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Informationen zum Dokument  BGer 9C_254/2019  Materielle Begründung
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BGer 9C_254/2019 vom 28.06.2019
 
 
9C_254/2019
 
 
Urteil vom 28. Juni 2019
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless,
 
Gerichtsschreiberin Dormann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Advokat Michael Blattner,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle Basel-Landschaft,
 
Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 17. Januar 2019
 
(720 18 139 / 13 // 720 18 140 / 14).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die IV-Stelle Basel-Landschaft richtete dem 1975 geborenen A.________ eine ganze Invalidenrente seit dem 1. April 2002 und eine Hilflosenentschädigung seit dem 1. Januar 2008 aus (Verfügungen vom 19. August 2005 und 26. Mai 2008). Die Ansprüche bestätigte sie - u.a. nach Einholung des psychiatrischen Verlaufsgutachtens des Dr. med. B.________ vom 1. November 2013 - letztmals am 17. und 25. März 2014. Anschliessend ordnete sie eine Überwachung des Versicherten an, die zwischen Februar 2014 und Mai 2015 erfolgte. Im September 2015 leitete die Verwaltung ein erneutes Revisionsverfahren ein. In dessen Verlauf veranlasste sie insbesondere die Gutachten des Dr. med. C.________ (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) vom 27. Juni 2016 und des Dr. med. D.________ (Facharzt für Rheumatologie sowie für Physikalische Medizin und Rehabilitation) vom 7. Juli 2016 mit bidisziplinärer Gesamtbeurteilung. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens hob sie die Rente und die Hilflosenentschädigung rückwirkend auf den 1. Dezember 2013 auf (Verfügungen vom 28. März 2018).
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B. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hiess die dagegen erhobenen Beschwerden - nach Vereinigung der Verfahren - mit Entscheid vom 17. Januar 2019 insofern teilweise gut, als es den Aufhebungszeitpunkt auf den 1. November 2014 korrigierte.
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C. A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der Entscheid vom 17. Januar 2019 und die Verfügungen vom 28. März 2018 seien aufzuheben, und die Sache sei zur Neubeurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Eventualiter seien ihm die bisherigen Leistungen bis zum 30. April 2018 auszurichten und es sei die Sache zu neuer Verfügung an die Verwaltung zurückzuweisen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
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1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; Urteil 9C_752/2018 vom 12. April 2019 E. 1.2).
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2. Die Vorinstanz hat die Ergebnisse der Überwachung für verwertbar gehalten. Sodann hat sie einen (spätestens) ab November 2014 erheblich verbesserten Gesundheitszustand festgestellt und diesbezüglich dem Versicherten eine Meldepflichtverletzung vorgeworfen. Folglich hat sie - auf der Grundlage von Art. 17 ATSG und Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV (SR 831.201) - die Voraussetzungen für eine rückwirkende Rentenaufhebung (auf den 1. November 2014) bejaht.
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Erwägung 3
 
3.1. Eine sachgerechte Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids war möglich. Daher kann von einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör resp. der Begründungspflicht keine Rede sein (vgl. BGE 142 III 433 E. 4.3.2 S. 436 mit Hinweisen).
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3.2. Beweismaterial, das (wie hier) im Rahmen einer rechtswidrig angeordneten Observation im öffentlich frei einsehbaren Raum gewonnen wurde, ist im Invalidenversicherungsverfahren gestützt auf eine Interessenabwägung zwischen privaten und öffentlichen Interessen verwertbar (BGE 143 I 377 E. 5.1.1 S. 385 f.). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die von der IV-Stelle veranlasste Überwachung mangels eines hinreichenden Anfangsverdachts resp. Gebotenheit (vgl. BGE 137 I 327 E. 5.4.2 S. 332 ff.) rechtswidrig gewesen sein soll, ist daher nicht von entscheidender Bedeutung. Die Vorinstanz hat in E. 7.2 und 7.3 des angefochtenen Entscheids dargelegt, weshalb sie die rechtswidrig (ohne genügende gesetzliche Grundlage) erlangten Observationsergebnisse für verwertbar gehalten hat. Der Versicherte befasst sich damit nicht substanziiert (vgl. E. 1.1), und es ist auch nicht ersichtlich, dass der vorinstanzliche Entscheid diesbezüglich rechtswidrig sein soll (vgl. Urteil 9C_561/2018 vom 8. Februar 2019 E. 5.2.2).
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Erwägung 3.3
 
3.3.1. Die Vorinstanz hat mit Blick auf Art. 17 ATSG und Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV insbesondere festgestellt, der Versicherte habe gegenüber Dr. med. B.________ u.a. angegeben, unter Ängsten zu leiden, allein kaum aus dem Haus zu gehen, keine Spaziergänge zu machen und niemanden zu treffen. Eine derart deutliche Symptomatik einer depressiv-ängstlichen Rückzugstendenz mit totaler sozialer Isolation, Regression und Abschottung liege nicht mehr vor; die anlässlich der Observation ab dem 26. Oktober 2014 dokumentierten Aktivitäten kontrastierten klar mit den früheren Angaben. Seit diesem Datum sei der Beschwerdeführer mindestens zu 80 % in angepasster Tätigkeit arbeitsfähig. Angesichts des erhöhten Aktivitätenniveaus sei ihm sein verbesserter Gesundheitszustand zweifellos erkennbar gewesen.
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Diesbezüglich stellt der Beschwerdeführer lediglich die Verbesserung des Gesundheitszustandes und den Zeitpunkt deren Eintritts in Abrede.
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3.3.2. Die vorinstanzlichen Feststellungen (E. 3.3.1) finden eine beweismässige Grundlage insbesondere in der überzeugenden (vgl. BGE 125 V 251 E. 3a S. 352) Expertise des Dr. med. C.________ vom 27. Juni 2016, die noch ohne Kenntnis der Observationsergebnisse erstellt wurde, und im verwertbaren (E. 3.2) Ermittlungsbericht über die zwischen Februar 2014 und Mai 2015 erfolgte Überwachung. Sie beruhen daher nicht auf einer Rechtsverletzung. Auch wenn "psychotische Schwankungen" und die 2013 gegenüber Dr. med. B.________ gemachten Angaben, alleine "kaum" aus dem Haus zu gehen, "vielleicht mal" mit dem Smart-Auto eine kurze Strecke zu fahren und alleine zum behandelnden Psychiater zu gehen, (mit-) berücksichtigt werden, sind die vorinstanzlichen Feststellungen nicht offensichtlich unrichtig (E. 1.2). Sie bleiben für das Bundesgericht verbindlich (E. 1.1).
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3.4. Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid (Abs. 3) erledigt.
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4. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 28. Juni 2019
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Pfiffner
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann
 
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