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Informationen zum Dokument  BGer 2C_434/2015  Materielle Begründung
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BGer 2C_434/2015 vom 27.10.2015
 
{T 0/2}
 
2C_434/2015
 
 
Verfügung vom 27. Oktober 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Ardiana Rama,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt,
 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 27. März 2015.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. A.________, 1986 geborene Staatsangehörige von Malaysia, weilte zwischen 1988 und 1992 bei ihrem Vater in der Schweiz, wurde aber 1992/1993 in die Heimat zurückgeschickt, wo sie die Schulen besuchte und ab 2003 eine Ausbildung als Sekretärin absolvierte. 2006 reiste ihre Mutter mit den 1987, 1989 und 1991 geborenen Geschwistern im Familiennachzug wiederum zu Ehemann bzw. Vater in die Schweiz. Der volljährigen A.________ ihrerseits wurde der Familiennachzug nicht gewährt. Indessen wurde ihr am 27. Dezember 2006 gegen Unterzeichnung einer Wiederausreiseverpflichtung eine Aufenthaltsbewilligung zu Ausbildungszwecken erteilt und, wieder unter der Prämisse der späteren Ausreise, mehrmals, zuletzt bis zum 27. Mai 2011, verlängert. Auf ein zwischenzeitlich gestelltes Gesuch um Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zwecks Pflege ihrer erkrankten Mutter war nicht eingetreten worden, da die Mutter 2009 verstorben war. Am 11. Juli 2012 stellte A.________ ein Gesuch um Erteilung einer Härtefallbewilligung im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG i.V. mit Art. 31 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE: SR 142.201). Das Migrationsamt Basel-Stadt wies das Gesuch mit Verfügung vom 16. November 2012 ab, unter gleichzeitiger Anordnung der Wegweisung. Der dagegen erhobene Rekurs an das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt blieb erfolglos. Mit Urteil vom 27. März 2015 wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht den gegen den Departementsentscheid vom 16. Mai 2014 erhobenen Rekurs ab. Das Appellationsgericht berücksichtigte den neuen Umstand, dass die Ausländerin am 15. Januar 2015 einen italienischen Staatsangehörigen geheiratet und dieser gestützt auf das FZA für sie ein Nachzugsgesuch gestellte hatte, nicht; es hielt dafür, über diesen neuen Bewilligungstatbestand habe es als Instanz der nachträglichen gerichtlichen Verwaltungskontrolle nicht als erste Instanz zu befinden.
1
1.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. Mai 2015 beantragte A.________ dem Bundesgericht im Wesentlichen, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und es sei ihr eine Aufenthaltsbewilligung aus schwerwiegendem persönlichem Härtefall zu erteilen.
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Mit Verfügung vom 3. Juni 2015 sistierte der Abteilungspräsident das Verfahren von Amtes wegen bis zum Entscheid des Migrationsamtes des Kantons Basel-Stadt über das für die Beschwerdeführerin gestellte Familiennachzugsgesuch vorläufig bis zum 17. August 2015.
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1.3. Gemäss Mitteilung des Migrationsamtes des Kantons Basel-Stadt vom 19. August 2015 ist der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung im Familiennachzug zu ihrem Ehemann erteilt worden.
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Den Verfahrensbeteiligten wurde mit Verfügung vom 26. August 2015 Gelegenheit eingeräumt, sich zur Fortführung bzw. Erledigung des Verfahrens und gegebenenfalls zur Kosten- und Entschädigungsregelung zu äussern.
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Das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt, das bundesgerichtliche Verfahren als gegenstandslos abzuschreiben unter allfälliger o/e Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin. Auch diese beantragt Abschreibung des bundesgerichtlichen Verfahrens wegen Gegenstandslosigkeit und beantragt, die Kosten seien dem Kanton aufzuerlegen und es sei ihr eine Parteientschädigung entsprechend der eingereichten Kostennote zuzusprechen.
6
Auf Aufforderung hin hat die Beschwerdeführerin am 23. Oktober 2015 das bei Beschwerdeeinreichung gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ergänzend begründet.
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2. 
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2.1. Gemäss Art. 32 Abs. 1 und 2 BGG entscheidet der Präsident der Abteilung als Einzelrichter über die Abschreibung von Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit, Rückzugs oder Vergleichs. Gleichzeitig befindet er über die Gerichtskosten und eine allfällige Parteientschädigung, im Falle der Gegenstandslosigkeit (bzw. des Dahinfallens des rechtlichen Interesses) - nach Vernehmlassung der Parteien - aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 71 BGG).
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2.2. Gegenstand der zum Urteil des Appellationsgerichts vom 27. März 2015 führenden Beschwerde war ein Gesuch um Erteilung einer Härtefallbewilligung im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG. Die Verfahrensinstruktion war im November 2014 abgeschlossen. Das Appellationsgericht erhielt durch ein Schreiben des Justiz- und Sicherheitsdepartements vom 18. Februar 2015 Kenntnis von der Heirat der Beschwerdeführerin und vom Nachzugsgesuch von deren Ehemann. Dass die Beschwerdeführerin ihrerseits das Appellationsgericht informiert und etwa ein Sistierungsgesuch gestellt hätte, ist nicht aktenkundig. Auch noch ihr Rechtsbegehren an das Bundesgericht lautet auf Erteilung einer Härtefallbewilligung. Inwiefern die Darlegungen der Vorinstanz über das Verhältnis zwischen dem Härtefallverfahren und dem vor der erstinstanzlichen Ausländerbehörde neu eingeleiteten Familiennachzugsgesuch (E. 1.3 des angefochtenen Urteils) schweizerisches Recht (Art. 95 BGG) verletzten, ist in der Beschwerdeschrift kaum rechtsgenüglich (Art. 42 Abs. 2 BGG) aufgezeigt worden. Eine Gutheissung der Beschwerde gegen die Verweigerung der Härtefallbewilligung als solcher erscheint - auch für den Fall des Eintretens auf die Beschwerde - nicht als überwiegend wahrscheinlich; die Beschwerdeführerin kann im Hinblick auf die Kostenregelung nicht als voraussichtlich obsiegende Partei gelten; Anspruch auf eine Parteientschädigung hat sie nicht (vgl. Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Hingegen rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG).
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2.3. Die Beschwerdeführerin hat ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, was voraussetzt, dass die prozessuale Bedürftigkeit nachgewiesen wird und das Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin ist ausgewiesen: Die Beschwerdeführerin ist noch nicht erwerbstätig, ihr Ehemann erzielt ein Erwerbseinkommen von netto rund Fr. 3'500.-. Der allgemeine Grundbedarf des Ehepaars beläuft sich auf Fr. 2'125.-- (Fr. 1'700.-- plus Prozesszuschlag von 25 %). Ausgewiesen ist ein Mietzins inkl. Nebenkosten von Fr. 1'000.--. Hinzu kommen zumindest noch die Krankenkassenprämien von Fr. 726.65. Damit übersteigen die monatlichen Auslagen die momentan zur Verfügung stehenden Einkünfte. Was die Prozessaussichten betrifft, sprach zwar nicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Gutheissung der Beschwerde; umgekehrt erschien sie auch nicht von vornherein als aussichtslos. Dem Gesuch der Beschwerdeführerin ist mithin zu entsprechen. Ihre Rechtsvertreterin ist ihr als unentgeltliche Rechtsanwältin beizugeben und es ist ihr aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung zu entrichten. Unter Berücksichtigung des erforderlichen Aufwands und von Art. 10 und 12 des Reglements des Bundesgerichts vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor Bundesgericht (SR 173.110.210.3) wird die Entschädigung pauschal auf Fr. 3'000.-- festgesetzt. Im Übrigen ist das Gesuch gegenstandslos, da keine Gerichtskosten erhoben werden.
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Demnach verfügt der Präsident:
 
1. Das Verfahren wird vom Geschäftsverzeichnis abgeschrieben.
 
2. Es werden keine Kosten erhoben.
 
3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen, soweit es nicht gegenstandslos ist.
 
Rechtsanwältin Ardiana Rama, Basel, wird als unentgeltliche Rechtsanwältin der Beschwerdeführerin bestellt und ihr aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet.
 
4. Diese Verfügung wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 27. Oktober 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Feller
 
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