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Informationen zum Dokument  BGer 6B_30/2015  Materielle Begründung
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BGer 6B_30/2015 vom 03.06.2015
 
{T 0/2}
 
6B_30/2015
 
 
Urteil vom 3. Juni 2015
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer,
 
Bundesrichterin Jametti,
 
Gerichtsschreiber Moses.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Max Birkenmaier,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Strafzumessung (Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz); rechtliches Gehör,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 11. November 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 49 Abs. 2 StGB. Zum Zeitpunkt, als das Urteil in Spanien gefällt worden sei, sei dasjenige des Bezirksgerichts Zürich noch nicht rechtskräftig gewesen. Die Vorinstanz hätte daher eine Gesamtstrafe bilden und zum Urteil der Audiencia Provincial de Sevilla eine Zusatzstrafe aussprechen sollen, von welcher aber im konkreten Fall abzusehen sei. Die Auffassung der Vorinstanz führe zu einer weit überhöhten Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Jahren.
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1.2. Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären (Art. 49 Abs. 2 StGB).
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Die Rechtsprechung stellt für die Frage, ob überhaupt und in welchem Umfang das Gericht eine Zusatzstrafe aussprechen muss, auf das Datum der ersten Verurteilung im ersten Verfahren ab. Demgegenüber ist für die Bemessung der Zusatzstrafe das rechtskräftige Urteil im ersten Verfahren massgebend. Das Gericht muss sich somit fragen, ob die neue Tat vor der ersten Verurteilung im ersten Verfahren begangen wurde. Bejaht es dies, hat es eine Zusatzstrafe auszusprechen, für deren Bemessung es in einem zweiten Schritt prüfen muss, ob der Schuldspruch und das Strafmass des ersten Urteils rechtskräftig sind. Verneint es die erste Frage, ist das neue Delikt mit einer selbstständigen Strafe zu ahnden. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Asperationsprinzips ist unerheblich, ob später das erste Urteil oder dasjenige der Rechtsmittelinstanz in Rechtskraft erwächst oder ob nach einer Kassation des erst- oder zweitinstanzlichen Urteils gar neu entschieden werden muss. Das Gericht muss sich bloss fragen, ob die im zweiten Verfahren zu beurteilenden Straftaten vor dem Ersturteil begangen wurden. Auf das Datum des Ersturteils ist auch abzustellen, wenn dieses später im Rechtsmittelverfahren reformiert oder kassiert wird. Im Falle der Neubeurteilung in der gleichen Sache durch das erste Gericht oder der Rechtsmittelinstanz, ist für die Anwendbarkeit des Asperationsprinzips nach wie vor das Datum des Ersturteils entscheidend (BGE 138 IV 113 E. 3.4.2 und 3.4.3 mit Hinweisen).
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1.3. Die Taten, für welche der Beschwerdeführer eine Bestrafung in der Form einer Zusatzstrafe zum Urteil der Audiencia Provincial de Sevilla vom 9. Februar 2011 verlangt, waren bereits Gegenstand des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 18. März 2008. Letzteres ist hinsichtlich der Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB als Ersturteil zu qualifizieren. Die dem Urteil der Audiencia Provincial de Sevilla zugrunde liegenden strafbaren Handlungen wurden im Mai und im Juni 2009 begangen. Dafür war - nach Schweizer Recht - eine selbstständige Strafe auszusprechen. Dies kann nicht dadurch umgangen werden, dass für Delikte, die Gegenstand des Ersturteils waren, im Berufungsverfahren eine Zusatzstrafe zum zweiten Urteil gefällt wird. Die Rüge ist unbegründet. Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer, wenn er geltend macht, in BGE 138 IV 113 sei - anders als im vorliegenden Fall - ein erstinstanzliches Urteil des Zürcher Obergerichts zur Diskussion gestanden, welches nur mit kassatorischen Rechtsmitteln in Frage gestellt werden konnte. Das Bundesgericht hielt im erwähnten Entscheid fest, dass nach der ratio legis des damaligen Art. 68 Ziff. 2 StGB (heute Art. 49 Abs. 2 StGB) derjenige, der erneut delinquiert, nachdem er wegen anderer Delikte erstinstanzlich verurteilt und mithin eindringlich gewarnt wurde, nicht in den Genuss der in der Regel vorteilhaften Zusatzstrafe kommen soll (BGE 138 IV 113 E. 3.4.3). Dies gilt unabhängig davon, mit was für einem Rechtsmittel das erstinstanzliche Urteil nach der jeweiligen (damals geltenden) Strafprozessordnung angefochten werden konnte.
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Erwägung 2
 
Die Vorinstanz hat - zu Recht - keine Zusatzstrafe zum Urteil der Audiencia Provincial de Sevilla ausgesprochen. Sie hat dieses auch nicht in anderer Weise bei der Strafzumessung berücksichtigt. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern sich der fehlende Aktenbeizug konkret zu seinen Ungunsten ausgewirkt haben soll. Die Beschwerde enthält diesbezüglich keine ausreichende Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG). Darauf ist nicht einzutreten.
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Erwägung 3
 
Die Rüge ist unbegründet. Die Vorinstanz erwägt, es sei - entgegen der Auffassung der Verteidigung - zum Tatzeitpunkt nicht von einem Drogenkonsum oder damit zusammenhängenden psychischen Störungen auszugehen.
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Erwägung 4
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. Juni 2015
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Moses
 
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