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Informationen zum Dokument  BGer 2C_889/2018  Materielle Begründung
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BGer 2C_889/2018 vom 24.05.2019
 
 
2C_889/2018
 
 
Urteil vom 24. Mai 2019
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Donzallaz, Haag,
 
Gerichtsschreiber Quinto.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.A.________,
 
2. B.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Atakan Özçelebi,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Zürich,
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
nachträglicher Familiennachzug,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 22. August 2018 (VB.2018.00328).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. B.A.________ (geb. 1965), türkische Staatsangehörige, reiste 1973 im Alter von acht Jahren in die Schweiz ein. 1983 heiratete sie A.A.________, einen 1962 geborenen Landsmann. Aus dieser Ehe sind die beiden Kinder C.A.________ (geb. 1984) und D.A.________ (geb. 1989) hervorgegangen. Alle Familienmitglieder verfügten über die Niederlassungsbewilligung des Kantons St. Gallen. Sohn C.A.________, welcher von Geburt an geistig behindert ist, wurde 2002 entmündigt und unter der elterlichen Sorge belassen. Per 1. Dezember 2016 wurde die dannzumal für ihn geltende, umfassende Beistandschaft von der zuständigen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) in eine Vertretungsbeistandschaft umgewandelt, wobei B.A.________, welche ihren Sohn bereits bisher vertreten und betreut hatte, als Beiständin bestätigt wurde. A.A.________ war Ende 2006 mit Tochter D.A.________, welche in der Schweiz die heilpädagogische Schule besucht hatte, in die Türkei zurückgekehrt, wo jene 2015 heiratete und nach wie vor lebt.
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A.b. Am 1. Juli 2015 zog B.A.________ mit ihrem Sohn in den Kanton Zürich, wobei ihnen der Kantonswechsel bewilligt worden war und sie die Niederlassungsbewilligung für den Kantons Zürich erhielten. Am 16. Dezember 2016 stellte A.A.________ ein Gesuch um Familiennachzug.
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B.
 
Mit Verfügung vom 15. Juni 2017 wies das Migrationsamt des Kantons Zürich (Migrationsamt) das vorgenannte Gesuch ab. Der dagegen gerichtete Rekurs war gemäss Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 24. April 2018 erfolglos. Die diesbezüglich erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 22. August 2018 abgewiesen.
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C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 1. Oktober 2018 beantragen A.A.________ (Beschwerdeführer) und B.A.________ (Beschwerdeführerin) die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. A.A.________ sei im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung zwecks Verbleib bei seiner Ehefrau und seinem Sohn zu erteilen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerdeführer machen in vertretbarer Weise einen potentiellen Aufenthaltsanspruch des Beschwerdeführers geltend, welcher sich vorliegend aus Art. 43 Abs. 1 AuG (i. V. m. Art. 47 Abs. 4 AuG, nachträglicher Familiennachzug) ergibt, wonach ausländische Ehegatten von Personen mit Niederlassungsbewilligung einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung haben, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 42 Abs. 1 und 2, Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 sowie Art. 100 Abs. 1 BGG), ist auf die Beschwerde einzutreten (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.; Urteile 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 1.1 und 1.2; 2C_1154/2016 vom 25. August 2017 E. 1.1; 2C_276/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 137 II 393). Ob der Anspruch besteht, ist Gegenstand der materiellen Prüfung (BGE 136 II 177 E. 1.2 S. 180; Urteil 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 1.2).
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1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 136 II 304 E. 2.5 S. 314). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6 S. 144 f.).
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Erwägung 2
 
2.1. Unbestritten ist, dass die Frist für den Familiennachzug gemäss Art. 47 Abs. 1 und Abs. 3 lit. b i. V. m. Art. 126 Abs. 3 AuG (ab 1. Januar 2019: AIG), wonach Familienangehörige von ausländischen Personen mit Niederlassungsbewilligung innert fünf Jahren seit Erteilung der Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung oder der Entstehung des Familienverhältnisses nachgezogen werden müssen, abgelaufen ist (Fristablauf: 31. Dezember 2012). In Frage kommt lediglich der nachträgliche Familiennachzug gemäss Art. 47 Abs. 4 AuG, welcher nur bewilligt wird, wenn wichtige familiäre Gründe geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer rügen denn auch eine Verletzung dieser Bestimmung.
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2.2. Sie machen geltend, der Beschwerdeführer habe, da die adäquate Betreuung durch Verwandte in der Türkei nicht sichergestellt gewesen sei, bei seiner Tochter in der Türkei verbleiben müssen, um möglichst günstige Rahmenbedingungen für deren weitere Entwicklung zu schaffen. Eine Rückkehr mit der Tochter in die Schweiz vor Ablauf der Nachzugsfrist sei kaum denkbar gewesen, da diese in der Türkei gerade erst die obligatorische Schulzeit beendet und eine Berufsausbildung in Angriff genommen habe, sodass eine Rückkehr deren Integration in der Türkei zunichte gemacht hätte. Bis zur Heirat der Tochter sei die Anwesenheit eines Elternteils in der Türkei geboten gewesen. Zum Zeitpunkt dieser Heirat im August 2015 habe der Beschwerdeführer zudem seit bereits zwei Jahren die 82-jährige, bettlägerige Schwiegermutter betreut, welche am 17. Oktober 2016 verstorben sei. Erst danach sei er wegen der familiären Verpflichtungen in der Türkei in der Lage gewesen, ein Gesuch um Familiennachzug zu stellen. Die Vorinstanz habe die Gesamtumstände nicht berücksichtigt und das Vorliegen wichtiger, familiärer Gründe i. S. v. Art. 47 Abs. 4 AuG bundesrechtswidrig verneint. Ausserdem sei die Verweigerung des Familiennachzugs unverhältnismässig, habe doch der Beschwerdeführer einen beträchtlichen Teil seines Lebens in der Schweiz verbracht, sodass integrationspolitisch dem Nachzug nichts entgegenstehe. Ausserdem verfüge er bereits über eine Zusage für eine Arbeitsstelle in der Schweiz. Der Beschwerdeführerin, die bereits seit 44 Jahren in der Schweiz lebe, und dem mittlerweile 34-jährigen Sohn, der in der Schweiz geboren und sein ganzes bisheriges Leben in der Schweiz verbracht habe, seien eine Rückkehr in die Türkei nicht zumutbar. Der Familiennachzug des Ehemannes bzw. Beschwerdeführers würde es der Beschwerdeführerin zudem erlauben, sich von der Sozialhilfe zu lösen, welche sie vor April 2017 nie habe in Anspruch nehmen müssen. Ausserdem würde eine Aufgabenteilung der Ehegatten bzw. Beschwerdeführer bei der Betreuung des Sohnes der Gesundheit der Beschwerdeführerin zugute kommen. Die privaten Interessen der Beschwerdeführer am Familiennachzug überwögen deshalb das öffentliche Interesse an der Begrenzung der Ausländerzahl.
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2.3. Die Vorinstanz vertritt die Auffassung, wenn die Familie selbst die Trennung freiwillig herbeigeführt habe, bedürfe es im Rahmen von Art. 47 Abs. 4 AuG stichhaltiger Gründe, die zum Wohle der Familie eine andere Lösung (sprich den Familiennachzug) erforderlich machten. Dass die Qualität der Betreuung der Tochter durch eine Tante in der Türkei eingeschränkt gewesen sei, spiele keine Rolle. Entscheidend sei lediglich, ob die notwendige Betreuung gewährleistet gewesen sei. Ausserdem sei es nicht willkürlich, anzunehmen, dass die kognitiven Fähigkeiten der Tochter nicht dermassen eingeschränkt gewesen seien, dass eine ständige Betreuung durch den Beschwerdeführer vonnöten gewesen sei. Im Weiteren sei nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer nicht vor Ort eine adäquate Betreuung seiner Schwiegermutter mit lokalen Familienmitgliedern habe arrangieren können. Jedenfalls sei es nicht nötig gewesen, wegen deren Betreuung mit dem Gesuch um Familiennachzug zuzuwarten. Ausserdem sei es der Beschwerdeführerin trotz jahrzehntelangem Aufenthalt in der Schweiz zumutbar, in die Türkei zurückzukehren, denn aufgrund ihres Bezugs von Sozialhilfe lasse ihre Integration in der Schweiz zu wünschen übrig. Bei einem Verbleib des Sohnes in der Schweiz könne dessen weitere Betreuung durch die in der Schweiz lebende Schwester der Beschwerdeführerin sichergestellt werden. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer vor seiner Rückkehr in die Türkei mehrere Jahrzehnte in der Schweiz gelebt habe, spiele nur eine untergeordnete Rolle. Aus dem Stellenangebot für den Beschwerdeführer würden zudem weder der Lohn noch die Dauer hervorgehen. Das private Interesse der Beschwerdeführer überwiege deshalb das öffentliche Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers nicht.
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Erwägung 3
 
3.1. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sieht Art. 47 AuG für den Familiennachzug nach Art. 42 ff. AuG mit Art. 8 i. V. m. Art. 14 EMRK vereinbare Fristen vor. Art. 47 Abs. 4 AuG, der bei wichtigen familiären Gründen einen Familiennachzug ausserhalb der Nachzugsfristen ermöglicht, ist allerdings so zu handhaben, dass der Anspruch auf Schutz des Familienlebens nach Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV nicht verletzt wird (Urteile 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 6.5.1 und 8.2.1 mit Hinweisen; 2C_147/2015 vom 22. März 2016 E. 2.4.3; 2C_914/2014 vom 18. Mai 2015 E. 3.1). Die Familiennachzugsfristen von Art. 47 AuG bringen gemäss dem Willen des historischen Gesetzgebers einen Kompromiss zwischen den konträren Anliegen der Ermöglichung des Familienlebens und der Begrenzung der Einwanderung zum Ausdruck; letztere stellt ein legitimes, öffentliches Interesse dar (Urteile 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 6.5.1 mit Hinweisen; 2C_147/2015 vom 22. März 2016 E. 2.4.1; 2C_914/2014 vom 18. Mai 2015 E. 4.1). Sinn und Zweck von Art. 47 und insbesondere Art. 47 Abs. 4 AuG ist eine verstärkte Förderung der Integration durch einen möglichst frühen Nachzug der Familienmitglieder, wogegen keine Beschränkung der Nachzugsgründe auf stichhaltige, unvorhersehbare Ereignisse beabsichtigt war (Urteile 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 8.2.2 mit Hinweisen; 2C_386/2016 vom 22. Mai 2017 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Praxisgemäss bringt eine Familie, welche freiwillig jahrelang getrennt lebt, damit ihr geringes Interesse an einem gemeinsamen Familienleben zum Ausdruck, weshalb das Interesse an der Einwanderungsbeschränkung überwiegt, sofern nicht objektive, nachvollziehbare Gründe etwas anderes nahelegen (Urteile 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 8.2.2; 2C_386/2016 vom 22. Mai 2017 E. 2.3.1; 2C_147/2015 vom 22. März 2016 E. 2.4.3; 2C_914/2014 vom 18. Mai 2015 E. 3.1). Ob wichtige, familiäre Gründe vorliegen, ist aufgrund einer Gesamtschau unter Berücksichtigung aller relevanten Elemente im Einzelfall zu entscheiden (Urteil 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 8.2.1). Diesbezüglich ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, insbesondere wenn die Rückkehr des in der Schweiz anwesenden Familienmitglieds in dessen Heimatland nicht ohne Weiteres als zumutbar erscheint (Urteile 2C_386/2016 vom 22. Mai 2017 E. 2.3.2; 2C_914/2014 vom 18. Mai 2015 E. 4.3.1).
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3.2. Es ist unbestritten, dass die Tochter D.A.________ bezüglich geistiger Fähigkeiten eingeschränkt ist. Ausserdem erwies sich deren Betreuung durch eine Tante in der Türkei als mangelhaft. Die Rückkehr des Beschwerdeführers in die Türkei erfolgte deshalb nicht aus Desinteresse an der Familie, sondern um die Tochter soweit zu begleiten, dass sie die nötige Selbständigkeit für ihren weiteren Lebensweg erlangt. Darin liegt bereits ein objektiver, nachvollziehbarer Grund für die zeitweise Trennung des Beschwerdeführers von der Familie (vgl. dazu Urteil 2C_386/2016 vom 22. Mai 2017 E. 2.3.2, wonach eine berufliche Karriere im Ausland während acht Jahren als objektiver, nachvollziehbarer Grund qualifiziert wurde). Ob nach der Heirat der Tochter auch noch die Betreuung der Schwiegermutter als entsprechender Grund zu berücksichtigen ist, kann offen gelassen werden, denn zu diesem Zeitpunkt (2015) war die fünfjährige Nachzugsfrist bereits abgelaufen und der Familiennachzug wurde deshalb lediglich um ein weiteres Jahr verzögert. Da der Beschwerdeführer vor seiner Rückkehr in die Türkei bereits 23 Jahre in der Schweiz verbracht hat und ausserdem über ein hiesiges Stellenangebot verfügt, dürfte seine Reintegration in der Schweiz problemlos verlaufen. Jedenfalls bringt er damit zum Ausdruck, dass er gewillt ist, in der Schweiz wieder Fuss zu fassen (vgl. dazu Urteil 2C_914/2014 vom 18. Mai 2015 E. 4.3.3, wonach aufgrund der fehlenden Integrationsbereitschaft das öffentliche Interesse an der Zuwanderungsbegrenzung überwiegt). Bezüglich der Zumutbarkeit der Rückkehr der Beschwerdeführerin in die Türkei ist zunächst festzuhalten, dass diese ihre Schul- und Jugendzeit in der Schweiz verbracht hat und seit 45 Jahren in der Schweiz lebt. Sozialhilfe bezieht sie ausserdem erst seit März 2017 (Zahlungsbeginn: April 2017). Betreibungen oder sonstige Schulden sind nicht verzeichnet. Dem Entscheid der KESB Bezirk U.________ vom 1. November 2016 ist zudem zu entnehmen, dass die Schwester der Beschwerdeführerin die Verbeiständung des Sohnes C.A.________ nur dann übernehmen würde, wenn die Beschwerdeführerin dazu nicht mehr in der Lage wäre. Dieser wird zeitlebens von seiner Mutter bzw. der Beschwerdeführerin zuhause betreut, wobei die KESB festhält, dass die Verbeiständung durch die Beschwerdeführerin dem Wohl von C.A.________ entspricht. Ausserdem geht aus dem Entscheid der KESB hervor, dass der Beschwerdeführer bereit ist, die Beistandschaft zukünftig gemeinsam mit der Beschwerdeführerin zu übernehmen, jedoch mangels Aufenthaltsbewilligung vorläufig nicht als Beistand in Frage kommt. Aufgrund der genannten Umstände ist der Beschwerdeführerin eine Rückkehr in die Türkei nicht zumutbar. Ausserdem bestehen reelle Chancen, dass die Beschwerdeführerin sich mittels Unterstützung durch den Beschwerdeführer und Aufgabenteilung bei der Betreuung des behinderten Sohnes wieder von der Sozialhilfe wird lösen können. Im Lichte sämtlicher Umstände ergibt sich, dass im vorliegenden Einzelfall die privaten Interessen der Beschwerdeführer am Familiennachzug des Beschwerdeführers das öffentliche Interesse an der Zuwanderungsbegrenzung überwiegen. Die vorinstanzliche Anwendung von Art. 47 Abs. 4 AuG erweist sich damit als bundesrechtswidrig.
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3.3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und das Migrationsamt anzuweisen, dem Beschwerdeführer im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
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Erwägung 4
 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die Vorinstanz wird über die Kosten- und Entschädigungsfolgen der beiden vorinstanzlichen Rechtsmittelverfahren neu zu entscheiden haben (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 i. V. m. Art. 107 Abs. 2 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 22. August 2018 wird aufgehoben. Das Migrationsamt des Kantons Zürich wird angewiesen, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
 
2. Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
 
4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigung der beiden kantonalen Rechtsmittelverfahren an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. Mai 2019
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Quinto
 
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