VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 1C_334/2015  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 1C_334/2015 vom 24.09.2015
 
{T 1/2}
 
1C_334/2015
 
 
Urteil vom 24. September 2015
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Stohner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Hans-Rudolf Hübscher,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Willy Bolliger,
 
gegen
 
Gemeinderat Wohlen,
 
Kapellstrasse 1, 5610 Wohlen AG,
 
Departement Volkswirtschaft und Inneres
 
des Kantons Aargau, Gemeindeabteilung,
 
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.
 
Gegenstand
 
Urnenabstimmung vom 8. März 2015 (Kauf des Verwaltungs- und Lagergebäudes Fisher Scientific AG),
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 12. Mai 2015 des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Am 12. Januar 2015 genehmigte der Einwohnerrat Wohlen einen Vertrag zwischen der Einwohnergemeinde Wohlen und der Fisher Scientific AG über den Kauf eines Verwaltungs- und Lagergebäudes in Wohlen, einen Baurechtsvertrag mit der Ortsbürgergemeinde zum Preis von Fr. 2,8 Mio. und einen Baukredit über Fr. 1,35 Mio. für die Umnutzung des zu erwerbenden Gebäudes. Dieser Beschluss unterstand dem obligatorischen Referendum. Die Volksabstimmung wurde auf den 8. März 2015 angesetzt. Drei Wochen vor dem Abstimmungstermin versandte der Gemeinderat Wohlen die Abstimmungsunterlagen an die Stimmberechtigten. Diese nahmen den Beschluss mit 2'506 Ja- gegen 772 Nein-Stimmen an.
1
B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 18. Juni 2015 beantragt Hans-Rudolf Hübscher in der Hauptsache die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts und der kommunalen Abstimmung vom 8. März 2015 sowie die Durchführung einer neuen Abstimmung mit klarer und umfassender Information.
2
 
Erwägungen:
 
1. Beim angefochtenen Urteil, mit welchem der Nichteintretensentscheid des DVI/AG bestätigt worden ist, handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid, gegen den beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in Form der Stimmrechtsbeschwerde erhoben werden kann (Art. 82 lit. c, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 88 Abs. 1 lit. a, Art. 89 Abs. 3 BGG). Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann unter anderem die Verletzung kantonaler Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen gerügt werden (Art. 95 lit. d BGG). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
3
2. Umstritten ist, ob der Beschwerdeführer seine Abstimmungsbeschwerde ans DVI/AG vom 9. März 2015 rechtzeitig erhoben hat. Das DVI/AG erachtete die Beschwerde als verspätet und ist darauf nicht eingetreten. Die Vorinstanz hat diesen Nichteintretensentscheid geschützt.
4
2.1. Ob und innert welcher Frist gegen Vorbereitungs- und Durchführungshandlungen von Wahlen und Abstimmungen kantonale Rechtsmittel erhoben werden können bzw. müssen, regelt das kantonale Recht (vgl. BGE 118 Ia 271 E. 1e S. 275).
5
2.2. Die Vorinstanz hat erwogen, aus § 68 GPR/AG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 118 Ia 271 E. 1d S. 274) folge, dass Mängel, die Vorbereitungshandlungen von Abstimmungen beträfen, innert drei Tagen seit deren Entdeckung mittels Beschwerde geltend gemacht werden müssten und nicht zuerst das Abstimmungsergebnis abgewartet werden dürfe. Der Gemeinderat habe die Abstimmungsunterlagen für die Urnenabstimmung vom 8. März 2015 den Stimmberechtigten fristgerecht drei Wochen vor dem Abstimmungstermin zugestellt. Dies werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Die Frist zur Beschwerdeerhebung mit Bezug auf allfällige Mängel in der behördlichen Abstimmungsinformation habe mit der Zustellung der Abstimmungsunterlagen zu laufen begonnen. Demzufolge habe das DVI/AG zutreffend festgestellt, dass die am 9. März 2015 eingereichte Beschwerde verspätet erhoben worden sei.
6
2.3. Der Beschwerdeführer räumt ein, § 68 GPR/AG sehe vor, dass man innert drei Tagen seit der Entdeckung des Beschwerdegrundes Beschwerde einreichen müsse. Es stehe aber auch, dass man spätestens am dritten Tag nach Veröffentlichung des Abstimmungsergebnisses reagieren müsse. Er sei nicht Anwalt oder Stimmrechtsexperte und im kantonalen Verfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen. Von einem Laien wie ihm habe nicht verlangt werden können, dass er bereits vor der Abstimmung vom 8. März 2015 reagiere.
7
2.4. Die Einwände des Beschwerdeführers sind nicht stichhaltig. Die vorinstanzlichen Erwägungen, welche auf der bundesgerichtlichen Rechtsprechung basieren, sind zutreffend.
8
3. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).
9
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Gemeinderat Wohlen, dem Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. September 2015
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).