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Informationen zum Dokument  BGer 5A_252/2015  Materielle Begründung
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BGer 5A_252/2015 vom 10.09.2015
 
{T 0/2}
 
5A_252/2015
 
 
Urteil vom 10. September 2015
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Marc Russenberger und/oder Dr. Marco Kamber,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. A.________,
 
2. B.________,
 
3. C.________,
 
4. D.________,
 
5. E.________,
 
alle vertreten durch Rechtsanwalt Pierre Vuille,
 
Beschwerdegegnerinnen,
 
Betreibungsamt U.________.
 
Gegenstand
 
Nichtigkeit des Zahlungsbefehls,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, obere kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung, vom 9. März 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Am 3. Oktober 2014 erliess das Betreibungsamt U.________ aufgrund der am 16. September 2014 gestellten Betreibungsbegehren mehrere Zahlungsbefehle gegen Y.________ (Zahlungsbefehle Nr. xxx50 bis Nr. xxx56). Diese wurden am 8. Oktober 2014 zugestellt.
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B. Am 17. Oktober 2014 erhob Y.________ Beschwerde gegen die Zahlungsbefehle an das Kreisgericht Rheintal als untere Aufsichtsbehörde. Er verlangte, die Zahlungsbefehle wegen Rechtsmissbräuchlichkeit für nichtig zu erklären und sie eventualiter aufzuheben. Am 25. November 2014 zeigte das Betreibungsamt an, dass zwei Gläubigerinnen ihre Betreibungen zurückgezogen haben (Betreibungen Nr. xxx50 und Nr. xxx55). Die übrigen Gläubigerinnen reduzierten den in Betreibung gesetzten Forderungsbetrag in der Beschwerdeantwort vom 24. November 2014. Mit Entscheid vom 24. Dezember 2014 wies das Kreisgericht die Beschwerde ab und wies das Betreibungsamt an, die in Betreibung gesetzten Beträge entsprechend dem Urteilsdispositiv zu reduzieren.
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C. Gegen diesen Entscheid erhob Y.________ am 8. Januar 2015 Beschwerde an das Kantonsgericht St. Gallen als obere Aufsichtsbehörde. Er verlangte, den Entscheid des Kreisgerichts aufzuheben und die in den fünf verbliebenen Betreibungsverfahren ausgestellten Zahlungsbefehle infolge Nichtigkeit, allenfalls mangels Gläubigerberechtigung, aufzuheben und das Betreibungsamt anzuweisen, die Betreibungen zu löschen. Mit Entscheid vom 9. März 2015 wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab.
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D. Am 26. März 2015 hat Y.________ (Beschwerdeführer) Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Er verlangt, den Entscheid des Kantonsgerichts vom 9. März 2015 aufzuheben, die in den fünf verbliebenen Betreibungsverfahren ausgestellten Zahlungsbefehle infolge Nichtigkeit aufzuheben und das Betreibungsamt anzuweisen, die Betreibungen zu löschen.
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Erwägungen:
 
1. Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegen den Entscheid der oberen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unabhängig vom Streitwert zulässig (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75 BGG).
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Erwägung 2
 
2.1. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen liegt den zu beurteilenden Betreibungen folgender Sachverhalt zugrunde: Die Anlagestiftung Fondation V.________ habe Darlehen von interessierten Pensionskassen gebündelt und diese an Darlehensnehmer für Immobilienprojekte vergeben. Dabei habe die Fondation V.________ mit der V.________ SA und den Mitgliederkassen zusammengewirkt, ohne dass den Darlehensnehmern die Darlehensgeber offengelegt worden wären. Der Beschwerdeführer sei Aktionär der (Gross-) Muttergesellschaft von Immobilienunternehmungen, die Darlehen der Fondation V.________ entgegen genommen hätten. Persönlich habe er keine Darlehensverträge unterzeichnet. Bei diesem Vorgehen der Darlehensvergabe seien angeblich zahlreiche Pensionskassen - darunter die Gläubigerinnen - geschädigt worden. Ermittlungen dazu seien offenbar im Gange. Welche Rolle dem Beschwerdeführer zukam, sei umstritten und offenbar ebenfalls Gegenstand von Abklärungen. Die Gläubigerinnen hätten sich im Strafverfahren als Geschädigte konstituiert. Aufgrund dieser Situation sei - zumindest derzeit - davon auszugehen, dass zwischen den Parteien rechtliche Beziehungen bestehen könnten und darüber jetzt eine Auseinandersetzung stattfinde.
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2.2. In den durch die Beschwerdegegnerinnen gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Betreibungen hat das Kantonsgericht alsdann keinen Rechtsmissbrauch erkennen können:
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3. Der Beschwerdeführer macht vor Bundesgericht geltend, die Gläubigerinnen hätten zunächst einen Gesamtbetrag von Fr. 233,4 Mio. und damit einen massiv übersetzten Betrag in Betreibung gesetzt. Der angebliche Gesamtschaden betrage ca. Fr. 140 Mio. Die Fondation V.________ habe für etwa 100 Pensionskassen Darlehen vermittelt. Selbst wenn die Beschwerdegegnerinnen dazu gehörten (was unbekannt sei), könnten sie jedenfalls nicht die einzigen potentiell Geschädigten sein. Die wirtschaftlich vom Beschwerdeführer beherrschten Unternehmen hätten Darlehensverträge im Umfang von rund Fr. 116 Mio. gezeichnet. Aus diesen Tatsachen werde klar, dass eine Betreibung durch sieben von rund hundert beteiligten Pensionskassen gegen ihn im Umfang von Fr. 233,4 Mio. massiv überhöht gewesen sei, was die betreibenden Kassen durch den Rückzug von mehr als 90 % ihrer Forderungen nur wenige Wochen nach Einleitung der Betreibung auch gleich selber bewiesen hätten.
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Erwägung 4
 
4.1. Das SchKG erlaubt die Einleitung eines Betreibungsverfahrens, ohne dass der Gläubiger den Bestand seiner Forderung nachweisen muss. Ein Zahlungsbefehl als Grundlage des Vollstreckungsverfahrens kann grundsätzlich gegenüber jedermann erwirkt werden, unabhängig davon, ob eine Schuld besteht oder nicht (BGE 113 III 2 E. 2b S. 3; 125 III 149 E. 2a S. 150; Urteil 5A_773/2014 vom 10. Juli 2015 E. 3.1 mit Hinweisen).
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4.2. Was zunächst die Höhe der ursprünglich in Betreibung gesetzten Beträge betrifft, so ergibt sich dieses Sachverhaltselement zwar nicht aus dem angefochtenen Urteil, aber aus dem Entscheid des Kreisgerichts, auf den die Vorinstanz zum Schluss pauschal verweist. Daraus lässt sich entnehmen (S. 7 und 10), dass die ursprünglich in Betreibung gesetzten Beträge wesentlich höher waren als die jetzt noch zur Debatte stehenden (Nr. xxx50: Fr. 11 Mio. [Rückzug]; Nr. xxx51: Fr. 5 Mio. [nach Reduktion Fr. 1,584 Mio.]; Nr. xxx52: Fr. 1,9 Mio. [nach Reduktion Fr. 1,2 Mio.]; Nr. xxx53: Fr. 6,5 Mio. [nach Reduktion Fr. 0,792 Mio.]; Nr. xxx54: Fr. 26 Mio. [nach Reduktion Fr. 2,392 Mio.]; Nr. xxx55: Fr. 3 Mio. [Rückzug]; Nr. xxx56: Fr. 180 Mio. [nach Reduktion Fr. 12,064 Mio.]).
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5. Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt U.________ und dem Kantonsgericht St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 10. September 2015
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Escher
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg
 
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