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Informationen zum Dokument  BGer 8C_759/2018  Materielle Begründung
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BGer 8C_759/2018 vom 13.06.2019
 
 
8C_759/2018
 
 
Urteil vom 13. Juni 2019
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
 
Gerichtsschreiber Jancar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Braun,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Arbeitsunfähigkeit; Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. September 2018 (IV 2016/405).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der 1955 geborene A.________ war als Zimmermann bei der von ihm geführten B.________ AG tätig. Am 20. Januar 2012 erlitt er bei einem Autounfall eine mehrfragmentäre Calcaneusfraktur links, die am 25. Januar und 21. März 2012 sowie am 9. Dezember 2013 operativ versorgt wurde. Am 9. August 2012 meldete sich der Versicherte bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 2. November 2016 verneinte diese einen Rentenanspruch mangels eines rentenbegründenden Invaliditätsgrads.
1
B. Die hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen teilweise gut. Es sprach dem Versicherten vom 1. Februar 2013 bis 31. Januar 2016 eine ganze Invalidenrente zu. Zur Festsetzung der Rentenhöhe wies es die Sache an die IV-Stelle zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 11. September 2018).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihm ab 1. Februar 2013 eine unbefristete ganze Invalidenrente zuzusprechen.
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Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
4
 
Erwägungen:
 
1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen).
5
Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, gelten grundsätzlich als Zwischenentscheide, weil sie das Verfahren nicht abschliessen; sie können nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden (BGE 140 V 282 E. 2 S. 284; 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.). Wenn aber der unteren Instanz, an welche die Sache zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr bleibt und die Rückweisung - wie hier - bloss der (rein rechnerischen) Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient, handelt es sich materiell nicht um einen Zwischenentscheid, sondern um einen von der betroffenen versicherten Person anfechtbaren Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG (BGE 140 V 282 E. 4.2 S. 285 f.). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
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2. Da die beiden vor Bundesgericht hängigen Verfahren 8C_327/2018 und 8C_742/201018 das unfallversicherungsrechtliche Verfahren des Beschwerdeführers und auch nicht den gleichen vorinstanzlichen Entscheid betreffen, sind sie - entgegen seiner Auffassung - mit dem vorliegenden Verfahren nicht zu vereinigen. Es besteht auch kein Grund, dieses bis zur Erledigung jener beiden Verfahren zu sistieren.
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3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen, die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 141 V 585).
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4. Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen über die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 1 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 IVG) und die Invaliditätsbemessung bei im Gesundheitsfall voll erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) richtig dargelegt. Gleiches gilt bezüglich der Rechtsprechung zur Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit der versicherten Person bei vorgerücktem Alter (BGE 138 V 457). Darauf wird verwiesen.
9
 
Erwägung 5
 
5.1. Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, indem es die dem Beschwerdeführer zugesprochene Invalidenrente bis 31. Januar 2016 befristet hat.
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5.2. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, gemäss der Beurteilung des Dr. med. C.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie, Traumatologie des Bewegungsapparates, Kreisarzt der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt, vom 1. September 2015 sei erstellt, dass der Beschwerdeführer als Zimmermann nicht mehr arbeitsfähig sei. In einer überwiegend sitzenden Tätigkeit, unterbrochen von kurzen Gehstrecken ohne Gewichtsbelastung und kurzen Stehepisoden sei er hingegen zu 100 % arbeitsfähig. Er sei im massgebenden Zeitpunkt der kreisärztlichen Beurteilung 60 Jahre alt gewesen. Der ausgeglichene Arbeitsmarkt biete ihm ein hinreichend grosses Angebot an Arbeitsmöglichkeiten. Hinzu komme, dass er über eine fundierte Berufsbildung sowie gute sprachliche und intellektuelle Ressourcen verfüge und durch seine langjährige Tätigkeit in seiner Zimmerei vertiefte fachliche Kenntnisse erworben habe. Insgesamt sei damit trotz seines fortgeschrittenen Alters von einer Verwertbarkeit seiner Restarbeitsfähigkeit auszugehen. Umschulungsmassnahmen seien wegen seines Alters unverhältnismässig. Aufgrund seiner Schadenminderungspflicht sei es dem Beschwerdeführer zumutbar, eine leidensadaptierte Hilfsarbeit aufzunehmen, obwohl dies mit einem beruflichen Abstieg verbunden sei. Als Gesunder sei er in seiner eigenen Unternehmung hauptsächlich auf dem Bau und in der Werkstatt, mithin handwerklich tätig gewesen. Er habe lediglich im Rahmen von etwa 10 % Büroarbeiten ausgeführt. Aus den Akten ergebe sich nicht, dass er über die übliche Geschäftsführertätigkeit in einem Kleinbetrieb hinausgehende betriebswirtschaftliche Kenntnisse erworben hätte, die er nutzbringend einsetzen könnte. Beim trotz Gesundheitsschadens erzielbaren Invalideneinkommen sei somit auf das Kompetenzniveau 1 (einfache Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art) der Tabelle TA1, privater Sektor, der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) für das Jahr 2014 abzustellen. Hieraus ergebe sich nominal angepasst auf das Jahr 2015 und bei einem Tabellenlohnabzug von 10 % ein Invalideneinkommen von Fr. 59'969.70. Verglichen mit dem im Gesundheitsfall erzielbaren Valideneinkommen von Fr. 81'250.- resultiere ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 26 %. Der Beschwerdeführer habe erst mit dem Vorbescheid der IV-Stelle vom 29. Oktober 2015 Kenntnis davon erhalten, dass ihm die Aufnahme einer adaptierten Tätigkeit zugemutet werde. Erst ab diesem Zeitpunkt habe von ihm erwartet werden können, sich um eine angepasste Tätigkeit zu bemühen. Somit habe er aufgrund der Anmeldung im August 2012 ab 1. Februar 2013 (ein Jahr nach dem Unfall vom 20. Januar 2012) Anspruch auf eine ganze Invalidenrente. Nach Art. 88a Abs. 1 IVV sei eine dreimonatige Übergangsfrist zu gewähren und die Rente bis 31. Januar 2016 zu befristen.
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6. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, der Wechsel in eine andere berufliche Tätigkeit sei ihm schon altersbedingt nicht mehr ohne Weiteres zumutbar. Zudem sei er für eine Hilfstätigkeit offensichtlich überqualifiziert. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass ein ehemaliger Chef als Hilfsarbeiter angestellt werde. Nicht berücksichtigt habe die Vorinstanz auch, dass er stets im gleichen Holzbauunternehmen gearbeitet und somit keine Erfahrung mit beruflichen Umstellungen habe. Eine andere Tätigkeit würde somit einen Umstellungs- und Einarbeitungsaufwand erfordern. Der Zeitraum, der ihm für eine berufliche Tätigkeit noch zur Verfügung stünde, wäre somit äussert knapp, weshalb seine Restarbeitsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt realistischerweise nicht mehr nachgefragt werde. Weiter wäre mit der Aufnahme einer leidensangepassten Hilfsarbeit ein beruflicher und sozialer Abstieg verbunden. Er habe immer in U.________ gearbeitet, wo jeder jeden kenne. Er sei als Betriebsinhaber und Geschäftsführer bekannt. Es wäre unerträglich, den gleichen Leuten als Hilfsarbeiter zu begegnen.
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Erwägung 7
 
7.1. Unverwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit ist anzunehmen, wenn die zumutbare Tätigkeit in nur so eingeschränkter Form möglich ist, dass sie der ausgeglichene Arbeitsmarkt (vgl. Art. 7 Abs. 1 und Art. 16 ATSG; BGE 138 V 457 E. 3.1 S. 459 f.) praktisch nicht kennt oder sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen Arbeitgebers möglich wäre und das Finden einer entsprechenden Stelle daher von vorneherein als ausgeschlossen erscheint (Urteil 9C_898/2017 vom 25. Oktober 2018 E. 3.3).
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Das fortgeschrittene Alter wird in der Rechtsprechung, obgleich an sich ein invaliditätsfremder Faktor, als Kriterium anerkannt, das zusammen mit weiteren persönlichen und beruflichen Gegebenheiten dazu führen kann, dass die einer versicherten Person verbliebene Resterwerbsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt realistischerweise nicht mehr nachgefragt wird und dass ihr deren Verwertung auch gestützt auf die Selbsteingliederungslast nicht mehr zumutbar ist. Der Einfluss des Lebensalters auf die Möglichkeit, das verbliebene Leistungsvermögen auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt zu verwerten, lässt sich nicht nach einer allgemeinen Regel bemessen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Massgebend können die Art und Beschaffenheit des Gesundheitsschadens und seiner Folgen, der absehbare Umstellungs- und Einarbeitungsaufwand und in diesem Zusammenhang auch Persönlichkeitsstruktur, vorhandene Begabungen und Fertigkeiten, Ausbildung, beruflicher Werdegang oder Anwendbarkeit von Berufserfahrung aus dem angestammten Bereich sein (BGE 138 V 457 E. 3.1 S. 459 f.; 107 V 17 E. 2c S. 21; Urteil 8C_892/2017 vom 23. August 2018 E. 3.2). Fehlt es an einer wirtschaftlich verwertbaren Resterwerbsfähigkeit, liegt eine vollständige Erwerbsunfähigkeit vor, die einen Anspruch auf eine ganze Invalidenrente begründet (BGE 138 V 457 E. 3.1 S. 460; Urteil 9C_549/2018 vom 20. Februar 2019 E. 3.1.1). Grundsätzlich richtet sich der Zeitpunkt, in dem die Frage nach der Verwertbarkeit der (Rest-) Arbeitsfähigkeit bei vorgerücktem Alter beantwortet wird, nach dem Feststehen der medizinischen Zumutbarkeit einer (Teil-) Erwerbstätigkeit. Diese gilt als ausgewiesen, sobald die medizinischen Unterlagen diesbezüglich eine zuverlässige Sachverhaltsfeststellung erlauben (BGE 138 V 457 E. 3.3 S. 461 f.).
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Es ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage, ob der versicherten Person die Verwertung ihrer Restarbeitsfähigkeit auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nach allgemeiner Lebenserfahrung noch zumutbar war (BGE 140 V 267 E. 2.4 S. 270; Urteil 9C_549/2018 E. 3.1.2).
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7.2. Das kantonale Gericht stellte nicht auf den Zeitpunkt der unbestrittenen kreisärztlichen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers vom 1. September 2015 ab. Vielmehr erwog es, aufgrund seiner jahrzehntelangen Selbstständigkeit habe er nicht von sich aus wissen können, dass ihm zugemutet werde, eine adaptierte Tätigkeit aufzunehmen. Sie stellte diesbezüglich somit auf den Zeitpunkt des ihm eröffneten Vorbescheids vom 29. Oktober 2015 ab. Ob dieses Vorgehen zulässig ist, kann vorliegend aufgrund der Abweichung von bloss zwei Monaten offen bleiben, wie die folgenden Erwägungen zeigen.
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7.3. Am 29. Oktober 2015 war der am 14. Juni 1955 geborene Beschwerdeführer rund 60,5 Jahre alt. Es verblieben ihm somit immerhin noch 4,5 Jahre bis zur ordentlichen Pensionierung. In einer leidensangepassten Tätigkeit war er zu 100 % arbeitsfähig (vgl. E. 5.2 hiervor). Diese Umstände lassen nicht den Schluss zu, eine Anstellung des Beschwerdeführers auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt sei nicht mehr realistisch gewesen (vgl. Urteile 8C_330/2015 vom 19. August 2015 E. 3.2 und 9C_427/2010 vom 14. Juli 2010 E. 2.4.2).
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Sein fortgeschrittenes Alter vermag die Verwertung der Restarbeitsfähigkeit auch unter Berücksichtigung seiner weiteren Einwände nicht als unzumutbar erscheinen lassen, wie folgende Erwägungen zeigen.
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Erwägung 7.4
 
7.4.1. Die Frage nach der Zumutbarkeit eines Berufswechsels resp. einer Betriebsaufgabe im Rahmen der Schadenminderungspflicht ist als Rechtsfrage vom Bundesgericht frei überprüfbar. Auch bei Berücksichtigung der subjektiven Gegebenheiten ist ein objektiver Massstab anzuwenden, welcher der Berücksichtigung des Lebensstils Grenzen setzt (Urteil 9C_525/2017 vom 30. Oktober 2017 E. 3.1.3 und 3.3.3; SVR 2017 IV Nr. 6 S. 15, 9C_644/2015 E. 4.4.2).
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7.4.2. Unbestritten ist die vorinstanzliche Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Betrieb aufgrund der Unfallfolgen bereits Anfang 2015 an seinen Sohn übergeben hat. Seine Einwände, weshalb ihm ein Berufswechsel nicht zumutbar gewesen sein soll, sind nicht stichhaltig. Es trifft zwar zu, dass er jahrelang die eigene Zimmerei führte. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass er für eine Hilfsarbeit überqualifiziert und sozialpraktisch keinem Arbeitgeber mehr zumutbar sei, wie er behauptet. Der relevante (hypothetische) ausgeglichene Arbeitsmarkt beinhaltet durchaus Stellen, die für den Beschwerdeführer aufgrund des festgestellten Zumutbarkeitsprofils (vgl. E. 5.2 hiervor) auch ohne lange Umstellungs- und Einarbeitungszeit in Frage kommen. Als Beispiele für ihm zumutbare Tätigkeiten können einfache Überwachungs-, Prüf- und Kontrolltätigkeiten, die Bedienung und Überwachung von (halb-) automatischen Maschinen oder Produktionseinheiten sowie die Arbeit als Museumswärter oder Parkplatzwächter genannt werden. Zudem umfasst der ausgeglichene Arbeitsmarkt auch sog. Nischenarbeitsplätze, bei welchen behinderte Personen mit einem sozialen Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers rechnen können. Somit kann der Beschwerdeführer das ihm verbliebene Leistungsvermögen verwerten (vgl. auch Urteile 8C_888/2017 vom 13. Juni 2018 E. 5.2 und 8C_704/2018 vom 31. Januar 2019 E. 8.2.1). Bei objektiver Betrachtung kann auch nicht von einem sozialen Abstieg gesprochen, der es für ihn ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen liesse, unselbständig erwerbstätig zu sein.
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7.5. Aus dem Urteil 9C_456/2014 vom 19. Dezember 2014 E. 3.3 kann der Versicherte nichts zu seinen Gunsten ableiten, da der dortige Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist.
21
7.6. Unbehelflich ist das Vorbringen des Versicherten, ein beruflicher und sozialer Abstieg sei ihm unzumutbar, weil sein Gesundheitsschaden auf einen unverschuldeten Verkehrsunfall zurückzuführen sei und der äusserst frustrierende sowie langwierige Heilungsverlauf letztlich zu einem unbefriedigenden Ergebnis geführt habe. Denn dies sind keine invalidenversicherungsrechtlichen Kriterien für die Beurteilung der Verwertbarkeit der bestehenden Restarbeitsfähigkeit.
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7.7. Insgesamt ist der Vorinstanz beizupflichten, dass die hohen Hürden, welche die Praxis für die Annahme einer Unverwertbarkeit der Arbeitsfähigkeit bei älteren Versicherten aufgestellt hat, im hier zu beurteilenden Fall bei einer Gesamtwürdigung der konkreten objektiven und subjektiven Umstände nicht erfüllt sind (Urteil 9C_898/2017 vom 25. Oktober 2018 E. 3.3.2).
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8. Gegen den vorinstanzlichen Einkommensvergleich, der ab 31. Januar 2016 einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad ergab (vgl. E. 5.2 hiervor), erhebt der Beschwerdeführer keine Einwände. Weiterungen hierzu erübrigen sich somit.
24
 
Erwägung 9
 
 
Erwägung 9.1
 
9.1.1. Die Vorinstanz erwog, ab 29. Oktober 2015 habe vom Beschwerdeführer erwartet werden können, sich selbstständig um eine angepasste Tätigkeit zu bemühen (vgl. E. 5.2 hiervor).
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9.1.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, die Befristung seiner Rente sei nicht korrekt. Wenn die versicherte Person das 55. Altersjahr überschritten habe, könne sie für einen Wechsel ihrer Tätigkeit nicht auf die Selbsteingliederung verwiesen werden. Fielen berufliche Massnahmen altersbedingt als unverhältnismässig ausser Betracht, sei die Rente unbefristet zuzusprechen.
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Erwägung 9.2
 
9.2.1. Bei Personen, deren Rente revisionsweise herabgesetzt oder aufgehoben werden soll, sind nach mindestens fünfzehn Jahren Bezugsdauer oder wenn sie das 55. Altersjahr zurückgelegt haben, praxisgemäss in der Regel vorgängig Massnahmen zur Eingliederung durchzuführen, bis sie in der Lage sind, das medizinisch-theoretisch (wieder) ausgewiesene Leistungspotenzial mittels Eigenanstrengung auszuschöpfen und erwerblich zu verwerten (SVR 2015 IV Nr. 41 S. 139, 9C_183/2015 E. 5; SVR 2011 IV Nr. 73 S. 220, 9C_228/2010 E. 3; SVR 2011 IV Nr. 30 S. 86, 9C_163/2009 E. 4.2.2; Urteile 8C_582/2017 vom 22. März 2018 E. 6.3; 8C_394/2017 vom 8. August 2017 E. 4.2; 9C_412/2014 vom 20. Oktober 2014 E. 3.1; 8C_855/2013 vom 30. April 2014 E. 2.2; 9C_367/2011 vom 10. August 2011 E. 3.2, je mit Hinweisen). Ausnahmen von der diesfalls grundsätzlich ("vermutungsweise" [9C_707/2018 vom 26. März 2019 E. 4.1]) anzunehmenden Unzumutbarkeit einer Selbsteingliederung liegen namentlich dann vor, wenn die langjährige Absenz vom Arbeitsmarkt auf invaliditätsfremde Gründe zurückzuführen ist (Urteil 9C_819/2014 vom 19. Juni 2015 E. 4 mit Hinweisen), wenn die versicherte Person besonders agil, gewandt und im gesellschaftlichen Leben integriert ist (Urteil 9C_68/2011 vom 16. Mai 2011 E. 3.3) oder wenn sie über besonders breite Ausbildungen und Berufserfahrungen verfügt (Urteil 8C_39/2012 vom 24. April 2012 E. 5.2). Verlangt sind immer konkrete Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, die versicherte Person könne sich trotz ihres fortgeschrittenen Alters und/oder der langen Rentenbezugsdauer mit entsprechender Absenz vom Arbeitsmarkt ohne Hilfestellungen wieder in das Erwerbsleben integrieren (SVR 2015 IV Nr. 41 S. 139, 9C_183/2015 E. 5). Die IV-Stelle trägt die Beweislast dafür, dass entgegen der Regel die versicherte Person in der Lage ist, das medizinisch-theoretisch (wieder) ausgewiesene Leistungspotenzial auf dem Weg der Selbsteingliederung erwerblich zu verwerten (vgl. zuletzt Urteil 8C_494/2018 vom 6. Juni 2019 E. 5.1 mit Hinweisen).
27
9.2.2. Mit Urteil 8C_494/2018 vom 6. Juni 2019 hat das Bundesgericht entschieden, dass diese Rechtsprechung auch dann Anwendung findet, wenn - wie hier - zeitgleich mit der Rentenzusprache über deren Befristung und/oder Abstufung befunden wird (8C_494/2018 vom 6. Juni 2019, E. 5.1 ff.). Welches dabei der für die Ermittlung des Eckwerts des 55. Altersjahres massgebliche Zeitpunkt sein soll - der Zeitpunkt der Verfügung selbst, derjenige der darin verfügten Rentenabstufung bzw. -aufhebung (vgl. BGE 141 V 5) oder jener des Feststehens der entsprechenden medizinischen Zumutbarkeit (BGE 138 V 457) -, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn der Beschwerdeführer hat die entsprechende Schwelle so oder anders überschritten.
28
9.3. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung einer zumutbaren Selbsteingliederung des Beschwerdeführers rechtfertigte sich nur bei Vorliegen hinreichender konkreter Anhaltspunkte dafür, dass er sich ohne Hilfestellungen wieder in das Erwerbsleben integrieren könne (vgl. oben E. 9.2.1). Gegen eine Unzumutbarkeit sprächen insbesondere eine Absenz vom Arbeitsmarkt aus invaliditätsfremden Gründen, eine besondere Agilität, Gewandtheit und Integration im gesellschaftlichen Leben sowie eine breite Ausbildung und Berufserfahrung (oben E. 9.2.1). Zu dieser Frage enthält der angefochtene Entscheid weder tatsächliche Feststellungen noch eine rechtliche Beurteilung. Die strittige Rentenaufhebung ab 1. Februar 2016 hält aus diesem Grund vor Bundesrecht nicht stand. Deshalb ist die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
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10. Die unterliegende IV-Stelle trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 2 BGG). Sie hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
30
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. September 2018 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
 
3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 13. Juni 2019
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Maillard
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar
 
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