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Informationen zum Dokument  BGer 2C_994/2014  Materielle Begründung
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BGer 2C_994/2014 vom 19.06.2015
 
{T 0/2}
 
2C_994/2014
 
 
Urteil vom 19. Juni 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
Bundesrichter Haag,
 
Gerichtsschreiberin Genner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
 
André Hafner,
 
gegen
 
Amt für Schätzungswesen des Kantons Graubünden, vertreten durch Rechtsanwalt Fadri Ramming.
 
Gegenstand
 
Amtliche Schätzung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 4. Kammer, vom 4. September 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. A.________ ist Eigentümer eines selbst genutzten Einfamilienhauses auf Parzelle Nr. xxx in U.________ (GR). Im Nachgang einer im Jahr 2011 vorgenommenen Gesamtrenovation einschliesslich eines An- und Umbaus mit Kosten von Fr. 402'000.-- nahm der Kantonale Schätzungsbezirk 3 (nachfolgend: Schätzungsbezirk 3) auf Gesuch von A.________ hin eine Grundstückschätzung vor. Am 7. Februar 2012 wurde A.________ der Mietwert von Fr. 20'400.-- eröffnet.
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A.b. Nach durchgeführtem Rechtsmittelverfahren vor dem Amt für Schätzungswesen des Kantons Graubünden (nachfolgend: Amt für Schätzungswesen), welches die Beschwerde am 9. Juli 2012 teilweise gutgeheissen hatte, gelangte A.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (nachfolgend: Verwaltungsgericht). Er beantragte, der Schätzungsbezirk 3 sei in Abweichung von Dispositiv Ziff. 3 des Beschwerdeentscheids anzuweisen, der angeordneten Neuberechnung des Mietwerts als Wertersatz nicht Fr. 177.-- pro m2 Nutzfläche zugrunde zu legen, sondern diesen Wert entsprechend seiner Begründung herabzusetzen.
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A.c. Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde am 6. November 2012 gut und hob den Entscheid des Amts für Schätzungswesen auf. In den Urteilserwägungen wurde festgehalten, der Mietwertansatz sei durch den Schätzungsbezirk 3 auch unter Zugrundelegung selbstgenutzter, in der näheren regionalen Umgebung liegender Vergleichsobjekte neu festzulegen.
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B.
 
Mit neuer Schätzung vom 4. Oktober 2013 setzte der Schätzungsbezirk 3 den Mietwert auf Fr. 23'040.-- fest. Die dagegen von A.________ erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Entscheid des Amts für Schätzungswesen vom 6. März 2014; Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. September 2014).
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C. A.________ erhebt am 29. Oktober 2014 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht mit den Anträgen, der Eigenmietwert sei auf maximal Fr. 15'200.-- zu erhöhen und ihm sei vollumfängliche Akteneinsicht zu gewähren; eventualiter sei die Angelegenheit zu neuer Entscheidung zurückzuweisen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Das angefochtene Urteil betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts und unterliegt als Endentscheid einer kantonal letztinstanzlich zuständigen Gerichtsbehörde der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (vgl. Art. 82 lit. a BGG, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG, Art. 90 BGG; vgl. auch Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]). Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die Beschwerde ist zulässig.
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1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. S. 415). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 138 I 274 E. 1.6 S. 280).
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1.3. Entsprechend der freien Kognition betreffend Bundesrechtsverletzungen (Urteile 2C_708/2012 vom 21. Dezember 2012 E. 1.4; 2C_92/2012 vom 17. August 2012 E. 1.4, in: StR 67/2012 S. 828) prüft das Bundesgericht frei, ob die Auslegung und Anwendung des kantonalen Steuerrechts im harmonisierten Bereich mit den bundesrechtlichen Vorschriften übereinstimmen. Wo das Bundesrecht den Kantonen einen Gestaltungsspielraum einräumt, ist die Kognition des Bundesgerichts auf die Willkür beschränkt (BGE 134 II 207 E. 2 S. 209 f.; Urteil 2C_705/2011 vom 26. April 2012 E. 1.5.2 mit Hinweisen). Art. 7 Abs. 1 StHG enthält zur Festsetzung der Eigenmietwerte für die Einkommenssteuer nur allgemeine Grundsätze. Dem kantonalen Gesetzgeber verbleibt damit ein erheblicher Gestaltungsspielraum (Urteil 2C_390/2012 vom 7. August 2012 E. 2.2, in: StR 67/2012 S. 691), weshalb das Bundesgericht die Festsetzung des Eigenmietwerts nur unter dem Gesichtswinkel der Grundrechte, namentlich des Rechtsgleichheitsgebots und Willkürverbots, überprüft (BGE 132 I 157 E. 3.3 S. 162).
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1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. E. 1.2 am Ende).
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Erwägung 2
 
2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV sei verletzt worden. Das Amt für Schätzungswesen habe ihm lediglich anonymisierte Tabellen mit Angaben über die Vergleichsliegenschaften zugestellt. Ohne vollständige Akteneinsicht könne er die von den Vorinstanzen angeführten krassen Unterschiede im Ausbaustandard nicht nachvollziehen. Zudem habe die Vorinstanz ihre Begründungspflicht verletzt, indem sie nicht erklärt habe, wie die Differenz von 19 Punkten in der Bewertung zustandegekommen sei.
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2.2. Gemäss Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Graubünden vom 30. August 2006 über die amtlichen Schätzungen (SchG; BR 850.100) steht den Adressaten der Schätzung das Recht zur Einsichtnahme in die Schätzungsakten zu, sofern keine wichtigen öffentlichen oder schutzwürdigen privaten Interessen entgegenstehen. Nach Art. 8 Abs. 3 SchG dürfen Dritten Einsicht in die Akten gewährt und Auskünfte erteilt werden, wenn sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen können.
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2.3. Die Punktedifferenzen zu den Vergleichsobjekten erklärt die Vorinstanz hauptsächlich mit dem Umbau der Liegenschaft, welcher zu einer grösseren Nutzfläche und einem höheren Ausbaustandard geführt habe. Die Weglassung der beiden Vergleichsobjekte mit Baujahr 1667 und 1725 habe keine grosse Änderung ergeben, weil der eine Wert mit Fr. 208.70.-- pro m2 klar über dem früheren Durchschnitt von Fr. 177.-- pro m2, der andere mit Fr. 168.60.-- pro m2etwas darunter gelegen habe. Die tiefen Hypothekarzinsen hätten offenbar - trotz des gesetzlichen Herabsetzungsanspruchs - keine direkte Auswirkung auf die Objektmieten. Schliesslich stehe dem Amt für Schätzungswesen ein grosses Ermessen zu, weshalb die Schätzung nicht zu beanstanden sei.
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Erwägung 3
 
3.1. Mit Urteil 2C_1236/2012 vom 20. Juni 2013 wurde die Anordnung der Vorinstanz rechtskräftig, wonach der Mietwertansatz von Fr. 177.-- pro m2 Nutzfläche aufzuheben und - nach Weglassung zweier Objekte mit Baujahr 1667 und 1725 - unter zusätzlicher Berücksichtigung selbstgenutzter, in der näheren regionalen Umgebung liegender Vergleichsobjekte neu festzusetzen war. Mit dem angefochtenen Urteil bestätigt die Vorinstanz den Mietwertansatz von Fr. 177.-- pro m2, legt der Berechnung des Eigenmietwerts jedoch neu eine Fläche von 130 m2 zugrunde. Dem nunmehr rechtskräftigen Urteil der Vorinstanz vom 6. November 2012 war indessen eine Nutzfläche von 115 m2 zugrunde gelegt worden. Das Amt für Schätzungswesen hatte diesen Wert in seiner Beschwerde an das Bundesgericht vom 11. Dezember 2012 nicht bestritten. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und bestätigte damit implizit die von der Vorinstanz zugrunde gelegte Nutzfläche von 115 m2. Indessen haben nur die Steuerfaktoren, nicht aber die Sachverhaltsfeststellungen und Erwägungen an der Rechtskraft einer Verfügung bzw. eines Urteils teil (BGE 140 I 114 E. 2.4.2 und 2.4.3 S. 120). Deswegen war der Sachverhalt, welcher dem Urteil 2C_1236/2012 vom 20. Juni 2013 zugrunde liegt, für die kantonalen Behörden nicht bindend.
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3.2. Nur ein gesetzliches Verbot der 
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Erwägung 4
 
4.1. Art. 22 Abs. 2 StG/GR bestimmt als Mietwert von Gebäuden und Gebäudeteilen den Betrag, den der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte bei einer Drittvermietung erzielen würde. Diese Regel findet sich im Grundsatz wieder in Art. 7 Abs. 1 SchG, wonach die Schätzungswerte sich am Markt zu orientieren haben.
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4.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, seit der letzten Schätzung im Jahr 2009 seien die Hypothekarzinsen gesunken. Es sei unverhältnismässig, den neuen Eigenmietwert völlig losgelöst vom bisherigen Eigenmietwert von Fr. 11'400.-- festzusetzen.
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4.3. Der Beschwerdeführer rügt die Bewertung als willkürlich. Der Ausbaustandard sei nach der Renovation keineswegs luxuriös. Es gebe konventionelle Radiatoren, keine Bodenheizung, keinen zeitgemässen Internetanschluss oder gar ein das Haus abdeckendes LAN. Es sei unerklärlich, wie dies zu einer Differenz von 9 Punkten beim Kriterium "Haustechnik" führen könne.
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4.4. Damit erweist sich der Ansatz von Fr. 177.-- pro m2 Nutzfläche als rechtens. Der Eigenmietwert von Fr. 23'040.-- (bei einer Nutzfläche von 130 m2 ) ist zu bestätigen.
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5. Die Beschwerde ist abzuweisen. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem obsiegenden Kanton Graubünden ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. Juni 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Die Gerichtsschreiberin: Genner
 
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