwerdeführer erläutert jedoch nicht (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395), warum er die Urkunden nicht bereits im kantonalen Verfahren präsentiert hat und weshalb erst der vorinstanzliche Entscheid Anlass für ihre Einreichung gegeben haben soll (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 V 194 E. 2.2 S. 196). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f.). Mithin bleiben diese Dokumente unbeachtlich. Das Schreiben der Kinik E.________ vom 1. Mai 2019 ist als echtes Novum ebenfalls unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f. mit Hinweisen).
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Erwägung 3
 
3.1. Die Vorinstanz erkannte, dem Beschwerdeführer seien ab Juli 2017 leichte, wechselbelastende Tätigkeiten und ab Januar 2018 auch mittelschwere Arbeiten zu 100 % zumutbar gewesen. Im Entscheidzeitpunkt vom 21. Mai 2015 (recte: 26. Mai 2015) sei der Versicherte für angepasste, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Belastung des rechten Handgelenks als vollständig arbeitsfähig erachtet worden. Demnach müsse für die Zeitspanne von Juli bis Dezember 2017 von einer vorübergehenden Verschlechterung der Arbeitsfähigkeit ausgegangen werden, womit zu prüfen bleibe, ob sich diese anspruchsbegründend auf den Invaliditätsgrad ausgewirkt habe. Diese Frage verneinte das kantonale Gericht in der Folge bei einem ermittelten Invaliditätsgrad von 10 %.
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3.2. Betreffend die vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit (E. 3.1) macht der Beschwerdeführer einzig geltend, gemäss den Berichten der Dres. med. C.________ vom 31. Juli 2018 und D.________ vom 10. und 24. Oktober 2018 sei er nach wie vor in allen Tätigkeiten 100 % arbeitsunfähig. Nach dem Gesagten bleiben diese Dokumente als unechte Noven unbeachtlich (E. 2). Der Versicherte vermag folglich nicht (substanziiert) aufzuzeigen, dass die entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen des kantonalen Gerichts offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG) sein sollen. Diese sind für das Bundesgericht mithin verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG).
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4. Streitig sind im Weiteren das Validen- sowie das Invalideneinkommen.
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4.1. Die Vorinstanz stellte fest, gemäss Handelsregisterverzeichnis sei über die ehemalige Arbeitgeberin des Versicherten mit Wirkung ab dem 24. Oktober 2016 der Konkurs eröffnet worden. Auch ohne gesundheitliche Einschränkungen würde er die Tätigkeit bei diesem Unternehmen nicht mehr ausüben, weshalb das damalige Einkommen nicht als Valideneinkommen herangezogen werden könne. Da der Beschwerdeführer über keine Berufsausbildung verfüge, sei zur Bestimmung des Valideneinkommens auf die Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) abzustellen, wobei der Versicherte als Hilfskraft zu qualifizieren sei. Auch in einer angepassten Tätigkeit sei er in einem Pensum von 100 % als Hilfsarbeiter einzuordnen. Damit erübrige sich ein ziffernmässiger Einkommensvergleich, und es könne eine Gegenüberstellung blosser Prozentzahlen vorgenommen werden. Selbst unter grosszügiger Annahme eines leidensbedingten Abzugs vom Tabellenlohn von 10 % resultiere ein nicht anspruchsbegründender Invaliditätsgrad von 10 %.
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4.2. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim Vorgehen des kantonalen Gerichts entgegen den rechtlichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid nicht um einen "Prozentvergleich" im Sinne von BGE 114 V 310 E. 3a S. 313 (mit Hinweis auf 104 V 135 E. 2b S. 137), sondern um eine rein rechnerische Vereinfachung handelt (vgl. Urteil 8C_148/2017 vom 19. Juni 2017 E. 4 mit Hinweis auf 9C_675/2016 vom 18. April 2017 E. 3.2.1). Insoweit ist auf die Kritik des Beschwerdeführers, der Prozentvergleich sei im vorliegenden Fall nicht zulässig, nicht weiter einzugehen.
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4.3. Zu prüfen ist hingegen seine Rüge, als Valideneinkommen sei das von ihm bei der damaligen Arbeitgeberin erzielte Einkommen von Fr. 77'814.10 heranzuziehen, da dieses keineswegs aus dem Rahmen falle und er diesen Verdienst auch bei einem anderen Arbeitgeber in seiner angestammten Tätigkeit erzielt hätte. Entsprechend müsse auch ziffernmässig ein vergleichbares Invalideneinkommen ermittelt werden.
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4.3.1. Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Selbst wenn ein Einkommensvergleich (Art. 28a Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 16 ATSG) mit dem von ihm geltend gemachten Valideneinkommen durchgeführt wird, resultiert kein anderes Ergebnis, wie sich nachfolgend zeigt.
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4.3.2. Gemäss vorinstanzlichen Feststellungen sind ihm angepasste Tätigkeiten in einem Pensum von 100 % zumutbar (vgl. E. 3.1 oben). Dem Versicherten ist beizupflichten, dass er nicht mehr in der Lage ist, einen Verdienst zu erwirtschaften, den er zuvor als Gesunder erzielt hat. Dem wird insofern Rechnung getragen, als bei der LSE-Tabelle auf das Total der Männer im Kompetenzniveau 1 abzustellen ist. Weshalb er als Hilfsarbeiter in einem Pensum von 100 % nicht mehr als Fr. 30'000.- soll erzielen können, wie er geltend macht, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht weiter ausgeführt. Die IV-Stelle ermittelte in der Verfügung vom 2. März 2018 nachvollziehbar ein Invalideneinkommen für das Jahr 2017 im Umfang von Fr. 66'851.84 (unter Berücksichtigung der LSE-Tabelle 2014 und der Nominallohnentwicklung).
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4.3.3. Die Vorinstanz, wie zuvor auch die IV-Stelle, hat einen Tabellenlohnabzug von 10 % (vgl. BGE 126 V 75) gewährt, wobei ein Invalideneinkommen von Fr. 60'166.66 resultiert. Soweit der Beschwerdeführer pauschal moniert, es sei ein Abzug von mindestens 20 % zu gewähren, betrifft dies eine reine Ermessensfrage, welche nur bei Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung durch das Bundesgericht korrigierbar ist (Urteil 9C_44/2019 vom 2. Mai 2019 E. 4.3 u.a. mit Hinweis auf BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72), wovon hier keine Rede sein kann.
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4.3.4. Bei der Gegenüberstellung der beiden relevanten Einkommen (Fr. 77'814.- und Fr. 60'167.-) resultiert ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von gerundet 23 %. Das kantonale Gericht ist folglich zu Recht davon ausgegangen, dass der Versicherte keinen Rentenanspruch hat.
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4.4. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das Sozialversicherungsgericht habe das Invalideneinkommen nicht möglichst sorgfältig und genau ermitteln wollen und dadurch seinen Gehörsanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt, kann ihm nicht gefolgt werden. Denn dem angefochtenen Entscheid kann entnommen werden, wie die Vorinstanz das Invalideneinkommen ermittelt hat (E. 4.1 oben). Der Umstand, dass der Versicherte mit dem Vorgehen der rein rechnerischen Vereinfachung nicht einverstanden ist, ist nicht eine Frage der Gehörsverletzung, sondern der Wahl der Bemessungsmethode des Invaliditätsgrades.
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5. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt wird.
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6. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Versicherten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 8. Oktober 2019
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Pfiffner
 
Die Gerichtsschreiberin: Huber
 
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