VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 8C_370/2015  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 8C_370/2015 vom 17.09.2015
 
{T 0/2}
 
8C_370/2015
 
 
Urteil vom 17. September 2015
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
 
Bundesrichter Frésard, Maillard,
 
Gerichtsschreiber Jancar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Rechtsanwalt Eric Schuler,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle Uri, Dätwylerstrasse 11, 6460 Altdorf,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Arbeitsunfähigkeit; Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri vom 24. April 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der 1967 geborene A.________ war bis 31. Mai 2003 Hilfskoch im Hotel B.________. Mit Verfügung vom 14. Februar 2007 sprach ihm die IV-Stelle Uri ab 1. Februar 2004 eine ganze Invalidenrente zu. Am 21. August 2008 bestätigte sie dies revisionsweise. Im Juli 2010 leitete sie eine weitere Rentenrevision ein. Sie holte diverse Arztberichte und ein Gutachten des Instituts C.________ vom 10. Dezember 2013 ein. Der Versicherte legte einen Bericht des Sozial Psychiatrischen Dienstes (nachfolgend SPD) vom 6. März 2014 auf. Mit Verfügung vom 29. April 2014 hob die IV-Stelle die Rente ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach Zustellung der Verfügung auf.
1
B. Hiegegen reichte der Versicherte beim Obergericht des Kantons Uri Beschwerde ein. Er legte einen Bericht des SPD vom 13. August 2014 auf. Mit Entscheid vom 24. April 2015 wies die Vorinstanz die Beschwerde ab.
2
C. Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheids sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihm weiterhin eine ganze Invalidenrente auszurichten.
3
Mit Verfügung vom 2. Juli 2015 erhielt der Versicherte Gelegenheit, seine Vorbringen angesichts des zwischenzeitlich ergangenen Grundsatzurteils BGE 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 im Bereich der Rechtsprechung zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren psychosomatischen Leiden zu ergänzen. Davon machte er mit Vernehmlassung vom 11. August 2015 Gebrauch.
4
 
Erwägungen:
 
1. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen sowie die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten. Die aufgrund dieser Berichte gerichtlich festgestellte Gesundheitslage bzw. Arbeitsfähigkeit und die konkrete Beweiswürdigung sind Sachverhaltsfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397; nicht publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164 [9C_204/2009]).
5
2. Die Vorinstanz hat die Grundlagen über die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 2 ATSG), die Invaliditätsbemessung nach dem Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG), den Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 2 IVG) und die Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 2, Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132, 130 V 343 E. 3.5 S. 349) richtig dargelegt. Gleiches gilt betreffend die Überprüfung der bei pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage zugesprochenen Renten (lit. a Abs. 1 der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG [6. IV-Revision, 1. Massnahmenpaket], nachfolgend SchlBest. IVG; BGE 140 V 8) und den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351). Darauf wird verwiesen.
6
 
Erwägung 3
 
3.1. Die Vorinstanz hat in Würdigung der medizinischen Akten mit einlässlicher Begründung - auf die verwiesen wird - im Wesentlichen erwogen, eine Rentenaufhebung nach lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG sei nicht möglich. Hingegen seien die Revisionsvoraussetzungen nach Art. 17 Abs. 1 ATSG erfüllt. Gestützt auf das interdisziplinäre (allgemein-internistische, psychiatrische, orthopädische und neurologische) Gutachten des Instituts C.________ vom 10. Dezember 2013 habe aus Sicht des Bewegungsapparates wie auch aus allgemein-internistischer Sicht keine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit bestanden. Einzig neurologischerseits bestehe seit dem Verlust des rechten Auges (ca. 1983) eine Einschränkung für Tätigkeiten, die dreidimensionales Sehen erforderten. Laut den Gutachtern des Instituts C.________ habe sich die psychische Symptomatik verbessert, da die im Gutachten vom 19. Juni 2006 diagnostizierte rezidivierende depressive Störung remittiert sei. Aus dem vagen SPD-Bericht vom 6. März 2014 könne der Versicherte nichts zu seinen Gunsten ableiten. Gleiches gelte für den SPD-Bericht vom 13. August 2014, da eine allfällige Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit nach Verfügungserlass am 29. April 2014 in einem neuen Verfahren zu prüfen wäre. Das obstruktive Schlafapnoesyndrom schränke die Arbeitsfähigkeit in körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeiten nicht ein; dasselbe gelte für die Hämochromatose. Infolge einer Verbesserung des Gesundheitszustands der Versicherten sei somit ab dem Zeitpunkt des Gutachtens des Instituts C.________ vom 10. Dezember 2013 von voller Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit auszugehen.
7
3.2. Psychischerseits bringt der Versicherte vor, die Praxis zu den somatoformen Schmerzstörungen sei hier nicht anwendbar. Er leide an einer rezidivierenden depressiven Störung, bei der Schwankungen dazu gehörten. Die im SPD-Bericht vom 6. März 2014 gestellten vorläufigen Diagnosen seien im SPD-Bericht vom 13. August 2014 bestätigt worden, wenn auch der Schweregrad der depressiven Störung etwas höher eingestuft worden sei. Laut letztgenanntem Bericht habe seit Behandlungsbeginn am 6. März 2014 - somit bereits vor der Verfügung vom 29. April 2014 - keine Arbeitsfähigkeit bestanden. Wegen der Nichtberücksichtigung des SPD-Berichts vom 13. August 2014 habe die Vorinstanz Bundesrecht verletzt und den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt.
8
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorinstanz erkannte richtig, dass auf den SPD-Bericht vom 6. März 2014 nicht abgestellt werden könne, da er nur vorläufige psychiatrische Diagnosen und eine Vermutung zu deren Entwicklung enthielt. Angaben zur Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit - die für die Bestimmung des Rentenanspruchs massgebend sind (BGE 136 V 279 E. 3.2.1 S. 281) - waren darin nicht enthalten. Wenn der SPD nachträglich im Bericht vom 13. August 2014 eine seit 6. März 2014 durchgehend bestehende vollständige Arbeitsunfähigkeit attestierte, überzeugt es nicht. Dies umso weniger, als er am 6. März 2014 eine mittelgradige depressive Störung (ICD-10 F32.1) annahm, während er am 13. August 2014 eine rezidivierende depressive Störung mit Chronifizierungstendenz, derzeit mittelgradig bis schwer (ICD-10 F33.1), diagnostizierte. Es leuchtet nicht ein, weshalb trotz des unterschiedlichen Schweregrads der gestellten Diagnosen seit 6. März 2014 eine unveränderte vollständige Arbeitsunfähigkeit bestanden haben soll. Diesbezüglich ist denn auch auf die Erfahrungstatsache hinzuweisen, dass behandelnde Ärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 135 V 465 E. 4.5. S. 470). Die Vorinstanz stellte somit psychischerseits bis zum massgebenden Verfügungszeitpunkt am 29. April 2014 (vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 320) zu Recht auf das Gutachten des Instituts C.________ vom 10. Dezember 2013 ab.
9
3.3. Weiter rügt der Versicherte, die Gutachter des Instituts C.________ hätten sich mit der funktionellen Relevanz seiner Hämochchromatose überhaupt nicht befasst; sie bleibe weiterhin unklar. Von dieser Krankheit seien Symptome wie Müdigkeit, Schwäche oder Gelenkschmerzen, vor allem der Mittelhand-Fingergelenke, bekannt. Auch die funktionellen Auswirkungen seines obstruktiven Schlafapnoesyndroms seien im Gutachten des Instituts C.________ nicht näher erläutert worden. Hierzu habe sich die Vorinstanz nicht geäussert. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich der allgemein-internistische Teilgutachter des Instituts C.________ mit diesen beim Versicherten vorliegenden Krankheiten und den von ihm deswegen durchgeführten Behandlungen befasste. Die psychiatrische Teilgutachterin des Instituts C.________ stellte im Weiteren eine geringe subjektive Belastung durch die Hämochromatose fest. Wenn die Vorinstanz diesbezüglich aufgrund des Gutachtens des Instituts C.________ und unter Hinweis auf den Bericht der Klinik für Schlafmedizin vom 24. Oktober 2013, wonach das Schlafapnoesyndrom mit der CPAP-Therapie gut behandelt werde, von einer vollen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit ausging, ist dies als nur eingeschränkt überprüfbare Sachverhaltsfrage im Lichte der pauschalen Vorbringen des Versicherten nicht zu bemängeln.
10
4. Gegen den von der Vorinstanz gestützt auf den Einkommensvergleich festgestellten rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 7 % (vgl. Art. 28 Abs. 2 IVG) erhebt der Versicherte keine substanziierten Einwände, die ihn zu entkräften vermöchten.
11
5. Der unterliegende Versicherte trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
12
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 17. September 2015
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Leuzinger
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).