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Informationen zum Dokument  BGer 2F_13/2015  Materielle Begründung
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BGer 2F_13/2015 vom 30.07.2015
 
{T 0/2}
 
2F_13/2015
 
 
Urteil vom 30. Juli 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Seiler,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
Gerichtsschreiber Errass.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde,
 
Gesuchstellerin,
 
gegen
 
A.________,
 
handelnd durch Markus Kaufmann, Rechtsanwalt,
 
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II.
 
Gegenstand
 
Entzug der Zulassung als Revisionsexperte,
 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_125/2015 vom 1. Juni 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ wurde mit Verfügung vom 26. September 2007 von der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) unbefristet als Revisionsexperte zugelassen und ins Revisorenregister eingetragen. Mit Verfügung vom 18. Februar 2013 entzog ihm die RAB die Zulassung als Revisionsexperte für die Dauer von zwei Jahren, unter Löschung der entsprechenden Eintragung im Revisorenregister. Zur Begründung führte sie aus, A.________ habe grob und mehrjährig gegen die Unabhängigkeitsbestimmungen verstossen. A.________ erhob am 9. April 2013 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 7. Januar 2015 ab. A.________ beantragte am 9. Februar 2015 mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben. Das Bundesgericht hiess mit Urteil vom 1. Juni 2015 (2C_125/2015) die Beschwerde teilweise gut, hob das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Januar 2015 auf und drohte A.________ den Entzug der Zulassung an für den Fall eines erneuten Missachtens der Unabhängigkeitsvorschriften.
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B. Die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde beantragt mit Revisionsgesuch vom 6. Juli 2015, das Urteil des Bundesgerichts vom 1. Juni 2015 sei aufzuheben und die Beschwerde sei abzuweisen. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt (Art. 127 BGG).
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Erwägungen:
 
1. Urteile des Bundesgerichts können auf Gesuch hin aus den in den Art. 121 ff. BGG genannten Gründen revidiert werden. Die Legitimation zum Revisionsgesuch knüpft an die Voraussetzungen der Beschwerdelegitimation an resp. ist mit dieser identisch (BGE 138 V 161 E. 2.5.2 S. 167). Demnach kann auch die Gesuchstellerin, deren ursprünglicher Entscheid angefochten wurde und die zur Beschwerde an das Bundesgericht legitimiert wäre (Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG i.V.m. Art. 28 Abs. 5 RAG), ein Revisionsgesuch stellen. Auf das frist- (Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG) und formgerecht eingereichte Gesuch ist einzutreten.
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2. Die Gesuchstellerin beruft sich auf den Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG, wonach ein Urteil revidiert werden kann, wenn das Bundesgericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
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2.1. Bei diesem Revisionsgrund ist zu beachten, dass das Bundesgericht bei der Beurteilung einer Beschwerde den Sachverhalt nicht frei prüft, sondern grundsätzlich auf den Sachverhalt abstellt, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Ist ein Sachverhalt zwar aus den Akten ersichtlich, wird er aber im angefochtenen Urteil nicht festgestellt und wird dies in der Beschwerde oder Beschwerdeantwort (BGE 137 I 257 E. 5.4 S. 267 f.; 135 IV 56 E. 4.2 S. 69 f.; 134 III 332 E. 2.3 S. 334; Urteil 2C_941/2012 vom 9. November 2013 E. 1.8.3) nicht als fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung gerügt oder dringt diese Rüge nicht durch, so kann die Nichtberücksichtigung dieses Sachverhalts keinen Revisionsgrund bilden ( ELISABETH ESCHER, Basler Kommentar zum BGG, 2. Aufl. 2011, Art. 121 N. 9). Der Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG liegt sodann nur vor, wenn das Gericht eine Tatsache oder ein bestimmtes Aktenstück übersehen oder mit einem falschen Wortlaut wahrgenommen hat, aber nicht wenn die Tatsache oder das Aktenstück richtig wahrgenommen wurde und allenfalls bloss eine unzutreffende beweismässige oder rechtliche Würdigung vorgenommen worden ist (BGE 122 II 17 E. 3; Urteile 2F_20/2012 vom 25. September 2012 E. 2.1; 2F_9/2008 vom 20. Februar 2009 E. 2.3.2). Schliesslich muss die nicht berücksichtigte Tatsache "erheblich", d.h entscheidwesentlich sein, in dem Sinne, dass ihre Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte (BGE 122 II 17 E. 3; Urteil 2F_20/2012 vom 25. September 2012 E. 2.1).
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2.2. Das Bundesgericht hat im angefochtenen Urteil die teilweise Gutheissung der Beschwerde damit begründet, der Entzug der Zulassung soll ultima ratio bilden für den Fall, dass zum Schutz der öffentlichen Interessen und zur Abwendung weiterer Störungen einzig die Möglichkeit bleibt, den Betroffenen von der weiteren Berufsausübung auszuschliessen; der Entzug der Zulassung als Revisionsexperte sei gemäss Art. 17 Abs. 1 Satz 2 RAG vorgängig anzudrohen. Sofern die Zulassungsvoraussetzungen durch geeignete Massnahmen wieder hergestellt werden könnten, sei nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes die vorgängige Androhung zwingend (E. 5.2). Vorgeworfen werde dem Gesuchsgegner eine Verletzung der Unabhängigkeitsbestimmungen im Zusammenhang mit seinem Revisionsmandat bei der X.________-Gruppe. Dieses Mandat habe er indessen bereits vor der Intervention der RAB niedergelegt und damit den gesetzwidrigen Zustand behoben. Zwar werde dadurch der in der Vergangenheit erfolgte Verstoss nicht ungeschehen gemacht. Das sei aber nicht massgeblich; entscheidend sei, ob damit die Zulassungsvoraussetzungen für die Zukunft wieder hergestellt seien. Dies könne nach der Mandatsniederlegung nicht mehr mit der Begründung verneint werden, die Unabhängigkeit der Revisionsstelle und die dadurch geschützten Interessen seien bedroht (E. 5.3.1). Der vorliegende Fall verhalte sich wesentlich anders als der Fall 2C_927/2011, wo die Vertrauenswürdigkeit verneint worden sei. Der Gesuchsgegner habe nur im Rahmen eines einzigen Revisionsmandats die Unabhängigkeitsvorschriften missachtet und er habe bereits vor dem Eingreifen der Behörde den rechtswidrigen Zustand von sich aus behoben. Er habe zudem die näheren Umstände dargelegt, die ihn zu seinem Vorgehen bewogen haben. Diese Umstände könnten zwar die begangene Verletzung der Unabhängigkeitsvorschriften nicht rechtfertigen. Aber sie zeigten auf, dass es hier um eine Verhaltensweise in einer besonderen Konstellation gegangen sei. Weder die RAB noch die Vorinstanz machten geltend, der Gesuchsteller habe auch im Rahmen anderer Revisionsmandate die Unabhängigkeitsvorschriften missachtet oder er betreue Mandate, bei denen eine ähnliche Konstellation bestehe und die Gefahr drohe, dass er auch dort die Unabhängigkeitsvorschriften verletzen werde. Damit fehle die sachverhaltliche Grundlage für die Annahme, die Zulassungsvoraussetzungen könnten durch die Niederlegung des Mandats nicht wieder hergestellt werden (E. 5.3.4).
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2.3. Erstens habe der Gesuchsgegner nicht nur einmalig im Rahmen eines Revisionsmandats, sondern 13 Mal im Rahmen von sechs verschiedenen Revisionsmandaten die Unabhängigkeitsvorschriften verletzt.
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2.4. Zweitens habe das Bundesgericht nicht berücksichtigt, dass der Gesuchsgegner die Revisionsmandate nicht umgehend an der Generalversammlung vom 5. Juli 2012 bzw. nicht vor der Anzeige, bzw. Verfahrenseröffnung der Gesuchstellerin, sondern erst danach aufgegeben habe.
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2.5. Drittens habe das Bundesgericht übersehen, dass der Gesuchsgegner die Revisionsmandate nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Druck der Minderheitsaktionäre an der Generalversammlung vom 5. Juli 2012, sowie aufgrund der Anzeige der Minderheitsaktionäre vom 9. Juli 2012 und der Verfahrenseröffnung vom 29. August 2012 abgegeben habe.
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2.6. Insgesamt beruht die Folgerung im angefochtenen Urteil, es fehle an einer sachverhaltlichen Grundlage für die Annahme, die Zulassungsvoraussetzungen könnten durch Niederlegung des Mandats nicht wieder hergestellt werden, nicht auf einer versehentlichen Nichtberücksichtigung aktenkundiger Tatsachen; sie ist vielmehr eine rechtliche Würdigung, die einer Revision nicht zugänglich ist.
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2.7. Dass - wie die Gesuchstellerin weiter vorbringt - der Gesuchsgegner in seiner Beschwerde vom 9. Februar 2015 an das Bundesgericht eine von diesem als unzutreffend beurteilte Rechtsauffassung vertreten hatte, ist legitime Argumentation im Rahmen einer Beschwerdeführung und lässt nicht darauf schliessen, dass er uneinsichtig ist; jedenfalls stellt dies von vornherein keinen Revisionsgrund dar. Im Übrigen hat das Bundesgericht den Gesuchsgegner im angefochtenen Entscheid verwarnt für den Fall einer erneuten Missachtung der Vorschriften.
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3. Das Revisionsgesuch erweist sich damit als unbegründet. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.
 
2. Es werden keine Kosten erhoben.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 30. Juli 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Errass
 
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