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Informationen zum Dokument  BGer 9C_781/2015  Materielle Begründung
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BGer 9C_781/2015 vom 30.11.2015
 
9C_781/2015 {T 0/2}
 
 
Urteil vom 30. November 2015
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
 
Gerichtsschreiber R. Widmer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau,
 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
 
vom 10. September 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Mit Verfügung vom 6. Januar 2015 hob die IV-Stelle des Kantons Aargau die dem 1958 geborenen A.________ seit 1. November 2003 ausgerichtete ganze Invalidenrente im Rahmen einer prozessualen Revision rückwirkend ab diesem Datum auf, weil sich aufgrund einer Observation und einer bidisziplinären Begutachtung in der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS), wo eine Simulation psychischer Beschwerden festgestellt wurde, neue Tatsachen ergeben hätten, die eine Revision der in formelle Rechtskraft erwachsenen Rentenverfügung vom 8. Oktober 2009 begründeten.
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B. In teilweiser Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde änderte das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Verfügung vom 6. Januar 2015 insofern ab, als es die Invalidenrente mit Wirkung ab 1. Oktober 2004 aufhob. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 10. September 2015).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm die ganze Invalidenrente weiterhin zuzusprechen; eventuell sei die Sache zu weiteren Abklärungen an das kantonale Gericht oder die Verwaltung zurückzuweisen. Ferner ersucht er um die Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung und legt Berichte u.a. der Psychiatrischen Dienste V.________ vom 10. Februar und 3. März 2015 ins Recht.
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Erwägungen:
 
1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung (BGE 135 V 201 E. 5.1 S. 204, 127 V 353 E. 5b S. 358 mit Hinweisen) die Voraussetzungen, unter denen eine formell rechtskräftige Verfügung gestützt auf Art. 53 Abs. 1 ATSG in Revision gezogen werden muss, zutreffend dargelegt, weshalb darauf verwiesen wird.
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3.
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Das kantonale Versicherungsgericht ist zur Auffassung gelangt, der Observationsbericht der B.________ GmbH vom 4. Februar 2014 und das bidisziplinäre Gutachten der MEDAS vom 19. August 2014 bildeten neue Tatsachen, die den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen. Es sei retrospektiv als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten, dass sich die neuen Tatsachen zum Zeitpunkt der Rentenverfügung vom 8. Oktober 2009 bereits verwirklicht hatten, jedoch trotz hinreichender Sorgfalt aufgrund des irreführenden Verhaltens des Versicherten nicht bekannt waren. Der neue Sachverhalt sei sodann als erheblich einzustufen, wäre doch dem Beschwerdeführer keine Rente zugesprochen worden, wenn die aufgrund der Expertise und der Observation gewonnenen neuen Erkenntnisse bereits bei Verfügungserlass am 8. Oktober 2009 bekannt gewesen wären, da kein invalidenversicherungsrechtlich erheblicher Gesundheitsschaden vorgelegen hat. Die Voraussetzungen für eine prozessuale Revision seien damit erfüllt.
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4.
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Den Darlegungen der Vorinstanz ist vollumfänglich beizupflichten. Der Beschwerdeführer beschränkt sich im Wesentlichen auf eine im Rahmen der gesetzlichen Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 1 hievor) unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung des Versicherungsgerichts, ohne mit hinreichender Begründung in Auseinandersetzung mit den Erwägungen der Vorinstanz darzutun, inwiefern diese den rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig oder anderweitig bundesrechtswidrig festgestellt haben soll. Der Hinweis auf frühere wie auch aktuelle Arztberichte, in welchen eine (teilweise) Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde, genügt nicht, um die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit durch die Vorinstanz hinsichtlich des zurückliegenden Zeitraums wie auch der gegenwärtigen Situation, die gesamthaft auf einer ausführlich begründeten, klaren und stichhaltigen Expertise der MEDAS wie auch dem Observationsbericht beruht, als willkürlich erscheinen zu lassen. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Berichte der Psychiatrischen Dienste V._________ (vom 10. Februar und 3. März 2015) beruft, kann er daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Beim Bericht vom 10. Februar 2015 handelt es sich um den Austrittsbericht über eine stationäre Behandlung vom 15. Dezember 2014 bis 30. Januar 2015, aus dem sich keine abweichenden Gesichtspunkte betreffend die im Gutachten der MEDAS festgestellte Simulation psychischer Beschwerden und erst recht keine Hinweise auf den Gesundheitszustand des Versicherten im zurückliegenden Zeitraum ergeben. Der Bericht vom 3. März 2015 ist nicht in dem für die gerichtliche Beurteilung rechtsprechungsgemäss (BGE 130 V 138 E. 2.1 S. 140 mit Hinweisen) massgebenden Zeitraum bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung (6. Januar 2015) ergangen und kann schon aus diesem Grund nicht in die Entscheidfindung miteinbezogen werden. Abgesehen davon bestünde aufgrund der entsprechenden Ausführungen der behandelnden Ärzte, deren Angaben nicht der gleiche Stellenwert wie einem Gutachten zukommen kann, kein Anlass, um von den Ergebnissen der umfassenden bidisziplinären Expertise der MEDAS vom 19. August 2014 abzuweichen, die den Anforderungen an ein Administrativgutachten (BGE 125 V 351 E. 3b/bb S. 353) in jeder Hinsicht genügt. Schliesslich vermag der Beschwerdeführer auch aus den letztinstanzlich eingereichten Berichten des behandelnden Psychiaters Dr. med. C.________ (vom 24. April und 21. November 2014), nichts zu seinen Gunsten abzuleiten (vgl. BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353), soweit diese überhaupt beachtlich sind (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG).
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5.
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Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist gestützt auf Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG umständehalber zu verzichten. Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wird damit gegenstandslos.
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6.
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Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 30. November 2015
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Glanzmann
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer
 
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