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Informationen zum Dokument  BGer 2C_72/2015  Materielle Begründung
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BGer 2C_72/2015 vom 13.08.2015
 
{T 0/2}
 
2C_72/2015
 
 
Urteil vom 13. August 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
Bundesrichter Haag,
 
Gerichtsschreiberin Mayhall.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Rüdisser,
 
gegen
 
Amt für Migration des Kantons Luzern,
 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern.
 
Gegenstand
 
Ausländerrecht; Aufenthaltsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 9. Dezember 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG; Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG).
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1.2. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Einzutreten ist auf Beschwerden, die sich gegen eine Nichtverlängerung einer Aufenthaltsbewilligung richten, sofern in vertretbarer Weise ein Anspruch auf eine Verlängerung geltend gemacht wird; ob der Anspruch besteht, ist Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.; Urteil 2C_575/2013 vom 7. Februar 2014 E. 1.1). Der Beschwerdeführer macht geltend, nach seiner Berechnungsweise habe die Ehegemeinschaft mit B.A.________ über drei Jahre gedauert und zudem habe er sich in der Schweiz erfolgreich integriert, weshalb er über einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung verfüge (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG); zudem würden wichtige persönliche Gründe seinen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG). Der Ausschlussgrund gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG steht einem Eintreten auf die erhobene Beschwerde nicht entgegen.
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1.3. Der Beschwerdeführer, der am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat und mit seinen Anträgen unterlegen ist, hat ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung und Abänderung des angefochtenen Entscheids und ist zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist, vorbehältlich der Erfüllung der Rüge- und Begründungspflicht, einzutreten.
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1.4. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
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1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Die dem Bundesgericht durch Art. 105 Abs. 2 BGG eingeräumte Befugnis, die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung von Art. 95 BGG beruht, entbindet den Beschwerdeführer nicht von seiner Rüge- und Substanziierungspflicht (BGE 133 IV 286 E. 6.2 S. 288). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinne mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen). Das Bundesgericht greift in die Beweiswürdigung des Sachgerichts ein, wenn diese willkürlich ist (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 4A_56/2013 vom 4. Juni 2013 E. 2). Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 138 IV 13 E. 5.1 S. 22; 134 II 124 E. 4.1 S. 133; 132 III 209 E. 2.1 S. 211). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Sachgericht offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich sein soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Insbesondere ist im Einzelnen darzulegen, dass und weshalb die im angefochtenen Entscheid enthaltene Beweiswürdigung unter gar keinen Umständen zutreffen kann ( MÜNCH/LUCZAK, Prozessieren vor Bundesgericht, 3. Aufl. 2011, N. 2.69). Namentlich genügt es nicht, einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob diesem freie Sachverhaltsprüfung zukäme (vgl. BGE 116 Ia 85 E. 2b S. 88).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Rügen der Gehörsverletzung (Art. 29 Abs. 1) und des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV) erhebt der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem wegen 
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2.2. Ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern haben unter Vorbehalt von Art. 51 AuG Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Dieser Anspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119), wobei die Voraussetzungen der dreijährigen Ehedauer und der erfolgreichen Integration kumulativ zu verstehen sind (BGE 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119). Die im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG massgebliche Dreijahresfrist beginnt im Zeitpunkt zu laufen, in welchem die Ehegatten ihr effektives Zusammenleben in der Schweiz aufnehmen, und endet bei einer Auflösung des gemeinsamen Haushalts (BGE 140 II 345 E. 4.1 S. 348); im Ausland oder im Konkubinat verbrachtes Zusammenleben wird nicht berücksichtigt (BGE 136 II 113 E. 3.3.1 S. 118; Urteil 2C_178/2014 vom 20. März 2014 E. 5.2). Der Beschwerdeführer ist nach seiner Heirat mit B.A.________ am 21. Juni 2010 in die Schweiz eingereist. Gemäss unbestritten gebliebener vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung leben die Ehegatten seit dem 1. Juni 2013 getrennt. Die Dreijahresfrist von Art. 50 Abs. 1 lit. a BGG ist praxisgemäss nicht erreicht, und Gründe für eine Änderung der Rechtsprechung sind nicht ersichtlich. Dem Beschwerdeführer steht mangels Erfüllung der Voraussetzungen gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG kein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung zu. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.
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Erwägung 2.3
 
2.3.1. Ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Auflösung der Familiengemeinschaft kann auch bestehen, wenn "wichtige persönliche Gründe" einen weiteren Aufenthalt der betreffenden Person in der Schweiz "erforderlich" machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG). Nach Art. 50 Abs. 2 AuG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dazu (BGE 137 II 345 E. 3.2.2 S. 349; 136 II 1 E. 5 S. 3 ff.) kann dies namentlich der Fall sein, wenn die ausländische Person mit abgeleitetem Aufenthaltsrecht Opfer ehelicher Gewalt geworden ist oder wenn ihre soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. Dabei ist etwa an geschiedene Frauen (mit Kindern) zu denken, welche in ein patriarchalisches Gesellschaftssystem zurückkehren und dort wegen ihres Status als Geschiedene mit Diskriminierungen oder Ächtungen rechnen müssten. Mögliche weitere Anwendungsfälle bilden (gescheiterte) unter Zwang eingegangene Ehen oder solche im Zusammenhang mit Menschenhandel. Der Verbleib in der Schweiz kann sich zudem auch dann als erforderlich erweisen, wenn der Ehegatte, von dem sich die Aufenthaltsberechtigung ableitet, verstirbt (vgl. BGE 137 II 1 E. 3 f.). Schliesslich ist nach der Ehe auch den Interessen gemeinsamer Kinder Rechnung zu tragen, falls eine enge Beziehung zu ihnen besteht und diese in der Schweiz ihrerseits gut integriert sind (Botschaft AuG, a.a.O., 3754 Ziff. 1.3.7.6).
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2.3.2. Die Beschwerdeschrift enthält eine sich nicht ansatzweise mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinandersetzende Begründung dafür, weshalb die Vorinstanz das Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG verneint hat. Soweit der Beschwerdeführer zur Stützung seiner rechtlichen Argumentation im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG neue Sachverhaltselemente in das bundesgerichtliche Verfahren einbringt, kann darauf zum Vornherein nicht eingetreten werden. Aussichten auf einen Profivertrag bei einem Verein in der schweizerischen Super League oder eine Arbeitsstelle in "fussballnahen" Bereichen sind keine wichtigen Gründe, wie sie der Gesetzgeber beim Erlass von Art. 50 Abs. 2 AuG zu verankern beabsichtigte. Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG ist weder dargelegt noch ersichtlich.
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2.4. Nicht zu beanstanden ist weiter, dass die Vorinstanz dem Beschwerdeführer wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde die unentgeltliche Rechtspflege im vorinstanzlichen Verfahren nicht erteilt hat. Die Beschwerde wegen Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV erweist sich als unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann (Art. 106 Abs. 2 BGG).
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Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 13. August 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
 
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