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Informationen zum Dokument  BGer 2C_573/2018  Materielle Begründung
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BGer 2C_573/2018 vom 01.02.2019
 
 
2C_573/2018
 
 
Urteil vom 1. Februar 2019
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Berger,
 
Gerichtsschreiberin Genner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Advokat Dieter Roth,
 
gegen
 
Amt für Migration Basel-Landschaft,
 
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.
 
Gegenstand
 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 6. Dezember 2017 (810 16 382).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Die kosovarische Staatsangehörige A.________ (geb. 1991) reiste 1998 in die Schweiz ein. Seit April 2004 ist sie im Besitz einer Niederlassungsbewilligung.
1
Am 27. Mai 2016 verurteilte das Strafgericht Basel-Landschaft A.________ wegen gewerbsmässigen Betrugs sowie gewerbsmässiger Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Zugleich schob das Strafgericht den Vollzug der Strafe in Anwendung von Art. 57 Abs. 2 StGB auf und ordnete eine stationäre Massnahme an. Seit dem 3. März 2015 (Antritt vorzeitiger Massnahmenvollzug) befindet sich A.________ in der Justizvollzugsanstalt Hindelbank.
2
 
B.
 
Am 11. August 2016 widerrief das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies sie auf den Zeitpunkt der (bedingten) Entlassung aus dem Straf- bzw. Massnahmenvollzug aus der Schweiz weg. Eine von A.________ dagegen erhobene Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft wies dieser am 6. Dezember 2016 ab, wobei er auch das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abwies. Gegen diesen Entscheid gelangte A.________ mit Beschwerde an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht. Am 6. Dezember 2017 hiess das Kantonsgericht die Beschwerde teilweise gut und wies die Angelegenheit zu neuem Entscheid im Sinn der Erwägungen an den Regierungsrat zurück. In der Sache wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab; mit Bezug auf die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gelangte es zur Auffassung, die Beschwerde sei nicht aussichtslos gewesen und der Regierungsrat hätte dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entsprechen müssen.
3
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. Juli 2018 beantragt A.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils; das kantonale Migrationsamt sei anzuweisen, vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung abzusehen; eventualiter sei das Verfahren zu erneuter Sachverhaltsfeststellung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Kantonsgericht und das Staatssekretariat für Migration haben auf eine Stellungnahme verzichtet. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin hat am 5. Oktober 2018 repliziert.
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Mit Präsidialverfügung vom 5. Juli 2018 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung erteilt.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Gegen den angefochtenen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid über den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht zulässig (Art. 90 BGG; Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG), da die Beschwerdeführerin grundsätzlich einen Anspruch auf das Fortbestehen der Bewilligung geltend machen kann (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde (vgl. Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG) der hierzu legitimierten Beschwerdeführerin (Art. 89 Abs. 1 BGG) ist einzutreten.
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1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144). Es legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinn mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG [SR 142.20] in der zeitlich massgeblichen Fassung; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 36). Keine Rolle spielt, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18; 139 I 31 E. 2.1 S. 32). Der Widerrufsgrund von Art. 62 lit. b AuG gilt auch für Personen, welche - wie die Beschwerdeführerin - mehr als 15 Jahre ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz gelebt haben (vgl. Art. 63 Abs. 2 AuG).
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Aufgrund der Verurteilung der Beschwerdeführerin zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren liegt unbestrittenermassen ein Widerrufsgrund im Sinn der genannten Bestimmungen vor. Dies bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Sie macht indessen geltend, der Widerruf sei unverhältnismässig.
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2.2. Liegt ein Widerrufsgrund vor, so ist stets zu prüfen, ob sich die Massnahme als verhältnismässig erweist (Art. 96 Abs. 1 AuG), was eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls erfordert.
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2.2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihre gesamte Kernfamilie, d.h. ihr Vater und ihre Geschwister (mit Ausnahme ihrer Schwester), wohne in der Schweiz. Soweit sie sich damit auf eine besondere Beziehung zu ihren in der Schweiz lebenden Familienmitgliedern beruft, ist klarzustellen, dass die Beziehung erwachsener Personen zu Eltern und Geschwistern - von qualifizierten Ausnahmen abgesehen - nicht durch das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK geschützt ist (BGE 137 I 154 E. 3.4.2 S. 159).
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2.2.2. Unabhängig vom Vorliegen einer familiären Beziehung kann eine ausländerrechtliche Fernhaltemassnahme Art. 8 Ziff. 1 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens) verletzen, namentlich bei Ausländern der zweiten Generation (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 13). Die heute 27-jährige, ledige und kinderlose Beschwerdeführerin ist im Alter von sieben Jahren in die Schweiz gekommen und hier aufgewachsen. Wenngleich sie nicht der zweiten Ausländergeneration zugerechnet werden kann, ergibt sich unter dem Aspekt des Rechts auf Achtung des Privatlebens dennoch die Notwendigkeit einer Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK (vgl. Urteil 2C_105/2017 vom 8. Mai 2018 E. 3.7-3.9, zur Publikation vorgesehen). Danach ist ein Eingriff in das von Art. 8 Ziff. 1 EMRK geschützte Privatleben statthaft, wenn er gesetzlich vorgesehen ist und in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Die Konvention verlangt insofern eine Abwägung der sich gegenüberstehenden privaten Interessen an der Bewilligungserteilung und den öffentlichen Interessen an deren Verweigerung, wobei Letztere in dem Sinn überwiegen müssen, dass sich der Eingriff als notwendig erweist (BGE 139 I 145 E. 2.2 S. 147 f.; 135 I 153 E. 2.2.1 S. 156). Landesrechtlich wie konventionsrechtlich sind dabei namentlich die Art und Schwere der vom Betroffenen begangenen Straftaten und des Verschuldens, der Grad der Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit in der Schweiz sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen. Die Bewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit im Land aufhält, soll praxisgemäss nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit kann sich jedoch ein Widerruf selbst dann rechtfertigen, wenn der Betroffene hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat. Bei schweren Straftaten, Rückfall und wiederholter Delinquenz besteht - überwiegende private oder familiäre Bindungen vorbehalten - regelmässig ein wesentliches öffentliches Interesse daran, die weitere Anwesenheit der Täterin oder des Täters zu beenden, soweit sie hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht haben bzw. sich von straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lassen und damit zeigen, dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheinen, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f., 31 E. 2.1 S. 32 f., 137 II 297 E. 3.3 S. 304).
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Erwägung 3
 
3.1. Die von der Beschwerdeführerin verübten Delikte (gewerbsmässiger Betrug und gewerbsmässige Erpressung) zogen die Verurteilung zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe und die Anordnung einer stationären Massnahme nach sich. Die zur Diskussion stehenden Straftaten wiegen schwer. Bei ihnen handelt es sich um Anlasstaten, welche gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB seit dem 1. Oktober 2016 eine obligatorische Landesverweisung zur Folge haben können. Zwar findet diese Regelung nicht rückwirkend auf die Beschwerdeführerin Anwendung; dennoch darf bei der Interessenabwägung berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber gewerbsmässig begangene Vermögensdelikte als besonders verwerflich erachtet.
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3.2. Das Strafgericht ist davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin sich gezielt betagte und ihr nahestehende Opfer ausgesucht und deren Vertrauen und Hilfsbereitschaft ausgenutzt hat. Gemäss Feststellung des Strafgerichts hat sie dabei äusserst egoistisch gehandelt und ihre Opfer praktisch um ihre gesamten Ersparnisse gebracht. Die Vorinstanz hat insbesondere auch auf den hohen Deliktsbetrag von insgesamt Fr. 387'293.-- und die lange Deliktsdauer von rund vier Jahren hingewiesen. Ausserdem habe die Beschwerdeführerin trotz laufender Verfahren weiter delinquiert; auch die Inhaftierung bzw. bestehende Kontaktverbote hätten sie nicht davon abgehalten, weiterhin auf betrügerische Art und Weise Geld zu erbetteln. Insgesamt zeuge ihr Verhalten von einer hohen kriminellen Energie (vgl. angefochtener Entscheid E. 5.2).
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Gemäss dem für sie erstellten psychiatrischen Gutachten hat die Beschwerdeführerin zur Zeit der Taten an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, ergänzt durch histrionische und abhängige Persönlichkeitszüge, gelitten. Die Einsichtsfähigkeit ist voll erhalten gewesen, wohingegen die Steuerungsfähigkeit als leicht beeinträchtigt erachtet wurde. Im Strafurteil ist ausserdem das jugendliche Alter der Beschwerdeführerin zu den Tatzeiten leicht zu ihren Gunsten berücksichtigt worden. Das Strafgericht ist insgesamt von einem erheblichen Verschulden ausgegangen, welches eine Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtfertigte. Die Prognose stufte es als schlecht ein; gemäss Gutachten bestand ein hohes Risiko für die Begehung weiterer Straftaten.
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Erwägung 3.3
 
3.3.1. Dagegen macht die Beschwerdeführerin geltend, sie befinde sich in intensiver therapeutischer Behandlung im Rahmen einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB. Das bedeute, dass sie erst in die Freiheit entlassen werde, wenn sie keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstelle. Deshalb sei das öffentliche Interesse im Zeitpunkt der Entlassung als deutlich geringer zu gewichten, als dies die Vorinstanz getan habe. Auch wenn die Rückfallgefahr bei der Verurteilung noch als gross beurteilt worden sein möge, so werde diese, wenn sie dereinst aus der stationären Massnahme entlassen werde, nicht mehr gegeben sein, da Voraussetzung für eine Entlassung aus der stationären Massnahme gerade eine gute Legalprognose sei. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin therapiert werde, wirke sich somit indirekt auf das öffentliche Interesse an der Beendigung ihrer Anwesenheit in der Schweiz aus. Positiv zu würdigen sei auch, dass sie Fortschritte in der Therapie mache. In diesem Zusammenhang weist die Beschwerdeführerin auf mehrere sie betreffende - nach dem Urteil der Vorinstanz vom 6. Dezember 2017 datierende - Berichte hin (Therapieverlaufsbericht des Forensisch-Psychiatrischen Dienstes [FPD] der Medizinischen Fakultät der Universität Bern vom 20. Dezember 2017, Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt Hindelbank vom 28. Februar 2018, Vollzugsbericht bzw. Protokoll des Standortgesprächs des Amts für Straf- und Massnahmenvollzug Basel-Landschaft vom Juli 2018).
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3.3.2. Die ausländerrechtliche Verschuldensbeurteilung knüpft zwar an die Einschätzung im Strafurteil an (BGE 134 II 10 E. 4.2 S. 23; 129 II 215 E. 3.1), doch verfolgen Straf- und Ausländerrecht unterschiedliche Zielsetzungen: Ausländerrechtlich steht der Sicherheitsaspekt im Vordergrund, strafrechtlich die verschuldensabhängige Sanktionierung verpönten Verhaltens und die Reintegration des Täters oder der Täterin. Die Anforderungen an die Rückfallgefahr und das Sicherheitsrisiko, das ausländerrechtlich noch hingenommen werden kann, sind umso niedriger anzusetzen, je schwerer die zur Diskussion stehende Rechtsgüterverletzung und die Umstände der Tat wiegen (betreffend gewerbsmässigen Betrug vgl. Urteil 2C_724/2017 vom 18. Juli 2018 E. 4.3). Die Ausländerbehörden sind nicht an die Einschätzung der Strafbehörden hinsichtlich der Rückfallgefahr gebunden - auch wenn sie diese sinnvollerweise in ihre Beurteilung miteinbeziehen werden -, da das Ausländerrecht zum Schutz der Gesellschaft hinsichtlich des noch hinzunehmenden Risikos strengere Anforderungen stellt als das Strafrecht (BGE 140 I 145 E. 4.3 S. 150; 137 II 233 E. 5.2.2 S. 536 f.).
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Hier wurde im Strafurteil trotz des bei der Beschwerdeführerin diagnostizierten psychiatrisch krankheitswertigen Befunds (dissoziale Persönlichkeitsstörung, ergänzt durch histrionische und abhängige Persönlichkeitszüge) keine Einbusse in der Einsichtsfähigkeit und nur eine leichte Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit festgestellt. Das Strafgericht ist insgesamt von einem erheblichen Verschulden der Beschwerdeführerin an den von ihr verübten Delikten ausgegangen und hat gestützt auf das psychiatrische Gutachten eine stationäre Massnahme angeordnet, wobei es hervorgehoben hat, dass das Rückfallrisiko gemäss Gutachten hoch sei. Die Feststellung der Vorinstanz, wonach sich daran bis zu deren Entscheid nichts geändert hat, ist für das Bundesgericht massgeblich, da die Beschwerdeführerin nicht ausreichend substanziiert dartut, inwiefern sie unzutreffend wäre (vgl. E. 1.2). Aus migrationsrechtlicher Perspektive besteht damit ein grosses Interesse an der Beendigung des Aufenthalts in der Schweiz, namentlich mit Blick auf die Schwere der von der Beschwerdeführerin begangenen Taten und das als erheblich einzustufende Rückfallrisiko. Keine Rolle spielt dabei, dass es sich bei den Taten, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, im Wesentlichen um einen einzigen Tatkomplex handeln soll; aus dem angefochtenen Entscheid geht klar hervor, dass zwar nur wenige Personen Opfer des von ihr verübten gewerbsmässigen Betrugs und der gewerbsmässigen Erpressung wurden, sich die deliktische Tätigkeit jedoch über vier Jahre und damit über einen langen Zeitraum erstreckte und sie diese sogar nach Einleitung des Strafverfahrens gegen sie noch fortsetzte. Ebenso kann es aus migrationsrechtlicher Perspektive nicht darauf ankommen, dass die Hauptgeschädigte inzwischen auf Rückzahlungen verzichten soll. Es ist notorisch, dass solches Verhalten der Geschädigten bei Delikten im engen Familien- und/oder Bekanntenkreis häufig vorkommt; dies hat jedenfalls keine Auswirkungen auf die migrationsrechtlich relevante Gewichtung des deliktischen Verhaltens der Beschwerdeführerin und die Abschätzung der von ihr weiterhin ausgehenden Gefahr.
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3.3.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, von ihr werde nach erfolgreicher Beendigung der Massnahme keine ausländerrechtlich relevante Gefahr mehr ausgehen. Der Sache nach läuft dieses Vorbringen darauf hinaus, dass sie den Migrationsbehörden vorwirft, in ihrem Fall voreilig und ohne Koordination mit den Strafbehörden über ihren weiteren Verbleib in der Schweiz entschieden zu haben. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hätte erst nach Auslaufen der stationären Massnahme über die Beendigung ihres Aufenthalts in der Schweiz entschieden werden dürfen. Angesichts der nach dem angefochtenen Entscheid erstellten neuen Therapieberichte über sie müsse davon ausgegangen werden, dass ihr nach ihrer Entlassung aus dem Straf- bzw. Massnahmenvollzug auch unter migrationsrechtlichen Gesichtspunkten eine günstige Prognose zu stellen sei.
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Der Vorwurf erweist sich als unbegründet, lässt das Bundesgericht doch in ständiger Praxis zu, dass die Migrationsbehörden möglichst früh bzw. vor dem Ende des Straf- oder Massnahmenvollzugs über einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung und eine Wegweisung entscheiden. Zum einen sind nämlich die Erfolgschancen einer stationären Massnahme oder einer strafvollzugsbegleitenden ambulanten Therapie ungewiss und ein Rückfall ist nicht ausgeschlossen; zum andern ist es im Interesse der ausländischen Person, möglichst früh zu wissen, wo sie nach ihrer Freilassung leben wird (BGE 137 II 233 E. 5.2.3 S. 238; Urteil 2C_144/2018 vom 21. September 2018 E. 5.3). Hier hat das Migrationsamt somit, nachdem sich die Beschwerdeführerin bereits seit dem 3. März 2015 im vorzeitigen Massnahmenvollzug befand, nicht vorzeitig über die Beendigung ihres Aufenthalts in der Schweiz entschieden. Ebenso war es für die Vorinstanz nicht angezeigt, mit ihrem Entscheid bis zum Vorliegen weiterer, allenfalls positiverer Therapieberichte für die Beschwerdeführerin zuzuwarten. Der Entscheid der Vorinstanz gibt damit auch keinen Anlass, die erst im bundesgerichtlichen Verfahren eingereichten bzw. zum Beizug beantragten Therapie- und Vollzugsberichte zu berücksichtigen (Art. 99 Abs. 1 BGG). Diese müssen daher unbeachtet bleiben. Insgesamt ist mit der Vorinstanz von einem erheblichen Rückfallrisiko auszugehen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sie ein gewichtiges sicherheitspolizeiliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung bejaht hat.
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Erwägung 4
 
Das öffentliche Interesse an der Wegweisung der Beschwerdeführerin kann nur durch entsprechend gewichtige private Interessen aufgewogen werden, d.h. wenn aussergewöhnlich schwerwiegende Umstände gegen eine Wegweisung sprechen würden. In diesem Zusammenhang sind die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin zu prüfen, namentlich unter dem Blickwinkel des Rechts auf Achtung des Privatlebens (vgl. E. 2.2.2).
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4.1. Die Beschwerdeführerin lebt seit ihrem siebten Lebensjahr und somit seit rund 20 Jahren in der Schweiz. Die Dauer ihres Aufenthalts fällt bei der Verhältnismässigkeitsprüfung deutlich zu ihren Gunsten ins Gewicht (vgl. Urteil 2C_779/2017 vom 26. Oktober 2018 E. 4.1). Nach Abschluss der Schule begann sie im Spital eine Pflegeausbildung, die sie nach sechs Monaten abbrach. In der Folge arbeitete sie - meist nur wenige Monate - als Hilfskraft. Es gelang ihr nicht, eine Berufsausbildung zu absolvieren. Entgegen ihrer Behauptung fehlt es an einer erfolgreichen Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Vertiefte soziale Beziehungen ausserhalb der Familie hat die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren nicht geltend gemacht.
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4.2. Bereits das Migrationsamt hat festgestellt, dass die Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben sehr engen Kontakt mit ihrem Bruder und dessen Familie habe, die sie oft in der Anstalt Hindelbank besuchen würden. Auf eine besondere emotionale und/oder finanzielle Abhängigkeit von ihrem Bruder und/oder ihrem Vater hat sie sich indessen nicht berufen (vgl. E. 2.2.1). Ausserdem wohnen ihre Schwester mit ihrem Ehemann und zwei Kindern sowie weitere Verwandte im Kosovo. Gemäss eigenen Angaben im kantonalen Verfahren hat die Beschwerdeführerin zu ihrer Schwester auch heute noch ein gutes Verhältnis, besucht diese und ihre Familie wenn immer möglich und telefoniert oder skypt mit ihrer Schwester etwa zweimal in der Woche (vgl. Entscheid des Regierungsrats vom 6. Dezember 2016, E. 5 b, bb). Die Pflege familiärer Kontakte ist damit auch nach einer Rückkehr in den Kosovo zumindest mit ihrer Schwester ohne weiteres möglich. Die übrige Familie (Vater, Bruder) kann im Rahmen regelmässiger Besuche den Kontakt zur Beschwerdeführerin aufrechterhalten und sie nach einer (bedingten) Entlassung aus der stationären Massnahme nötigenfalls auch dort finanziell unterstützen.
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4.3. Die Beschwerdeführerin spricht die Landessprache, ist körperlich gesund und mit den Verhältnissen im Kosovo vertraut, obwohl sie sich nach ihrer Einreise in die Schweiz gemäss eigenen Angaben nur noch im Rahmen von Besuchen von Verwandten und Ferienaufenthalten jeweils vorübergehend dort aufhielt. Es kann sich damit nur noch fragen, ob ihr eine Rückkehr in den Kosovo allenfalls deshalb nicht zugemutet werden kann, weil die Therapie der bei ihr festgestellten psychischen Störungen dort nicht adäquat behandelt werden kann. In diesem Zusammenhang macht die Beschwerdeführerin geltend, eine Wegweisung in den Kosovo würde den gesamten Therapieverlauf gefährden.
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Die bei der Beschwerdeführerin diagnostizierten psychischen Störungen (dissoziale Persönlichkeitsstörung, ergänzt durch histrionische und abhängige Persönlichkeitszüge) weisen Krankheitswert auf und sind denn auch im Strafvollzug Gegenstand entsprechender Therapien. Der Charakter dieser Störungen als reine Verhaltensstörungen steht hingegen einer Rückkehr der Beschwerdeführerin in den Kosovo nicht entgegen.
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Der Täter bzw. die Täterin wird gemäss Art. 62 Abs. 1 StGB aus dem stationären Vollzug einer Massnahme bedingt entlassen, sobald sein bzw. ihr Zustand es rechtfertigt, dass ihm bzw. ihr Gelegenheit gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren. Voraussetzung für die bedingte Entlassung ist eine günstige Prognose. Die Prognose ist günstig, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene keine weiteren Straftaten begehen wird, die mit der behandelten Störung in Zusammenhang stehen. Eine Heilung im medizinischen Sinn ist indes nicht erforderlich. Es genügt, dass der Betroffene gelernt hat, mit seinen Defiziten umzugehen. Entscheidend ist, dass die mit der schweren psychischen Störung zusammenhängende Rückfallgefahr durch die Behandlung ausreichend vermindert werden konnte (BGE 137 IV 201 E. 1.2 S. 202 f.; Urteile 6B_1070/2016 vom 23. Mai 2017 E. 2.2; 6B_593/2012 vom 10. Juni 2013 E. 3; 6B_714/2009 vom 19. November 2009 E. 1.2; je mit Hinweisen).
26
Der vom Migrationsamt des Kantons Basel-Landschaft verfügte Widerruf der Niederlassungsbewilligung wurde mit der Wegweisung auf den Zeitpunkt der (bedingten) Entlassung aus dem Straf- bzw. Massnahmenvollzug verbunden, d.h. erst auf diesen Zeitpunkt werden Widerruf und Wegweisung wirksam (vgl. auch Art. 70 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR 142.201], wonach bei Ausländern, die sich im stationären Massnahmenvollzug befinden, die bisherige Bewilligung bis zu ihrer Entlassung gültig bleibt; vgl. dazu Urteil 2C_144/2018 vom 21. September 2018 E. 5). Damit ist aber ohne weiteres davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin auf diesen Zeitpunkt hin in ihr Heimatland zurückkehren können wird. Soweit es auch dann noch der Behandlung ihrer psychischen Störungen bedarf, steht bei diesen als Verhaltensstörungen keine medikamentöse, sondern im Wesentlichen eine psychotherapeutische Behandlung im Vordergrund. Die Vollzugsbehörden können der Beschwerdeführerin nötigenfalls eine längere Ausreisefrist ansetzen (vgl. Art. 64d Abs. 1 AuG) und sich, falls erforderlich, darum bemühen, unter Einschaltung der behandelnden Ärzte und Psychotherapeuten des Forensisch-Psychiatrischen Dienstes (FPD) der Medizinischen Fakultät der Universität Bern eine kontinuierliche Übertragung der psychosozialen Betreuung der Beschwerdeführerin in deren Heimatland sicherzustellen (vgl. Urteil 2C_779/2017 vom 26. Oktober 2018 E. 4.3).
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4.4. Der Entzug der Niederlassungsbewilligung trifft die Beschwerdeführerin aufgrund ihres langjährigen Aufenthalts zweifellos hart. Die Ausreise in den Kosovo kann ihr jedoch zugemutet werden. Ihr Herkunftsstaat ist der Beschwerdeführerin nicht fremd. Sie kennt ihn von Ferienaufenthalten her und ist über ihre noch heute dort lebende Schwester, deren Ehemann und Kinder sowie weitere Verwandte mit der dortigen Sprache und Kultur vertraut. Die Wiedereingliederung wird für die Beschwerdeführerin zweifellos eine grosse Herausforderung darstellen, die sich jedoch nicht als unüberwindlich erweist.
28
 
Erwägung 5
 
5.1. Die privaten Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib in der Schweiz sind wegen ihrer langen Anwesenheit insgesamt bedeutend. Aufgrund der erheblichen, über einen langen Zeitraum verübten Delinquenz und der nicht auszuschliessenden Rückfallgefahr überwiegen sie aber nicht das sicherheitspolizeiliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung. Der angefochtene Entscheid verletzt daher weder Konventions- noch Bundesrecht. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
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5.2. Die bedürftige Beschwerdeführerin ersucht für diesen Fall um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Da ihre Eingabe nicht von Vornherein aussichtslos war, kann dem Antrag entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beizug eines Rechtsvertreters ist in einer Streitsache wie der vorliegenden notwendig. Rechtsanwalt Dieter Roth ist als unentgeltlicher Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin zu bestellen. Als solcher hat er Anspruch auf eine angemessene Entschädigung (Art. 64 Abs. 2 BGG).
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5.3. Parteientschädigungen werden keine zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
 
3. Es werden keine Kosten erhoben.
 
4. Der Beschwerdeführerin wird Advokat Dieter Roth als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben; dieser wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'000.-- entschädigt.
 
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 1. Februar 2019
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Die Gerichtsschreiberin: Genner
 
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