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Informationen zum Dokument  BGer 2C_586/2015  Materielle Begründung
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BGer 2C_586/2015 vom 09.05.2016
 
{T 0/2}
 
2C_586/2015
 
 
Urteil vom 9. Mai 2016
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Zünd,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Donzallaz,
 
Bundesrichter Haag,
 
Gerichtsschreiberin Mayhall.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Dr. A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Herrn Dr. B.________,
 
gegen
 
Dr. C.________,
 
Willensvollstrecker im Nachlass des
 
Dr. D.________ sel.,
 
Beschwerdegegner,
 
vertreten durch Rechtsanwältin
 
MLaw Jovanka Jordanoska,
 
Aufsichtskommission über die Rechts-
 
anwälte des Kantons Zug.
 
Gegenstand
 
Entbindung vom Anwaltsgeheimnis,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
 
des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung,
 
vom 2. Juni 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Mit Eingabe von anfangs November 2014 reichte Dr. C.________, Rechtsanwalt, in seiner Eigenschaft als Willensvollstrecker im Nachlass von Dr. D.________ sel. (Erblasser), Rechtsanwalt, bei der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Zug ein Gesuch um Entbindung vom Anwaltsgeheimnis ein. Zur Begründung machte der Willensvollstrecker C.________ geltend, der Erblasser habe zu Lebzeiten für Dr. A.________ Beratungsdienstleistungen erbracht, deren Honorierung in der Höhe von Fr. 2'497.80 noch ausstehe. Zur Einforderung dieser ausstehenden Honorarforderungen in seiner Eigenschaft als Willensvollstrecker im Nachlass des Erblassers ersuche er um Entbindung vom Anwaltsgeheimnis.
1
Der Präsident der kantonalen Aufsichtskommission hiess das Gesuch des Willensvollstreckers um Entbindung vom Anwaltsgeheimnis mit Verfügung vom 12. März 2015 so weit gut, als dessen Offenbarung für die Durchsetzung dieser im Nachlass des Erblassers befindlichen Forderung im geltend gemachten Umfang nebst Zins und weiteren Kosten erforderlich sei.
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B.
 
Mit Urteil vom 2. Juni 2015 wies das Obergericht des Kantons Zug eine von Dr. A.________ gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde ab.
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C.
 
Dr. A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 8. Juli 2015 gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 2. Juni 2015 an das Bundesgericht und beantragt, das angefochtene Urteil sei kostenfällig aufzuheben und die Streitsache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen; eventualiter sei das Gesuch des Willensvollstreckers C.________ abzulehnen und dieser nicht vom Berufsgeheimnis zu entbinden.
4
Willensvollstrecker C.________, der Präsident der kantonalen Aufsichtskommission und die Vorinstanz schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Mit Verfügung vom 7. September 2015 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Gegen letztinstanzliche kantonale Endentscheide auf dem Gebiet der Entbindung vom Anwaltsgeheimnis steht die Beschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, Art. 83
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1.2. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG). Der Beschwerdeführer, der im vorinstanzlichen Verfahren mit seinen Anträgen unterlegen ist (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG), ist zur Beschwerdeführung legitimiert. Auf die frist- und formgerecht (Art. 100 Abs. 1, Art. 42 Abs. 1 BGG) eingereichte Eingabe ist einzutreten.
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1.3. Das Bundesgericht prüft frei und von Amtes wegen die Anwendung und Auslegung von Bundesrecht (Art. 95 lit. a, Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62); dieses Vorbringen unterliegt der qualifizierten Rügepflicht (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG).
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1.4. Von Amtes wegen zu berichtigen ist die unrichtige Bezeichnung der natürlichen Person, welche das Verfahren vor der kantonalen Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte durch ihr Gesuch um Entbindung eingeleitet, im vorinstanzlichen Verfahren obsiegt hat und im vorliegenden bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Beschwerdegegnerin auftritt. Aus dem angefochtenen Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 2. Juni 2015 wie auch aus der durch dieses Urteil ersetzten und inhaltlich mitangefochtenen (Devolutiveffekt; BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144) erstinstanzlichen Verfügung des Präsidenten der kantonalen Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte vom 12. März 2015 geht zweifelsfrei hervor, dass Rechtsanwalt Dr. C.________ in diesen Verfahren gestützt auf einen Ausweis  für Willensvollstrecker vom 17. Juli 2014 des Erbschaftsamtes der Stadt U.________ in dieser Eigenschaft als Willensvollstrecker im Nachlass D.________ sel. aufgetreten ist. Die Bezeichnung "RA Dr. C.________" im Rubrum des angefochtenen Urteils  ist demnach dahingehend zu präzisieren, dass Rechtsanwalt C.________ in eigenem Namen, aber als Willensvollstrecker im Nachlass von Dr. D.________ sel. den Prozess führt (BGE 116 II 131 E. 3a S. 133 f.).
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Erwägung 2
 
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe in willkürlicher Anwendung und Auslegung von kantonalem Recht und in Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV eine Zuständigkeit des Präsidenten der kantonalen Aufsichtskommission zur Entbindung vom Anwaltsgeheimnis angenommen, weshalb die erteilte Entbindung nicht rechtmässig sei. Die Entbindung beruhe zudem auf einer unzutreffenden Güterabwägung, vertrete Willensvollstrecker C.________ doch im vorliegenden Fall nicht die Interessen eines eigenen Mandanten, sondern diejenigen der Erben und sei an der ausstehenden Honorarforderung somit nicht persönlich berechtigt, weshalb er auch kein persönliches, überwiegendes Interesse an einer Entbindung vom Anwaltsgeheimnis habe. Die Vorinstanz habe schlicht aktenwidrig und willkürlich die gegenwärtige Auseinandersetzung zwischen Willensvollstrecker C.________ und ihm betreffend eine sich im Nachlass eines verstorbenen Anwalts befindliche Honorarforderung wie einen normalen Honorarstreit zwischen einem Anwalt und seinem Klienten behandelt.
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2.1. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unterstehen in zeitlicher Hinsicht unbegrenzt und gegenüber jedermann dem Berufsgeheimnis über alles, was ihnen infolge ihres Berufes von ihrer Klientschaft anvertraut worden ist (Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte [BGFA; SR 935.61]). Diese Berufspflicht wurde anlässlich der Einführung des BGFA vereinheitlicht (zur Qualifikation als Berufspflicht vgl. BGE 123 I 193 E. 4a S. 195; MICHAEL PFEIFER, Das Berufsgeheimnis, in: Das Anwaltsrecht nach dem BGFA, 2003, S. 113; NATER/ZINDEL, Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 14 zu Art. 13 BGFA). Als Vorbild diente dem historischen Gesetzgeber auch das Standesrecht der europäischen Anwältinnen und Anwälte, die Richtlinien des Schweizerischen Anwaltsverbandes, der Ethik-Kode der International Bar Association und die Grundsätze für den Anwaltsberuf der Union Internationale des avocats orientierte (Botschaft vom 28. April 1999 zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte, BBl 1999 6033). Der anwaltlichen Berufspflicht kommt eine herausragende Bedeutung zu. Das anwaltliche Berufsgeheimnis als ein im 
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2.2. Eine nähere strukturelle Betrachtung von Art. 13 BGFA zeigt, dass das anwaltliche Berufsgeheimnis über den institutionellen Teilgehalt hinaus auf einer 
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2.3. Der 
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Erwägung 3
 
3.1. Der Beschwerdegegner hat im vorinstanzlichen Verfahren als von einem verstorbenen Anwalt als Willensvollstrecker eingesetzter Anwalt um Entbindung des Anwaltsgeheimnisses zur Durchsetzung einer aus dem anwaltlichen Nachlass stammenden Honorarforderung ersucht. Das vorliegende Beschwerdeverfahren bietet Anlass zur Klärung der Frage, inwiefern die Identität des Schuldners dieser Forderung und weitere Informationen das inzwischen beendete Mandatsverhältnis betreffend dem Anwaltsgeheimnis unterstehen und gegebenenfalls, ob der Beschwerdegegner davon entbunden werden kann.
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3.2. Die Erben treten kraft Universalsukzession (Art. 560 Abs. 1 ZGB) zwar in die Forderungen des Erblassers ein; die an den Berufsstand gebundenen und damit untrennbar mit der Person verbundenen 
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3.3. In der vorliegenden Ausgangslage hat ein mittlerweile verschiedener Anwalt zu Lebzeiten testamentarisch einen Berufskollegen als Willensvollstrecker in seinem Nachlass eingesetzt.
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3.3.1. Der Willensvollstrecker hat gemäss Art. 518 Abs. 2 ZGB den Willen des Erblassers zu vertreten und gilt insbesondere als beauftragt, die 
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3.3.2. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren macht der Beschwerdegegner (in seiner Eigenschaft als Willensvollstrecker, der zwecks Durchsetzung einer sich im Nachlass eines Anwaltes befindlichen Honorarforderung Setzt ein Anwalt zu Lebzeiten einen Berufskollegen testamentarisch als Willensvollstrecker in seinem Nachlass ein, ist mit der Annahme dieses Amtes implizit die Auflage verbunden, sämtliche in Ausübung dieses Amtes wahrgenommenen Informationen, die in Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit (zur Unvererblichkeit dieser Rechtsposition oben, E. 3.2) des Erblassers stehen, Dritten gegenüber vertraulich zu behandeln, zumal der Erblasser ihm diese zu Lebzeiten vorbehältlich eines Rechtfertigungsgrundes nicht hätte anvertrauen können (BGE 75 IV 71 E. 1 S. 74; STRATENWERTH/WOHLERS, Handkommentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch, 3. Aufl. 2013, N. 4 zu Art. 321 StGB). Die Ausübung des Amtes als Willensvollstrecker im Nachlass eines Anwaltes ist, ausgeübt durch einen Anwalt, demzufolge auch als eine berufsspezifische anwaltliche Tätigkeit zu qualifizieren (PASCAL MAURER/JEAN-PIERRE GROSS, in: Commentaire de la loi fédérale sur la libre circulation des avocats, 2010, N. 199 zu Art. 13 BGFA; JEAN-CLAUDE WENGER, Der Anwalt als Willensvollstrecker, in: Das Anwaltsgeheimnis, 1997, S. 71; differenzierend REISER/VALTICOS, Les règles professionnelles et les activités atypiques de l'avocat inscrit au barreau, in: SJ 2015 II S. 204 ff.; MARTIN RAUBER/HANS NATER, Anwaltsrubrik, Bemerkungen zum Entscheid der Aufsichtskommission des Kantons Zürich vom 3. April 2014, in: SJZ 110/2014 S. 557; vgl. zur Abgrenzung der berufsspezifischen von den übrigen Tätigkeiten der Anwältin oder des Anwalts BGE 114 III 105 E. 3a S. 107 f.), weshalb sämtliche in Ausübung des Willensvollstreckeramtes wahrgenommenen Informationen, welche in Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit des Erblassers stehen, vom Berufsgeheimnis des als Willensvollstrecker tätigen Anwaltes (Art. 13 BGFA) erfasst werden.
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Erwägung 4
 
Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den Beschwerdegegner zu Recht von seinem Berufsgeheimnis entbunden hat.
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4.1. Die Verletzung des anwaltlichen Berufsgeheimnisses ist sowohl strafrechtlich (Art. 321 Abs. 1 StGB) wie auch disziplinarrechtlich (Art. 17 BGFA) sanktionsbewehrt. Als Rechtfertigungsgründe, welche in strafrechtlicher Hinsicht trotz erfülltem Straftatbestand zum Entfallen der Rechtswidrigkeit führen, nennt Art. 321 Ziff. 2 StGB die 
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4.2. Weder Art. 321 Ziff. 2 StGB noch Art. 13 BGFA - welcher als bundesrechtliche Bestimmung in Abs. 1 Satz 2 die Entbindung voraussetzt - nennen hingegen die Kriterien, welche die Aufsichtsbehörde beim Entscheid über die Entbindung anzuwenden hat. Das Bundesgericht hat unter dem zeitlichen Geltungsbereich der altrechtlichen kantonalen Vorschriften über den Anwaltsberuf die Zulässigkeit einer kantonalen Rechtsetzung angesichts der bundesrechtlichen Regelung der Rechtfertigungsgründe in Art. 321 Ziff. 2 StGB unter dem Gesichtspunkt der derogatorischen Kraft des Bundesrechts in BGE 97 I 831 E. 2b S. 836 und im Urteil 2P.65/2003 vom 3. Oktober 2003 E. 2.1, noch offengelassen. Der vorliegende Entscheid bietet Anlass zu einer höchstrichterlichen Klärung dieser Rechtsfrage unter Anwendung der seither in Kraft getretenen bundesrechtlichen Vereinheitlichung der anwaltlichen Berufsregeln.
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4.3. Die für den Entscheid über die Entbindung anzuwendenden Kriterien sind ausschliesslich dem Bundesrecht zu entnehmen.
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4.3.1. Seit Inkrafttreten des BGFA sind die anwaltlichen Berufspflichten abschliessend bundesrechtlich geregelt (BGE 136 III 296 E. 2.1, 2.2, 3.1 S. 300 ff.; 130 II 270 E. 3.1.1 S. 275; Botschaft des Bundesrates vom 28. April 1999 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte, BBl 1999 6039; SPÜHLER, Bedeutung, Anwendbarkeit und Anwendungsprobleme des BGFA, in: Das Anwaltsrecht nach dem BGFA, 2003, S. 38). Der Umfang der aus Art. 13 BGFA fliessenden beruflichen anwaltlichen Geheimhaltungspflicht ergibt sich demnach ausschliesslich aus dem Bundesrecht und kann nicht von Kanton zu Kanton variieren. Die Entbindung - als ein Begriff des Bundesrechts, vgl. Art. 13 Satz 2 BGFA - ist demnach nach bundesrechtlichen Kriterien zu erteilen.
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4.3.2. Gestützt auf welche Kriterien die kantonale Aufsichtskommission die Entbindung vom Anwaltsgeheimnis zu erteilen hat, wird nicht ausdrücklich in Art. 13 BGFA geregelt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass berufsrechtlich nicht erlaubt sein kann, was strafrechtlich verboten ist (SCHILLER, a.a.O., N. 547). Obwohl das Strafrecht und das anwaltliche Berufsrecht durchaus zwei voneinander unabhängige sachliche Anwendungsbereiche haben (zum Grundsatz der Normenkonkurrenz zwischen StGB und dem altrechtlichen kantonalen Berufsrecht BGE 97 I 831 E. 2b S. 836), kann eine im Sinne des Berufsrechts zulässige Weitergabe von vertraulichen Klienteninformationen an grundsätzlich unbefugte Dritte von vornherein nur vorliegen, wenn sie im Lichte des Strafrechts rechtmässig ist. Der strafrechtliche Rechtfertigungsgrund stellt damit eine Minimalvorgabe auch für das Berufsrecht dar; dies bedeutet jedoch nur, dass das Berufsrecht den Tatbestand der Berufsgeheimnisverletzung nicht enger fassen kann als das Strafrecht (anders FELLMANN, a.a.O., N. 547 ff.; vgl. weiterführend GIOVANNI ANDREA TESTA, Die zivil- und standesrechtlichen Pflichten des Rechtsanwaltes gegenüber dem Klienten, Diss. Zürich 2000, S. 140). Soll ein Entbindungsentscheid seinen Zweck - Ermöglichung der Preisgabe einer dem Berufsgeheimnis unterliegenden Information ohne disziplinar- oder strafrechtliche Sanktion (Urteil 2C_503/2011 vom 21. September 2011 E. 2.2) - erfüllen, müssen somit mindestens die Kriterien für das Vorliegen des strafrechtlichen Rechtfertigungsgrundes im Sinne von Art. 321 Ziff. 2 StGB gegeben sein.
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4.3.3. Ob die Bewilligung der Aufsichtsbehörde (Art. 321 Ziff. 2 StGB) zu erteilen ist, beurteilt sich auf Grund einer 
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4.4. Die vorinstanzliche Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Als Willensvollstrecker ist der Beschwerdegegner verpflichtet, in Ausübung seines Amtes sich im Nachlass befindliche offene Forderungen einzutreiben (Art. 518 Abs. 2 ZGB; Urteil 5A_111/2011 vom 20. April 2011 E. 2.1.2; KARRER/VOGT/LEU, in: Basler Kommentar zum ZGB II, 5. Aufl. 2015, N. 29, N. 35a zu Art. 518 ZGB), was ein
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Erwägung 5
 
Materiell nicht begründet ist die Rüge des Beschwerdeführers, die Aufsichtskommission über die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte des Kantons Zug habe mit der Entbindung unrechtmässig in seine grundrechtlich geschützte persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 BV; Art. 8 Ziff. 1 EMRK) eingegriffen. Selbst wenn die Preisgabe der vertraulichen Informationen durch den Willensvollstrecker zwecks Eintreibung einer ausstehenden Forderung auf Grund der erfolgten Entbindung als ein dem Staat zurechenbarer Eingriff qualifiziert werden kann (vgl. zum Begriff des mittelbaren Eingriffs SCHWEIZER, in: St. Galler Kommentar zur Schweizerischen Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 36 BV; TSCHANNEN, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 3. Aufl. 2011, § 7 N. 84; für einen direkten Grundrechtseingriff hingegen BGE 117 Ia 341 E. 4 S. 345 f.), wäre dieser Eingriff als rechtmässig anzusehen, beruht er doch auf einer gesetzlichen Grundlage, dient der Wahrung überwiegender privater Drittinteressen, beachtet das Verhältnismässigkeitsprinzip und lässt den Kerngehalt unangetastet (Art. 36 BV; Art. 8 Ziff. 2 EMRK). Die Entbindung vom Anwaltsgeheimnis als Rechtfertigung einer Preisgabe von vertraulichen Informationen wird im Bundesrecht ausdrücklich vorgesehen (Art. 13 Satz 2 BGFA; Art. 321 Ziff. 2 StGB). Die Entbindung wurde nur insoweit erteilt, als eine Offenbarung von vertraulichen Informationen für die Durchsetzung der im Nachlass des Erblassers befindlichen Forderung von Fr. 2'497.80 nebst Zins und weiteren Kosten erforderlich ist, womit das für einen Eingriff vorausgesetzte überwiegende private Drittinteresse vorliegt und das Verhältnismässigkeitsprinzip gewahrt wurde. Eine vollständige Entleerung des Gehalts der verfassungs- und konventionsrechtlich verankerten persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers wurde nicht geltend gemacht. Angesichts der Rechtmässigkeit eines Eingriffs (Art. 36 BV; Art. 8 Ziff. 2 EMRK) in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt ebenfalls als unbegründet.
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Erwägung 6
 
Unbegründet ist auch die Rüge der Verletzung des Legalitätsprinzips (Art. 5 Abs. 1 BV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV) im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer bestrittenen Zuständigkeit des Präsidenten der Aufsichtskommission.
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6.1. Das Legalitätsprinzip gilt - ausserhalb des Abgaberecht gemäss Art. 127 Abs. 1 BV und im Strafrecht - nicht als selbstständiges verfassungsmässiges Recht, sondern als verfassungsmässiges Prinzip, welches im Zusammenhang mit kantonalem Recht nur auf Willkür (Art. 9 BV) hin überprüft wird (BGE 140 I 381 E. 4.4 S. 386; Urteil 2C_18/2012 vom 17. Oktober 2012 E. 2.1; TSCHANNEN/ZIMMERLI/ MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, S. 153 ff.). Eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch dessen Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen mag, genügt nicht (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72; 132 I 13 E. 5.1 S. 17; 125 V 408 E. 3a S. 409).
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6.2. Mit seiner Rüge der Verletzung des Legalitätsprinzips im Zusammenhang mit der Übertragung von Aufgaben einer Kollegialbehörde an deren Präsidenten verkennt der Beschwerdeführer dessen Natur, welche aus der Bindung staatlichen Handelns an das Recht und dem Schutz der staatlichen 
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Erwägung 7
 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner ist für die im Zusammenhang mit seiner Vernehmlassung entstandenen Aufwendungen eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- auszurichten.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zug schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Mai 2016
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
 
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