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Informationen zum Dokument  BGer 6B_685/2015  Materielle Begründung
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BGer 6B_685/2015 vom 14.10.2015
 
{T 0/2}
 
6B_685/2015
 
 
Urteil vom 14. Oktober 2015
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Rüedi,
 
Bundesrichterin Jametti,
 
Gerichtsschreiberin Schär.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Zobl,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
 
2. A.________,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Einstellung (Tätlichkeiten),
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 18. Mai 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse zuerkannt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Dies verlangt grundsätzlich vom Privatkläger, dass er bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hat. Ausnahmsweise, bei Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens, ist auf dieses Erfordernis zu verzichten, zumal von der Privatklägerschaft in diesen Fällen nicht verlangt werden kann, dass sie bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hat. Immerhin ist jedoch erforderlich, dass im Verfahren vor Bundesgericht dargelegt wird, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 IV 246 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).
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1.2. Der Beschwerdeführer stellte gegen den Beschwerdegegner Strafantrag wegen Tätlichkeiten. Bis zur Einstellung hatte er noch keine Gelegenheit, zivilrechtliche Ansprüche anzumelden. Trotzdem muss er vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Der Beschwerdeführer ist durch die angezeigte Straftat der Tätlichkeit an sich potentiell geschädigt. Er führt in seiner Beschwerde aus, dass er aus dem zu beurteilenden Sachverhalt gegenüber dem Beschwerdegegner Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche geltend machen werde. Er habe in der fraglichen Liegenschaft seine Büroräumlichkeiten gehabt. Der Vorfall vom 1. Mai 2014 habe ihn tief in seinem Sicherheitsempfinden getroffen. Aufgrund dessen und da er weitere Angriffe durch den Beschwerdegegner und dessen Ehefrau befürchte, sei ein weiteres Verbleiben in der Liegenschaft nicht mehr zumutbar. Der Beschwerdegegner werde für die daraus entstandenen Umtriebe und Unannehmlichkeiten geradestehen müssen.
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1.3. Damit legt der Beschwerdeführer nicht dar, welche Ansprüche er gegenüber dem Beschwerdegegner aus Art. 41 ff. OR ableiten will. Es ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, welchen Schaden er durch ein ein- oder auch mehrmaliges leichtes Schlagen mit der flachen Hand auf den Oberarm erlitten haben könnte. Zudem ist nicht nachvollziehbar, inwiefern sein Sicherheitsempfinden durch die kurze Begegnung derart getroffen sein soll, sodass daraus auch für eine durchschnittlich sensible Person Genugtuungsansprüche resultieren könnten. Jedenfalls rechtfertigt nicht jede immaterielle Unbill oder geringfügige Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit die Zusprechung einer Genugtuung (vgl. Urteil 6B_354/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 5.2 mit Hinweisen). Im Lichte der strengen bundesgerichtlichen Praxis reicht für die Begründung der Beschwerdelegitimation ein schlichter Hinweis auf Umtriebe und Unannehmlichkeiten nicht aus.
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Erwägung 2
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt vorab eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro duriore" sowie des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 6 und Art. 139 Abs. 1 StPO). Die Vorinstanz habe den Grundsatz "in dubio pro duriore" falsch angewendet. Es sei zu klären, in welchem Umfang dieser Grundsatz auch von einer Übertretungsstrafbehörde beachtet werden müsse. Weiter sei die Vorinstanz zu Unrecht von einer klaren Straflosigkeit des Beschwerdegegners ausgegangen und hätte daher die Einstellung des Verfahrens nicht schützen dürfen.
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Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, der Tatbestand der Tätlichkeiten lasse sich nicht beweisen. Sie stützt sich auf den Polizeirapport vom 15. Mai 2014 sowie die vom Beschwerdeführer mit seinem Handy gemachten Videoaufnahmen. Darauf seien keine Tätlichkeiten des Beschwerdegegners gegenüber dem Beschwerdeführer erkennbar. Der Aussage des Beschwerdeführers, er sei vom Beschwerdegegner mehrfach geschlagen worden, stünden die Aussagen des Beschwerdegegners und dessen Ehefrau entgegen. Es sei nicht ersichtlich, welche weiteren Beweismittel am Beweisergebnis etwas ändern würden. Der Beschwerdeführer habe auch keine weiteren Beweismittel genannt. Die Vorinstanz prüft weiter den Tatbestand der Nötigung, welchen sie in sachverhaltlicher Hinsicht ebenfalls als nicht erstellt erachtet, und zwar selbst dann, wenn die Schilderungen des Beschwerdeführers zutreffen würden. Diesbezüglich fehle es an der erforderlichen Intensität respektive einer tatbestandsmässigen Nötigungshandlung.
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2.2. Der Beschwerdeführer rügt ferner eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie eine willkürliche Beweiswürdigung (Art. 9 BV). Das Stadtrichteramt Zürich habe keine eigenen Untersuchungshandlungen vorgenommen; betreffend die Videoaufnahmen hätten sich weder der Beschwerdeführer noch der Beschwerdegegner äussern können. Die Vorinstanz habe die Beweismittel ohne Stellungnahme der Beteiligten gewürdigt und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
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Erwägung 3
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. Oktober 2015
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiberin: Schär
 
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