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Informationen zum Dokument  BGer 5A_891/2015  Materielle Begründung
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BGer 5A_891/2015 vom 14.04.2016
 
{T 0/2}
 
5A_891/2015
 
 
Urteil vom 14. April 2016
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Marazzi, Schöbi,
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Betreibungskreis Altendorf Lachen,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Einsicht in das Betreibungsregister,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz, Beschwerdekammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs, vom 19. Oktober 2015 (BEK 2015 35).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Am 20. Januar 2015 ersuchte A.________ das Betreibungsamt Altendorf Lachen um Zustellung einer Liste derjenigen Personen, die in den letzten fünf Jahren einen Betreibungsregisterauszug über ihn verlangt und erhalten haben. Er begründete sein Gesuch mit dem Hinweis, in Hamburg sei ein ihn betreffender Betreibungsregisterauszug aufgetaucht.
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A.b. Das Betreibungsamt teilte A.________ am 22. Januar 2015 mit, dass es die angeforderte Liste nicht gebe. Hingegen werde es ihm nach Auskunft über die Identität des betreffenden Gesuchstellers und das Datum des Auszugs die betreffenden Akten, soweit möglich, unter Kostenfolge auf dem Betreibungsamt zur Einsicht bereitstellen.
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A.c. Mit Eingabe vom 3. Februar 2015 erhob A.________ Beschwerde beim Präsidenten am Bezirksgericht March als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs. Er verlangte sinngemäss einen Registerausdruck betreffend die über ihn erstellten Betreibungsregisterauszüge samt dazu gehörenden Interessennachweisen. Der Präsident wies die Beschwerde am 4. März 2015 ab, soweit er darauf eintrat.
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B. Hiergegen gelangte A.________ an das Kantonsgericht als obere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs und erneuerte im Wesentlichen die vor der Erstinstanz gestellten Begehren. Mit Beschluss vom 19. Oktober 2015 wies der Kantonsgerichtspräsident die Beschwerde ab, soweit er darauf eintrat.
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C. A.________ ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 9. November 2015 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Beschlusses sowie die Auskunft über den Besteller des ihn betreffenden Betreibungsregisterauszugs. Zudem verlangt er, den Präsidenten der oberen Aufsichtsbehörde als befangen zu erklären.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen unabhängig eines Streitwertes der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Dem Beschwerdeführer steht ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheides zu (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Auf die fristgerecht eingereichte Beschwerde ist aus dieser Sicht einzutreten.
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1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Anträge sowie Tatsachen und Beweismittel sind nicht zulässig (Art. 99 Abs. 1 und 2 BGG). Die vom Beschwerdeführer eingereichten Dokumente bleiben daher unbeachtlich.
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2. Die Vorinstanz erläuterte dem Beschwerdeführer die Voraussetzungen und den Umfang des in Art. 8a SchKG geregelten Einsichtsrechts. Insbesondere hielt sie fest, dass das Betreibungsamt nicht zur Führung eines Registers über die erteilten Auskünfte verpflichtet sei. Sofern das Betreibungsamt Kopien darüber aufbewahre, spreche nichts dagegen, dem Betroffenen auf Anfrage darüber Auskunft zu erteilen. Die Datenbearbeitung sei durch das SchKG abschliessend geregelt, weshalb das eidgenössische Datenschutzgesetz (DSG, SR 235.1) und auch das kantonale Gesetz über den Datenschutz und die Öffentlichkeit der Verwaltung (ÖDSG/SZ) nicht zur Anwendung gelangen.
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3. Der Beschwerdeführer wirft zunächst dem Präsidenten des Kantonsgerichts Befangenheit vor. Da er das Ausstandsbegehren erstmals vor Bundesgericht stellt, kann darauf angesichts des Novenverbots nicht eingetreten werden (E. 1.2). Der Beschwerdeführer behauptet selber nicht, inwiefern - in Anbetracht der vielen angehobenen Verfahren - ein ihm nicht bekannter Umstand vorliege, wonach ein Richter mitgewirkt habe, gegen den Ausstandsgründe vorliegen sollen (BGE 139 III 120 E. 3.2.1 S. 123; SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2016, N. 16 zu Art. 99). In Wirklichkeit wird vom Beschwerdeführer überdies nicht der Ausstand eines Mitgliedes der Aufsichtsbehörde (Art. 10 SchKG) verlangt, sondern der Aufgabenbereich der Kantone im Betreibungswesen in Frage gestellt. Die Kantone haben hierzu eine Aufsichts- und Disziplinar- sowie eine Rechtsmittelbehörde zu schaffen (Art. 13, Art. 14 und Art. 17 SchKG). Dass diese Kompetenzen von der selben Instanz - der Aufsichtsbehörde - wahrzunehmen sind, geht auf eine bundesrechtliche Regelung zurück, die zu überprüfen dem Bundesgericht nicht zusteht (LEVANTE, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 13 mit Hinweis auf BGE 120 Ia 184 E. 2c S. 187). Die Kantone bezeichnen ferner die richterlichen Behörden, welche für die dem Richter zugewiesenen Entscheide zuständig sind (Art. 23 SchKG). Die diesbezügliche Rechtslage ist dem Beschwerdeführer vom Bundesgericht bereits einmal erörtert worden (Urteil 5A_596/2015 vom 10. September 2015 E. 3.3).
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4. Anlass zur vorliegenden Beschwerde bildet das Auskunftsbegehren des Schuldners bezüglich der vom Betreibungsamt über ihn abgegebenen Betreibungsregisterauszüge.
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4.1. In der Sache besteht der Beschwerdeführer auch vor Bundesgericht darauf, Kenntnis darüber zu erhalten, wer vom Betreibungsamt über ihn Auskünfte erhalten hat und aufgrund welchen Interessennachweises dies geschehen ist. In diesem Sinne stehe ihm ohne weiteres ein Einsichtsrecht in die Akten des Betreibungsamtes zu. Die vorinstanzliche Begründung bezeichnet er als übertriebenen Formalismus.
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4.2. Gemäss Art. 8a SchKG kann jede Person, die ein Interesse glaubhaft macht, die Protokolle und Register des Betreibungsamtes einsehen und sich Auszüge daraus geben lassen. Eine Zustimmung des Betroffenen ist hierzu nicht erforderlich (BGE 52 III 73 E. 3 S. 77; Urteil 5A_244/2009 vom 9. Juli 2009 E. 1.3, nicht publ. in BGE 135 III 503). Entgegen dem gesetzlichen Wortlaut erstreckt sich das Einsichtsrecht nicht nur auf die eigentlichen Protokolle und Register, sondern auf alle Akten (MÖCKLI, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 8a). Ob und wie weit einem Gesuchsteller Einsicht zu gewähren und welche Auskunft zu erteilen ist, muss im Einzelfall aufgrund des Interessennachweises entschieden werden. Zwar besteht mit Blick auf die Prüfung der Kreditwürdigkeit und dem Erfolg einer Zwangsvollstreckung ein öffentliches Interesse an der Einsicht in die Betreibungsakten, welches hinter den Persönlichkeitsschutz grundsätzlich zurückzutreten hat. Indes ist bei der Einschränkung des Schutzes der Privatsphäre der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten (BGE 135 III 503 E. 3, E. 3.4 S. 504 ff.).
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4.3. Verlangt der Schuldner vom Betreibungsamt Auskunft über ihn betreffende Betreibungsvorgänge, so steht ihm ein unbedingtes Einsichtsrecht in die Akten zu. Soweit die Vorinstanz diesen Anspruch auf die nach Art. 9 bis Art. 15 der Verordnung über die im Betreibungs- und Konkursverfahren verwendeten Formulare und Register sowie die Rechnungsführung (VFRR, SR 281.31) beschränken möchte, kann ihr nicht gefolgt werden. Indes hat sie (wie bereits das Betreibungsamt sowie die Erstinstanz) dem Beschwerdeführer zugestanden, Einsicht in die Unterlagen des Betreibungsamtes über die gestellten Auskunftsbegehren zu nehmen, soweit solche (noch) vorhanden sind. Allerdings kennt das Bundesrecht keine Vorschrift, wonach das Betreibungsamt verpflichtet ist, über erteilte Auskünfte gleichsam Buch zu führen, wie die Vorinstanz zu Recht festhält. Die Auskunftsgesuche werden nicht als Betreibungsakten ("Akten jeder Betreibung") im Sinne des SchKG, bzw. der Verordnung über die Aufbewahrung der Betreibungs- und Konkursakten (VABK, SR 281.33) betrachtet, jedoch in der Praxis - mit Blick auf eine mögliche Haftung nach Art. 5 SchKG und die Verjährungsfrist - für einen angemessenen Zeitraum aufbewahrt (VONDER MÜHLL, Betreibungsregisterauskünfte, BlSchK 2007 S. 182). Sind entsprechende Unterlagen vorhanden und macht der Schuldner bzw. Betroffene die notwendigen Angaben, damit die gewünschten Betreibungsregisterauszüge mit vernünftigem Aufwand zur Verfügung gestellt werden können, steht seinem Einsichtsrecht nichts entgegen (vgl. Urteil der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern E. 4b vom 25. Februar 2010, in: BlSchK 2010 S. 248 ff.). Insoweit ist der angefochtene Beschluss im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer stellt denn auch der vorinstanzlichen Begründung einzig seine Behauptung gegenüber, das Betreibungsamt sei zur Führung eines Registers über die erteilten Auskünfte verpflichtet und ihm stehe hier ein Einsichtsrecht zu. Damit genügt er seiner Begründungspflicht, inwiefern Bundesrecht verletzt sein sollte, in keiner Weise (E. 1.2).
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4.4. Beizufügen bleibt, dass das Betreibungsamt unrichtige bzw. fehlerhafte Einträge in Protokollen und Registern von Amtes wegen oder auf Antrag einer betroffenen Person berichtigt (Art. 8 Abs. 3 SchKG; BGE 52 III 20 E. 1 S. 21; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 36 f., 43 f. zu Art. 8) und gegen unzulässigerweise erteilte Betreibungsregisterauszüge nicht Beschwerde geführt werden kann. Hierzu fehlt es an einem praktischen Verfahrenszweck (BGE 105 III 101 E. 2 S. 104), kann doch die angefochtene Handlung bzw. die erteilte Auskunft oder Einsicht auf entsprechende Rüge hin nicht wirksam rückgängig gemacht werden. Demgegenüber kann sich allenfalls die Frage nach einer Staatshaftung gemäss Art. 5 SchKG stellen, worüber zu befinden jedoch nicht der Aufsichtsbehörde, sondern dem Richter zusteht (BGE 120 III 107 E. 2 S. 109).
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5. Nach dem Gesagten ist der Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Schwyz, Beschwerdekammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. April 2016
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Escher
 
Der Gerichtsschreiber: Levante
 
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