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Informationen zum Dokument  BGer 2C_815/2018  Materielle Begründung
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BGer 2C_815/2018 vom 24.04.2019
 
 
2C_815/2018
 
 
Urteil vom 24. April 2019
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Haag,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch
 
Rechtsanwalt Peter Bolzli,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Zürich,
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand
 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 23. Juli 2018 (VB.2018.00317).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.________ ist türkischer Staatsangehöriger. Er wurde am 2. November 1969 in der Schweiz geboren. Ab 1976 lebte er während fünf Jahren in seiner Heimat, bevor er Mitte 1981 wieder in die Schweiz zurückkehrte und hier die weiteren Schulen besuchte; er beendete diese ohne Berufsabschluss. A.________ besitzt eine Niederlassungsbewilligung. Er war hier zweimal verheiratet: Zwischen dem 11. September 1996 bis zum 10. März 2000 mit einer niederlassungsberechtigten philippinischen Staatsangehörigen und vom 29. September 2008 bis zum 16. Oktober 2013 mit einer Landsfrau.
1
 
B.
 
A.________ wurde in der Schweiz wiederholt straffällig: Das Amt für Migration des Kantons Zürich verwarnte ihn am 4. November 2008, nachdem das Bezirksgericht Affoltern ihn am 13. März 2008 des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz für schuldig befunden und ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt hatte. Am 2. Februar 2016 sprach das Bezirksgericht Dietikon A.________ der Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, einfachen Körperverletzung und Drohung zum Nachteil seiner zweiten Gattin schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten. Gestützt hierauf widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn weg. Die Rekursabteilung der Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich bestätigten diesen Entscheid am 24. April 2018 bzw. 23. Juli 2018.
2
 
C.
 
A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich aufzuheben und das Migrationsamt anzuweisen, ihm seine Niederlassungsbewilligung zu belassen. Eventuell sei ihm eine neue Ausreisefrist von drei Monaten anzusetzen. A.________ macht geltend, der Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung sei unverhältnismässig und trage dem Umstand keine Rechnung, dass er ein Ausländer der "Zweiten Generation" sei.
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Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich verzichten darauf, sich zur Beschwerde zu äussern. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat sich nicht vernehmen lassen.
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D.
 
Der Abteilungspräsident legte der Beschwerde am 20. September 2018 antragsgemäss aufschiebende Wirkung bei.
5
 
Erwägungen:
 
1. 
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1.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (BGE 135 II 1 E. 1.2.1; vgl. auch das Urteil 2C_846/2018 vom 26. März 2019 E. 1.1). Ob die Bewilligung zu Recht widerrufen wurde, ist eine Frage der materiellen Beurteilung und keine solche des Eintretens (vgl. BGE 139 I 330 E. 1.1 S. 332 mit Hinweisen; vgl. auch das Urteil 2C_846/2018 vom 26. März 2019 E. 1.1). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind (Art. 42, Art. 82 lit. i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG), ist auf die Eingabe des Beschwerdeführers einzutreten. Unzulässig ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten indessen, soweit der Beschwerdeführer seine Ausreisefrist als zu kurz kritisiert; die entsprechende Rüge ist im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde zu prüfen (vgl. nachstehende E. 5).
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Erwägung 1.2
 
1.2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft - unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Parteien - jedoch nur die vorgebrachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu ins Auge springen; dies ist hier nicht der Fall (BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das Bundesgericht ist nicht gehalten wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich potentiell stellenden Fragen zu beantworten, wenn diese ihm nicht mehr formell korrekt unterbreitet werden (vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2. S. 286; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
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1.2.2. Das Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig (Art. 105 Abs. 2 BGG). Es besteht diesbezüglich eine qualifizierte Begründungspflicht (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Der Beschwerdeführer erhebt in diesem Zusammenhang keine hinreichend begründeten Rügen. Dem bundesgerichtlichen Urteil ist somit der Sachverhalt zugrunde zu legen, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat. Auf appellatorisch vorgebrachte Rügen wird nicht weiter eingegangen.
9
2. 
10
2.1. Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG (bis zum 1. Januar 2019: AuG) kann die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn die Ausländerin oder der Ausländer zu einer längerfristigen Strafe verurteilt worden ist. Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn sie die Dauer von einem Jahr überschreitet; dabei spielt keine Rolle, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18). Dass die entsprechende Voraussetzung gegeben ist, wird vom Beschwerdeführer nicht infrage gestellt. Umstritten ist einzig die Verhältnismässigkeit des Widerrufs (Art. 96 AIG) bzw. die Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen rund um die aufenthaltsbeendende Massnahme (Art. 8 Ziff. 2 EMRK [Privatleben]; vgl. BGE 142 II 35 E. 6.1 S. 47; 139 I 330 E. 2.2 S. 336; 135 I 143 E. 2.1 S. 147; 122 II 1 E. 2 S. 6; 116 Ib 353 E. 3 S. 357 ff.).
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2.2. Für die Interessenabwägung sind die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie allgemein die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.); von wesentlicher Bedeutung ist zudem die Qualität der sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen zum Gast- wie zum Heimatstaat (vgl. das Urteil des EGMR 
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2.3. Zwar soll die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit in der Schweiz aufhält, nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Bei gewichtigen Straftaten und bei Rückfall sowie bei wiederholter (unverbesserlicher) Delinquenz besteht indessen regelmässig auch in diesen Fällen ein erhebliches öffentliches Interesse daran, die weitere Anwesenheit der ausländischen Täterin oder des ausländischen Täters zu beenden, da und soweit sie (1) hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht haben bzw. (2) sie sich von straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lassen und damit zeigen, dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheinen, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f., 31 E. 2.1 S. 32 f.; 137 II 297 E. 3.3 S. 304; Urteile 2C_447/2017 vom 10. September 2018 E. 2; 2C_1086/2014 vom 11. Juni 2015 E. 2 und 2C_843/2014 vom 18. März 2015 E. 3.2 mit Hinweisen).
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2.4. Je schwerer eine vernünftigerweise absehbare Rechtsgutsverletzung wiegt, umso weniger ist die Möglichkeit eines Rückfalls ausländerrechtlich in Kauf zu nehmen (vgl. zum hier nicht anwendbaren FZA: BGE 139 II 121 E. 5.3 S. 125 f.; 136 II 5 E. 4.2 S. 20; 130 II 176 E. 4.3.1 S. 185 f. mit Hinweisen; Urteil 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015 E. 4.2). Als schwerwiegend gelten Beeinträchtigungen der physischen, psychischen und sexuellen Integrität Dritter, der qualifizierte Drogenhandel aus rein pekuniären Motiven und die organisierte Kriminalität sowie Terrorismus und Menschenhandel (vgl. zum FZA: BGE 139 II 121 E. 6.3 S. 131; Urteile 2C_634/2018 vom 5. Februar 2019 E. 4.1.2 und 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015 E. 4.2).
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3. 
15
3.1. Das Bezirksgericht Affoltern verurteilte den Beschwerdeführer am 13. März 2008 unter anderem wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr. Der Beschwerdeführer hatte mit grossen Mengen vom Amphetamin gehandelt. Die entsprechende Strafe liegt rund elf Jahre zurück und fällt heute nicht mehr entscheidend ins Gewicht; immerhin wurde der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang dennoch ausländerrechtlich verwarnt und darauf aufmerksam gemacht, dass bei weiteren Straftaten von einem gewissen Gewicht die Niederlassungsbewilligung widerrufen würde. Weder die Strafe noch die Verwarnung vermochten ihn von weiteren Delikten abzuhalten: Ins Gewicht fällt dabei die Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten wegen Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, einfacher Körperverletzung sowie Drohung zum Nachteil seiner Gattin.
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3.2. Gemäss Anklageschrift - das Urteil erging ohne schriftliche Begründung - hinderte der Beschwerdeführer am 19. August 2013 seine damalige Gattin daran, die Wohnung verlassen zu können; er vergewaltigte sie in der Folge unter Anwendung von körperlicher Gewalt, Drohungen sowie Zufügen von Schmerzen. Er beeinträchtigte damit die physische, psychische und sexuelle Integrität seiner Gattin. Praxisgemäss gilt dies ausländerrechtlich als schwere Verletzung grundlegender Rechtsgüter (vgl. vorstehende E. 2.4). Die Vergewaltigung zählt zudem zu den strafbaren Verhaltensweisen, welche - vorbehältlich der Anwendung der strafrechtlichen Härtefallklausel (Art. 66a Abs. 2 StGB) - heute zu einer obligatorischen Landesverweisung führen würden (Art. 66a Abs. 1 lit. h StGB). Dasselbe gilt für die Freiheitsberaubung (Art. 66 Abs. 1 lit. g StGB). Der Beschwerdeführer hatte seine Gattin gegen deren Willen während zwei bis drei Tagen in der Wohnung eingeschlossen.
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3.3. Zwar sind die entsprechenden Bestimmungen nicht auf Taten anwendbar, die - wie hier - vor dem 1. Oktober 2016 begangen wurden, doch trägt das Bundesgericht der damit durch den Verfassungs- und Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten besonderen Verwerflichkeit der in Art. 66a StGB genannten Taten in der Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK insofern Rechnung, als es dadurch zu keinem Widerspruch zu übergeordnetem Recht - insbesondere der EMRK - kommt (BGE 139 I 16 E. 5 S. 28-31). Dies ist hier nicht der Fall. Der Beschwerdeführer stiess zusätzlich zu diesen Taten seine Gattin am 5. August 2013 in der ehelichen Wohnung so stark, dass sie stürzte und sich dabei am Unterkiefer verletzte. Bei einem weiteren Ehestreit drückte der Beschwerdeführer seiner Ehefrau ein Kissen auf das Gesicht und versetzte sie so in Angst und Schrecken.
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3.4. Der Beschwerdeführer liess sich weder durch die erste Verurteilung zu einem bedingten Freiheitsentzug von 12 Monaten, noch durch die hierauf ausgesprochene ausländerrechtliche Verwarnung beeindrucken und wurde wiederum schwer straffällig. Es besteht unter diesen Umständen grundsätzlich ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, dass er das Land verlässt, nachdem er wichtige Rechtsgüter verletzt hat. Zwar hat sich der Beschwerdeführer - nach eigenen Angaben - seit der letzten Verurteilung während rund 5 Jahren nichts mehr zu Schulden kommen lassen; dabei ist indessen zu berücksichtigen, dass während dieser Zeit die strafrechtliche Probezeit noch lief und das ausländerrechtliche Widerrufsverfahren hängig war; dies mag erklären, warum der Beschwerdeführer unter dem entsprechenden äusseren Druck - soweit ersichtlich - nicht wieder straffällig geworden ist. Das bedeutet mit Blick auf sein bisheriges Verhalten indessen nicht, dass er sich künftig auch in Freiheit wohl verhalten wird. Im Übrigen darf ein korrektes Verhalten ausländerrechtlich vorausgesetzt werden; eine erneute (auch geringe) Straffälligkeit in dieser Zeit erhöht das öffentliche Interesse, an der Beendigung des Aufenthalts der straffällig gewordenen Person (die Urteile 2C_846/2018 vom 26. März 2019 E. 5.4 und 2C_202/2015 vom 17. Juli 2015 E. 2.3.2).
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4. 
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4.1. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Zwar erklärt er, ein Ausländer der "Zweiten Generation" zu sein, weshalb für den Widerruf seiner Bewilligung strengere Regeln gälten; das stimmt indessen nur beschränkt: Seine Eltern haben ihn als Siebenjährigen von 1976 bis Mitte 1981 in die Heimat geschickt, damit er den Grundschulunterricht dort absolvieren und die türkische Kultur vertiefen konnte. Der Beschwerdeführer hat keinen Berufsabschluss gemacht und ist im Wesentlichen als Lieferant und Chauffeur tätig. Er ist, was nicht bestritten wird und für das Bundesgericht somit verbindlich gilt (Art. 105 Abs. 1 BGG), erheblich verschuldet; zudem lebt er am Existenzminimum, ohne aber bisher auf Sozialhilfeleistungen angewiesen gewesen zu sein. Soweit die Vorinstanz gestützt hierauf angenommen hat, der Beschwerdeführer sei hier wirtschaftlich und sozial nur beschränkt integriert, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern die entsprechende Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar wäre.
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4.2. Der Beschwerdeführer kennt die Sitten und Gebräuche in seiner Heimat und spricht Türkisch. Zwar sind seine Eltern offenbar verstorben, doch leben in der Türkei noch zwei seiner Brüder. Er will mit diesen kaum noch Kontakt pflegen; es ist ihm aber zumutbar, seine Beziehungen zu ihnen zu erneuern und zu festigen; er kann sich damit ein Netzwerk schaffen, auf das er bei der Wiedereingliederung in seiner Heimat zählen kann. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in der Schweiz die Türkei bereist; noch im September 2016 hielt er sich besuchsweise dort auf. Den Beschwerdeführer verbindet mit der Heimat somit nicht nur die blosse Staatsbürgerschaft. Allfällige Kontakte mit seiner Cousine, die in der Schweiz lebt, kann er besuchsweise und über die Neuen Medien pflegen; dasselbe gilt für die Beziehungen zu Freunden oder Bekannten in der Schweiz. Das Bundesgericht teilt die Ansicht der Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer sich zwar mit der Schweiz verbunden fühlt und ihm die Ausreise deshalb nicht leichtfallen dürfte; indessen kann davon ausgegangen werden, dass er mit den Gepflogenheiten in der Türkei immer noch vertraut ist und sich entsprechend rasch dort wieder zurechtfinden wird.
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4.3. Was der Beschwerdeführer weiter einwendet, lässt den angefochtenen Entscheid nicht als bundesrechtswidrig erscheinen:
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4.3.1. Soweit er geltend macht, er sei strafrechtlich nur zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden, was dafür spreche, dass keine schwere Delinquenz vorliege, verkennt er das Verhältnis von straf- und ausländerrechtlichem Verfahren. Diese verfolgen je unterschiedliche Zielsetzungen: Ausländerrechtlich steht der Sicherheitsaspekt im Vordergrund, der ausserhalb des Anwendungsbereichs des Freizügigkeitsabkommens (FZA; SR 0.142.112.681) auch generalpräventiv wirken darf und soll (Urteil 2C_846/2018 vom 26. März 2019 E. 5.3 mit Hinweisen); strafrechtlich geht es um die verschuldensabhängige Sanktionierung verpönten Verhaltens und die Reintegration des Täters oder der Täterin in den hiesigen Verhältnissen (Urteile 2C_447/2017 vom 10. September 2018 E. 3.2; 2C_410/2018 vom 7. September 2018 E. 5.4.5 und 2C_935/2017 vom 17. Mai 2018 E. 3.4).
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4.3.2. Die Ausländerbehörde ist nicht an die Einschätzung der Strafbehörden hinsichtlich der Rückfallgefahr gebunden - auch wenn sie diese sinnvollerweise in ihre Beurteilung miteinbeziehen wird -, da das Ausländerrecht zum Schutz der Gesellschaft hinsichtlich des noch hinnehmbaren Risikos strengere Anforderungen stellt als das Strafrecht (BGE 140 I 145 E. 4.3 in fine S. 150; 137 II 233 E. 5.2.2 S. 336 f.; Urteil 2C_634/2018 vom 5. Februar 2019 E. 5.2.2.2). Der Beschwerdeführer macht zwar geltend, sich geändert zu haben und nicht mehr straffällig werden zu wollen; er tut in diesem Zusammenhang jedoch keine Elemente dar, die einen konkreten Entwicklungs- und Reifeprozess bzw. ein tragfähiges Zukunftsprojekt belegen würden, welche die Rückfallgefahr auf ein im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK ausländerrechtlich noch hinnehmbares Mass reduzieren würden.
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4.3.3. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die Voraussetzungen einer "biographischen Kehrtwende" (offensichtlich glaubwürdig gemachte besonders tiefgreifende Veränderung des bisherigen Verhaltens) zu erfüllen, welche zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen würde (vgl. hierzu das Urteil 2C_634/2018 vom 5. Februar 2019 E. 6.3.1 mit zahlreichen Hinweisen). An der Ausreise des Beschwerdeführers besteht somit ein erhebliches sicherheitspolizeiliches Interesse, das nur durch entsprechend gewichtige private Interessen aufgewogen werden kann. Der Beschwerdeführer ist in der Schweiz nach dem verbindlich festgestellten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG) - wie bereits dargelegt - wirtschaftlich wie sozial nicht vertieft integriert. Er beherrscht sowohl die deutsche wie die türkische Sprache. Es ist davon auszugehen, dass er sowohl soziale, kulturelle und familiäre Beziehungen zum Gast- wie zum Heimatstaat pflegt, wobei jene zur Schweiz stärker ausgeprägt sein dürften, indessen nicht derart, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre, verfügt er doch auch dort über soziale, kulturelle und familiäre Bindungen. Das öffentliche Interesse, dass er die Schweiz verlässt, überwiegt nach den von ihm begangenen Straftaten die privaten Interessen an seinem Verbleib im Land.
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5. 
27
5.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ihm im Falle des Unterliegens die Ausreisefrist auf drei Monate zu erstrecken sei. Die von der Vorinstanz angesetzte Regelfrist von einem Monat werde den Umständen in keiner Weise gerecht (lange Anwesenheit, eigene Wohnung, Berufstätigkeit); sie sei krass stossend. Die Vorinstanz gewährte dem Beschwerdeführer in Berücksichtigung seiner Situation eine Ausreisefrist bis zum 31. August 2018. Ergänzend hielt sie fest: "Sollte allerdings ein Weiterzug dieses Urteils an das Bundesgericht erfolgen und Letzteres dem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung verleihen, hat der Beschwerdeführer sich binnen eines Monats ab Zustellung eines den Wegweisungspunkt nicht ändernden bundesgerichtlichen Endentscheids aus dem Land zu entfernen".
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5.2. Der Entscheid über die Ausreisefrist betrifft die Modalitäten des Wegweisungsvollzugs, sodass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in diesem Zusammenhang ausgeschlossen ist (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG); es steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen: Soweit die Eingabe des Beschwerdeführers die Ausreisefrist betrifft, ist sie in eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde umzudeuten, falls die Eingabe deren Eintretensvoraussetzungen erfüllt: Der Beschwerdeführer ist durch die Ansetzung einer (als zu kurz gerügten) Ausreisefrist im Sinn von Art. 115 lit. b BGG zur Verfassungsbeschwerde legitimiert (vgl. die Urteile 2C_200/2017 vom 14. Juli 2017 E. 1.2.3 und E. 1.2.4 sowie das Urteil 2C_634/2018 vom 5. Februar 2019 E. 8.2). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 100 Abs. 1, Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 sowie Art. 114 und Art. 117 BGG), ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an die Hand zu nehmen.
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5.3. Gemäss Art. 64d Abs. 1 AIG ist mit der Wegweisungsverfügung eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen; das Gesetz schreibt vor, dass eine längere Ausreisefrist festzulegen oder die Ausreisefrist zu verlängern ist, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern. Im Vordergrund steht im vorliegenden Fall der Aspekt der langen Aufenthaltsdauer, wurde der Beschwerdeführer doch in der Schweiz geboren und verbrachte er sein bisheriges Leben weitgehend hier.
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5.4. Die allgemeine Lebenserfahrung legt nahe, dass eine geordnete Beendigung des Aufenthalts in einem Fall wie jenem des Beschwerdeführers - in der Regel - mehr als einen Monat beansprucht. Es geht namentlich darum, bestehende Arbeits- oder Mietverhältnisse zufriedenstellend auflösen zu können. Die von Art. 64d Abs. 1 AIG vorgesehene Möglichkeit, ausnahmsweise eine Ausreisefrist von über 30 Tagen anzusetzen, darf nicht dazu dienen, über den gesetzlichen Regelrahmen von sieben bis dreissig Tage hinaus dem weggewiesenen Ausländer faktisch eine Bewilligungsverlängerung zu gewähren. Im Zusammenhang mit der Frage der Angemessenheit der Ausreisefrist ist von Bedeutung, zu welchem Zeitpunkt der Ausländer ernsthaft damit zu rechnen hatte, das Land definitiv verlassen zu müssen. Diese Möglichkeit hat er wohl schon ab dem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Wegweisungsentscheids in Betracht zu ziehen, wobei von ihm allerdings vor Eintritt der Rechtskraft nicht erwartet werden kann, dass er auch schon ab diesem Zeitpunkt nicht rückgängig zu machende organisatorische Massnahmen trifft. Hingegen ist ihm zuzumuten, dass er ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Rechtskraft des Wegweisungsentscheids sofort selber die für die Ausreise notwendigen Vorkehrungen trifft und nicht tatenlos eine Fristansetzung abwartet (Urteile 2C_631/2018 vom 4. April 2019 E. 6; 2D_32/2018 vom 25. Juni 2018 E. 2 und 2D_36/2017 vom 24. Oktober 2017 E. 2.3).
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5.5. Das Migrationsamt und die Rekursabteilung der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich haben dem Beschwerdeführer je eine Ausreisefrist von 3 Monaten angesetzt. Wenn die Vorinstanz ihrerseits nur einen Monat ab Rechtskraft des bundesgerichtlichen Entscheids vorsieht, ist ihr Entscheid offensichtlich unverhältnismässig und unhaltbar; er verstösst gegen Art. 9 BV (vgl. für eine detailliertere Begründung: die Urteile 2C_631/2018 vom 4. April 2019 E. 6 und 2C_634/2018 vom 5. Februar 2019 E. 8.2).
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5.6. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist demnach gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist in diesem Punkt aufzuheben und die Angelegenheit zur Ansetzung einer neuen, der Situation des Beschwerdeführers angemessenen Ausreisefrist an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die erforderliche Länge einer angemessenen Ausreisefrist hängt von den konkreten Umständen ab und ist daher nicht vom Bundesgericht direkt festzulegen (vgl. die Urteile 2C_634/2018 vom 5. Februar 2019 E. 8.2 und 2C_200/2017 vom 14. Juli 2017 E. 4.3).
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6. 
34
6.1. Im Ergebnis ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten abzuweisen und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist in Bezug auf die angesetzte Ausreisefrist aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG).
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6.2. Bei diesem Verfahrensausgang - unter teilweisem Obsiegen des Beschwerdeführers - sind die von ihm geschuldeten Gerichtskosten zu reduzieren (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat zudem Anspruch auf teilweisen Ersatz seiner Parteikosten durch den Kanton Zürich (Art. 68 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.
 
2. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird gutgeheissen und die Dispositivziffer 2 des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Juli 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur Ansetzung einer neuen Ausreisefrist an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Der Kanton Zürich schuldet dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 1'250.--.
 
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. April 2019
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
 
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