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Informationen zum Dokument  BGer 6B_319/2016  Materielle Begründung
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BGer 6B_319/2016 vom 05.08.2016
 
{T 0/2}
 
6B_319/2016
 
 
Urteil vom 5. August 2016
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer, Bundesrichterin Jametti,
 
Gerichtsschreiber Moses.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Fürsprecher Philipp Kunz,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Strafzumessung (Widerhandlung gegen das BetmG usw.),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, vom 1. September 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland erklärte X.________ am 4. Dezember 2014 den qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, der Widerhandlung gegen das Waffengesetz sowie des Führens eines Personenwagens trotz entzogenem Führerausweis schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten, einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 80.-- sowie einer Busse von Fr. 600.--. Gegen dieses Urteil erhob die Staatsanwaltschaft Berufung.
1
 
B.
 
Das Obergericht des Kantons Bern stellte am 1. September 2015 fest, dass die erstinstanzlichen Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen waren. Es sprach dafür eine unbedingte Freiheitsstrafe von 22 Monaten und eine unbedingte Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 100.-- aus.
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C.
 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, er sei mit einer Freiheitsstrafe von maximal 22 Monaten und einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 100.-- zu bestrafen. In beiden Fällen sei ihm der bedingte Strafvollzug zu gewähren.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei bereits am 15. Mai 2007 wegen Betäubungsmitteldelikten zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten mit einer Probezeit von 2 Jahren verurteilt worden. Zumal er innerhalb der letzten fünf Jahre nach dieser Verurteilung erneut delinquiert habe, könne der bedingte Vollzug nach Art. 42 Abs. 2 StGB nur bei Vorliegen besonders günstiger Umstände gewährt werden. Dies sei beim Beschwerdeführer zu verneinen. Die erste Instanz gehe in spekulativer Weise von Wiedereingliederungsbemühungen, Veränderung des Umfeldes und Erfolg der Arbeitstätigkeit aus. Unzutreffend seien auch die erstinstanzlichen Feststellungen bezüglich Schuldentilgung, Einsicht und innere Umkehr. Im Einzelnen erwägt die Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe mehrmals versucht, in der Selbständigkeit Fuss zu fassen, was aber jeweils gescheitert und für seine Verschuldung ursächlich gewesen sei. Der frühere Betrieb eines Internetcafés sei derart kläglich gescheitert, dass der Beschwerdeführer ab Anfang 2003 gewerbsmässigen Hanfhandel betrieben habe. Weder die dafür ausgesprochene Freiheitsstrafe von 15 Monaten noch die 27 Tage Untersuchungshaft hätten eine nachhaltige Wirkung gehabt. Bereits im damaligen Strafverfahren habe der Beschwerdeführer versprochen, dass er mit seiner selbstständigen Tätigkeit als Taxifahrer und auf dem Bau auf gutem Wege sei und der aus Leichtsinn betriebene Hanfhandel nicht wieder vorkommen werde, ohne sich später daran zu halten. Die Vorstrafe vom 15. Mai 2007 sei ein gewichtiges Indiz für die Befürchtung, dass der Beschwerdeführer weitere Straftaten begehen könnte. Mit dem vorliegend zu beurteilenden Hanfhandel sei er nach gleichem Muster rückfällig geworden. Das Geschäft mit den Kleidern sei nicht gelaufen, weshalb der Beschwerdeführer sich ohne Skrupel erneut einer illegalen Tätigkeit zugewandt habe. Auch im jetzigen Verfahren habe er behauptet, er habe mit seiner Einzelfirma "A.X.________" alles geändert, ohne dies nachhaltig unter Beweis zu stellen. Die an der Berufungsverhandlung eingereichten Unterlagen würden nichts belegen, zumal sie ohne Zahlungs- und Buchungsunterlagen wenig aufschlussreich seien. Zudem habe der Beschwerdeführer erklärt, bloss gemäss seinem "Bauchgefühl" komme es mit seiner sich noch im Aufbau befindenden Einzelfirma gut. Die Gesamtsituation des Beschwerdeführers sei offensichtlich gleich wie im Zeitpunkt des Urteils vom 15. Mai 2007.
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In zeitlicher Hinsicht weist die Vorinstanz darauf hin, dass der Beschwerdeführer nur kurze Zeit nach Ablauf der im soeben erwähnten Urteil festgelegten Probezeit gegen das Waffengesetz verstiess, indem er ein Elektroschockgerät aus Deutschland in die Schweiz einführte. Nur ein paar Wochen, nachdem am 12. und 13. März 2013 eine Hausdurchsuchung wegen des Hanfhandels stattfand und er polizeilich vorläufig festgenommen worden war, habe er trotz Entzugs des Führerausweises ein Fahrzeug gelenkt. Ein weiteres, ähnliches Strassenverkehrsdelikt habe er nach Erhebung der Anklage begangen, indem er am 11. September 2014 sein Fahrzeug einem Führer ohne erforderlichen Ausweis überlassen habe. Der Beschwerdeführer habe schon früher beteuert, er werde sich bessern, ohne sich daran zu halten. Insgesamt würden ganz erhebliche Bedenken an der Legalbewährung bestehen. Alles was positiv sei, müsse von jedermann erwartet werden. Sowohl die Freiheitsstrafe als auch die Geldstrafe seien demnach unbedingt auszusprechen (Urteil, S. 27 ff.).
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1.2. Der Beschwerdeführer rügt, die von der Vorinstanz festgestellte Erfolgslosigkeit der Arbeitstätigkeit sei zu widerlegen. Seit dem Zeitpunkt des angefochtenen Entscheides habe er weiterhin den Aufbau seines Unternehmens, welches hauptsächlich Maler-, Gipser- und Renovationsarbeiten durchführe, vorangetrieben. Aus den im bundesgerichtlichen Verfahren eingereichten Rechnungen ergebe sich, dass seine Einzelfirma in der Zeit nach dem 1. September 2015 Rechnungen in der Höhe von über Fr. 160'000.-- gestellt habe. Insofern könne ihm bezüglich seiner Wiedereingliederungsbemühungen eine besonders günstige Prognose gestellt werden. Ausserdem könne nicht einfach angenommen werden, dass eine innere Umkehr und Einsicht nicht vorliegen würden. Das unermüdliche Vorantreiben seines eigenen Unternehmens zeuge von einer Abkehr vom Hanfhandel. Dies nur unter guter Führung zu subsumieren, die ohnehin von jedermann erwartet werden könne, sei unzutreffend. Die Nichtgewährung des bedingten Strafvollzugs würde alle seine Bemühungen im Zusammenhang mit seinem Unternehmen zunichte machen. Ausserdem würde die Vorinstanz dem Umstand nicht Rechnung tragen, dass er seinen Hanfladen bereits gekündigt und geräumt hatte, als die Polizei die Razzia durchführte.
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Erwägung 1.3
 
1.3.1. Nach Art. 42 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe, von gemeinnütziger Arbeit oder einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Abs. 1). Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder zu einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen (Abs. 2).
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Die Gewährung des bedingten Strafvollzugs kommt im Anwendungsbereich von Art. 42 Abs. 2 StGB nur in Betracht, wenn eine Gesamtwürdigung aller massgebenden Faktoren den Schluss zulässt, dass trotz der Vortat eine begründete Aussicht auf Bewährung besteht. Dabei ist zu prüfen, ob die indizielle Befürchtung durch die besonders günstigen Umstände zumindest kompensiert wird. Das trifft etwa zu, wenn die neuerliche Straftat mit der früheren Verurteilung in keinerlei Zusammenhang steht oder bei einer besonders positiven Veränderung in den Lebensumständen des Täters. Jedenfalls ist bei eindeutig günstiger Prognose der Strafaufschub stets zu gewähren (BGE 134 IV 1 E. 4.2.3 mit Hinweisen). Bei der Frage des bedingten Vollzugs steht dem Sachgericht ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift in dieses nur ein, wenn die Vorinstanz es über- bzw. unterschreitet oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt (BGE 134 IV 1 E. 5.6; BGE 136 IV 55 E. 5.6; Urteil 6B_785/2015 vom 18. November 2015 E. 2.2; je mit Hinweisen).
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1.3.2. Sowohl das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe in der Zeit nach dem angefochtenen Entscheid den Aufbau seines Geschäftes vorangetrieben, als auch die entsprechenden Beweismittel sind im Verfahren vor dem Bundesgericht unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG). Auf die diesbezügliche Rüge ist demnach nicht einzutreten. Ebenso wenig ist auf die Rüge einzutreten, der Hanfladen sei zum Zeitpunkt der Razzia bereits gekündigt und geräumt gewesen. Der Beschwerdeführer weicht dabei in unzulässiger Weise von den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) ab, wonach er erklärt habe, man habe mit der Geschäftsräumung nicht pressiert in der Hoffnung, die dort sichergestellten 4,8 kg Hanf noch verkaufen zu können (Urteil, S. 14).
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1.3.3. Die Vorinstanz überschreitet das ihr zustehende Ermessen nicht, wenn sie festhält, dass besonders günstige Umstände im Sinne von Art. 42 Abs. 2 StGB beim Beschwerdeführer nicht vorliegen. Sie legt nachvollziehbar dar, dass Letzterer bereits früher einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachging, und dennoch rückfällig wurde. Ebenso zutreffend würdigt sie den Umstand, dass der Beschwerdeführer bei laufendem Strafverfahren und auch noch nach der Anklageerhebung delinquierte. Von einer inneren Umkehr kann keine Rede sein. Die Vorinstanz sah daher zu Recht davon ab, dem Beschwerdeführer den bedingten Strafvollzug zu gewähren.
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Erwägung 2
 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Kosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 5. August 2016
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Moses
 
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