VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 9C_110/2016  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 9C_110/2016 vom 28.12.2016
 
{T 0/2}
 
9C_110/2016
 
 
Urteil vom 28. Dezember 2016
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless,
 
Gerichtsschreiber Grünenfelder.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Schaffner-Hess,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 9. Dezember 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die 1964 geborene A.________ ist gelernte Lastwagenchauffeuse und arbeitete bis 2004 im Saison-Arbeitsvertrag bei der B.________ S.A. Mitte November 2005 meldete sie sich infolge einer Totalprothesen-Operation am linken Knie bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau klärte die medizinischen und beruflichen Verhältnisse ab und bewilligte eine Umschulung zur technischen Kauffrau. Im April 2011 benötigte A.________ auch am rechten Knie eine Totalprothese. In der Folge sprach ihr die IV-Stelle Rentenleistungen zu. Die entsprechende Verfügung vom 24. Oktober 2012 hob das kantonale Gericht am 23. Januar 2013 auf und wies die Verwaltung an, den Sachverhalt durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens ergänzend abzuklären.
1
Nach einer Schulteroperation im Sommer 2013 wurde A.________ im Auftrag der Unfallversicherung durch die Gutachterstelle  C.________ für interdisziplinäre Begutachtungen begutachtet (Gutachten vom 27. Dezember 2013). Die IV-Stelle zog diese Expertise hinzu und holte bei der Gutachterstelle D.________ ein ergänzendes bidisziplinäres Gutachten ein, wobei sie neu eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (nachfolgend: EFL) veranlasste; das Gutachten datiert vom 7. Mai 2014. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren gewährte sie A.________ vom 1. Oktober 2005 bis 28. Februar 2007, vom 1. März bis 31. Oktober 2011 und vom 1. Juni 2013 bis 30. April 2014 jeweils eine ganze Invalidenrente (Verfügung vom 19. März 2015). Am 20. März 2015 verneinte die Verwaltung einen Anspruch auf berufliche Massnahmen.
2
B. Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ab und sprach A.________ vom 1. Oktober 2005 bis 28. Februar 2007, vom 1. März bis 31. Oktober 2011 und vom 1. Juni 2013 bis 31. März 2014 eine ganze Invalidenrente sowie im Monat April 2014 eine Viertelsrente zu.
3
C. A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihr gestützt auf die seit Oktober 2004 ausgewiesenen Arbeitsunfähigkeiten ab Oktober 2005 eine unbefristete Invalidenrente auszurichten; sodann seien ihr berufliche Massnahmen zu gewähren. Eventualiter sei eine umfassende orthopädische und psychiatrische Neubegutachtung anzuordnen.
4
 
Erwägungen:
 
1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).
5
2. Die Vorinstanz hat dem bidisziplinären Gutachten der Gutachterstelle D.________ vom 7. Mai 2014 Beweiskraft zuerkannt. Gestützt darauf hat sie eine Arbeitsunfähigkeit aus psychischen Gründen verneint. In somatischer Hinsicht hat das kantonale Gericht im Zusammenhang mit den drei Operationen der Versicherten an beiden Knien und an der rechten Schulter ab Oktober 2005 bis April 2007, ab März bis Mitte Juli 2011 und ab Mitte Juni bis Mitte Dezember 2013 eine vollumfängliche Arbeitsunfähigkeit anerkannt. Ab Mitte Dezember 2013 bis Mitte Januar 2014 hat es auf eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % für angepasste Tätigkeiten geschlossen; in den Zeiträumen dazwischen und ab Mitte Januar 2014 ist es von einer rentenausschliessenden Einschränkung von 30 % ausgegangen (Invaliditätsgrad: 24.6 %). Gestützt darauf hat die Vorinstanz der Versicherten ab 1. Oktober 2005 bis 28. Februar 2007 (ab März 2007: Ausrichtung von Taggeldern bis Oktober 2009), ab 1. März bis Ende Oktober 2011 sowie ab 1. Juni 2013 bis Ende März 2014 (unter Berücksichtigung des Art. 88 bis Abs. 1 IVV) eine ganze Invalidenrente und im April 2014 (Invaliditätsgrad: 46 %) eine befristete Viertelsrente zugesprochen. Einen Anspruch auf berufliche Massnahmen hat das kantonale Gericht verneint.
6
3. 
7
3.1. Die Beschwerdeführerin stellt den Beweiswert des Gutachtens der Gutachterstelle D.________ in Frage, insbesondere was die retrospektive Beurteilung der Arbeitsfähigkeit betrifft.
8
3.2. Die Frage nach der Erfüllung der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten ist eine frei überprüfbare Rechtsfrage (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232).
9
 
Erwägung 3.3
 
3.3.1. Die Beschwerdeführerin nimmt vorab auf den Zeitabschnitt bis 2010 Bezug. Sie rügt, die Berichte ihres behandelnden Orthopäden Dr. med. E.________ seien von den Experten der Gutachterstelle D.________ nicht (hinreichend) berücksichtigt worden. Diesbezüglich ist dem Gutachten der Gutachterstelle D.________ jedoch klar zu entnehmen, die Einschätzungen des Dr. med. E.________ betreffend die Arbeitsfähigkeit der Versicherten für angepasste Tätigkeiten seien nicht nachvollziehbar. Der behandelnde Orthopäde habe seine Meinung innerhalb von drei Jahren (2007 bis 2010) erheblich geändert, obschon das linke Knie medizinisch gesehen einen stabilen Verlauf gezeigt habe. Hierbei habe sich Dr. med. E.________ einzig auf die (subjektiven) Angaben der Beschwerdeführerin gestützt, ohne dass ein medizinisches Korrelat ersichtlich gewesen sei (rheumatologisches Gutachten der Gutachterstelle D.________, S. 32). Der rheumatologische Experte der Gutachterstelle D.________, Dr. med. F.________, nahm insbesondere explizit zum zentralen Bericht des Dr. med. E.________ vom 11. März 2010 Stellung, worin dieser (erneut) ausführte, seiner Meinung nach sei die Patientin mit einer 50%igen Belastung an ihrer Leistungslimite angelangt. Dem rheumatologischen Gutachten der Gutachterstelle D.________ ist dazu unmissverständlich zu entnehmen, auch diesmal habe der behandelnde Orthopäde seine Einschätzung nicht medizinisch begründet, sondern sich von den Äusserungen der Explorandin leiten lassen. Dem ist nichts beizufügen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, die Beschwerdesituation am linken Knie habe bis 2010 zugenommen, sobald sie mehr als ein Halbtagespensum habe ausüben müssen, hilft mit Blick auf die klaren Aussagen des Dr. med. F.________ nicht weiter.
10
3.3.2. Nichts anderes gilt in Bezug auf den Einwand der Beschwerdeführerin, sie sei gemäss den Beurteilungen des Dr. med. E.________ aufgrund der Schmerz- und Schwellungsproblematik am rechten Knie bereits ab November 2010 - und nicht erst ab März 2011 (vgl. E. 2 vorne) - zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass der rheumatologische Gutachter der Gutachterstelle D.________ bei seiner Beurteilung (E. 3.3.1 vorne) auch den Bericht des Dr. med. E.________ vom 1. November 2010 einbezog, wonach durch eine intraartikulär verabreichte Steroiddosis ein deutliches Abschwellen des rechten Knies zu verzeichnen gewesen sei. Da ss Dr. med. E.________ auch nach dem nachweislichen Abklingen der Symptome, die im Übrigen nur wenige Tage angehalten hatten (vgl. Bericht vom 26. Oktober 2010), voneiner Arbeitsunfähigkeit von 50 % und später sogar von 100 % ausging (Bericht vom 1. November 2010; Zeugnis vom 11. November 2010), ist nicht nachvollziehbar. Auch insoweit kann den schlüssigen Ausführungen (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; 134 V 231 E. 5.1 S. 232) im rheumatologischen Gutachten der Gutachterstelle D.________ gefolgt werden. Dass darin nicht sämtliche Berichte des  Dr. med. E.________ lückenlos enthalten sind, wie die Beschwerdeführerin weiter vorbringt, ändert nichts: Die nicht erfassten Angaben sind entweder nicht begründet (Arbeitsunfähigkeitszeugnisse vom 11. November und 1. Dezember 2010) oder erlauben keine Rückschlüsse auf die Arbeitsfähigkeit der Versicherten (Berichte vom 10. und 21. Dezember 2010).
11
3.3.3. Auch die Rüge der Versicherten, sie habe sich ab Oktober 2010 nur noch an Stöcken fortbewegen können, ist nicht geeignet, die gutachterliche Einschätzung in Frage zu stellen: Eine mit der behaupteten Stockentlastung zusammenhängende (vollumfängliche) Arbeitsunfähigkeit ist in keiner Weise belegt. Vielmehr stimmt der im rheumatologischen Gutachten der Gutachterstelle D.________ festgelegte Beginn der vollumfänglichen Arbeitsunfähigkeit im März 2011 mit der Einschätzung des Orthopäden  Dr. med. G.________, welcher die Patientin von  Dr. med. E.________ übernommen hatte, überein.  Dr. med. G.________ hielt explizit fest, die Stockentlastung seit Oktober 2010 stütze sich einzig auf die subjektiven Angaben der Versicherten; es sei ihm nicht möglich, vor Behandlungsbeginn am 1. März 2011 eine Arbeitsunfähigkeit zu attestieren (Bericht vom 1. September 2011). Im Übrigen hat die Vorinstanz willkürfrei festgestellt,  Dr. med. G.________ sei davon ausgegangen, in der Regel könne drei Monate nach der Knieoperation (Mitte April 2011) mit einer Wiederaufnahme der Arbeit (80 % in angepasster Tätigkeit) gerechnet werden. Insoweit sind dessen Angaben - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - (auch) für das Ende der vollumfänglichen Arbeitsunfähigkeit Mitte Juli 2011 (vgl. E. 2 vorne) relevant.
12
 
Erwägung 3.4
 
3.4.1. Soweit die Beschwerdeführerin für den weiteren Verlauf nicht auf die Expertise der Gutachterstelle D.________, sondern auf das von der Unfallversicherung veranlasste bidisziplinäre Gutachten der Gutachterstelle C.________ vom 27. Dezember 2013 abstellen will, hat die Vorinstanz verbindlich festgestellt, der Gutachter der Gutachterstelle D.________, Dr. med. F.________, und der orthopädische Experte der Gutachterstelle C.________, Dr. med. H.________, seien grundsätzlich vom gleichen Beschwerdebild ausgegangen. Letzterer habe es jedoch als schwierig erachtet, die Funktionalität der Prothese bzw. des rechten Knies zu beurteilen, nachdem bei der orthopädischen Untersuchung eine durchschnittliche bis gute Beweglichkeit habe nachgewiesen werden können. Ebenso als schwierig zu erklären befunden habe Dr. med. H.________ das subjektive Instabilitätsgefühl am linken Knie und die Beurteilung der Kraft in den Beinen. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, dass bei dieser Ausgangslage eine EFL erforderlich war, stimmt mit der Rechtsprechung überein (vgl. Urteil 8C_976/2010 vom 23. Februar 2011 E. 5.5). Eine solche wurde im Übrigen von Dr. med. E.________ (vgl. Bericht vom 11. Oktober 2010) ebenso empfohlen wie von Dr. med. H.________, konnte aber aufgrund eines Unfalles der Versicherten bei der Exploration durch die Experten der Gutachterstelle C.________ nicht durchgeführt werden (vgl. Gutachten der Gutachterstelle C.________, S. 2). Dass die EFL unbestritten erst im Rahmen des Gutachtens der Gutachterstelle D.________ stattfand, spricht klar für die Beweiskraft dieser Expertise, nachdem die Vorinstanz willkürfrei festgestellt hat, (erst) mit Hilfe der EFL habe erhoben werden können, dass die beobachtete Leistungsfähigkeit der Versicherten einer leichten bis mittelschweren Arbeit entspreche, welche sogar im Vollzeitpensum zumutbar wäre.
13
3.4.2. Die Versicherte bringt dagegen vor, das kantonale Gericht setze sich mit keinem Wort damit auseinander, dass die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit durch Dr. med. H.________ insbesondere die Reizzustände am linken Knie berücksichtige, woran der rheumatologische Gutachter der Gutachterstelle D.________, Dr. med. F.________, in nicht nachvollziehbarer Weise zweifle. Sie übersieht, dass  Dr. med. F.________ ausdrücklich festhielt, aufgrund der Beschreibung im Gutachten der Gutachterstelle C.________ könnten weder eine bedeutsame Sensitisierung noch besonders schlechte Weichteilverhältnisse am linken Knie bestätigt werden. Die Tendenz zum Anschwellen sei "etwas mager", um eine 50%ige Einschränkung für angepasste Tätigkeiten zu rechtfertigen. Damit wurde die - einzig relevante - Frage nach der Auswirkung der Reizzustände auf die Arbeitsfähigkeit der Versicherten schlüssig und unter Berücksichtigung des Vorgutachtens beurteilt. Nachdem die Vorinstanz gestützt darauf dargelegt hat, eine Restarbeitsfähigkeit von 50 % - wovon  Dr. med. H.________ ausging - erscheine äusserst grosszügig und sei medizinisch unbegründet, dringt die Versicherte offensichtlich nicht durch. Auch ihr Einwand, die Totalprothese am rechten Knie stelle eine zusätzliche unberücksichtigte Einschränkung dar, hinzu kämen Einschränkungen an der linken Schulter und die zusätzlichen lumbalen Beschwerden, ist unbehelflich: Die erwähnten Gesundheitsschäden sind im Gutachten der Gutachterstelle D.________ lückenlos erfasst, wobei die Gutachter den lumbalen Beschwerden keine Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit zuerkannten (vgl. Gutachten der Gutachterstelle D.________, interdisziplinärer Teil, S. 2). Da die Rückenproblematik im Übrigen erst Mitte Februar 2014 auftrat, konnte sie im Rahmen des Gutachtens der Gutachterstelle C.________ vom Dezember 2013 noch gar nicht beurteilt werden, was die Ansicht des kantonalen Gerichts stützt. Mit anderen Worten ist das Gutachten der Gutachterstelle D.________ nicht nur umfassender, sondern - mit Blick auf den zeitlich massgeblichen Verfügungszeitpunkt (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366) - auch aktueller als das Vorgutachten der Gutachterstelle C.________.
14
3.4.3. Der Experte der Gutachterstelle D.________  Dr. med. F.________ nahm auch zu den Ergebnissen der EFL ausführlich Stellung, worauf die Vorinstanz verwiesen hat. Er erhob ein differenziertes Belastungsprofil und hielt fest, obschon gemäss EFL ein ganztägiges Pensum in angepasster Tätigkeit zumutbar wäre, sei in Würdigung der Einschätzung der Fachkollegen die Belastung der Kniegelenke beidseits und des rechten Schultergelenkes nur in einem reduzierten Pensum (70 %) möglich (rheumatologisches Gutachten der Gutachterstelle D.________, S. 35). Inwiefern die von der Versicherten geltend gemachten Beschwerden während der EFL (Schmerzen am linken Knie und an der rechten Schulter; Kraftverlust; Schwellungen am linken Knie) - soweit sie überhaupt dokumentiert sind - eine tiefere Arbeitsfähigkeit rechtfertigen sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht substanziiert dargetan.
15
3.5. Schliesslich verfängt der pauschale Einwand der Beschwerdeführerin, gestützt auf das psychiatrische Gutachten der Gutachterstelle C.________ habe zwischen Herbst 2012 und Ende 2013 "anerkanntermassen" eine vollumfängliche Arbeitsunfähigkeit bestanden, zum vorneherein nicht. Dem steht schon entgegen, dass der psychiatrische Gutachter der Gutachterstelle D.________  Dr. med. I.________ - unter Berücksichtigung des Vorgutachtens der Gutachterstelle C.________ - zwischen 2011 und 2013 lediglich von einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (ICD-10 F43.20) ausging. Nachdem diese Störung im Grenzbereich dessen liegt, was überhaupt noch als krankheitswertig im Sinne des Gesetzes und potenziell invalidisierendes Leiden gelten kann (Urteil 9C_153/2012 vom 15. Oktober 2012 E. 4.3), und ferner - wie die Vorinstanz zu Recht erwogen hat - nichts auf einen verselbständigten Gesundheitsschaden (BGE 127 V 294 E. 5a S. 299; vgl. auch BGE 141 V 281 E. 4.3.1.1 S. 298) hindeutet, erübrigen sich Weiterungen dazu.
16
3.6. Nach dem Gesagten vermögen die Einwände der Beschwerdeführerin keine Zweifel an der Beweiskraft des Gutachtens der Gutachterstelle D.________ vom 7. Mai 2014 zu begründen. Der Verzicht des kantonalen Gerichts auf ergänzende medizinische Abklärungen stellt keine Verletzung der Beweiswürdigungsregeln (Art. 43 und 61 lit. c ATSG) oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK) dar (antizipierende Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94).
17
 
Erwägung 4
 
4.1. Bei der Bestimmung des Valideneinkommens ist grundsätzlich darauf abzustellen, was die versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt als Gesunde tatsächlich verdienen würde (BGE 135 V 58 E. 3.1 S. 59). Das vor dem Eintritt des Gesundheitsschadens erzielte Einkommen ist dafür in der Regel der Anknüpfungspunkt, doch ist davon abzuweichen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit etwas anderes erstellt ist (vgl. BGE 129 V 222 E. 4.3.1 S. 224).
18
4.2. Die Festsetzung der Vergleichseinkommen (Validen- und Invalideneinkommen; Art. 16 ATSG) ist eine Tatfrage, soweit sie auf konkreter Beweiswürdigung beruht (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 9C_652/2013 vom 25. März 2014 E. 3.1). Demgegenüber stellt sie eine Rechtsfrage dar, soweit sich der Entscheid nach der allgemeinen Lebenserfahrung richtet. Dies betrifft etwa die Frage, ob Tabellenlöhne anwendbar sind (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 8C_868/2013 vom 27. Juni 2014 E. 5.1 mit weiteren Hinweisen).
19
4.3. 
20
4.3.1. Die Vorinstanz hat das Valideneinkommen (angepasst an die Lohnentwicklung bis 2005) auf Fr. 45'715.80 festgelegt. Sie hat diesbezüglich den Auszug aus dem Individuellen Konto (nachfolgend: IK) der Versicherten herangezogen und auf den Durchschnitt der Einkommen abgestellt, die in den letzten vier Jahren vor Eintritt des Gesundheitsschadens (2000 bis 2003) erzielt wurden. Die Beschwerdeführerin rügt, dieses Vorgehen sei willkürlich.
21
4.3.2. Das kantonale Gericht hat festgestellt, die Beschwerdeführerin habe vor Eintritt des invalidisierenden Gesundheitsschadens zuletzt vom 15. März bis 30. September 2004 als Chauffeuse bei der B.________ S.A. gearbeitet. Gemäss IK-Auszug habe sie dabei ein Einkommen von Fr. 37'291.- erzielt. Es habe sich jedoch um einen befristeten Saisonvertrag gehandelt. Daher sei nicht davon auszugehen, dass die Versicherte bei der B.________ S.A. hätte weiterarbeiten können oder sogar eine Ganzjahresstelle bekommen hätte. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin selber ausgeführt, dass sie sich auch im Winter 2004/2005 als arbeitslos hätte melden müssen. Der Durchschnitt von (unindexiert) Fr. 43'014.25 liege klar über den Einkommen in den früheren Jahren, nachdem die Beschwerdeführerin lediglich 1991 und 2001 einen höheren Lohn erzielt habe. Zudem sei auch nicht von einer konstanten Einkommenssteigerung auszugehen. So habe das Einkommen 2002 nur bei Fr. 25'774.- gelegen, während 1999 gar kein Verdienst ausgewiesen sei.
22
4.3.3. Diese Sachverhaltsfeststellungen beruhen weder auf einer Rechtsverletzung noch sind sie offensichtlich unrichtig. Die Vorinstanz stützte sich im Gegenteil auf die Akten und begründete ihre Auffassung nachvollziehbar. Somit bleiben ihre Feststellungen für das Bundesgericht verbindlich (E. 1 vorne). Das kantonale Gericht ist dem Grundsatz der möglichst konkreten Bestimmung des Valideneinkommens gefolgt (statt vieler: Urteil 9C_796/2013 vom 28. Januar 2013 E. 2.1). Dabei hat es inbesondere einbezogen, dass - mit und ohne die Saisonanstellung als Chauffeuse bei der B.________ S.A. - erhebliche Einkommensschwankungen vorliegen. Diesen Umstand blendet die Versicherte aus, wenn sie geltend macht, gestützt auf die Angaben der B.________ S.A. bzw. die Tabellenlöhne der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) sei ein Valideneinkommen von Fr. 66'306.50 (vgl. Verfügung vom 6. Oktober 2014) bzw. Fr. 61'873.- zu berücksichtigen. Ein solches Einkommen verdiente die Beschwerdeführerin als Gesunde gemäss IK-Auszug zu keinem Zeitpunkt. Dem Arbeitszeugnis der B.________ S.A. vom 4. November 2011, worauf sich die Beschwerdeführerin im Wesentlichen beruft, ist lediglich zu entnehmen, diese habe in der Saison 2005 aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr wie 2003 und 2004 für sechs Monate als LKW-Fahrerin angestellt werden können. Inwiefern gestützt darauf konkrete Aussichten auf eine Ganzjahresstelle als Chauffeuse bestanden haben sollen, ist nicht ersichtlich. Zwar mag sein, dass sich die Versicherte bei einem anderen Arbeitgeber eine ganzjährige Anstellung gesucht hätte, wenn sie für 2005 nicht mit der erneuten (Saison-) Anstellung bei der B.________ S.A. gerechnet hätte. Eine Beweiswürdigung ist jedoch nicht bereits dann willkürlich, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56; 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f.). Dies ist hier nicht der Fall. Die Vorinstanz hat zudem explizit auf den 2004 bei der B.________ S.A. im Saisonvertrag erzielten Lohn von Fr. 37'291.- verwiesen. Nachdem dieser - wie das vom kantonalen Gericht erwähnte Einkommen 2001 (E. 4.3.2 vorne) - deutlich unterdurchschnittlich ist, dringt die Versicherte auch mit dem Argument nicht durch, die vor ihrer Berufsqualifikation als Chauffeuse (2002) erzielten Einkommen dürften nicht berücksichtigt werden. Dass sie nach Eintritt des Gesundheitsschadens zunächst im Rahmen der Umschulung (Praktikum) und später als Festangestellte zu ihrer bisherigen Arbeitgeberin zurückkehren konnte (vgl. Arbeitgeberangaben vom 23. August 2010; EFL vom 25. November 2013, S. 4), lässt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine Rückschlüsse auf das Valideneinkommen zu. Nach dem Gesagten ist die vorinstanzliche Ermittlung des Valideneinkommens jedenfalls nicht bundesrechtswidrig.
23
5. Die Gegenüberstellung (Art. 16 ATSG) des Valideneinkommens von Fr. 45'715.80 und des unbestrittenen Invalideneinkommens von Fr. 34'466.60 (bei einer Arbeitsfähigkeit von 70 %) bzw. Fr. 24'619.- (bei einer solchen von 50 %) ergibt die im angefochtenen Entscheid korrekt ermittelten Invaliditätsgrade (24.6 % und 46 %). Nachdem eine Abänderung zu Lasten der Beschwerdeführerin (reformatio in peius) aufgrund der Bindung an die Parteibegehren (Art. 107 Abs. 1 BGG) unzulässig ist, hat es mit dem Rentenanspruch, wie ihn das kantonale Gericht für die verschiedenen Zeitabschnitte festgelegt hat (E. 2 vorne), sein Bewenden.
24
6. In Bezug auf den geltend gemachten Anspruch auf Umschulung (Art. 17 IVG) hat das kantonale Gericht für das Bundesgericht verbindlich (E. 1 vorne) festgestellt, die Versicherte sei in jeder adaptierten Tätigkeit im Anforderungsniveau 4 ohne spezifische Ausbildung arbeitsfähig. Zudem habe sie vor Eintritt des Gesundheitsschadens als Lastwagenchauffeuse gearbeitet, wozu abgesehen vom entsprechenden Führerschein ebenfalls keine Ausbildung erforderlich gewesen sei. Daran ändere nichts, dass die Ausbildung zur technischen Kauffrau aufgrund der mangelnden schulischen Leistungen habe abgebrochen werden müssen. Dem ist nichts beizufügen, zumal die Beschwerdeführerin gemäss den Ausführungen der IV-Sachbearbeiterin (bis auf den Prüfungsabschluss) die gesamte Umschulung absolvierte und somit als technische Kauffrau ohne Fachausweis zu sehen sei (vgl. Stellungnahme vom 12. Juni 2014). Im Übrigen bestehen auch aus medizinischer Sicht keine Hinderungsgründe für eine sofortige berufliche Eingliederung (vgl. Gutachten der Gutachterstelle D.________ vom 7. Mai 2014, interdisziplinäre Zusammenfassung, S. 5); die Versicherte ist, wie der EFL zu entnehmen ist, in der bereits in Teilzeit bei der B.________ S.A. ausgeübten Tätigkeit als Sachbearbeiterin (ganztags) arbeitsfähig. Die Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, wonach die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin ohne Umschulung umgesetzt werden kann, ist bundesrechtskonform. Die Beschwerde ist unbegründet.
25
7. Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
26
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 28. Dezember 2016
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Meyer
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).