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Informationen zum Dokument  BGer 5A_236/2019  Materielle Begründung
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BGer 5A_236/2019 vom 02.04.2019
 
 
5A_236/2019
 
 
Urteil vom 2. April 2019
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
B.________ AG,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Definitive Rechtsöffnung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter für Beschwerden SchKG, vom 20. Februar 2019 (BES.2018.90-EZS1).
 
 
Erwägungen:
 
1. Mit Entscheid vom 5. September 2018 erteilte das Kreisgericht St. Gallen der Beschwerdegegnerin gegenüber dem Beschwerdeführer in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes U.________ definitive Rechtsöffnung für Fr. 59'631.-- nebst 5 % Zins seit 26. April 2005 und Fr. 2'814.30 nebst 5 % Zins seit 1. Dezember 2005.
1
Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 26. November 2018 Beschwerde an das Kantonsgericht St. Gallen. Mit Entscheid vom 20. Februar 2019 wies das Kantonsgericht die Beschwerde und das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ab.
2
Gegen diesen Entscheid hat der Beschwerdeführer am 20. März 2019 (Postaufgabe) Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Mit Verfügung vom 21. März 2019 hat das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. Am 29. März 2019 (Postaufgabe) hat die Ehefrau des Beschwerdeführers eine ergänzende Eingabe eingereicht. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
3
2. Die Eingabe des Beschwerdeführers ist als Beschwerde in Zivilsachen entgegenzunehmen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75, Art. 90 BGG). Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist damit unzulässig (Art. 113 BGG). Auf die Ergänzung vom 29. März 2019 ist bereits wegen Verspätung nicht einzugehen.
4
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die Begründung muss sachbezogen sein und sich auf den Streitgegenstand beziehen und beschränken; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f.; 140 III 115 E. 2 S. 116).
5
3. Nach den kantonsgerichtlichen Feststellungen gewährte das Kreisgericht die definitive Rechtsöffnung gestützt auf einen vor dem Vermittleramt St. Gallen geschlossenen Vergleich vom 21. April 2006, worin sich der Beschwerdeführer solidarisch mit seiner Ehefrau verpflichtet hatte, der Beschwerdegegnerin Fr. 83'231.-- nebst 5 % Zins seit 26. April 2005 und Fr. 2'814.30 nebst 5 % Zins seit 1. Dezember 2005 zu zahlen.
6
Vor Kantonsgericht rügte der Beschwerdeführer, das Kreisgericht habe die Frage vernachlässigt, weshalb die Beschwerdegegnerin ihre Forderung erst nach sieben Jahren wieder aktiviert habe. Das Kantonsgericht hat dazu erwogen, das Kreisgericht sei sehr wohl darauf eingegangen. Wie es richtig ausgeführt habe, gelte für die Forderungen aus dem Vergleich eine Verjährungsfrist von zehn Jahren (Art. 137Abs. 2 OR). Diese sei durch die letzte Teilzahlung des Beschwerdeführers vom 17. Oktober 2011 unterbrochen worden und habe damit neu zu laufen begonnen (Art. 137 Abs. 1 OR). Die Beschwerdegegnerin müsse ihr jahrelanges Zuwarten nicht erklären. Jedem Gläubiger stehees frei, mit der Geltendmachung einer fälligen Forderung beliebig zu warten.
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Der Beschwerdeführer wendete weiter ein, die einzige Erklärung für das Zuwarten der Beschwerdegegnerin sei, dass es noch eine zweite Vereinbarung gebe, in der festgehalten sei, dass nach der Bezahlung einer gewissen Summe der Restbetrag erlassen werde. Das Kantonsgericht hat dazu erwogen, der Beschwerdeführer habe die Tilgung mittels Urkunden zu beweisen (Art. 81 Abs. 1 SchKG). Vorliegend belasse er es aber bei der blossen Behauptung.
8
Schliesslich hat das Kantonsgericht festgehalten, die Beschwerde erweise sich als von vornherein aussichtslos, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen sei.
9
 
Erwägung 4
 
4.1. Der Beschwerdeführer wirft den Gerichten des Kantons St. Gallen vor, geschlossen hinter der Beschwerdegegnerin, einer "lokalen, bestens vernetzten, milliardenschweren Firma" zu stehen, die im Kanton sehr viel Einfluss besitze.
10
Der Beschwerdeführer wirft den Gerichten damit sinngemäss Parteilichkeit und mangelnde Unabhängigkeit vor (Art. 30 Abs. 1 BV). Es dürfte zwar durchaus zutreffen, dass die Beschwerdegegnerin im Kanton St. Gallen weitherum bekannt ist. Dies allein genügt jedoch nicht, um die Unabhängigkeit der Gerichte in Frage zu stellen. Die Vorwürfe des Beschwerdeführers bleiben insgesamt pauschal und vage und sind nicht geeignet, die Unabhängigkeit des Einzelrichters am Kantonsgericht in Zweifel zu ziehen. Soweit der Beschwerdeführer entsprechende Vorwürfe auch gegen das Kreisgericht richten möchte, hätte er dies in seiner kantonalen Beschwerde tun müssen.
11
4.2. Der Beschwerdeführer beharrt darauf, es gebe eine zweite Vereinbarung, wonach er der Beschwerdegegnerin nur Fr. 23'000.-- zahlen müsse, damit die Restforderung abgeschrieben werde. Die Beschwerdegegnerin habe diese Vereinbarung nicht eingereicht. Er selber habe wahrscheinlich seine eigene Kopie der Vereinbarung bei einem Umzug verloren. Die Gerichte seien darauf nicht eingegangen und hätten von der Beschwerdegegnerin auch nicht verlangt, die zweite Vereinbarung einzureichen.
12
Das Kantonsgericht hat sich sehr wohl mit diesem Einwand befasst (oben E. 3). Der Beschwerdeführer geht sodann nicht darauf ein, dass es an ihm gelegen wäre, die Tilgung (hier behaupteterweise durch Erlass) mittels Urkunden zu beweisen. Weshalb die Beschwerdegegnerin dies an seiner Stelle hätte tun müssen oder die Gerichte sie zur Einreichung einer solchen angeblich existierenden Urkunde hätten auffordern müssen, legt der Beschwerdeführer nicht dar.
13
Ebenfalls in diesen Kontext gehört der Einwand des Beschwerdeführers, der Zinsenlauf sei falsch bestimmt worden. Es sei logisch, dass der Zins ab der letzten Teilzahlung (17. Oktober 2011) laufe und nicht ab 2005. Abgesehen davon, dass dieser Einwand neu zu sein scheint, übergeht er, dass nach den kantonsgerichtlichen Feststellungen auch für den Zinsenlauf ein definitiver Rechtsöffnungstitel vorliegt, da dieser im Vergleich vereinbart worden ist. Auch diesbezüglich hat der Beschwerdeführer keine Tilgung (Erlass der Zinsbetreffnisse für die Jahre 2005 bis 2011) nachgewiesen.
14
4.3. Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, die Gerichte hätten die Beschwerdegegnerin nicht aufgefordert zu beantworten, weshalb sie sieben Jahre gewartet habe, um die Forderung geltend zu machen.
15
Der Beschwerdeführer erläutert nicht, weshalb die Vorinstanzen die Beschwerdegegnerin zu einer entsprechenden Erklärung hätten auffordern müssen. Mit den kantonsgerichtlichen Erwägungen, wonachein Gläubiger beliebig mit der Geltendmachung einer Forderung zuwarten kann, setzt er sich nicht auseinander. Daran ändert nichts, dass nach seiner Einschätzung schweizerische Firmen ihre Forderungen sonst sehr schnell geltend machen würden. Wie andere Firmen in anderen Fällen vorgehen hat keine Bedeutung für die Rechtmässigkeit des Handelns der Beschwerdegegnerin.
16
4.4. Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, ihm sei die unentgeltliche Rechtspflege verwehrt worden, obwohl er und seine Familie unter dem Existenzminimum lebten und ein Anwalt die Geschehnisse besser hätte erklären können.
17
Es wäre grundsätzlich am Beschwerdeführer gelegen, einen Rechtsanwalt mit der Interessenwahrung zu betrauen. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er vor Kantonsgericht einen Antrag auf Stellung eines Anwalts gestellt hätte, welcher übergangen worden wäre. Was die unentgeltliche Rechtspflege betrifft, so übergeht er, dass sich seine kantonale Beschwerde als aussichtslos erwiesen hat. Der blosse Umstand, dass eine Person nicht über die erforderlichen Mittel für einen Prozess verfügt, begründet noch keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Vielmehr dürfen zusätzlich die Rechtsbegehren nicht als aussichtslos erscheinen (Art. 117 ZPO).
18
4.5. Die Beschwerde ist damit abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
19
5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, war die Beschwerde von Anfang an aussichtslos. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
20
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter für Beschwerden SchKG, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 2. April 2019
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Herrmann
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg
 
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