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Informationen zum Dokument  BGer 2C_450/2019  Materielle Begründung
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BGer 2C_450/2019 vom 05.09.2019
 
 
2C_450/2019
 
 
Urteil vom 5. September 2019
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichterin Hänni,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Advokat Alexander Sami, Advokatur Landi Ruckstuhl Sami,
 
gegen
 
Amt für Migration und Bürgerrecht des Kantons Basel-Landschaft,
 
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude.
 
Gegenstand
 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 16. Januar 2019 (810 15 138).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ (geb. 1987) wurde in der Schweiz geboren; er ist türkischer Staatsbürger und verfügt über eine Niederlassungsbewilligung im Kanton Basel-Landschaft. Von 2002 bis 2003 ging er in der Türkei zur Schule. Er ist mit einer hier geborenen türkischen Partnerin verlobt.
1
 
B.
 
B.a. Von 1997 bis 2011 beging A.________ diverse Straftaten, für die er rechtskräftig verurteilt wurde (Raub, Diebstahl, Tätlichkeiten, Drohungen, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Nötigung, Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz usw.; vgl. die detaillierte Aufzählung in der Verfügung des Amts für Migration Basel-Landschaft vom 13. Oktober 2014 S. 2 ff.). Von 2005 bis 2011 bezog er Sozialhilfeleistungen in der Höhe von Fr. 52'382.00. Das Amt für Migration Basel-Landschaft ermahnte ihn am 26. Mai 2011 und drohte ihm schwerwiegendere Sanktionen an, sollte er sich weiterhin nicht an die hiesigen Gesetze halten. Es bezog die zu diesem Zeitpunkt noch hängigen Strafverfahren - aufgrund der Unschuldsvermutung - nicht in seine Verwarnung mit ein.
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B.b. Das Strafgericht Basel-Landschaft verurteilte A.________ am 17. Dezember 2013 wegen mehrfachen Raubs, mehrfacher Drohung, mehrfacher versuchter Nötigung, mehrfacher Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs, mehrfacher Beschimpfung, geringfügigen Diebstahls, Widerhandlung gegen das Waffengesetz und mehrfachen Konsums von Betäubungsmitteln (Tatzeit: Februar bzw. März 2011 sowie 2009 bis 2011) zu einer unbedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 24 Monaten; es schob den Vollzug der Strafe indessen zugunsten einer stationären Massnahme für junge Erwachsene auf. Am 26. Juni 2014 erklärte das Obergericht des Kantons Aargau A.________ unter anderem des Raubes, des Diebstahls, der Sachbeschädigung, der Drohung und des Hausfriedensbruchs für schuldig (Tatzeit: September und Oktober 2009 sowie 2007 bis 2009) und verurteilte ihn zu einer unbedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 15 Monaten; es schob den Vollzug der Strafe ebenfalls zugunsten einer stationären Massnahme für junge Erwachsene auf. Während des Massnahmevollzugs (ab 30. Januar 2013) verstiess A.________ mehrfach gegen die Hausordnungen; zudem entfloh er wiederholt aus den verschiedenen Anstalten und wurde in dieser Zeit teilweise auch wieder straffällig.
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B.c. Gestützt auf die verschiedenen Verurteilungen widerrief das Amt für Migration Basel-Landschaft am 13. Oktober 2014 die Niederlassungsbewilligung von A.________ (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG; bis zum 1. Januar 2019: AuG). Die hiergegen eingereichten kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg: Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft bestätigte die angefochtene Verfügung am 5. Mai 2015; das Kantonsgericht wies die bei ihm eingereichte Beschwerde am 16. Januar 2019 ab, nachdem es das Verfahren im Hinblick auf noch hängige strafrechtliche Berufungen vorübergehend sistiert hatte.
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C. Der Beschwerdeführer beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts vom 16. Januar 2019 aufzuheben und ihm die Niederlassungsbewilligung zu belassen; allenfalls sei er noch einmal zu verwarnen oder die widerrufene Niederlassungsbewilligung durch eine Aufenthaltsbewilligung zu ersetzen. "Subsubeventualiter" sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für den Fall des Unterliegens ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung (Art. 64 BGG).
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Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Kantonsgericht hat darauf verzichtet, sich zur Beschwerde zu äussern. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) als beschwerdeberechtigte Bundesbehörde hat sich nicht vernehmen lassen.
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Der Abteilungspräsident hat der Eingabe am 16. Mai 2019 antragsgemäss aufschiebende Wirkung beigelegt.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung kann mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangt werden, da die entsprechende Bewilligung grundsätzlich zeitlich unbeschränkt gilt (Art. 34 AIG) und insofern einen Rechtsanspruch für den Betroffenen begründet. Der Beschwerdeführer kann sich nach einem Aufenthalt von rund 32 Jahren zudem in vertretbarer Weise auf den Schutz seines Privatlebens gemäss Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV berufen (vgl. BGE 144 I 266 ff. [Praxisänderung]). Ob die kantonalen Behörden ihm die Bewilligung zu Recht entzogen haben, ist eine Frage der materiellen Beurteilung und keine solche des Eintretens (vgl. BGE 139 I 330 E. 1.1 S. 332; 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4 mit Hinweisen). Da alle übrigen Urteilsvoraussetzungen gegeben sind (vgl. Art. 42, Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG), ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an die Hand zu nehmen.
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1.2. Anders verhält es sich, soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Wegweisung wendet, den kantonalen Ermessensentscheid infrage stellen will oder geltend macht, es bestehe bei ihm ein ausländerrechtlicher Härtefall (Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG). Dies müsste er mit einer subsidiären Verfassungsbeschwerde tun. Der Beschwerdeführer erhebt diesbezüglich indessen keine hinreichend begründeten, zulässigen (Verfassungs-) Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 137 II 305 ff. bzw. Star-Praxis; vgl. das Urteil 2C_202/2018 vom 19. Juli 2019 E. 1.1), weshalb auf die entsprechende Problematik nicht weiter einzugehen ist. Sollte das Bundesgericht den Widerruf der Niederlassungsbewilligung aufheben, entfiele auch der als gesetzliche Folge damit verbundene Wegweisungsentscheid (vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. c AIG bzw. das Urteil 2C_1115/2015 vom 20. Juli 2016 E. 1.1 und 1.2).
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1.3. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG); es prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die vorgebrachten Rechtsverletzungen, falls weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144). Das Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig ermittelt (BGE 142 I 135 E. 1.6 S. 144 f.; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung bzw. die Sachverhaltsfeststellung klarerweise unhaltbar sein soll, muss in der Beschwerdeschrift detailliert aufgezeigt werden (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.). Der Beschwerdeführer beanstandet die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung weitgehend bloss appellatorisch, d.h. er wiederholt seine Sicht der Dinge und stellt diese jener der Vorinstanz gegenüber, ohne darzutun, dass und inwiefern die Vorinstanz die Beweise in Verletzung von Art. 9 BV (Willkür) gewürdigt oder den Sachverhalt offensichtlich fehlerhaft ermittelt hätte. Eine rein appellatorisch begründete Kritik genügt im bundesgerichtlichen Verfahren nicht; entsprechend formulierte Rügen gelten als ungenügend substanziiert (vgl. LAURENT MERZ, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger/Kneubühler [Hrsg.], Basler Kommentar BGG, 3. Aufl. 2018, N. 53 zu Art. 42 BGG).
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Erwägung 2
 
2.1. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hat die bundesgerichtliche Praxis im Zusammenhang mit dem Widerruf der Niederlassungsbewilligung zutreffend wiedergegeben; es kann hinsichtlich der Prüfung der Verhältnismässigkeit der aufenthaltsbeendenden Massnahme auf deren Ausführungen zu den im Rahmen von Art. 96 AIG und Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu berücksichtigenden Faktoren verwiesen werden (vgl. E. 5 des angefochtenen Entscheids; Urteil 2C_386/2019 vom 31. Juli 2019 E. 3.2.2; BGE 142 II 35 E. 6.1 S. 47 sowie das Urteil des EGMR 
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2.2. Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG kann die zuständige Migrationsbehörde die Niederlassungsbewilligung widerrufen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer zu einer längerfristigen Strafe verurteilt worden ist. Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn die Sanktion die Dauer von einem Jahr überschreitet; dabei spielt keine Rolle, ob sie bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen worden ist (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18). Der Beschwerdeführer stellt nicht infrage, dass er den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG erfüllt. Es liegt damit hinsichtlich des Eingriffs in den Schutzbereich der Garantien von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV eine gesetzliche Grundlage vor, welche dem zulässigen Zweck der Verhinderung weiterer Straftaten und dem Schutz des wirtschaftlichen Wohls des Landes dient.
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2.3. Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich - wie der Beschwerdeführer - schon seit langer Zeit im Land aufhält, soll nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit ist dies jedoch selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat. Bei gewichtigen Straftaten und bei Rückfall sowie bei wiederholter (unverbesserlicher) Delinquenz besteht regelmässig ein wesentliches öffentliches Interesse daran, die weitere Anwesenheit der Täterin oder des Täters - unter Vorbehalt der Verhältnismässigkeitsprüfung - zu beenden, da und soweit sie hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht haben bzw. sie sich von straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen nicht haben beeindrucken lassen und damit zeigen, dass sie auch künftig weder willens noch fähig erscheinen, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (Art. 63 Abs. 1 lit. b AIG; BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f., 31 E. 2.1 S. 32 f.; 137 II 297 E. 3.3 S. 304). Der Grad der fortbestehenden Bedrohung ist aufgrund des bisherigen Verhaltens und allfälliger Gutachten aus dem Strafverfahren abzuschätzen. Je schwerer die befürchtete bzw. vernünftigerweise absehbare Rechtsverletzung wiegt, um so weniger ist die Möglichkeit eines Rückfalls ausländerrechtlich hinzunehmen (BGE 139 II 121 E. 5.3 S. 125 f. [FZA]; 136 II 5 E. 4.2 S. 20 [FZA]).
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Erwägung 3
 
3.1. Die kantonalen Instanzen haben die verschiedenen Interessen umfassend geprüft und gegeneinander abgewogen; es kann weitgehend auf ihre Begründung, der sich das Bundesgericht anschliesst, verwiesen werden: Der Beschwerdeführer ist sowohl als Jugendlicher als auch als junger Erwachsener immer wieder straffällig geworden; dabei fallen vor allem seine wiederholt begangenen Raubtaten ins Gewicht: Er ist in diesem Zusammenhang zu zwei unbedingten Freiheitsstrafen von insgesamt 39 Monaten verurteilt worden; hinzu kommt eine weitere Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten (Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 7. Februar 2017). Zwar wurden die gewichtigen Strafen zugunsten einer Massnahme für junge Erwachsene aufgeschoben, doch vermochte der Beschwerdeführer sich (auch) im Massnahmevollzug nicht zu bewähren. Weder die Beziehungen zu seiner hier lebenden Familie, die zahlreichen Verurteilungen, die Untersuchungshaft, der Massnahmevollzug, die Verwarnung vom 26. Mai 2011 noch laufende Probezeiten vermochten ihn jeweils von weiteren Straftaten bzw. Gewaltdelikten abzuhalten. Ihm wurden zahlreiche Chancen gegeben, sich zu integrieren, den hiesigen Verhältnissen und Werten anzupassen und ein deliktsfreies Leben zu führen; er hat hiervon keinen Gebrauch gemacht und muss nun die sich daraus ergebenden Konsequenzen tragen. Zwar hat er wiederholt erklärt, sich wohl verhalten, Selbstverantwortung übernehmen und ein straffreies Leben führen zu wollen, doch setzte er dies nicht in die Praxis um. Er erwies sich vielmehr - weitgehend - als therapieresistent. Es konnten keine Handlungs- und Verhaltensveränderungen festgestellt werden, sondern bloss eine Strategie, sich äusserlich und oberflächlich anzupassen.
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3.2. Die strafrechtliche Landesverweisung ist auf den 1. Oktober 2016 in Kraft gesetzt worden. Nach Art. 63 Abs. 3 AIG ist ein ausländerrechtlicher Widerruf der Niederlassungsbewilligung unzulässig, wenn er nur damit begründet wird, dass ein Delikt begangen wurde, für das ein Strafgericht bereits eine Strafe oder Massnahme ausgesprochen hat. Die strafrechtliche Landesverweisung (Art. 66a ff. StGB) bildet eine Verschärfung des bisherigen Rechts und ist deshalb aufgrund des Rückwirkungsverbots und dem Grundsatz des milderen Rechts ("lex mitior") nicht auf Straftäter anwendbar, die - wie der Beschwerdeführer - zwar vor der Neuregelung straffällig geworden sind, für ihre Tat indessen erst nach dem 1. Oktober 2016 abgeurteilt werden (Urteil 1B_72/2017 vom 3. April 2017 E. 2.4.3 und 2C_666/2017 vom 1. Februar 2018 E. 3.3.2). Der ausländerrechtliche Widerruf der Niederlassungsbewilligung und die damit verbundene Wegweisung verletzen deshalb Art. 63 Abs. 3 AIG nicht.
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3.3. Raubdelikte, wie sie der Beschwerdeführer wiederholt begangen hat, gehören gemäss Art. 121 Abs. 3 BV zu den Straftaten, welche grundsätzlich unabhängig von der Aufenthaltsdauer zum Verlust des Aufenthaltsrechts führen. Das Bundesgericht trägt dieser verfassungsrechtlichen Wertung in der Interessenabwägung nach Art. 96 AIG und Art. 8 Ziff. 2 EMRK insofern Rechnung, als es dadurch zu keinem Widerspruch zu übergeordnetem Recht - insbesondere der BV und der EMRK - kommt (BGE 139 I 16 E. 5 S. 28-31). Dies ist hier aufgrund der Ausführung in den verschiedenen Strafurteilen und im angefochtenen Entscheid des Kantonsgerichts nicht der Fall. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass die Strafbehörden bei ihm von einem Härtefall ausgegangen wären, ist dies in keiner Weise erstellt; es rechtfertigt sich nicht, diesbezüglich zu spekulieren.
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3.4. Das Obergericht des Kantons Aargau erachtete die Raubtaten des Beschwerdeführers als besonders verwerflich; es qualifizierte das Tatverschulden als nicht mehr leicht bis mittelschwer. Die Dreistigkeit der Tatausführung zeuge "von einer erheblichen kriminellen Energie". Einem Opfer hielt der Beschwerdeführer ein Messer in unmittelbare Nähe des Halses, im Übrigen bediente er sich einer echt aussehenden (fiktiven) Waffe, teilweise drohte er den Opfern auch anderweitig mit Gewalt. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer keinerlei Reue oder Einsicht gezeigt. Im Hinblick hierauf bzw. auf die Vielzahl der über die Jahre hinweg begangenen Delikte sowie auf die wiederholten Fluchten aus den Massnahmezentren in den Jahren 2012, 2013 und zweimal 2014, wobei er auf der Flucht wiederum straffällig wurde, ist ausländerrechtlich von einem schweren Verschulden auszugehen. Die zahlreichen Versetzungen zwischen Massnahmezentren und Gefängnissen zeigen im Rahmen der Beweiswürdigung willkürfrei auf, dass er nicht gewillt oder fähig ist, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten.
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3.5. Im Übrigen besteht bei ihm auch eine ausländerrechtlich nicht hinzunehmende Rückfallgefahr: Der Beschwerdeführer wurde in den Strafverfahren mehrfach psychologisch begutachtet. Gemäss dem Ergänzungsgutachten vom 22. April 2014 war er trotz einer psychischen Störung in seiner Fähigkeit zur Einsicht in das Unrecht seiner Taten und zum Handeln gemäss dieser Einsicht fähig. Dem Beschwerdeführer wurde zudem eine ungünstige Legalprognose mit erhöhter Rückfallgefahr gestellt; die drohenden Straftaten dürften künftig den in der Vergangenheit begangenen entsprechen. Vom Betroffenen seien mit "stark erhöhter Wahrscheinlichkeit" weitere Delikte im Betäubungsmittelbereich (Handel und Selbstkonsum) und mit einer "erhöhten Wahrscheinlichkeit" anderweitige Straftaten zu erwarten. Eine allfällige Therapiefähigkeit habe als "eher eingeschränkt" zu gelten; dies hat sich durch die 4 Fluchten aus den Therapiezentren denn auch bestätigt. Besteht demnach die ernste Gefahr, dass der Beschwerdeführer weitere Gewaltdelikte, wozu das Bundesgericht Raubtaten zählt, begeht, ist aus Sicherheitsgründen grundsätzlich ein erhebliches Interesse am Schutz der Bevölkerung vor weiteren schweren Straftaten gegeben (vgl. das Urteil 2C_99/2019 vom 28. Mai 2019 E. 5.4.4 mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, nur über eine "Minderintelligenz" zu verfügen, fällt dies hier nicht ins Gewicht, da sie keinen Krankheitswert aufweist; der Fall kann nicht mit dem Urteil 2C_786/2018 vom 27. Mai 2019 verglichen werden, wo dem Betroffenen ein Intelligenzalter von "9 bis unter 12 Jahren" attestiert wurde.
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Erwägung 4
 
4.1. Für den Beschwerdeführer spricht sein langer Aufenthalt in der Schweiz und der Umstand, dass ein Grossteil seiner Familie sich (ebenfalls) hier aufhält, zudem beherrscht er die deutsche Sprache und ist mit einer Landsfrau verlobt, doch macht er nicht geltend, mit ihr zusammen zu leben. Die kantonalen Behörden durften aufgrund der verschiedenen Elemente darauf schliessen, dass der Beschwerdeführer in der Schweiz beruflich, wirtschaftlich, persönlich und sozial bloss als beschränkt integriert gelten kann (kein Berufsabschluss [auch nicht im Rahmen des Massnahmevollzug, wo ihm die entsprechende Möglichkeit ein weiteres Mal geboten worden war], nur punktuelle Erwerbstätigkeit, Fürsorgeabhängigkeit, Bekannte vor allem im Kreis von Landsleuten). Er ist zudem über Jahre hinweg - und bereits als Jugendlicher - straffällig geworden, was belegt, dass er sich hier trotz der ihm gebotenen Chancen nicht verwurzeln konnte oder wollte. Gestützt auf sein Verhalten mussten der Beschwerdeführer und seine Partnerin damit rechnen, dass sie ihre Beziehung allenfalls nicht in der Schweiz würden leben können.
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4.2. Der Beschwerdeführer hat zwischen 2002 und 2003 die Schule in der Türkei besucht und kennt sein Heimatland von Ferienbesuchen her. Auch wenn die Grosseltern inzwischen verstorben sein sollen, ist ihm eine Rückkehr in die Heimat zumutbar: Es ist gerichtsnotorisch davon auszugehen, dass er durch seine Familie und seine Aufenthalte in der Heimat mit der dortigen Sprache sowie Sitten und Gebräuchen vertraut gemacht wurde. Seiner Verlobten als Landsfrau ist es gegebenenfalls möglich, ihn zu begleiten. Nach der bundesgerichtlichen Praxis verunmöglicht eine strafrechtliche Verurteilung im Übrigen nicht, wieder in den Besitz eines Aufenthaltsrechts zu kommen: Soweit der Beschwerdeführer, gegen den eine Entfernungsmassnahme ergriffen wurde, weiterhin in den Kreis der nach Art. 42 ff. AIG nachzugsberechtigten Personen fällt, ist auf Gesuch hin eine Neubeurteilung nach 5 Jahren vorzunehmen, falls der Betroffene sich bewährt und für eine angemessene Dauer in seiner Heimat klaglos verhalten hat, sodass eine deliktsfreie Integration in die hiesigen Verhältnisse nunmehr absehbar erscheint und eine allfällige Rückfallgefahr vernachlässigt werden kann (vgl. das Urteil 2C_1077/2018 vom 6. Juni 2019 E. 5.3.4 mit Hinweisen). In der Zwischenzeit kann der Beschwerdeführer den Kontakt mit seiner Familie und seiner Verlobten, falls sie in der Schweiz verbleibt, besuchsweise oder über die neuen elektronischen Medien aufrecht erhalten. Zwar pflegt er derzeit seine psychisch angeschlagene Mutter, er macht aber nicht geltend, dass insofern ein eigentliches Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12 f.; 129 II 11 E. 2 S. 14). Während seinem Massnahmevollzug und den verschiedenen Zeiten der Flucht musste die Familie bereits bisher eine andere Lösung zur Betreuung der Mutter finden.
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4.3. Der Beschwerdeführer ist noch jung. Es ist ihm zumutbar, in die Türkei zurückzukehren und dort allenfalls - soweit nötig - seine Sprachkenntnisse zu vertiefen (Urteile 2C_642/2016 vom 20. Juli 2017 E. 4.3 und 2C_50/2012 vom 28. September 2012 E. 7.3). Der Beschwerdeführer verfügt in der Heimat nach eigenen Angaben über kein Beziehungsnetz mehr, das ihm beim Aufbau einer neuen Existenz behilflich sein könnte; in seinem Alter ist er jedoch fähig, sich ein solches selber zu schaffen (Urteil 2C_642/2016 vom 20. Juli 2017 E. 4.3); inzwischen kann er finanziell wie moralisch von seinen Familienangehörigen von der Schweiz aus unterstützt werden. Die hier aus punktueller Erwerbstätigkeit erworbenen beruflichen sowie die sprachlichen Kenntnisse dürften ihm helfen, auch in seiner Heimat ein Auskommen zu finden.
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Erwägung 5
 
5.1. Was der Beschwerdeführer weiter vorbringt, überzeugt nicht: Das Kantonsgericht hat seine Einwände geprüft und deren Würdigung hinreichend begründet; sein Anspruch auf rechtliches Gehör wurde nicht verletzt (Art. 29 BV; zur Begründungspflicht: BGE 142 II 49 E. 9.2 S. 65 mit Hinweisen). Entgegen seiner Annahme bestehen keinerlei Hinweise darauf, dass er seine "Lektion" mittlerweilen gelernt hätte. Soweit der Beschwerdeführer einwendet, er habe sich während rund 5 Jahren nichts mehr zu schulden kommen lassen, ist zu berücksichtigen, dass in dieser Zeit, das ausländerrechtliche Widerrufsverfahren hängig war, was erklären mag, warum er unter dem entsprechenden äusseren Druck - soweit ersichtlich - nicht wieder straffällig geworden ist. Das bedeutet indessen nicht, dass er sich auch nach Abschluss des Verfahrens auf die Dauer wohlverhalten würde (vgl. das Urteil 2C_846/2018 vom 26. März 2019 E. 5.4 mit Hinweis). Hiergegen sprechen die psychiatrischen Gutachten und sein bisheriges Verhalten.
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5.2. Die Ausländerbehörde ist im Übrigen - Art. 63 Abs. 3 AIG (Fassung vom 16. Dezember 2016) vorbehalten - nicht an die Einschätzung der Strafbehörden hinsichtlich der Rückfallgefahr gebunden, da das Ausländerrecht zum Schutz der Gesellschaft hinsichtlich des hinnehmbaren Risikos strengere Anforderungen stellt als das Strafrecht (BGE 140 I 145 E. 4.3 S. 150; 137 II 233 E. 5.2.2 S. 336 f.). Der Beschwerdeführer ist wiederholt zu unbedingten Strafen verurteilt worden. Das straf- und das ausländerrechtliche Verfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Strafrechtlich geht es um die verschuldensabhängige Sanktionierung verpönten Verhaltens und die Reintegration des Täters oder der Täterin; ausländerrechtlich steht dagegen der Sicherheitsaspekt im Vordergrund. Da bei der Festsetzung des Strafmasses im Strafverfahren sämtliche strafmildernden Umstände bereits mitberücksichtigt werden, bleibt kein Raum, um diese im ausländerrechtlichen Verfahren (erneut) geltend machen zu können (BGE 134 II 10 E. 4.2 S. 23; 129 II 215 E. 3 S. 216 ff. [altrechtlich]).
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5.3. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers eine (weitere) Verwarnung nicht sachgerecht erscheint, nachdem der Beschwerdeführer alle ihm gebotenen Chancen nicht zu nutzen vermochte. Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 63 Abs. 2 AIG (Fassung vom 16. Dezember 2016; in Kraft seit dem 1. Januar 2019) fällt nicht in Betracht: Nach dieser Bestimmung kann die Niederlassungsbewilligung widerrufen und durch eine Aufenthaltsbewilligung ersetzt werden, wenn die Integrationskriterien nach Art. 58a AIG nicht erfüllt sind; dieser Fall findet Anwendung zur Verbesserung von Integrationsdefiziten; sie gilt nicht für eine Person, von der - wie hier - gestützt auf ihr bisheriges unverbesserliches, deliktisches Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Der Beschwerdeführer hat im Massnahmevollzug Chancen gehabt, sich zu integrieren; wenn er dies nicht tat und aus diesem floh, kann er sich heute nicht auf Art. 63 Abs. 2 AIG berufen, da die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an Stelle der Niederlassungsbewilligung nicht geeignet erscheint, die von ihm ausgehende Rückfallgefahr zu vermindern. In dieser Situation überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse, dass der betroffene Ausländer das Land verlässt. Der Beschwerdeführer wendet ein, dass er der alevitische-kurdischen Minderheit in der Türkei angehöre und deshalb einer Gefahr ausgesetzt sei; er belegt diese Behauptung nicht weiter und legt auch nicht dar, welchem konkreten "real risk" er sich ausgesetzt sähe; seine Rüge genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht (vorstehende E. 1.3).
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Erwägung 6
 
6.1. Die vorliegende Beschwerde ist unbegründet und deshalb abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. Für die weitere Begründung wird ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen verwiesen.
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6.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann gutgeheissen werden, da die Beschwerde nicht zum vornherein als aussichtslos erscheinen musste und der Beschwerdeführer bedürftig ist (Art. 64 Abs. 1 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen und dem Beschwerdeführer Advokat Alexander Sami, Allschwil, als unentgeltlicher Vertreter beigegeben.
 
3. Es werden keine Kosten erhoben.
 
4. Dem Vertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet.
 
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, sowie dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 5. September 2019
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
 
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