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Informationen zum Dokument  BGer 2C_197/2019  Materielle Begründung
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BGer 2C_197/2019 vom 25.02.2019
 
 
2C_197/2019
 
 
Urteil vom 25. Februar 2019
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Staatssekretariat für Migration.
 
Gegenstand
 
Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI,
 
vom 18. Januar 2019 (F-6481/2018).
 
 
Erwägungen:
 
1. Die am 29. Mai 1990 geborene brasilianische Staatsangehörige A.________ reiste Ende 2012 via Portugal in die Schweiz ein und heiratete am 27. Oktober 2014 einen in der Schweiz niedergelassenen Portugiesen, worauf sie eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA (bzw. eine Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 43 AIG) erhielt. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde am 2. Juni 2017, weniger als drei Jahre nach Eheschluss, rechtskräftig geschieden. Am 5. Juli 2017 gebar A.________ einen Sohn; die Niederlassungsbewilligung von dessen Vater war zuvor mit Verfügung vom 18. November 2016 (heute rechtskräftig) widerrufen worden. Die stadtbernische Ausländerbehörde unterbreitete die Sache am 13. Oktober 2017 dem Staatssekretariat für Migration (SEM) für die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG. Das SEM verweigerte mit Verfügung vom 2. Oktober 2018 die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und verfügte die Wegweisung. Die Betroffene gelangte dagegen am 1. November 2018 an das SEM, welches die Eingabe zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittelbehörde weiterleitete. Dieses setzte mit Zwischenverfügung vom 30. November 2018 eine Frist bis 10. Dezember 2018 zur Nachreichung einer Beschwerdeverbesserung sowie eine Frist bis 3. Januar 2019 zur Leistung eines Kostenvorschusses, je verbunden mit der Androhung, dass ansonsten auf das Rechtsmittel unter Kostenfolge nicht eingetreten werde. Beide Fristen liefen ab, ohne dass die angeordneten Prozesshandlungen vorgenommen worden wären. Mit Urteil des Einzelrichters vom 18. Januar 2019 trat das Bundesverwaltungsgericht entsprechend der für den Säumnisfall angedrohten Folge auf die Beschwerde nicht ein. Das Nichteintretensurteil wurde der Betroffenen am 23. Januar 2019 am Postschalter zugestellt.
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2. Am 22. Februar 2019 gelangte A.________ mit einer als "Recours de droit public selon l'art. 95 LTF" bezeichneten Eingabe an das Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei auf ihre Beschwerde einzutreten; ihre Aufenthaltsbewilligung sowie diejenige ihres Sohnes seien zu verlängern; unter Kostenfolge zu Lasten des Staats bzw. unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Gerügt wird Rechtsverweigerung bzw. die Verletzung von Art. 29a BV; Verletzung von Treu und Glauben (Art. 9 BV; Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 9 EMRK); Verletzung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG.
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Das Bundesverwaltungsgericht ist auf die ihm vorgelegte Beschwerde nicht eingetreten, weil die Beschwerdeführerin es versäumt hat, Prozesshandlungen innert der ihr angesetzten Fristen vorzunehmen. Nur das so begründete Nichteintretensurteil kann Gegenstand eines Rechtsmittels sein. Die Beschwerdeführerin legt ein ärztliches Zeugnis (vom 17. Oktober 2018) vor, das ihr Arbeitsunfähigkeit zu 100 % ab dem 1. November 2018 für ca. vier Wochen attestiert; zudem einen umfangreicheren psychiatrischen Bericht, datiert vom 29. Januar 2019. Sie macht geltend, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig zielgerichtet zu handeln.
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3. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG zulässig gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere auch gegen Nichteintretensentscheide. Art. 86 BGG liegt der Gedanke zugrunde, dass das Bundesgericht mit einer Angelegenheit nicht befasst werden soll, wenn die erhobenen Rügen vollumfänglich noch einer seiner Vorinstanzen wirksam vorgetragen werden können. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin laufen vorliegend auf die Geltendmachung eines Fristwiederherstellungsgrundes hinaus, will sie doch unverschuldet von der fristgerechten Leistung des Kostenvorschusses bzw. der rechtzeitigen Vorlage einer verbesserten Rechtsschrift abgehalten worden sein. Dazu beruft sie sich auf neue Tatsachen, die das Bundesgericht zwar wohl zu prüfen gehalten wäre (Art. 99 Abs. 1 BGG). Da aber mit einem Fristwiederherstellungsgesuch gemäss Art. 24 Abs. 1 VwVG bei der Behörde selber, vor welcher eine Frist versäumt wurde, diesbezügliche Entschuldigungsgründe wirksam vorgebracht werden können und wenn wie vorliegend keine über das Thema Fristversäumnis hinausgehenden Rügen betreffend die Rechtmässigkeit des angefochtenen Urteils als Nichteintretensentscheid erhoben werden (können), ist grundsätzlich zuerst von diesem speziellen Rechtsbehelf Gebrauch zu machen, bevor der Weg ans Bundesgericht beschritten wird (Urteil 2C_845/2011 vom 17. Oktober 2011 E. 2; publ. in StR 67/2012 S. 76; im gleichen Sinn die Tragweite von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG im Verhältnis zum Fristwiederherstellungsgesuch an ein kantonales Verwaltungsgericht, Urteil 2C_1043/2017 vom 13. Dezember 2017 E. 2.3, bzw. zum Fristwiederherstellungsgesuch nach Art. 148 ZPO bei einem oberen kantonalen Gericht, Urteil 4A-467/2017 vom 22. Mai 2018).
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Es obliegt mithin dem Bundesverwaltungsgericht, in Anwendung von Art. 24 VwVG zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin taugliche Gründe für eine Wiederherstellung der beiden versäumten Fristen vorträgt, wobei sich ihm vorab die Frage stellen wird, bis wann ein allfälliges Hindernis andauerte und ob die Beschwerdeführerin rechtzeitig innert 30 Tagen nach dessen Wegfall gehandelt, namentlich die versäumten Prozesshandlungen nachgeholt hat. Hinsichtlich der Pflicht zur Bezahlung des Kostenvorschusses hat sie (in ihrer Eingabe an das Bundesgericht) bisher offenbar bloss beantragt, es sei ihr ein Einzahlungsschein zuzustellen. Was die Auflage der Beschwerdeverbesserung betrifft, wird sich die Frage stellen, wie es sich diesbezüglich (nebst mit der Rechtzeitigkeit) mit dem Inhalt von Ziff. 3 der dem Bundesgericht vorgelegten Rechtsschrift verhält.
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4. Auf die offensichtlich unzulässige Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach dem Gesagten mit Entscheid des Abteilungspräsidenten im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Die Sache ist zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuleiten.
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5. Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
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 Demnach erkennt der Präsident:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Eingabe vom 22. Februar 2019 wird zwecks Behandlung als Fristwiederherstellungsgesuch an das Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, weitergeleitet.
 
3. Es werden keine Kosten erhoben.
 
4. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos.
 
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, sowie der Einwohnergemeinde Bern, Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Februar 2019
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Feller
 
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