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Informationen zum Dokument  BGer 2C_676/2015  Materielle Begründung
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BGer 2C_676/2015 vom 08.09.2015
 
{T 0/2}
 
2C_676/2015
 
 
Urteil vom 8. September 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Haag,
 
Gerichtsschreiberin Hänni.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
 
Dr. Guido Hensch,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung (Wegweisung),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich 2. Abteilung vom 13. Mai 2015.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. A.________ (geb. 1987) ist serbischer Staatsangehöriger. Er reiste im Rahmen des Familiennachzugs am 17. April 1993 zusammen mit seiner Mutter und drei seiner Geschwister in die Schweiz ein. Zu einem von der Vorinstanz nicht festgestellten Zeitpunkt erhielt er die Niederlassungsbewilligung.
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1.2. Während seiner Anwesenheit in der Schweiz wurde A.________ unter anderem wie folgt strafrechtlich verurteilt: Die Jugendstaatsanwaltschaft Zürich bestrafte ihn am 7. Juli 2005 wegen Raubs, mehrfachen Angriffs sowie Fahrens ohne Führerausweis und Verletzungen der Verkehrsregeln (Einschliessung, bedingt; später widerrufen); die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl verurteilte ihn am 21. Dezember 2005 zu zwei Monaten Gefängnis und einer Geldbusse wegen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher Übertretung desselben (bedingt; später widerrufen); das Bezirksgerichts Zürich bestrafte ihn am 1. Februar 2008 mit einer Freiheitsstrafe von neun Monaten und 20 Tagen wegen mehrfachen Diebstahls und Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Entwendung eines Fahrzeugs zum Gebrauch (bedingt; später widerrufen); mit Strafbefehl vom 17. Mai 2013 verurteilte ihn die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland zu einer Freiheitsstrafe von 75 Tagen und einer Busse unter anderem wegen Fahrens ohne Führerausweis sowie mehrfacher Übertretungen des Betäubungsmittelgesetzes; das Obergerichts des Kantons Thurgau bestrafte A.________ am 9. September 2013 mit einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten unter anderem wegen bandenmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, Hehlerei, mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie mehrfacher Entwendung eines Motorfahrzeugs zum Gebrauch, wobei der Vollzug im Umfang von 18 Monaten aufgeschoben wurde. Am 3. November 2014 erkannte das Bezirksgericht Zürich A.________ des gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie mehrfacher Geldwäscherei für schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten und einer Busse.
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1.3. Am 10. Juli 2014 widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich die Niederlassungsbewilligung von A.________ infolge wiederholter Straffälligkeit und ordnete an, dieser habe die Schweiz unverzüglich nach der Entlassung aus dem Strafvollzug zu verlassen. Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wiesen die hiergegen erhobenen Beschwerden ab.
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2. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen.
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2.1. Unstrittig ist, dass der Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 i.V.m. Art. 62 lit. b AuG (SR 142.20) erfüllt ist. Strittig ist die Verhältnismässigkeit der Massnahme (Art. 96 AuG). Zur Beurteilung der Frage, ob dieses Erfordernis erfüllt ist, sind namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33 f.; 135 II 377 E. 4.3 S. 381). Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll zwar nur mit besonderer Zurückhaltung widerrufen werden, doch ist dies bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat (vgl. das Urteil 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3 und der Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte [EGMR] 
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2.2. Die Vorinstanz hat den in E. 2.1 genannten, massgeblichen Kriterien Rechnung getragen. Sie hat die widerstreitenden Interessen sorgsam gewichtet, in zulässiger Weise gegeneinander abgewogen und den Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers zurecht als verhältnismässig erachtet:
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2.2.1. Der Beschwerdeführer hat während seiner Anwesenheit in der Schweiz zahlreiche Straftaten begangen, die namentlich Raub, Angriff, Betäubungsmitteldelikte und bandenmässigen Diebstahl umfassten und - unter anderem - in Freiheitsstrafen von neun, vierzehn sowie 34 Monaten ihren Ausdruck fanden. Die bisher letzte Verurteilung stammt aus dem November 2014, sodass entgegen den Vorbringen nicht von einer "Stabilisierung in jüngerer Zeit" beim Beschwerdeführer ausgegangen werden kann. Das Obergericht des Kantons Thurgau bezeichnete sein Tatverschulden anlässlich der Verurteilung im Jahr 2013 wegen der über drei Jahre hinweg ausgeführten Einbruchsdiebstähle mit Deliktsbeträgen in der Höhe von über Fr. 80'000.-- als schwer. Es hielt fest, der Beschwerdeführer sei zwar voll schuldfähig, zeige aber wenig Einsicht in sein Problemverhalten; selbst in voller Kenntnis laufender Strafverfahren gegen ihn habe er weiter delinquiert. Im Folgejahr wurde er denn auch erneut zu einer vierzehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die mit seinem Fall beauftragte Rechtspsychologin stellte eine dissoziale Persönlichkeitsstörung beim Beschwerdeführer fest und attestierte ihm ein "eingeschliffenes, chronifiziertes Muster von Delinquenz" und ein gegenüber Gefühlen anderer Menschen gleichgültiges Verhalten. Ungeachtet der Vorbringen, dass die Mehrzahl der Verurteilungen (zunächst) bedingt ausgesprochen wurden und sich der Beschwerdeführer noch in einem jungen Erwachsenenalter befand, durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, es bestehe ein ausländerrechtlich schweres Verschulden. Es erwog zurecht, es liege eine nicht hinzunehmende Rückfallgefahr vor (vgl. BGE 130 II 176 E. 4.2-4.4 S. 185 ff.; Urteile 2C_542/2014 vom 22. Januar 2015 E. 3.2.2; 2C_218/2011 vom 4. Januar 2012 E. 2; 2C_963/2012 vom 1. April 2013 E. 5.1.3). Dass das Verwaltungsgericht von einem gewichtigen sicherheitspolitischen Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers ausging, ist nicht zu beanstanden.
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2.2.2. Die Vorinstanz hat sich ebenso ausführlich mit den privaten Interessen des Beschwerdeführers (Dauer seines Aufenthalts; Sprache; Arbeitsstelle; Familie; Rückkehr in sein Heimatland) auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer rügt wie bereits vor der Vorinstanz, eine Wegweisung sei aufgrund der Beziehung zu seiner im Jahr 2007 geborenen Tochter unverhältnismässig. Er lebt allerdings weder mit seinem in der Schweiz niederlassungsberechtigten Kind noch bringt er vor, dieses regelmässig zu besuchen. Der Unterhaltsverpflichtung von Fr. 800.-- pro Monat war er bis zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils lediglich zweimal nachgekommen; im Übrigen mussten die Alimente von der Stadt Zürich bevorschusst werden. Aus der nicht hinreichend eng gelebten Beziehung zu seinem Kind kann der Beschwerdeführer keinen Anwesenheitsanspruch für sich ableiten (BGE 140 I 145 E. 3.2 S. 147; 139 I 315 E. 2.2 - 2.5 S. 319 ff.; Urteil 2C_547/2014 vom 5. Januar 2015 E. 3.2; vgl. auch Urteil des EGMR 
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2.2.3. Der Beschwerdeführer beanstandet schliesslich Ausführungen des Verwaltungsgerichts ausserhalb eines Anspruchsbereichs (Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG; allgemeiner Härtefall) und erhebt Rügen, die sich gegen den Wegweisungsentscheid als Folge der fehlenden Anwesenheitsberechtigung richten. Bezüglich Ermessensbewilligungen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario] und 5 BGG; BGE 137 II 345 E. 3.2.1 S. 348), und auf die diesbezüglich erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde kann mangels der erforderlichen Legitimation bzw. einer hinreichenden Beschwerdebegründung nicht eingetreten werden (Art. 115 lit. b BGG; vgl. BGE 133 I 185 ff.) : Hinsichtlich der Wegweisung legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern diese besondere verfassungsmässige Rechte (Folterverbot usw.) verletzen würde (vgl. BGE 137 II 305 ff.). Dass der im Zusammenhang mit einem Härtefall angerufene Art. 8 EMRK vorliegend keine weitergehenden Rechte einzuräumen vermag, ergibt sich bereits aus der Verhältnismässigkeitsprüfung im Rahmen des ordentlichen Rechtsmittels (vgl. hiervor E. 2.2.2). Auch die mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde erhobenen Rügen vermögen ihm keine Anwesenheitsberechtigung zu vermitteln.
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Erwägung 3
 
Für alles Weitere kann auf die korrekten und detaillierten materiellen Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 2. Abteilung und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, Lausanne, 8. September 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Die Gerichtsschreiberin: Hänni
 
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