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Informationen zum Dokument  BGer 4A_273/2015  Materielle Begründung
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BGer 4A_273/2015 vom 08.09.2015
 
{T 0/2}
 
4A_273/2015
 
 
Urteil vom 8. September 2015
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
 
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
 
Gerichtsschreiber Luczak.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
B.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Jürgen Imkamp,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Abgabe einer Willenserklärung, Zuständigkeit,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 20. März 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Mit Eingabe vom 31. August 2012 reichte die B.________ AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin) beim Einzelgericht am Bezirksgericht Uster gegen die A.________ AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) und gegen den Verein C.________ eine Klage ein. Sie beantragte, die Beklagte und C.________ seien zu verpflichten, gegenüber dem Grundbuchamt Dübendorf eine - detailliert umschriebene - Grundbuchanmeldung abzugeben. Mit Verfügung vom 28. Juni 2013 trat das Einzelgericht auf die Klage ein. Die dagegen von der Beklagten eingereichte Berufung hiess das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 26. Juni 2014 gut und trat auf die (ursprüngliche) Klage mit Bezug auf die Beklagte nicht ein.
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Mit Verfügung vom 1. Oktober 2014 zog das Bezirksgericht sodann die Eintretensverfügung vom 28. Juni 2013 in Wiedererwägung und trat auch auf die Klage gegen den Beklagten C.________ nicht ein.
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A.b. Am 11. August 2014 machte die Klägerin die gleichlautende Klage gegen die Beklagte am Bezirksgericht Uster im ordentlichen Verfahren anhängig. Das Bezirksgericht trat mit Beschluss vom 26. August 2014 mangels Zuständigkeit auf die Klage nicht ein. Auf eine gegen diesen Beschluss von der Beklagten erhobene Berufung trat das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 21. November 2014 mangels Beschwer nicht ein.
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B.
 
 
C.
 
Die Beschwerdegegnerin trägt auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde an. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
4
 
 Erwägungen:
 
 
1.
 
 
2.
 
2.1. Mit Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses trat die Vorinstanz auf die Klage ein, nachdem sie die örtliche und die sachliche Zuständigkeit bejaht und den Einwand der Beschwerdeführerin der anderweitigen Rechtshängigkeit verworfen hatte. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinn von Art. 92 Abs. 1 BGG, auch soweit über den Einwand der Rechtshängigkeit entschieden wurde (BGE 138 III 190 E. 5 S. 191; 123 III 414 E. 2b S. 418; Urteil 4A_341/2013 vom 18. November 2013 E. 1.2). Diesbezüglich ist auf die Beschwerde ohne weiteres einzutreten.
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2.2. Die Vorinstanz hat die Verfahren gegen die Beschwerdeführerin und gegen C.________ vereinigt (Disp.Ziff. 2). Dagegen richtet sich die Beschwerde nicht. Obwohl die Vorinstanz zutreffend erkannte, dass eine Vereinigung zweier unabhängig eingeleiteter Prozesse nichts an deren materieller Eigenständigkeit ändert, weshalb eine Prozessvereinigung eine allfällig nicht bestehende Passivlegitimation "nicht zu heilen vermag", prüfte sie doch im Rahmen ihrer Ausführungen zur Verfahrensvereinigung die Passivlegitimation der Beschwerdeführerin (als notwendige Streitgenossin zusammen mit C.________) und bejahte diese namentlich mit Blick auf die Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin die Klagen gegen die Beschwerdeführerin und gegen den Beklagten C.________ ursprünglich als eine Klage beim Bezirksgericht anhängig gemacht hatte und dass die Prozesse nachher aus Gründen, die primär nicht sie zu vertreten habe, auseinandergefallen seien. Dagegen richtet sich der Eventualantrag der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht geltend, diesbezüglich liege ein Zwischenentscheid gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG vor. Denn bei Gutheissung ihres Eventualantrags sei die Klage mangels Sachlegitimation sofort abzuweisen (Endentscheid), was einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
6
 
3.
 
 
4.
 
4.1. Für die Definition der streitigen Zivilsache nach Art. 1 lit. a ZPO kann auf die bereits vor dem Inkrafttreten der ZPO bestehende Definition der Zivilrechtsstreitigkeit zurückgegriffen werden (vgl. nur Bernhard Berger, in: Berner Kommentar, 2012, N. 8 zu Art. 1 ZPO; Jacques Haldy, in: Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 4 ff. und 9 zu Art. 1 ZPO; Dominik Vock, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 3 ff. zu Art. 1 ZPO). Als Zivilrechtsstreitigkeit gilt demnach ein kontradiktorisches Verfahren zwischen mindestens zwei Parteien, das auf die endgültige, dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse im Sinne einer res iudicata abzielt (BGE 136 III 178 E. 5.2 S. 183; 124 III 44 E. 1a S. 46; 123 III 346 E. 1a S. 349). Das Verfahren spielt sich somit vor dem Richter oder einer anderen Spruchbehörde ab (BGE 120 II 11 E. 2a S. 13; vgl. zum Ganzen auch Urteil 4A_215/2013 vom 5. September 2013 E. 2.4.1).
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4.2. Das Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (heute: Planungs- und Baugesetz; PBG; GS 700.1) regelt das amtliche Quartierplanverfahren in den §§ 147 ff. PBG. Dieses wird durch den Gemeinderat von Amtes wegen eingeleitet (§ 147 PBG). Wenn alle Grundeigentümer einverstanden sind, kann der Gemeinderat ihnen aber auch auf ihr Begehren hin die Erstellung des Quartierplans überlassen (§ 130 PBG i.V.m. § 160a Abs. 1 PBG). Ein solcher im Einverständnis aller Beteiligten aufgestellter Quartierplan wird vom Gemeinderat unter den Voraussetzungen und mit den rechtlichen Folgen genehmigt, die für die Festsetzung eines amtlich aufgestellten Quartierplans gelten (§ 160a Abs. 5 PBG). Das heisst, der Gemeinderat genehmigt den Quartierplan und gibt die Massgebend ist damit nicht, dass Privatpersonen die Vertragsparteien sind, denn das ist sowohl beim sog. "privaten" Quartierplan wie bei der sog. "superprivaten" Erschliessungsvereinbarung der Fall. Entscheidend ist vielmehr, dass der streitgegenständliche Erschliessungsvertrag vom 24. November 2004 offensichtlich eine solche "superprivate" Erschliessungsregelung beinhaltet, worauf im Vertrag bei der Umschreibung der Ausgangslage selber explizit hingewiesen wird (S. 2 letzter Absatz: "[...] haben sich die vertragsbeteiligten Grundeigentümer zu den nachstehenden {erschliessungsrechtlich sog. "superprivaten"} Erschliessungsregelungen gefunden"). Damit stimmt überein, dass nach den Feststellungen der Vorinstanz das vom Gemeinderat eingeleitete amtliche Quartierplanverfahren sistiert wurde, um den Grundeigentümern die Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung zu geben. Entsprechend wurde unter Ziffer VI/2 des Erschliessungsvertrages auch festgehalten, unmittelbar nach dem grundbuchlichen Vollzug dieses Vertrages sei der Gemeinde die Abschreibung des amtlichen Quartierplanverfahrens zu beantragen. Zu Recht wies die Vorinstanz sodann darauf hin, dass auch die Vertragsform den zivilrechtlichen Charakter bestätigt, da der Erschliessungsvertrag im Hinblick auf die Übertragung von Grundstücken öffentlich beurkundet (Art. 216 Abs. 1 OR) wurde. Ob sämtliche Grundeigentümer mit der Ausarbeitung einverstanden waren (die Vorinstanz verneinte dies, was die Beschwerdeführerin als aktenwidrig rügt), ist somit nicht entscheidwesentlich und kann offen bleiben. Die Vorinstanz ging zu Recht von einer Zivilsache im Sinn von Art. 1 lit. a ZPO aus.
8
 
5.
 
 
6.
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
Lausanne, 8. September 2015
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Kiss
 
Der Gerichtsschreiber: Luczak
 
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